Der Tod ist eine Endung - Kapitel 1 Absatz 6
Das entlegene Waldstück ruft in mir das Bild eines europäischen Dschungels hervor, bedroht von wilden Tieren wie jenen Restfaschisten der bleiernen Zeit und Krankheiten wie dem Evola-Virus, einem so eugenischem Umfeld, dass es sich am liebsten selbst ausrotten würde, in dem auch Unmenschen wie ich nicht von langer Dauer sind. Es gibt Menschen, die dem Leben gegenüber so feindlich orientiert sind, daß sie nicht die geringste Angst um ihr eigenes zu haben scheinen. Damit meine ich nicht die Verzweiflung, die so manchen dazu bringt, sich selbst in die Luft zu jagen, sondern jenen Ethos der im ersten Weltkrieg ganze Wellen von willigem Kanonenfutter aus den Schützengräben trieb, menschliches Springkraut, um die Felder mit Blut zu besamen. Eine DNA-Masse, der es nicht um sich selbst, sondern um eine Idee geht.
Nur fehlt mir die Zeit, zu ergründen, welche Idee, da wir den von einer Kirchenruine beherrschten Dorfplatz erreicht haben.

Seit Vincenzo den Schlüssel aus dem Zündschloß gezogen hatte, ist es so still, daß mich der Ruf des Käuzchens zusammenzucken läßt. Kein Hundegebell in einem Dorf wie diesem? Wer Leichen vergräbt hat allen Grund dazu, sich solche Erdwühler fernzuhalten. Selbst wenn. Auch schlafende Hunde sollte man nicht wecken. Wir folgen dem zitterndem Lichtstrahl einer Taschenlampe in das schwarze Nichts, Steintreppen hinauf, wo uns das Knarren einer massiven Doppelflügeltür empfängt.
"Cemut?"
"Cemutstat?"
"Beng."
"Veng dentro?"
Seine Stimme ist, der Umgebung entsprechend, ruhig und dunkel. Die Luft ist von brennendem Buchenholz geschwängert und ich fühle mich, begleitet von einem unergründlichem Schauer, schon vor Betreten wie zuhause.

Durch ein von schweren Scharnieren getragenes Tor betrete ich den Mikrokosmos der Soldaten der Neuen Rechten. Hier trifft sich Aktuelles mit Vergangenem. Gladio und die NSU, die Zeit des Nationalsozialismus und die durchgehende, weltweite Unterstützung von rechten Diktaturen durch das von der Geschichte gequälte Mitteleuropa. Das menschenverachtende Prinzip, eine eigene, abgegrenzte, sich aus sich selbst heraus nährende Sonderethik, und jene zu tiefst deutsche, pragmatische Gründlichkeit.

In den vom Widerschein des offenen Kamins glühenden Gesichtern sehe ich die züngelnde Flamme der Querfront, den Klonen Host Mahlers, Bruder Teufel, den Franziskaner in den Uniformen der Ustasha, die Bruderschaft der Kreuzzügler mit dem Serbenschneider an der Hand.

Der gute alte Macchiavelli, dessen Analyse ihm nun das Gedankengut anhaften läßt, muß Deutscher gewesen sein. Nietzsche, der deutsch-italienische Robert Michels, doch eigentlich deutsche Franzosen wie Georges Sorel, die uns die französische Revolution in die Hände trieb, der Marxismus als rechtfertigendes Schutzschild, als Mutter-Theresa-Orden für alle, die den Menschen als Tatwaffe sehen, die junge Freiheit, das anarchische Element der Freiheit, zu was auch immer, und der Elitengedanke für alle, die keine Eier in der Hose haben, oder wie Hitler nur eins. Ein Fanatismus zur Idee, der nichts in seinem Weg duldet. Jener Schienenstrang, der eigentlich immer nur Vernichtung gebracht hat, der nur eine Richtung kennt, und ginge es ins Nichts.

