Dienstag, 8. Juli 2014
Was man besser nicht überschreibt
Kaum lässt man mal zwei Wochen ohne eine Idee verstreichen, schon klopfen die Jandl-Schüler an mit ihrem verbildeten Wortwitz. Nee, nee, nee, da saug ich mir mal lieber schnell was aus der Gehirnwindung, ehe ich von noch mehr Kommentaren bedrängt werde.
Agieren, nicht reagieren, sagt da mein Mann. Und meint natürlich sich selbst, nicht mich.

Ich weiß nicht, ob sie das kennen, wenn man Ihnen in den Kopf schießt. Da kann man sich anschließend dann den Kopf darüber zerbrechen, über das Warum. Es sei denn, man kommt aus einem afrikanischem oder us-amerikanischem Krisengebiet - da scheint das ja zum Standardrepertoire zu gehören, so ein Kopfschuss, den man nicht persönlich nehmen muss.

Für mich aber, die ich aus einem waffenarmen Land stamme, ein aufrüttelndes Ereignis und der Tag hat ein Thema: Krieg. Und zwar ein Krieg an der Heimatfront. Ein Krieg der Herzen und Gefühle. Rosenkrieg, verblümt gesagt. Ehekrieg grob gesagt.

Mein Mann ist Drohnenpilot, während mir die Tante Arbeitsamt diese Fortbildung nicht genehmigt hatte. War ich doch Mauerschützin, als die Mauer noch stand, und er nur Pantoffelheld, ein echter Kenner der Funkuhr und bei Serien der Staffelkommandant. Wir hatten uns kennengelernt, wie sich auch schon meine Eltern kennengelernt hatten. Beim Fernsehen. Ist einfach besser, wenn man nicht alleine im siebten Stock im Elend sitzt. "Harsh navigation in featureless terrain" war der Geheimcode für seine Partnerwahl, also mich. Nur am Traualtar hat er mich mal seinen "signature strike" genannt. Nun hat er heute klammheimlich während seiner Arbeitszeit, statt Feindesland unter Beschuss zu nehmen, die Heimaterde mit Gülle beackert. Nämlich unser Eheglück.

Nach Jahren kramt er houdinimäßig eine seltsame To-Do-Liste hervor, die er über die Jahre geschrieben hätte. Mich wundert schon, dass da Blasen am Glory Hole der kapputen Küchentür nicht an oberster Stelle stand.
Wenn Sie Probleme in der Beziehung haben, schreiben Sie (das "mit" will ich standeshalber mal hier einfügen. Er hat es irgendwie vergessen) Ihrem Partner deine To-Liste, will er mal gelesen haben. Und desshalb nenn ich sie Tu-Du-Liste. Warum soll er immer alles alleine machen, wo ich am Ende garnichts von mitbekomme, hat er sich gedacht und mal schnell seine Partnerkritik in der Arbeit auf DIN A5 gebannt. Statt die Drohne über Feindesland zu steuern, hämmert er mit den Tasten auf mein Gemüt. Eine Hinterliste, die mich in die Defensive bringen soll. Hat er wohl irgendwo auf so einer militärischen Schulung aufgeschnappt und heute in den letzten Feierabendstunden auf Druckerpapier gezaubert. Desshalb zaubert er sie auch aus seinem Aktenkoffer, so als hätte unser Ehevertrag schon eine Nato-Kennziffer.

Glück ist eben ein fossiler Brennstoff, der irgendwann ausgeht. Ein begrenzter Energieträger mit dessen zur Neige gehen auch das Pech sein Ende findet, denn ohne Glück auch kein Pech. Des Einen ist dann des Anderen. Das Gemisch von Pech und Schwefel gerät aus den Fugen, ein polartiges Umschlagen und aus Liebe wird Feindschaft. Schliesslich wird es zum weissen Zwerg, wie es die Kosmologen formulieren, und last but not least zur Supernova, wo man gerne noch mal heiratet. Und letztendlich das Endstadium, dem sich auch unsere Ehe nähert, das Schwarze Loch.

Ich habs schon verstanden, was da nicht so gemeint war.

Muss er jetzt nicht so rumtun. Wär ihm wohl lieber, wir würden unsere Differenzen als zwei Drohnen über Niemandsland austragen. Das Machwerk liesse sich auch in einem Satz ausdrücken. Er bemüht sich über Jahre erfolgreich (sic!) weniger zu schnarchen, während ich verlernt hätte, Frau zu sein.
Fun facts about the cold war 2.0, ist ein gnädiger Ausdruck für das machöse Gestammel, das nur so ein gehirnpürierter Weichteilträger, dessen Geschlechtsfaschismus nicht mal mit Unmengen an Östrogenhendeln unterzukriegen ist, aus diesem hervorwürgen kann.

Vielleicht stirbt man selbst an seinen Gefühlen. Das Gefühl selbst stirbt nie. Wer das graue, eigentlich farblose Schwarz, das Grauen der Ehe, gesehen hat, wird es nicht vergessen. Die aufgestossenen Tore zur Hölle kann man nicht einfach wieder hinter sich zumachen. Da kann ich dann schon verstehen, dass er inzwischen D-Cycloserine in sich reinstopft wegen dem posttraumatischem Stress Syndrom. "Whiping away fearful memories" steht da irgendwo im Waschzettel. Eine Partnerberatung halte ich für rausgeschmissenes Geld und für zu riskant, insbesondere für die Therapeuten, diese Scheidungsparasiten, die die Leiche mit Gegengift für möglichst viele Therapiestunden am Leben zu erhalten versuchen.

Woher kommt nur dieser Schmerz? Wenn man den fauligen Teil vom Apfel abschneidet. Von der Neuverdrahtung der Neuronen, wenn das Nervenkostüm in der Änderungsschneiderei ist. Wenn man einsehen muss, dass das Elend im siebten Stock allein nur halb so elend ist.

So wird das auch wieder was mit dem Schreiben muss weh tun, muss weiße Blüten aus dem grenzenlosen Blau schneien lassen. Schreiben treibt die Gicht in die herausstehenden, herrenlosen Knöchel, die wie Emos von Tastatür zu Tastatür huschen hüpfen hurten, wie Leichen sich von Taste zu Taste schleppen. Einen Text raus und runter holen. Ich bin nicht stolz die Hölle gesehen zu haben. Aber lieber die Hölle, als ein Jandl-Gedicht. Desshalb bin ich ja die hartelinie. Eine Linie, die nicht umfallen kann. Leider, wie sich das der belastete Kreislauf oft einredet, und Jandl-Liebhaber hoffen. Eine Linie, ein Strahl, keine Welle wie das unentschiedene Licht und nie wieder ein Kreis. Das kann ich Ihnen Versbrechen.


So viel also zum ersten Bier nach dem Urlaub ... aber unterschreiben möchte ich das so nicht.
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Samstag, 21. Juni 2014
Die Ersatzstoffgesellschaft - Medusa der Post-Post-Ära
Nach der Postmoderne kommt die Post-Post-Ära, die Post, die einfach weg ist, weil inzwischen auch der Rewe weg ist, wo sie vorübergehend mal drin war. Erst die Briefkästen abschrauben, dann die Postfilialen in den Supermarkt und den schliesslich von Aldi auffressen lassen, bis endlich jeder kapiert, dass Briefschreiben nicht mehr angesagt ist. Lass den Scheiss, weil die Datenkrake nicht Lust hat jeden deiner bekackten Briefe mit Dampf und viel Handarbeit zu öffnen, nur um zu lesen, dass es dir leid tut schon wieder, aber zum letzten mal zu viel getrunken zu haben.

Wir sind im postpostalischen Zeitalter angekommen, mit der Email als Botenstoff. Kommuniziert wird über das Elektron, das kein Arbeitsentgelt und keine menschenwürdigen Pausen braucht. Die Post kommt und kommt und man kann sie selbst nirgendwo mehr hinbringen, geschweige denn der Postbote würde sie abholen. Ja, so war das mal.

Alzheimersche Bullemie, nenne ich das. Fressen, aber das Kotzen vergessen. Viel Input für möglichst wenig Output. Vor den Bildschirm gefesselt, Fernseher, Computer, Tablett, Smartphone und jetzt auch noch die Datenbrille von Google. Mit Infotainment das Gehirn rausblasen.

Es ist das Zeitalter "mit viel ohne". Koffeinfreier Kaffee und alkoholfreies Bier, cholesterinarmes Fett und magere Salami ohne die weissen Fettpünktchen. Sex ohne Empfängnis, süß ohne Zucker. Sie wollen Kaffee ohne Milch. Da wir aber keine Milch haben, könnte ich Ihnen Kaffee ohne Zucker anbieten (Slavoj Zizek).
Hauptsache viel ohne.

