Die Luft-Boden-Attacke aus musikalischer Sicht
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Der Bordschütze des Apache-Helikopters hört Bruce Springsteen. Die Opfer am Boden, die Bodentruppen der Zivilisten hören Six Feet Under, weil sie da auch bald liegen werden. Erst noch hundert Meter unter dem Heli, schon bald 2 Meter tiefer. Nun, warum hören vorwiegend die Opfer so aggressive Mucke? Weil es vorwiegend der Bordschütze ist, der mal zum Takt der Musik, mal zu dem des Trommelfeuers entspannt mit dem Fuß wippt. Im Kugelhagel ist es wesentlich schwieriger, sich auf die Akkustik zu konzentrieren.
Wärme steigt nach oben, dennoch findet sich der mörderische Moment der napalmesischen Gluthitze stets in Bodennähe. Brennendes Fleisch lädt nicht gerade zu Ice in the sunshine ein.

Erst wenn der Spuk vorüber ist, hat die Melodie wieder eine Chance. Wenn die Schwefelschwaden vom Wind vertragen werden und ein dumpfes, kühles, feuchtes Gefühl das Bein hochschleicht, darf auch wieder Klassik gespielt werden - gerne auch ein portugiesischer Fado. Während des Walkürenrittes aber gibt es Wagner und Beethoven nur im Cockpit oder im Kino aus einer auswärtigen Perspektive. Im Busch und in den Büschen herrscht Heavy Metal. In einem Dickicht aus diversen Kalibern, eigentlich schon gefangen im Netz und doch noch auf den Beinen. Die Schläfen pumpen unter Hochdruck und du hoffst, daß dir dein Herz nicht davonläuft. Du bist eigentlich schon tot. Das motiviert, denn alles weitere ist ein geschenktes Freispiel. Move, move!

Du läufst allein in der Grube mit anderen. Andale, andale! Alles nur nicht arriva. Vom Wind der Kugeln getragen fliegst du endlich Baron von Münchhausen durch Szenerien ... stets nur Gast. Maskierte, Soldaten, Jugendliche und Kinder, keine Frauen. Alle stehen, nur du läufst. Warum nur du ? Run, baby, run, bis nichts mehr surrt und splittert. Aber du fällst nicht. Du läufst dich kalt und zer-fällst zu einem Häufchen Asche für den Rest deines geschenkten Freispiels. Und dessen Titelmelodie ist nun mal zwangsweise die Bodentruppen-Mucke. Prost, Mahlzeit.


dhonau am 07.Jul 11  |  Permalink
zu...
nächst nicht meine musik, aber dann umso mehr, denn über all wo geWOHNheiten WOHNungen WOHNstätten sich dick und breit gemacht haben, da herrscht argWOHN, der bald noch und nöcher und tausenfach detonieren wird, wenn er hinreichend akkumuliert ist, vielleicht auch noch generationenübergreifend schicksalhaft in sprungstellung gebracht ist: dieser tausend jahre alte wie kohle oder atomkernhaft zusammengebackene argwohn ist energie, atomenergie.
vertrauen (product credibility), ja das ist ein etikett, das hinterlistige produkte (leben und verarscht werden, das ist die gewöhnliche produktwirkung, die hinreichend viele deplacierte, auf der kippe stehende und andere destabilisierte ausreichend herunterdimmen soll) lanciert, bis es dann im großen stil kracht, so kracht wie das seismographische charaktere oder andere paranoiakünstler längst vorhergesehen haben. super musik, heftig, bedrohlich, befreiend, too much ...

einemaria am 07.Jul 11  |  Permalink
daß ich die Wohnung nur vergessen konnte ;(
sehr wohl, sehr wohl. Erstgesagtes erinnert mich da stark an die Mieter von Eugene Ionescu. Besser einmal kurz abbrennen, als den Erstickungtod erleiden.
Ich find sie auch nicht so großartig die Musik, aber Kugelhagel ist eben nicht nur schlechtes Wetter, sondern musikalisch determiniert.

lalol am 12.Jul 11  |  Permalink
"The music is you!"(Sun Ra)
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