Bei allem Mißtrauen, das manch einer dem Verfassungsschutz und der Exekutive gegenüber angedeihen läßt, wird ausgeblendet, daß sich die Auswüchse dieser Art von Ideologie zumeist aus den Kräften der Legislative heraus nähren. Ohne die Exekutive von ihren Taten freisprechen zu wollen, sind sie in solchen Situationen oft mehr das Frontschwein als die treibende Kraft im Hintergrund. Der Nährboden auf dem Vernichtungsfeldzüge und jede Abart des Genozids heranwachsen waren und sind Politik und Religion, jene Fädenzieher und Puppenspieler, die sich die Hände selbst lieber nicht schmutzig machen. Karrieristen wie Martin Luther auf der Wannsee-Konferenz.
Es sind also nicht nur jene, an denen Blut klebt, die Helfer und Helfershelfer, wie die SS-Schergen und die Häftlinge mit dem grünen Stern, sowie der stellvertretende Diktator, ihr Gegenstück an der Spitze, sondern jene unsichtbare Befehlskette, jene Bürokraten und eigentlichen Schöpfer der Todesmythen, die willfährig und oft mit größtem Einfallsreichtum sich daran machen, die Massenmorde und den Terror in die Wege zu leiten. Sachbearbeiter und Bürostuten, die ihr langweiliges Dasein mit einer Idee auszufüllen versuchen.
Für die Ideologien und Grundlagen, zeichnen oft ganz andere verantwortlich. Eugeniker und Finanziers, die ihr Organisationstalent mit Haut und Haar in den Dienst der Greuel stellen, um ihren Blutdurst oder ihre Geldgier zu befriedigen. Menschen, die sich eher nicht in kleine Bergdörfer verlieren.

Und so tafeln und bechern wir nun mit den Handlangern, den Händen dieses Monstrums, in gemütlicher Atmosphäre, mit den von Adrenalin und Futurismus getriebenen Tätern, jenen, die sich ungehemmt von Familiengründung und Karriere, in den Dienst der direkten Aktion stellen, dem eigentlichen Fußvolk des Terrors. Für uns die besseren Gesprächspartner ... weil man sich eben hilft.


sid am 17.Aug 12  |  Permalink
Bin eine Spur enttäuscht, daß Sie DNA schreiben.

einemaria am 17.Aug 12  |  Permalink
Man sollte sich daran gewöhnen, daß Spuren des öfteren enttäuschen. Ist es die mangelnde Deutschlastigkeit der Abbreviation?
Täuschen Sie sich nicht, denn die Welt ist ein Konglomerat aus Buchstaben, die sich doch alle irgendwie kennen. Das S die A, die SA die DINA, der BND Ihre DNS und wir wissen, wo Ihr Auto steht.

sid am 18.Aug 12  |  Permalink
Ich bleibe dennoch dafür, das Wort "Säure" auf Deutsch vorzuziehen : )
Also ja, Sie haben mich erwischt - ich versuche so manchen Veranglizimussen aus dem Weg zu gehen, zumal man in den Medien mit Schwachfug zugepflastert wird. Der Journalismus ist schon lange nimmer das, was er einmal war und auf Sprache wird leider auch schon fast nirgendwo mehr Wert gelegt.
Umso mehr schätze ich Ihr Abbreviationspiel - danke dafür : )

Und wenn Sie wissen, wo mein Auto steht, würde Sie mir das bei Gelegenheit verraten? *fg*

einemaria am 19.Aug 12  |  Permalink
Ich gestehe
Eine Unzulänglichkeit, wo doch der Begriff der Doppelhelix traumhaft gewesen waere.
In einem gebe ich Ihnen mehr als Recht: Die Sprache findet dahin zurück, wo sie herkam. Ein Ritus für Eingeweihte.
Warum auch nicht? Ist eben kein Buchstaben-Aldi.

einemaria am 19.Aug 12  |  Permalink
Um zu erfahren, wo ihr Auto steht, müssten Soe das hartelinie-App herunterladen ...

dhonau am 21.Aug 12  |  Permalink
wir von ..
den dhonaus meinen, die don quichotterien auf diesem feld gehören äh aufgehört, um allen sprachvirtuosen ein knöchlein hinzuwerfen.
;-)

einemaria am 22.Aug 12  |  Permalink
ach ja
oder ist es vielmehr so, daß die Tat da beginnt, wo das Wort endet? Oder wer nicht sprechen kann, sollte schreiben, sonst fängt er noch an, was zu machen ... und das endet bekanntlich meistens ad absurdum.

Ein Sancho Pansa, wobei Pansa für den spanischen Bauch steht, der dem Helfeshelfer den Blick auf sein Massekabel versperrt, auf daß er denkt, er hätte garkeinen, und beginnt wie wild mit der Lanze rumzufuchteln. Der Welten Rumesblatt hat sich bekleckert, aber eben mit sehr unsittlichen Dingen, aus genau diesen Gründen.