Wie Mehmet Scholl sagt. Jeder sollte seinen eigenen Freistoss spielen und schiessen. Er sehe die Jugend auf dem Bolzplatz den Ball fast nur noch per Topspin ins Netz zu kicken. Doch nicht jeder sei Ronaldo. Jeder hat sein eigenes Bein und seinen eigenen Schuss.
Es gibt sie nicht, jene Wahrheit für alle, das Ding mit viel ohne. Abenteuer ohne Risiko ist wie Sterben ohne Tod langweilig bis dorthinaus.

Ich mag fette Zwetschgenrohrnudeln und sauf mir das Fett mit Alkohol weg - wie Fleisch sich auch gut in Cola löst. Paar Chips noch und passt schon. Vielleicht kurz vor dem Schlafen noch eine Handvoll extra saftige Gummibärchen wegen ihrer natürlichen Zahnreinigung. Steht zumindest nichts von kalorienarm drauf. Und träume anschliessend in der entsprechenden Geschmacksrichtung.

Ich meide jede Medie wie den Teufel. Meine maximale Bildung beziehe ich von Bierflaschenetiketten. Davon könnte ich Ihnen das Wetter für die nächsten zwei Wochen ablesen. Bei mir trägt Salat und Gemüse auf. Ich bekomme da Blähungen, die sich selbst mit Underberg nicht aufhalten lassen. Ich wasche meine schwarz-rot-gelben Streifen in den Unterhosen mit 60 Grad. Ich gehe nicht zum Arzt und schon garnicht zu heilpraktischen Profiteuren meiner Einbildungen. Ich bleibe einfach viel gesund, ohne krank. Wenn die Börse A sagt, sage ich B, wenn das Volk nach Dubai will, fahre ich nach Österreich. Und ich kann Ihnen sagen, ich fahre bestens damit. Denn wir leben in einer Welt, wo das Angebot schon vor der Nachfrage geboren wird. Don't believe the hype.
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Montag, 16. Juni 2014
Kampf dem Blasenproblem
Der Frühling sprießt in maximaler Pracht, doch ich bin müde und welk. In der Jugend ist es noch ein Zustand, im Alter dann eine Krankheit - eine Frühjahrsmüdigkeit, die bis in den Winter hinein dauert. Ich brauch mal wieder Ablenkung. Urlaub auf Balkonien bei meiner Nachbarin.

Meine Nachbarin hat Blasenprobleme und darf nur noch feste Nahrung zu sich nehmen. Sprich, kein Bier mehr. Früher hatte ich noch Angst, dass sie mir die Kästen leersäuft, heute verspüre ich echtes Bedauern. Vermutlich hätte es ihre Blasenprobleme aber auch nicht verhindert, wenn ich immer so viel Bier besorgt hätte, dass sie es garnicht auf einmal wegbekommt. Und auch mit unseren Techtelmechteln wird es schwierig, wegen der Blase.
Nun, jedenfalls gefällt es ihr jetzt nicht mehr bei mir und das ist schade, sehr schade. Und alles nur wegen der bekackten Blase ...

Jetzt versuch ich es mal mit einer Bierprobe mit alkoholfreiem Bier, nur für sie. Ist zwar immer noch schlecht für ihre Blase, aber das läßt sich mit dem Gesundheitsaspekt alkoholfrei, dem Getränk für Nationalmannschaften und anderen Illusionen des 19.Jahrhunderts, leicht aufrechnen.

Ich und der ein oder andere kommen allerdings schon zu wie die Haubitzen zur alkfreien Bierprobe, um das irgendwie durchzustehen. Das wird sie überraschen und freuen, wenn vor uns schon die Fahne der hartelinie zur Tür reinweht, ehe meine spindeldürren Beine die gute Stube beschwanken. Dann fühlt sie sich nicht mehr so ausgeschlossen im Reich des Königs Alkohol.
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Church Upgrades - die heilige Lanze brechen 3.0
Ist natürlich auch cool, der antiquierteste Verein auf Gottes Erden zu sein. Wenn aber nun schon das Streicheln minderjähriger Kirchenmitglieder verboten und alles sonstige unzölibate Vergnügen gestrichen wird, sollte man sich Gedanken machen, andere Reize zu setzen, um weiterhin Priesteranwärter zu finden, die der Gemeinde ein Leben lang das gleiche Buch vorlesen. Man wird neue Wege finden müssen, Leute anzuwerben, die dem irdischen Vergnügen trotzen, in der Hoffnung, dass der Tod es besser macht. Das wird in Zeiten von youporn und menschenleeren Kirchengeisterschiffen immer schwieriger.

Ausser dass man auf dem Kirchenschiff Kreufahrten für knallharte Gothics anböte, fiele mir da noch ein kulinarisches Schmankerl ein. Anstatt den Gläubigen allsonntäglich trockene Oblatten zwischen die Kiefer zu schieben, könnte man die auch mal belegen. Tomaten-Mozarella-Oblatten oder Calzone-Hostien, eingelegte Leiber Christi oder den Teig mal mit Spinat und Meerrettich aufbessern. Das Abendmahl bestand vermutlich auch nicht nur aus Reisfladen. Und wenn schon Armut, dann bitte gerne Mangold statt Spinat.

Den Wein trinkt der Herr Pfarrer, ganz im Gegensatz zu seinem Idol Jesus beim Abendmahl, ganz allein. Und er kann auch keinen aus dem Wasserhahn raus zaubern. Ob faul oder nicht, jedenfalls kein Zauber. Der Kirchenbesucher bekommt keinen Tropfen ab, obwohl das durchaus dienlich wäre, die tödlich langweiligen Predigten an ungeheizten, reichlich unmystischen Orten einigermassen zu überstehen. Das ist in Zeiten des Postkommunismus reichlich anmassend, wo man fast alles schon zu einem Euro bekommt. Solch ein Geiz wirkt sich nicht fördlich für den Klingelbeutel aus. Sonst geht doch auch alles, solange man seine Sünden bereut.
Blöd nur, wenn man an einem Freitag mit einer ganzen Woche voll Sünden auf dem Buckel stirbt - so kurz vor der Beichte, so kurz vor der wöchentlichen Absolution. Ich denke, tot aus dem Beichtstuhl zu fallen, ist der direkte Weg ins Himmelreich.

Der schwarzen Bande aus Rom muss man die guten Ideen wirklich mit dem Dreschflegel reinprügeln. Da gäbe es so einiges zu justieren. Mit Maltesenern in roten Rasewägen und einem Jesuitengeneral zur Seite, mit einem Spionagering wie dem Opus Dei und all den verstreuten Nonnen und Mönchen weltweit, fällt den Vertretern Gottes nichts besseres ein, als ihre Kundschaft mit Osterbotschaften in 54 Sprachen zu unterhalten.

Besser mal ne Fussballmannschaft auf die Beine gestellt, die auch international mitspielt. Papamobil war ja schon nicht schlecht und Füsse waschen hat durch seinen Fetischcharakter auch schon wieder Zeitgeist. Aber mit der Pizza-Hostie wär man, glaub ich, zumindest im monotheistischen Areal wieder ganz vorne dabei. Glück auf, jeden Fall.
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Freitag, 6. Juni 2014
Nudelfotznintermezzo
"Papa, du host do a Nudl an da Fotzn."
"Ja, sog a mal. Hab ich dir keine Manieren beigebracht, du Saukrüppel. Wie sagt ma?"
"Nuuuuudel."
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Dienstag, 3. Juni 2014
Der unsichtbare Bürger
Ich bin ein sehr bescheidener Blogger. Mich freuts schon, wenn nur die NSA mich liest. Desshalb bekomm ich auch keine Kommentare, vermute ich mal, sondern nur Spam. Den Bundesspammer, vermute ich mal. So bin ich denn nicht nur bundesdeutsch virtuel geimpft, sondern gleich international assimiliert an das Netz. Wenn ich irgendwelche Chatrooms betrete oder Nitratdünger bestelle, gehen nicht gleich die roten Lämpchen der Schlapphüte an. Ich bin so gläsern, dass ich unsichtbar bin.

Ich bin die LUft im www. Dafür bestellen mir Fremde Dinge online von denen ich bis zur Paketzustellung garnicht wusste, dass es sie gibt. Mit der ganzen Werbung kaufe ich doch eh, was andere wollen, dass ich es kaufe. Warum das nicht in die Hände weniger professioneller Konsumtrojaner zu legen.

Und weil meine Rechnerkapazität mit Paint und dem Editor nicht wirklich ausgereizt wird, bin ich ganz froh, dass ich ein paar Ehrenwerten als Bot diene, und so nicht nur liebreizende Geschäfte, sondern auch noch Ping-Attacken gefahren und andere Futuristiks über mich abgewickelt werden.

Ich will da mal die Scheunentore auf Orwells kleiner Farm ganz offen stehen lassen. Das Innen nach Aussen kehren wie Schmutz von der Türschwelle. Die dunklen Ecken mal beleuchten lassen von Überwachern, ob da nicht noch was moralisch zu bemäkeln ist. Nur hereinmarschiert, Ihr Saubermänner und Zauberfrauen. Noch ist der Kuchen ganz frisch und die Sahne ganz steif.

Ob Schweine wie ich, die durch die Überwachung noch gleicher als gleich geworden sind, schon das Ruder übernommen haben, dazu müssen Sie sich schon mal an der Nase packen und bei uns reinkucken, auf der kleinen Farm, sonst fühlt sich wie bei Farmville das Schaf nicht gestreichelt und die Kuh nicht gemolken. Also wenn schon Überwachung, für die ich auch noch bezahle, dann bitte auch zuverlässig. Ich möchte nachfragen können, was ich in der Zeit der fehlenden Tagebucheinträge getan habe.

Als Anregung könnte man auch mal andenken, eine Friends-Funktion einzuführen, über die ich Vertraute freischalten könnte, dass sie nachsehen können, ob ich grade im Urlaub bin oder wann wir das letzte mal telefoniert haben. Oder so. Gläsern klingt so antiquiert, die Zukunft ist unsichtbar.
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Freitag, 16. Mai 2014
Tod in der krisenfreien Zone
So wie in München hald. Vielleicht auch in anderen bayrischen Städten, wer weiss, ich jedenfalls nicht, denn ich war bisher nie in einer anderen bayrischen Stadt. Amerika und Asien, da kenn ich mich bestens aus, aber den Rest von Deutschland ... den mag besuchen, wer will. Ich nicht.

München hat alles, sagt man. Die Berge, die Seen und gute alpine Küche, italienisch-österreichisch mit viel Mehlspeisen. Fett wird man also, die bayrische Krankheit, hohe Triglyceride vom Bier und Schweinsbraten. Aber man stirbt nicht. Wegen des konservierenden Effekt des Föhns und der mega-gesunden vielen Rosinen in allen Gerichten.

Was man nicht sagt ist, dass der Faschismus immer schon aus dem Süden in den Norden gewandert ist. Von Mussolini zu Hitler und über München nach Berlin. Und von dort zerstreut es sich dann wie ein Krebsgeschwür in alle Winde. Können wir nur Gott danken, wenn sie da den neuen Flughafen nicht hinbekommen. Für den Fall, dass nach den Römern und Faschisten nicht nochmal so ein Schub nordwärts schwappt und dann überall mit dem Flugzeug hinfliegen kann.

Aus Braunau der Hitler, aus der Schweiz der Lenin, glücklicherweise nur auf der Durchreise nach Moskau, und aus dem Süden die faschistische Küche. Nun, für die göttliche Vertretung auf Erden mussten wir während der Nazi-Ära unseren guten Münchner Nuntius Eugenio Pacelli nach Rom entsenden.
"Non poi farlo cosi! La pasta mai viene con questa farina." (So gehts nicht. Mit dem Mehl kriegst du keine Pasta hin.), während der nordalpine Typ nur schaut "Schaug her. Ah so. Ge, ge."
Der Faschismus südlich der Alpen ist vermutlich aus dem Hunger gekeimt. In Österreich und Bayern hat dieser Hunger und die Mangelernährung schlicht zur kompletten Apathie geführt. Zumindest auf dem Land.

In den 20er Jahren, so habe ich kürlich gehört, wäre München eine Weltstadt der Kunst gewesen. Politisch wurde dieses Dorf der Bewegung mit oder ohne Herz durch das Hitlerphänomen weltstädtisch, diesen Postkartenmaler, den diese Kunst zwei Jahrzehnte zu verhindern wusste. Marcel Duchamp erhält seinen künstlerischen Impuls hier in München, man pendelt zwischen hier und Paris, zwischen Tunesien mit Paul Klee und Murnau.
In den ersten Weltkrieg ritten noch die Futuristen und so mancher, von dem man es nicht vermutet hätte, allen voran der blaue Reiter Franz Marc, zur Reinigung des Planeten.
"im Friedensreichtum wird uns tödlich bang
wir kennen müssen nicht noch können oder sollen
wir sehnen uns wir schreien nach dem Kriege"
wie Alfred von Heimel es formuliert hat. Das läßt sich leicht sagen, in der krisenfreien Zone.

München, da komm ich ins Träumen, abends, wenn der Verkehr sich beruhigt und alle fast schon daheim vor der Glotze. Freitag, letzter Spieltag, alle Parkplätze noch frei, weil man sich fürs Spiel noch bei Freunden trifft.

Die Einheimischen sehen aus wie das was sie essen und saufen sich die Hucke zu bis geht nicht mehr und trotzdem haben Sie letztendlich die größten Kartoffeln, den längsten Spargel. Nicht nur vielleicht, weil sich auf so vielen Äckern ein paar Waffenfabriken nicht hinderlich sind. Danke, Franz Josef Strauss, der uns aus dem Zustand des selbstversorgenden Agrardeppens in das Wunderland der Militärtechnik hinübergerettet hat. Dafür durfte dieser leidenschaftliche Flieger dann auch mal gerne mal Flugbenzin von der Steuer befreien.

Man sagts halt nicht. Man sagt nicht, dass man die Mietpreisentwicklung in München nicht so dramatisch findet. Im Gegenteil, eigentlich garnicht schlecht, weil man es selbst zu einer kleinen Wohnung im Umland geschafft hat. Und die Preisentwicklung diffundiert bis hinaus ins Umland. Besser kann man sein Geld nicht anlegen. Zahlt keine Miete und es wird von selbst immer mehr wert.

Dass Miete den Begriff der Leibeigenschafft wohl übersteigt, zeigt schon die Tatsache, dass Sie früher sich rund um einen Fürsten breit machen durften und 10 Prozent Ihrer Produkte abgaben, heute frisst Ihnen das Wohnrecht in einer mehrstöckigen Parzelle oder Wabe schon die Hälfte Ihres Einkommens weg.

Was heisst hier schon Spekulation? Andere haben halt nicht in eine Wohnung investiert, sondern in Kneipenausflüge oder sie haben darauf spekuliert, dass ihre teuren Kleider und Assecoires mal eine enorme Wertsteigerung erleben. Ich kann mich aber noch gut dran erinnern, als die Kunstperle erfunden wurde und plötzlich die guten alten Perlenketten nichts mehr wert wahren.

Wenn es aber in der Menschheitsgeschichte eine Konstante gab, dann deren Wachstum. Der Lebensraum wird enger. Im Grunde gehts auch nicht um Wohnung oder Haus, sondern um Grund und Boden. Jetzt ist es vielleicht schon ein wenig spät dafür, aber so ein Parkplätzchen in der Innenstadt war vor Jahren noch für 10.000,- zu bekommen. Da fallen keine grossen Renovierungskosten an. Hin und wieder die weissen Linien nachziehen und kleine Löcher mit Schnellbeton. Asteroideneinschlag is natürlich die Gefahr.

Es ist diese erste Hürde. Die ersten 100.000 ranschaffen, oder zumindest mal 50.000. Wer aber als Schüler sein Taschengeld in einen Stellplatz investiert hatte, der schafft das natürlich früher zur ersten Wohnung in der Stadt. Wer Lust hat, seine Freizeit in der ungarischen Tiefebene zu fristen, der kriegt da sein Häuschen schon für 5000 Ocken. Das nennt sich Bevölkerungsdruck durch Landflucht.

Machen Sie in Wald, in Rohstoffe, aber am besten in Essen. Gefrieren Sie gleich mal alle Kräuter vom Fensterbrett ein. Dann 20 Packungen billigen Öko-Salat und den Rest voll mit dem Weihnachtsbutter unter nem Euro. Das ist Ihre Rente!

Oder ziehen Sie nicht nach München. Warum man das nicht wie bei den Bierzelten handhabt, wenn alle Sitzplätze belegt sind, wird dicht gemacht, ist mir rätselhaft. Man kann doch die Mülldeponie Grosslappen nicht auf das ganze Stadtgebiet ausweiten. In diesem Sinne möchte ich gesetzlichen Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens zu Rate ziehen.