Aber was soll's. Ehe ich mich hier im Kommentar verliere, will ich doch lieber gleich mal die Titelseiten füllen ...

dhonau am 22.Aug 12  |  Permalink
nein, wenn wir an die ...
sprechakttheorie etwa austins denken, dann ist sprechen und handeln kein gegensatz. schauen Sie vllt nochmal auf die dhonau-seite, da geht es um die mühsal des schreibens auf allen möglichen ebenen (in verschiedenen andeutungen und ausführungen). durch die unterschiedlichsten medialen revolutionen haben sich natürlich auch die anstrengungen, sich auszudrücken und zu orientieren, vervielfältigt und verschoben

nach unserer auffassung im dhonau konzern sollten wir uns ungefähr ein jahr ein meinungsverbot auferlegen und nur noch überlegungen anstellen, wo dies oder das wie oder wo hingehört. das material unserer baukunst sind irgendwelche gedanken oder reste davon, fundstücke, herumliegende brocken etc etc — ein jahr, nur, wird uns dafür geschenkt, von keiner willenskraft gelenkt; allerhöchstens von irgendwelchen unterirdischen vegetativen kräften gesteuert, tieren, die seit jahren in zivilisierten formungen in uns auf der lauer liegen. aber täglich nur eine begrenzte anzahl von stunden, arbeitsstunden. und kaum hören wir auf zu arbeiten, werden wir wieder so wie wir halt sind, oder so ähnlich. natürlich müssen wir uns davor hüten, dieses programm umzusetzen, wie wir uns davor hüten müssen, irgendein programm umzusetzen. aber. trotzdem, nicht wahr?

einemaria am 23.Aug 12  |  Permalink
Warum
sollten wir das tun. Warum sollte ich, dessen Lungen sich vom Schreiben füllen und entleeren, der ich das geschriebene Wort atme, für so eine althergebrachte Zeiteinheit von einem Jahr den Buchstabensalat meiden? Besinnung? Das dürften Sie mal ganz anderen Labertaschen an die Backe kleben. Für meinen Teil ist jeder Tag ohne eine verlorener. Zu lange überlegt schon! Und was denn schon überlegt? Sprache und Meinung sind entgegen der zivilisierten, korsettierten Mathematik, ergebnisoffen. Herrschaftsfrei. Bedingungslos. Eine der letzten teilautonomen Zonen.
Sie sind herzlich dazu eingeladen, mit Vincenzo und mir ins Gespräch zu kommen. Ich werde Kaffe und Kuchen mitbringen.

dhonau am 23.Aug 12  |  Permalink
die dh.sche ...
idee hieß nicht, mit dem schreiben, posten, gestalten aufzuhören; nein meinungsenthaltung zu üben, das schon, ja. okay, vincenzo, okay, gin & tonic, okay, aber mathematik und korsettiert, das geht nicht zusammen, nein, hallooooooo ...

einemaria am 23.Aug 12  |  Permalink
hier gibts kein hallooo mehr
da reißt mir jetzt aber der Geduldsfaden. Mathematik und Korsett ... und dicke Unterhosen mit Bremssteifen. Eine Gehemmtheit, daß Mottenkugeln eine frische Brisen brächten. Die Dhonau also. Samt Werkstätte und Schrotthof will der Meinung das Fürchten leeren. Einer Meinung, die es nie gegeben hat. Kein Mensch, ob er nun auf Tastaturen einhackt oder auf seine wehrlose Frau, hat eine Meinung. Schreiben tut er und sie. Und hinter allem stecke eine Meinung, weil die Sprache und Schrift eine solche eigentlich schon impliziere ... mir geht gleich der Halfter durch. Wenn es etwas gibt, das noch nicht einmal den finalen Rettungschuß verdient hätte, so ist es diese Ansicht.