Paragraf 17 Absatz 3 des HartelinieGesetzBuches

§ 17 Absatz 3a - Kotzen

Jetzt mal im Ernst. Das ist doch zum Kotzen. Alle wollen vom Umland in die Städte, vom Umleben ins Unland, und dadurch werden diese immer unlebenswerter. Slumgürtel als Schale und im Zentrum überteuerter Altbau und Geschäfte für In-Design. Eine Immobilienkrise der ganz anderen Art.
Ein idiotisches Cafe reiht sich an das andere, mit Hockern bestückt, die ohne Lehne. So zeigt sich, wer das Rückgrat hat, sich so verarschen zu lassen. Serviert wird Sushi statt Leberknödelsuppe, Diana Melmet statt Uschi Obermaia, Dobermann und Pinscher statt Herrchen und Dackel.

§ 17 Absatz 3b - Grenzen der Gastfreundschaft

Auch für Dorfgemeinschaften gilt eine Quotenregelung für die Anzahl der sozialbehinderten Zuzüge. Für München im Speziellen gilt die Quote als erreicht, sobald es im Hirschgarten keinen Sitzplatz mehr gibt, weil die Leute nicht mehr zusammenrücken. Altbausanierung und Statifizierung, Dorfentkernung. No money, not funny. Da wird das Klima dann grantig und das geht in Bayern garnienicht. Wir können da nur hoffen, dass, wie gesagt, die afrikanische Scholle bald nachschiebt und an der Donau ein entsprechendes Gebirge aufwirft wie die Alpen, die ersichtlicherweise an völlig falscher Stelle entstanden. Nur so konnte es geschehen, dass die norddanube Besatzungsmacht wie eine Tsunamiwelle nach der anderen über das schöne Bayern wütet. Und die Österreicher mögen mir diesen Satz verzeihen ... es wäre nur zu schön, wenn die alle nur Durchreiseverkehr wären.
Und für die mit Reiseziel Bayern gilt der Unterschied zwischen einem Preussen und einem Saupreussen. Ersterer fährt nach dem Urlaub wieder heim.

Auszug aus den Kommentaren zu §17 Absatz 3:
Folgerichtig wird es sehr bald schon das Beer-to-go geben, im Plastikbecher, für die, die auf der Wiesn auf Bänken sitzen und nicht in den Boxen. Biergarten muss man sich leisten können, wenn einem der geldige Zuzug das Bier wegsäuft. Jedes Leckerli ist schon wegreserviert oder so mit Kindergedöns vollgestopft, dass man sich um die Rente nicht kümmern muss, aber wegen der Angst vor drohender Überbevölkerung schon einen Kater vor dem ersten Bier bekommt.

Paragraf 17 Absatz 4

Wir sind hier keine Bedürfnisanstalt für Möchtegern das coole München in meinen Lebenslauf aufnehmen. Man hat sich ja bereits zu Kompromissen durchgerungen und den Franken durchaus das Leberecht zugesprochen. Und bei nichtdeutschen Neueinwanderern versteht man wenigstens anfangs nicht, was sie eigentlich sagen. Aber jegliches norddanube Volk, Menschen, die lieber weniger Salz auf der Brezn haben und keinen Speck in den Krautsalat, humane Absonderungen, die nach magerer Salami fragen und in ihrem Bioladen ganz unter sich am wohlsten fühlen ...

Paragraf 17 Absatz 5

Eine Lösung ist mit der Libertas Bavariae nicht leicht zu finden. Aber, wer will es schon leicht.
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Freitag, 9. Mai 2014
Ebook burning for Dummies
Das ist schon richtig, was Sie da sagen, vorzüglichster phom. Sie glotzen dir beim Scheissen zu, die Big Brothers. Da wünscht man sich dann doch Einzelkind zu sein, ganz allein am Clo. Die Sorgen mach ich mir seit meiner frühen Jugend: ob meine beiden toten Grossmütter, die über mich wachen, mir auch beim Sex zusehen, oder es zumindest könnten? Offline, das is so n Ding. Ich dachte allerdings, gerade österreichische Banken hätten das noch im Sortiment. Man hört nur Gutes ausser viellcht von der Hypo Alpe Austria.

Nur bei meinen Grossmüttern, der NSA und all den anderen Profis merkt mans nicht. Da tut es nicht weh, wie bei dem Getöse und Gebrammel das da so unerwünscht durch die Leitung presst. Skype, gmail, web hier, gmxle da. Ein ganzer Olymp an Teilpersönlichkeiten, die alle wieder mit jemandem befreundet sind. Und Freunde sind sie alle, die bisher nicht im Spam gelandet sind.
Friends & Co, die es sich bei mir im Channel bequem machen wollen, als sei es ein einladender Ohrensessel. Heut hab ich die Kiste garnicht angeschmissen. Diesen Kommentar schreibe ich sozusagen anonym von einem Cyber-Shop. Heute war der Berufsverkehr schon Herzinfarktrisiko genug.

D.a.s i.s.t k.e.i.n.e 40,e.r-Z.o.n.e !!!! Da vorne stand 50 und für Menschen mit Hirn bedeutet der rote Kreis drum herum, dass es sich somit um eine Richtgeschwindigkeit handelt bei der man gerne noch 10 km/h drauflegen kann. Weil wir nämlich gerade alle heimwollen. Ich und Tausende hinter mir.
Anschliessend langwierig auf der einzig verbliebenen Fahrspur rangieren, um den Feierabendparkplatz zu finden. Ne! soll er sich doch einfach in die Feuerwehreinfahr stellen und nach dem Abendessen seine Blechkiste in die Lücke pfropfen. Man kapierts nicht.

Über die NSA kann ich mich inzwischen garnicht mehr so aufregen. Steht eh alles auf meinem Blog. 10 Prozent der Referrer darf man wohl getrost den Geheimdiensten zuschreiben. Und wenn ich tagebuchtechnisch mal eine Frage oder Lücke der Erinnerung erleide, kann ich immer noch die Kumpels vom Geheimdienst anrufen, ob die das noch auf Band haben. Warum die damit noch nicht werben? Manches wird man wohl nie verstehen.

Mit der Lochkarte von IBM haben die Nazis den Holocaust erledigt. Das scheint funktioniert zu haben, denn IBM ist immer noch im Geschäft. Als nächstes also ne reinerassige IBM-Maschine statt dem I-Scheiss. Und dann bohr ich die Leitung mal so auf, dass sie mich alle hören. Rund um den Globus bis tief in die letzte Felsspalte hinein, wo sie scheinbar festsitzen, die Truppen. Die Bodentruppen der hartenlinie. Da wird man kein Richtmikrofon benötigen, um zu hören was mein Geheimstes, Innerstes so zu sagen hat.

Ach ... ich sags einfach gleich. Es wird eine Münchner-Kindle-Verbrennung. Mit hohen Flammen und viel Geheul. Ich wollte es ja eigentlich zur Bürgermeisterwahl am Marienplatz beantragen, wegen der giftigen Dämpfe der Handhelds, Tablets und all der anderen Kindletonträger eben. Nun mach ichs auf der Mülldeponie Grosslappen bei München, wenn der neue Deponiechef sein Amt antritt.

Bücherverbrennung, es sei denn man veranstaltet sie jetzt am 10.Mai, wie die Nazis 1933, lockt heute ja keinen mehr hinter dem Ofen hervor, den ja heute keiner mehr hat. Ebook-Verbrennung ist auf der Höhe der Zeit. Eine Performance, die sich auf die Seite des gedruckten Buches stellt. No Kindles no more. Für die Wiedererweckung der Eselsohren. "Die hartelinie - Mein Buch", Erstausgabe 2014, hm.

Dank der langen Auszeit gäbe es aber auch wirklich eine Menge Print, also gedruckte Bücher, die man wie die Fichte unter den Literaturerzeugnissen zum Anzünden hernehmen könnte. Als Klassiker möchte ich mal die Bücher von Herrn Sarrazzin nennen, die wie für eine Bücherverbrennung produziert scheinen. Da könnte man ganze Verlage in die lodernde Flut schmeissen. Sie dürfen sich da gerne an der Kommentarfunktion am Ende dieses Beitrags ausagieren. Ich nehm gern alles mit auf die Listen.

Im Grunde ist Blog auch nur halbe Sache. Wirklich schön ist das kalligraphische Wort auf geschöpfter Bütte. Aber dank des gottverfluchten Feierabendverkehrs, scheiss drauf, mach ichs halt auf Digital.

Aber Münchner Kindleverbrennung, das hat so un/schöne Konnotationen

Das wär schon ein Ding. Das von der Welt geliebte München, Kinder oh je und Verbrennung, dann ist der Ofen aus mit der Geduld und ... je nachdem

Sagen wir mal, die Verbrennung Jesu am Kreuz, das wär natürlich magisch. Film- und kunsttechnisch erste Sahne. Aber die nötige Anwaltsflotte kann ich mir nicht leisten. Münchner Kindl hat heutzutage diesen Opferaspekt stärker mit drin. Das fördert die Emotionen besser. Bei Jesus verhakt sich die Sache vielleicht. Aber bei Münchner-Kindle hasst mich jeder und da is es mit der Liebe dann nicht mehr so weit.
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Montag, 5. Mai 2014
Rette sich wer kann, die Eisheiligen kommen
Es ist Anfang Mai und die gestrengen Eisheiligen hurten heran.

Pangrazi, Bonifazi, Servazi sind drei frostige Lumpazi und die kalt' Sophie, die bringt zum Schluss ganz gern noch einen Regenguss.

Im Grunde fühlt es sich heute schon so zapfig an, dass man denken könnte, ihr Eiskleid wehe ihnen voran. Doch, wer will sich beklagen:

Ist der Mai kühl und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass.

Dumm nur für jene, die Tomaten und anderes frostuntaugliches Gemüse schon im Freiland verpflanzt hatten. Denen füllt sich einzig der Kropf, wenn es nochmal so richtig unter Null geht. Jetzt gilt es also zu warten. Erst die eisigen Lumpazi, dann der nasse Nepomuk und nach ein paar bangen Tagen dann letztendlich am 25.Mai, der heilige Urban, der den Sommer einläutet.

Urban lass die Sonne scheinen, damit wir nicht beim Weine weinen.

Wenn Ihnen das alles ein wenig unsicher erscheint und sie bei wetter.com nicht die kostenpflichtige 3-Wochen-Vorschau gebucht haben, schicken Sie Ihre Pflanzen doch mal auf Urlaub. Schattenparken Sie Ihr Prachtgut in unserem Schatten. In geselliger Nachbarschaft zu gepflegten Magnolien und lustigen Kirschlorbeeren.

Wir stellen Ihre winterharten Sibirischen Lerchen im Hochsommer bei uns in die abgeschiedensten Orte unserer Baumschule, an die noch niemals Licht gedrungen ist. Oder für all jene, die es in der prallen Bruthitze dieser klimaerwärmten Breiten und ganz besonders ohne ausreichende Wasserzufuhr nicht aushalten, ein Plätzchen im Halbschatten, schön bodenfeucht.

Sie fahren in den Urlaub oder wollen Ihre depressive Bergenie mal auf Kur schicken. Von den vier Elementen Luft, Boden, Wasser und Sonne gibt es bei uns für Ihre Liebsten nur das Beste. Tägliche Blattpflege und die Parasiten manuell beseitigt, das läßt Ihr Pflänzchen gedeihen, dass Sie sich nach dem Urlaub eigentlich eine größere Wohnung suchen müssten, hätten wir Ihre Prachtstaude, Ihren Rhabarber, den Spindelstrauch oder Ihre Eibe nicht abschliessend in Form gebracht.

Damit sprechen wir nicht nur Ihre Topfpflanzen an. Wir holen Ihre Pflanzen auch aus den Erdlöchern und bringen sie wieder wohlbehalten dorthin zurück. Wie Sie das bei guter Baumschulware sehen können, führt das Verpflanzen dazu, dass die Pflanze robuster wird und sich im Wurzelballenbereich formschöner herausbildet. Manchmal ist ein radikaler Wurzelrückschnitt die letzte Hoffnung. Als Anregung möchte ich Ihnen das wunderschöne Lied "Topfpflanzen, gehts spaziern" von Josef Hader mit auf den Weg geben.

Ob als Kur oder als Hotel, mit oder ohne Unterhaltungsprogramm. Wir bieten zudem als Zusatz- oder Einzelpaket verschiedene Schulungen an. Wir machen auch Ihre Palme winterhart, Ihre Obstbäume laubfallfrei oder ihre Hecke vogelresistent.
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Sozialstress online
Ich muss nur noch diese eine Rechnung verschicken und jene bezahlen. Früher ging man zur Bank und warf den ausgefüllten Überweisungszettel in einen Kasten, heute kann man sich bankbanking garnicht mehr leisten. Online wärs umsonst, aber da wartet der virtuelle Terror.
Denn kaum öffne ich das Postfach, schon wummert es über den Chat. Ich bin hier allerdings geschäftlich tätig und hab weder Zeit noch Lust auf die Befindlichkeiten lockerer Bekanntschaften. Schliesslich platze ich bei meinem Schwager auch nicht durch die Tür und rülpse mal so raus, was bei mir heute so los war.
"Ich schreibe Rechnungen, verpisst Euch." Selbst das Offline-Zeichen wird nicht respektiert. Ich bekomme Meldungen von Postfächern, die ich nie hatte. Die erste hartelinie-Tastatur wird mindestens eine Taste mehr besitzen: "Push it all to Spam".

Als dann noch ein sprechendes Werbefenster angebrausert kommt und sich im Hintergrund fiepend meldet ... da hab ich dann ausgebrausert. Ich gebe auf. Ich verzichte auf die Rechnung. So werden Kunden zu Freunden und Freunde zu Fremden ... denk ich mir noch, schon piepsen und brüllen die Multiversen an Freunden und Bekannten auf ganz anderen Kanäle. Denn kaum ist der Chat agbemeldet, knarzt es als praktische Vorwarnung im Kopfhörer aufgrund der Interferenz, die das längst vergessene Handy auch gleich mit mir eingehen wird. Für wenige Millisekunden vibriert die Tischplatte, schon jault und zischt das Klingeltontrauma.

Geistesgegenwärtig verlasse ich das Wohnzimmer, um mein Ich wieder zu finden. Das hätte ich besser nicht getan, denn nun steht mir das Entsetzen und Grauen noch tiefer ins Gesicht gefurcht und gefräst. Ein Teufelskreis, wesshalb man eben im Grunde jeden Tag einen Tag hässlicher wird. Sozialstress.

Ich stecke in einer ausgesprochen schwierigen Situation, einem Catch 22, einer Loose-Loose-Situation. Im Wohnzimmer drängt der Freundes- und Bekanntenkreis wie eine Horde Körperfresser durch den Bildschirm, im Rest der Wohnung, der Niemandslandzone, bin ich von meinem eigenem Ich überfordert und vor der Tür, draussen auf der Strasse ... das will man sich garnicht vorstellen. Horror mit Leibern, Dantes Inferno im Gewande indischer Tausendsassa- und Elefantengötter. Wilde mit noch wilderen Ideen und Fantasien und mit mehr Geld.

Einzig jene, die ihre Sektenbroschüre Der Wachturm schützend vor sich halten, dürfen nicht mit mir sprechen - immerhin. Stumme Zeugen Jehovas, das lobe ich mir. Die Initiative dazu kam allerdings von gesetzlicher Seite und nicht aus eigener Demut der Sekte. Offener Kreuzzug ist heute eben nicht mehr gern gesehen.
Das virtuelle Restvolk hingegen zeigt nicht so viel Anstand und Grösse, sondern lauert ante portas, rund um meine persönliche Stadtmauer, mit dem einzigen Ziel, meine volle Aufmerksamkeit zu okkupieren. Mit diesem Pack ist kein Pakt zu schließen. Ich bleibe offline.
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Donnerstag, 10. April 2014
Mission Control - Einführung in des Leben als Bauarbeiter
Im Alter wird man grau wie man an der Betonkarre alt wird, und somit auch grau, umhüllt von Zementstaub im Frühlingswind. Vermutlich wieder einer dieser wärmsten Jahrhunderttage Anfang April. Der Schweiss brütet wie Klebstoff auf der Haut. Er wirft Blasen bis er als Tropfen in der staubgeschwängerten, durstigen Luft verdunstet, ehe er in den noch viel staubigeren Boden fällt.

"Wenn ich schaufle, dann bin ich Schaufel," hat einmal ein weiser Mensch gesagt. Ich schaufle und mische, mehr weiss als weise. Das Rundherum wird bestrahlt von der Sonne, die durch den Staubnebel bricht, den Blick trüb vom Zementschleier, stehe ich an der Betonkarre.

Die Baustelle braucht meine Mischungen. Weil wir nicht vom verbrecherischem Baugewerbe sind, mischen wir, also ich, noch im Schubkarren, zum Rühren die Kreuzhacke, von der man bis heute nicht weiß, wessen Kreuz sie zerhackt. Zement und jetzt gerade Quarzsand im Verhältnis 4:1 und heute mehr Wasser, weil der Sand zundertrocken ist, um es anschließend mit der Kreuzhacke durchzustochern bis es "druckert" oder "lind", saftig grau, so richtig fett oder pudeltrocken ist.