Wir sind Ertrinkende, und zwar allesamt, die sich nur wünschen können, daß es sich bei der gedrosselten Luftzufuhr nicht um Wasser, sondern alkoholische Getränke handelt. Eine Meinung. Die Krone der Arroganz, der Abglanz jeglicher Reflexion, die unter der Oberfläche des Ortes des Ertrinkens womöglich zustande käme. Meinung, das Grundverbrechen des Geistes und seiner Geschwister ...

jean stubenzweig am 23.Aug 12  |  Permalink
Außerdem
gehört das Plappern nicht nur zum Handwerk, es bedeutet auch Müßiggang. Womit ich wieder einmal bei Schiller wäre: Der Mensch will unterhalten wären. Meinetwegen auch in der Variante: Die Wahrheit ist nur mit List zu ertragen.

dhonau am 23.Aug 12  |  Permalink
ja, herr von ...
und zu stubenzweig, zustimmung, das wäre die moderierung; und zudem: wir gehören ja nicht zu denen, die eigene oder andere ideen realisierten, nein, das wäre uns in unserer prekären vornehmheit doch etwas zu vulgatär

jean stubenzweig am 23.Aug 12  |  Permalink
Das wäre
jetzt so oder so auszulegen. Ich nehm's in meiner prekären Vornehmheit mal moderater.

einemaria am 23.Aug 12  |  Permalink
Die Wahrheit
ist nur mit einer List mitzuteilen. Zumindest hatte ich dieses Gefühl bei dem Tod als Endung. Daß ich selbst in die Rolle des Rechtsterroristen schlüpfe, macht die scheinbare Wahrheit noch etwas "wahrer", provokativer. Es rüttelt so mehr.

Im Angesicht der Berichte über das KZ Jasenovac fällt es mir, selbst schon Moderator, schwer, die Sache moderater anzugehen. Es fällt mir schwer genug, jene Worte zu finden, die mir tödlich genug erscheinen, um hier ihr Grab zu finden.

Und ja, eine Art Wiederaufbau aus den Ruinen, die mir die Dekonstruktion überlassen hat. Fundstücke aus Wikipedia und youtube, deren Vorauswahl nicht unbedingt Neues hervorbringt. Hierfür wäre allerdings durchaus Raum in den Kommentaren. Schlimm genug, daß sich bereits "thebigreplica" in den Refferern fand. Ich werde das Experiment hoffentlich frühzeitig abbrechen, ehe es mir aus den Händen gerät.

jean stubenzweig am 23.Aug 12  |  Permalink
Mit «moderater»
meine ich allein die Dhonau.

einemaria am 23.Aug 12  |  Permalink
Dacht ich mir schon. Ich auch.

dhonau am 23.Aug 12  |  Permalink
natürlich ...
geht es bei dem thema menschlicher bestialität nicht um meinung. die richtige meinung ist leicht zu haben. wenn es aber darum geht, die bestialität in uns zu finden, also der abgrenzung von dem "bösen" zu mißtrauen, dann sind wir auch nur ein bißchen weiter. unter gewissen umständen, so könnte man denken, sind wir alle in der gefahr, täter, wie es heißt, zu werden. wenn wir uns aber nicht nur im haß auf unsere spezies verlieren wollen, dann wird alles noch komplizierter. wir, der plural ist hier ein dhonauspezifisch etablierter antiindividueller reflex, schlagen daher nochmals vor,von all den meinungen, den herumliegenden verarbeitungstexten des unsäglichen einmal zu lassen. ein sidestep über dna oder dns wird von uns als ein ausweichmanöver interpretiert, wo man dem überkomplexen für ein paar augenblicke entkommen kann, ansonsten wäre ja eine solche diskussion provokant daneben.

den stubenzweigschen einwurf, dem menschlichen bedürfnis nach unterhaltung mit list zu begegnen, dafür haben wir ja beispiele mit chaplin oder lubitsch. hier geht es nebenbei gesagt auch nirgendwo um meinung.

und übrigens: moderierung führt keineswegs notwendigerweise zum moderaten.

jean stubenzweig am 23.Aug 12  |  Permalink
«nirgendwo um meinung»
Das ist ihre Meinung.

dhonau am 23.Aug 12  |  Permalink
ja.
aber wenn Sie die filme erinnern, werden Sie verstehen, was geMEINT ist.

jean stubenzweig am 23.Aug 12  |  Permalink
Ach

einemaria am 24.Aug 12  |  Permalink
Aber, meine Herren,
etwas mehr Contenance. Ich werde mehr kulinarisches einfließen lassen. Damit ist allen geholfen.
Und, sehr geehrte Dhonau. Sie sind herzlich eingeladen, einen Moderator in den Text einfließen zu lassen. Der Text ist für Sie freigeschalten.