Noch zwei Karren Fertigbeton werden gewünscht, wie es mir die Steinklopfer in ihrer zarten Sprechweise zu verstehen geben, und ich schaufle, schütte und hacke das Zeugs mit dem schwarzem Kreuz auf rotem Dreieck. Mission Control! Jedem das Seine, in jeder Körnung von 0 bis 3200, von Schotter bis Brechsand, mit den leckersten Zutaten wie Zement und Kalk, vom Putz bis ins Schotterbett. The human Mischer.

Und dass sich an all den Zementstaub auch wirklich was anhaften kann, gehts zwischendurch zum Steineschneiden. Mit diamantbesetztem Stahl gegen Beton und Granit. Und weil die Flex eben ein Winkelschleifer ist, nimmt sie beim Schliff Material mit. Gesteinsmassen, die sich förmlich in Luft auflösen. Unter Kennern: Fog - Nebel des Grauens. Mir unerklärlich, warum da neben Gehörschutz und Schutzbrille laut Katalog eine Atemschutzmaske der Klasse 1 ausreichen soll.

Der Todesstaub

Von der Wohnungstür bis ins Wohnzimmer und zurück ins Bad führt eine graue Spur, ein Gehweg, sozusagen der zementierte Feierabend. Wenn ich mal Glück habe und vor Sonnenuntergang nachhause komme, sehe ich die leuchtenden Kleiderberge am Horizont meiner Wohnung, sortiert nach schmutzig, geht noch und divers. Und dazwischen wirkt der ehemalige Schmutz nun wie handverlegtes Betonpflaster. Ich würde sagen, mein Wohnzimmerbelag ist inzwischen frostsicher, nur vereinzelt scheint hie und da noch der der alte Flokati-Teppich durch.

Das war nicht immer so. Erst seit ich meiner Frau gekündigt habe, ehe mich die Firma wegen meiner Frau kündigt.

Ob ich das Unkrautvlies bei Aldi im Angebot schon gesehen hätte, oder ob vielleicht die Kollegen auch eines wollten. Sie könnte es gleich mit reinpacken.
So was geht nicht. Auch wollen meine Kollegen nicht zu uns zum Grillen kommen. "Bring doch mal paar mit." "Paar gleich?" sag ich noch, "wenn du wüsstest, was die den lieben langen Tag so von sich geben." Wie: Deine Alte ist so fett, die fällt auf beiden Seiten gleichzeitig aus dem Bett. "Willst du das mal nen Abend lang beim Grillen dir reinziehen. Witze, dass Tiefbau noch hochgestapelt wäre. Neee, an dem Abend unternehm ich dann was mit Freunden."

Und zwischen den Witzen wird der Geith to the Universe durchgearbeitet, Tool Talk, die Lithurgie des Kleinhandwerkers im Münchner Osten, der Geith-Baustoffhandel-Katalog. Listenpreise werden wie Körbchengrössen gehandelt.

Und nachdem man sich dem erschreckenden Ende der Bierkästen nähert und alle Arbeitsunfälle schon runtergeleiert, kommen die Heldengeschichten auf den Tisch. Leicht veränderte Gerhard-Polt-Versionen wie die von den acht Metzgern auf der Wiesn und dem Zwetschgenmanderl, deren Sorte man in unserem Berufsfeld Baustelle auch öfter mal am Bauzaun trifft. Niederes Volk, das einen T20-Schraubenzieher nicht von einem Kreuzschlitz unterscheiden kann. Vermutlich Volk in Lohnarbeit, am Schreibtisch. Rein waffentechnisch sind wir Handwerker da meistens in der besseren Position als diese Stempelkissenpfurzer hinterm Bauzaun. Wir haben die größeren Hämmer und Bagger, das rostigeren Autos, zumeist weniger Hirn und seit Neuestem auch eine Berufshaftpflicht.

Auf jeden Fall hatte meine Arbeit irgendwann die Schnauze voll von den ständigen Anrufen und Annäherungsversuchen meiner Frau. Und so habe ich ihr jetzt gekündigt. Warum man da mit Trennungsjahren anfängt, ist mir unerklärlich. So ein Trennungsjahr wär mal interessant in der Berufswelt - im Privaten eher störend.

Von der Kohle, die ich jetzt mehr (und sie weniger) habe, kauf ich mir als allererstes, als Ehefrau-Ersatz einen Geschirrspüler. Wir sehen und staunen, DER Geschirrspüler. Weil DIE Waschmaschine hab ich ja schon.
Ich find das schon dramatisch und in der Steuererklärung entsprechend erwähnenswert, dass es noch keine Bauduschen gibt, die die Kleidung gleich mitwaschen. Mit diesem Problem hatten wir doch seit eh und je zu kämpfen. Zurück von der Jagd, blutig wie das erbeutete Schwein von oben bis über den Lendenschurz runter. So will man doch nicht beim Abendessen erscheinen, da wird man am Ende noch mitgegessen. Doch in meinem Staubfang, in meiner Höhle wohne ich nun alleine, ohne Frau, und da dies auch die maximale Form der Verhütung darstellt, auch ohne Kinder.
Und wenn ich einsam bin, leg ich mir den Stiehl-Akku-Bläser mit in die Heier.

Mit meiner Hilti könnte ich mir sogar nochmal Kinder vorstellen ;)
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Samstag, 29. März 2014
Ode an die Kernkeule oder (xiangwèi) (zìyóu)


Mal kurz mit der Jogginghose rüber zum Supermarkt, traumverloren, Bier holen. Auf halbem Weg, wo mich eigentlich, deutschdemokratisch an der Mittelstreifenbegrünung, die knappe Tonne Blech und Plastik aus dem Leben reissen sollte ... streift mich das lieblichste Händchen aller Finger, die jemals einen Verbund gebildet hatten. Finger, die sich erkundigen, ob ich gut nachhause gekommen wäre. Finger mit Beinen, die sich stets auf kürzestem Weg dahin bewegen, als wäre das Leben ein Monopoly. Beine so flink wie das Köpfchen. Ein Körper rund um ein Gesicht, geschaffen um Letzteres niemals in Verlegenheit zu bringen. Sprich, Brüste, Beine und ein Traumarsch, um von der Wesentlichkeit abzulenken, um zu vertuschen, was man eigentlich sieht - magisches Dessert im Traummaterienmantel. Ein Prachtgehäuse mit ner Umkleidekabine für die Seele.

Abgewaschen im Fluss der Zeit dahintreibend, auf dem Weg zum Bier also, stosse ich auf diesen Stein, einen jungen. Ein Brocken härtester Granit, und trotz seiner Härte immer noch im jugendlichen Alter, im Abendlicht diamantenen Schimmer versprühend. Edelgranit vom Feinsten. Mein Lebensquant, mein Fragenkatalog trifft auf eine Jahrhundertmutation in der Raumzeit, die Antwort, den grossen genetischen Schritt, vom Perversen zum Perfekten.

Der Granitblock verweilt in seiner Haltung, denn schöne Dinge verlangen keine Aufmerksamkeit. Er sagt nicht viel und doch hält das Leben plötzlich mehr Antworten als Fragen bereit. Mein Gefühl wickelt sich um den Stein und der Rest der Welt wird zum Vakuum. Doch wie alles im Fluss der Zeit nur en passant, ein Moment, der geht wie er kommt.

Du Granit meines Herzens, Dich drehe und wende ich, Kernkeulingerin, Du bräunste aller Häute heute am Spieß. Und mit Dir röste ich mein Gefühl, das wie behütendes Geschenkpapier um Dich sich hüllt. Samt, Haut und Haar, Finger, die sich nicht ständig Salami ins Maul stopfen, Füsse in Socken verspielt und all die leckeren Innereien. Wie alles eben nur en passant ohne Punkt und ohne Komma

Oh Edelduft, du alte Socke, back mir einen Pheromonkuchen, du Schatten einer Achselhöhle, mir schwillt Schwülst, der Kamm und alles darunter. Du ewig blühend Blumenpracht, stets knospend, treibend. Schenk mir dein Saft. Ein und voll das Glas nach dem anderen. Gib Einhalt meinen Wollenwünschen, halt ihn auf, den Begehr, lass die Trauben fliegen und lauf. Bleib hier, während du gehst und lass die Tauben liegen. Die Sukunft ist reislos, nur das Jetzt ist knackiger frischer Salat. Wenns für morgen auch noch gut sein soll, benützt man besser kein Dressing.

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Samstag, 15. März 2014
Druck und Materie oder der Zug der Pechvögel

"Dieses schöne Blog empfehle ich allen, die da leichthin meinen, schon längst zu wissen, was Weltschmerz sei. Wie ferner die Frau an und für sich und überhaupt so tickt."
"Misanthropie" auf stilstand.de



Wer das ein oder andere mal mit Druckern zu tun hatte, weiss wie schwer Digitales im Endeffekt zu materialisieren ist. Der Text ist schon da, so digitial und schwebeleicht und doch kann man ihn morgen nicht mit in die Arbeit nehmen, weil die Magentapatrone leer ist. Der Text ist zwar nur Text, also ob schwarz-weiss oder weiss-grün, scheissdrauf, nicht so aber der Drucker, dieser Profi, der braucht auch für Schwarz-Weiss-Druck sein Magenta, zumindest rein virtuell. Hauptsache die Füllanzeige fühlt sich wohl - Fühlanzeige, sag ich immmer.

Und weil mich das schlecht draufbringt, schliesse ich mich dem Trupp der Entgeisteten an. Ich begleite den Zug der Pechvögel nach Süden in die nächste Kneipe. Über uns der Himmel bayrisch-grau, unter uns die Primeln grau-blau und schmutzig gelb, die Schneeglöckchen aschfahl und der Drucker immer noch ohne Farbe.

Glücklicherweise ziehe ich im Verbund, denn ich bin noch halb blind vom gestrigen Saufen. Man erblindet also nicht nur an Methyl. Da wäre sehnervtauglicher Alkohol mal ne Erfindung wert, denke ich.

Endlich wieder Kneipinger. Lang ist's her, seit dem Gestern, an das ich mich nicht mehr erinnern kann. Ich sehe nicht fern und mag keine Filme, also fahre ich einen Filmriss nach dem anderen, so dass aus meinem Metabolismus inzwischen ein Diabolismus wurde. Eine höllische Unordnung des Systems.

In all diesem Durcheinander muss ich mich etwas am Zügel reissen und so unterwerfe ich mich einem selbstverfasstem Geofencing-Dekret, die hausgemachte Sperrzone, die Ghettoisierung meiner selbst. Ich geh nur noch in die Bar du Pont, die Kneipe meines Hafens, den Hafen meines Gemüts. Ein Ort an dem der klassische Wellengang noch erlaubt ist. Der erste Ort an dem ich Erdnussflips zu mir nehmen kann ohne zu Würgen. Mein Flipsparadies im gefühlten Süden. Mein Seelengrund am Palmenstrand. Der Ort an dem mein Gemüt vom Bierglasboden sich erhebt und gegen Kneipendecke strebt.

Damit finde ich auch leichter zurück. Der Heimweg findet so reflexhaft heim statt sich im Grosstadtdschungel zu verirren. Doch vor der Verirrung benötigt man erstmal etwas Verwirrung und was läge da näher als etwas Magenta-Bitter auf Eis und 8 Bier.

Wie gern wäre ich ein Glas. Zweimal Bürste rein, schon ist es sauber, bereit für die nächste Befüllung. Nachts schläft es gleich neben dem Schankhahn und wenn es mal runterfällt, ist es niemals selbst schuld. Ganz im Gegensatz zu Druckern. Die sind offensichtlich an allem schuld, wenngleich sie stets versuchen die Schuld auf den Benutzer abzuwälzen. So störrisch, dass öfter auch mal die Druckertreiber fliegen und neu installiert werden müssen. Ein Esel bei dem selbst Schlagen nichts hilft, dieser magenta-arme Pseudomaterialisierer. Mit tausend Knöpfen so tun als ob und doch nur eine von Plastik ummantelte, wacklige Papiertrommel, die am liebsten noch Streifen ins Druckbild hineindichtet. Sich 8 ganze Halbe und einen Magenta-Bitter reinpressen bewirkt Ähnliches. Druck und Materie im Gedankenduell am Tresen der Bar du Pont.

Zum Glück werd ich mich morgen nicht mehr daran erinnern ... die Schneeglöckchen aschfahl und der Drucker immer noch ohne Magenta.
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Donnerstag, 27. Februar 2014
Das Tüpfelchen ohne I
Lieber Peter, es war wieder mal ein echter Abhänger mit deinem Freund Ernst. Er konnte mal wieder nicht. Es war zwar das erste mal, aber es ging nicht, bei ihm. Ist das das Ende einer Karriere, der stille Ruf des Vatikans, oder einfach nur die Psyche. Die Psyche eines Mannes, da klopf ich mir ja den Schenkel wund.
Es lag an mir. Sonst schreit mein Mann immer, wenn er kommt, "Erster". Aber diesmal kein Schrei, nachdem wir das Ding einfach nicht zum Laufen brachten. Von Kickstart mal ganz zu schweigen creme ich mir heute noch die Hände ein, so wund wie eigentlich die Schenkel hätten sein können und sollen - wäre er gekommen, oder vielleicht sogar mal ich. Soviel Gleitcreme hatten wir garnicht im Haus. Wie eine brünftige Robbe habe ich mich lasziv übers Bett rollen lassen, stundenlang. Aber Pustekuchen ohne Sahne. Psyche vielleicht nicht, aber seine Nervenleitbahnen und der zähe Blutstrom. Denn gewollt hätte er wohl schon, der alte Sack, der sich im Lichte eines hängenden Geschlechtsteils eher wie eine haarige Speckschwarte anfühlt, wenngleich er beim Aufriss eigentlich ganz wohlgeformt schien. Ist ja nicht so, als hätte ich die Flasche bereits leer gekauft.
Stand er den ganzen Abend über schon alleine rum, wollte er beim Anblick meiner Wenigkeit wohl lieber schlafen. Aha. Gelähmte Nervenleitbahnen einer sterbenden Psyche, wäre mein Tip. Aber wenns mir schon passiert, soll ich es nicht auch noch selbst analysieren müssen. Sich stundenlang dem müsigem Nichts hinzugeben scheint auf mich überzuschlagen, geistig wie körperlich. Mich überfällt die Angst, dass wenn er mich so ansieht, mir meine stolzen Brüste zu Hängetitten mutieren.


Liebe Maria, deiner Kurzmitteilung ist nichts hinzuzufügen. Sehr gelungen. Das hat auch eine sachliche Antwort verdient. Wie mir scheint handelt es sich hierbei um einen Mann auf harter Linie, der einfach ganz genau weiß, was Frauen wollen und brauchen, und es ihnen trotzdem nicht gibt. Seiner Frau würde ich gerne mal einen Obstkorb zukommen lassen. Das wird sie aufmuntern. Sehr anschaulich beschrieben ist das Ganze ja schon. Man kann regelrecht fühlen, was die Frau da durchmacht, insbesondere in Anbetracht dessen, was sie gerne durchmachen würde. Und sie ist ziemlich sicher eine Amazone vom andern Stern und so begehrenswert, dass es einem schon vom bloßen Hinschauen tropft. So hört sie sich jedenfalls an. Leider ist das männliche Glied undurchschaubar und die Männer im Allgemeinen noch bemitleidenswerter als diese Frau, die mir aber eigentlich ganz vernünftig vorkommt. Nachdem sie endlich nach all den Jahren den Ekel vor dem anderen Geschlecht abgelegt hat, passiert sowas. Da bleibt einem nur noch, die Marmelade zurück in den Kühlschrank zu stellen.
Der Text ist wirklich äußerst bildhaft formuliert. Ich fühle mich schon ganz als wäre ich sie. Wenn ich das Ganze so nachempfinde, würde ich mich jetzt an ihrer Stelle auf andere Dinge konzentrieren und den sexuellen Aspekt weglassen. Vielleicht spielt er ja gut Karten. Der Ort des Bettes scheint ja nicht viel zu bringen, außer Schmach. Und wer braucht die schon. Andre Mütter sollen ja Söhne haben, die mit dem Schwanz denken können. Das nenn ich mal Begabung.
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Samstag, 22. Februar 2014
Winterreifen im Regen - Wetter ist ein Menschenrecht
Die Himmelspianisten starten ein Gewitter, Donner rollen aus dem Rangierbahnhof der Geräusche. Gravitätisch bewegen sie ihren fetten Arsch und das Gewölbe fibriert ehrerbietig. Grollen ohne Punkt und Komma. Unvermittelt wirft sich das Kampfgeschrei der Kugelblitze auf uns, hinterrücks, weil wir zu laufen beginnen. Die Strassen einer Grosstadt bieten alle Nachteile einer Wohnung ohne Fenster und ohne Dach, du siehst keinen Himmel, aber es regnet dir auf den Kopf.

Mein Leben prügelt gerade auf mich ein. Ich bin auf dem Weg zu meiner Hinrichtung. Wie Kneissl in diesem Falle, dem Falle der eigenen Hinrichtung: "De Woch fangt ja schon guad an." Ich bin auf dem Weg zur obersten Anspruchsabwehr, der bundesdeutschen Sozialversicherung, auf dem Weg zum Arbeitsamt - nicht aus Geldnot, sondern aus Anspruch eben. Etwas scheint im ARGEn zu liegen, denn seit dieser Woche bin ich in die unterste, die Paria-Klasse der Arbeitslosen geraten. Deutsche Soldateska ohne Zusatzausbildung, unvermittelbar bis unser neues Prunkstück von der Leyen endlich zündet. Afghanistan ist befriedet und kein wirklich guter neuer Konflikt in Sicht. Ich will jetzt hier nicht die von-der-Leyer spielen, aber ob das wirklich gut ist, Weichziele wie uns, die Trantüten und Schnapsleichen der Republik, an den Hindukush zu schicken, fast schon in der Hoffnung, dass wir da bis zum Lebensende gut aufgeräumt wären. Die eigentliche Landesverteidigung leistet inzwischen die GEMA - Sperren und verbieten, dass das Dritte Reich nur noch als blasser Schatten erscheint.

Es heisst, ich säße selbst im obersten Management meiner Arbeitslosigkeit. 'Ach, selbstständiger Mauerschütze, das wär doch was für Sie, Frau Becker.' Ich soll mal in die Puschen kommen.

Der nächtliche Schienenersatzverkehr wechselt seine Gefährte, um diese Uhrzeit geben sich erschöpfte Taxis und aufgeweckte Privatwägen die Hand. Und ich inmitten, mit einem hässlichem Ziel.
Jedes Auto klingt als schüttete man einen Eimer nach dem anderen auf mein Gemüt. Keine gelben Engel mehr in dieser flirrenden Nacht. Aber es regnet doch, was soll da flirren? ... In dieser flirrenden-nassen Endnacht, Schätzchen, denn ich war besoffen und die Geräuschkulisse breitgestreut wie Mega-Dübel. Da kann es dann schon mal flirren, während es herabnässt, als würde sich all das Wasser des Universums heute noch auf dieses Fleckchen Erde ergießen. Was red ich? Wen interessiert denn schon das Wetter?

Ich bin nicht Facility Manager im Hause Apollo, sondern die Hölle ist mein natürlicher Lebensraum. Haltewunschtaste können Sie mal lange suchen bei mir. Mit verminter Visage muss ich mir morgens den Cognac anwärmen, dass ich ihn runterkrieg. In die Wunde muss man reintrinken, sag ich immer. Und samt Tretminengesicht bin ich dann unterwegs mit den Bodentruppen, also nicht oben, sondern unter dem Weg, unterwegs unter den Teppich, unter dem Kiesbett sich versteckend vor den Flussgeistern, subterrestrische Bodentruppen eben. Unterwegs mit den Truppen in den Unterputzkriegen. Subkutane Planetenforschung. Ein tektonisches Vorkommando, das mal richtig auf den Putz haut, das mal richtig wegputzt, was das Zeug hält.

Saufen ist der größte Widerstand, den ich aufbringen kann, zumindest im vaterländischen Sinne. Und so ging ich dann ... Sie kennen den Witz, dass Sie keine Witze über den Schiessbefehl an der Mauer hören können, weil ihr Opa dort gestorben ist. Ich muss in meinem vorigen Leben Maurer gewesen sein, der besoffen vom Gerüst fiel, so tödlich wie mancher an der Mauer. Ich hab die Aufnahme in die Hundeschule nicht geschafft, desshalb bin ich vermutlich hier gelandet. Ich wurde Soldat, Fachrichtung Mauerschütze.

Wo die trulla (lat.für Mörtelkelle), da gibts auch was zu trinken, hat mal einer in der Grundausbildung gesagt. So auch beim Massbandsaufen, einem weiterem Gerät des Maurers. Devise: Wir saufen den Feind unter den Tisch ehe er an Angriff denkt. Wir waren die Gladiatoren des estrichnahen Trinkens während der Unterputzkriege, dem sogenannen kalten Krieg. Mauerschützengelage, C2-Abusus, tagtäglich.

Wo werden Sie mich diesmal hinschicken? Auf Heimaturlaub oder an die Schanktresenfront? Ich glaub, bei mir stimmt was nicht, weil ich mich auf der Behindertentoilette am wohlsten fühle. Kann man sich überall festhalten und anlehnen, Notschalter betätigen und Reissleinen ziehen. Lichtschalter findet man auch wenn man besoffen am Boden kriecht, also das einzig stille Örtchen, wo Bodentruppen sich noch wohlfühlen können. Und im Gegensatz zum Schlachtfeld gibt es auch eine Tür, die man zumachen kann, bevor man sich in die Hosen scheisst. Hier schreibe ich. Literatur für ein Bier+.
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Montag, 10. Februar 2014
Wetternachhersage und Vorrichten

- a news style of reporting -

In einem Land, wo Bürger nicht mehr der Staat sind, sondern der Staat sich jetzt seine Bürger hält, muss auch die Form der Nachrichten ein neue Gussform bekommen. Nicht mehr drei Meldungen, davon eine unwichtiger als die andere. Eigentlich nur die Wiederholung des täglichen Paradigmas - Syrien böse, Olympische Spiele dieses Jahr Scheisse. Und wen interesierts schon wirklich, was ein dahergelaufener Minister so sagt, der es eigentlich nur auf die lebenslange Rente mit 45 abgesehen hat. Zeit, sich ein Bier aufzumachen. Und dann das Wetter. Gleich noch eins.

Was wir brauchen ist:


Gleich zu Nachrichtenbeginn die Wetternachhersage. Das Wetter der letzten Woche, nochmals zum Resümieren, auch für die Senioren "Ach, stimmt, Dienstag wars vormittags so extrem bewölkt und wir hatten abends Ferigpizza". Wo man sich doch immer schlechter an alles erinnert, gibt das Wetter mehr Halt als die exponential beschleunigten Weltgeschehnisse. Das Wetter der letzten Woche stimmt immer und man kann gleich zu Beginn des Programms mitreden.

Im Anschluss die Vorrichten. Was wird morgen passieren. Wir können das heute schon sagen. Im Grunde ist das Land der korrupten Herzen so leicht zu durchschauen, in seiner abscheulichen Transparenz als Bandwurm. Wer sich das Gehirn noch nicht komplett mit Tageszeitungen und besagten Abendnachrichten rausgefräst hat, kann sich das Weltgeschehen an fünf Fingern abzählen. Mal schnell den nächsten deutschen Aussenminister aus der Bilderbergerteilnehmerliste gefischt, eine ansteigende Terrorgefahr, zumindest in unseren Herzen, prognostiziert und vor dem Wetter nochmal an die Winterreifenpflicht erinnert - so unter Freunden.

Warum also nicht die Realität selbst erschaffen - mit den Vorrichten der hartenlinie. Knallharte Facts, die dann morgen vermutlich auch so passieren. Ein wahres Las Vegas für Wettbüros. "Ob die von den hartelinie-Vorrichten wieder Recht haben?" "Oder werden die Abendnachrichten des nächsten Tages mit ihrer Propagandamaschine dagegensteuern können?"

Morgen wird Nintendo bekanntgeben, dass es mit der neuen Konsole noch ein wenig dauert, weil man eben nur das Beste auf den Markt bringen möchte, während die Börse vorzeitig ein neues Zwischenhoch verkündet. Die Aussenministerin wird in der neuen Ausgabe von "Bild für die Frau" erklären, dass sie zukünftig nur noch mit Verteidigungsministerinnen verhandeln möchte. Wir werden kritisch bemerken, dass sich die Kosten für die hierzu nötigen Kinderbetreuungsplätze aus EU-Geldern ins Unermessliche bewegen dürften. Wir werden noch heute in unserer Ausstrahlung den Begriff der stubenreinen Fortpflanzung ins Wortgefecht schicken.

Mit den Vorrichten sind wir immer vorne dran. Die Abendnachrichten reagieren nur, sind in der Defensive. Wir bestimmen somit den Kurs der Geschehnisse. Unser Nachrichtenbild kommt in einer Art Superposition, im Wahrscheinlichkeitsraum des Konsum- und Terrortempels. Himmel und Hölle, shop or die. Wir kennen das, wir leben das und im Grunde lieben wir es auch. Und weil das gut schief gehen kann, senden wir gleich nach den Lottozahlen unsere grosse Mega-Show "Deutschland sucht dein Superführer/in".
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Aber jetzt erstmal als Sahnehäubchen die Lottozahlen von morgen - wie immer, ohne Gewähr.
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