Montag, 28. Januar 2013
Geist und Bau - eine Achterbahnfahrt durch das Dasein des Kabelkanals
Wie wir das in ...baustellen.blogger.de... so schön verfolgen können, ist das Lochbohren und Hämmern des avancierten Heimwerkers kein so zweidimensionales Vor-sich-hin-Basteln wie wir das aus unseren Kinderzimmern kennen. Es geht um mehr, es muß am Ende auch irgendwie funktionieren, und manchmal geht es auch um alles, wie im Falle der Glühbirne, die in ihrer dialektischen Erscheinungsform entweder leuchtet oder nicht. So stellt sich mir als Träger des goldenen Schweißtropfens und des kupfernen Schmutzkübels ein scheinbar so einfaches Problem viel komplexer dar als es sich der von Wünschen durchdrungene weibliche Volkskörper vorzustellen in der Lage ist. "Mal schnell eine Steckdose oder ein zusätzlicher Lichtschalter einbauen ...". Das wird nicht drangeklebt, sondern es wächst aus dem Inneren des Hauses durch Zuhilfenahme von Materialien, Werkzeugen und viel Physe und Psyche.
Bei größeren Projekten erleben wir leider nur selten, wie Physik und Psyche eins werden. Die großen Momente des Hausbaus, das Aufgehen der Probleme im Nirvana, wenn sich die Lösung schon vor dem Problem findet, wenn die Verkabelung der Wechselschalter für das Treppenlicht gleich auf Anhieb klappt, wenn die Mörtelmasse diese cremige Konsistenz Sahnetorte erreicht, ein Himmelgrau das schon beim ersten Kellenwurf wie ein Einsiedlerkrebs im Mauerschlitz verschwindet. Aber das tut es eben nur in den seltensten Fällen.
Im ungünstigerem Fall merken wir wie dünn unsere eigenen Nervenleitbahnen sind. Die Hände zerkratzt vom Kupferdraht stopfen wir die letztendlich zu kurz verkabelten ...Vago...klemmen in die Leerdose. Der Gips bricht und wir stehen da, sozusagen mit einer Kabelsalatschüssel in Händen. Ich merke, daß auch wir mindestens zweiphysig sind, ein Gemisch an Gefühlen so bunt wie der Kabelsalat in Gipsdressing. Trauer, Wut und Frust, multipolig und schlecht abgesichert.
Neun abgeklemmte Drähtchen in den Landesfarben Schwarz Blau Gelb, deren spitze Enden die Hände zu einer Kraterlandschaft werden lassen, schauen vielversprechend aus dem Leerdöschen, aber kein einziger führt Strom - selbst nach mehrmaligen Joggingausflügen zum Sicherungskasten zwei Etagen tiefer.
Unglaube, ist auch so ein zentrales Gefühl bei Mißlingen. Gestern war da noch Wechselstrom drauf, heute noch nicht einmal ein wenig Kriechstrom.
Die Hände zerstochen wie Lazarus von den Kupferdrähten Elektrons sind wir nun bereit zum Verputzen der Kanal- und Dosenlandschaft. Für den leidenschaftlichen Mörtler bräuchten die Arbeitshandschuhe keine verstärkten Fingerspitzen, die schon lange taub sind vom Kalk. Keine Fingerabdrücke mehr, sondern das weiße Rauschen einer verätzten Hautoberfläche. Die Handflächen, ebenso angegriffen von Kalk und Zement, jetzt Körnungstyp 120, mutieren zum menschlichen Multischleifer.
Damit läßt sich einiges Schleifpapier sparen und man spürt zumindest mit diesem sensiblen Organ kaum mehr Schmerz. Nach Arbeitsschluß ist es etwas doof, wenn sich die aufgerauten Hände im Ärmel verhaken oder die Bettdecke ständig dran hängenbleibt wie an einem Klettverschluß. Noch aber fingern wir im schon lehmigen Putz - mit diesen blauen Handschuhen, die im Sommer die unangenehme Eigenschaft besitzen, Buttersäure abzusondern. Immer noch besser, als abends in der Badewanne den Kalk, der sich bis dahin schon tief in die Haut gefressen hat, mit dem Glitzi-Schwamm wieder rauszuschürfen.
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Sonntag, 20. Januar 2013
The Knights of malta pronta - Die Ritter des Fertigputzes
Free the beacon - der Repetitor liegt tief unter der Schneedecke vergraben.Ein Dorf versinkt im Schnee. Ein Kommunikationsgrab. Aber wo kein Leben, da auch kein Grab.



Denn viel gibt es nicht zu sagen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Handlung. Ich leide an chronischer Winter-Sysiphos. Il corso delle stuffe, der Ofenlauf. Das Denken minimiert sich auf Teilbereiche. Welcher Scheit paßt denn nun am besten? Die ausgefranste Hainbuche zu zünden (Fichte ist hier selten, da sich das Holz nach Gewicht verkauft und nicht nach Volumen), die aalglatte Buche zum Dauerbrand und die sinnlose Kastanie, wenn es um nichts geht. Letztere so taufrisch, dass ich die Eisblumen im Ofenfenster sterben sehe. Sonntags auch mal Hainbuche. Der Holzberg beginnt zu schmelzen, der Schneeberg noch lange nicht. Mit einem Kohlenschaufler als Großvater fühlt man sich, als würde man schon seit Generationen das unersättliche Ofenmaul befüllen. Werd ich es durch den Winter schaffen, ohne daß ich mich bei den Holzlagern der Ferienhäuser bedienen müsste. Unser aktueller Holzeinschlag liegt unberührt, vom Schnnee begraben. Die in den Südalpen unbekannten Kohlebriketts werde ich bei der nächsten Deutschlandtour nachkaufen müssen. Nachts mit Zeitung umwickelt halten sie die Glut, auch wenn ich mal länger schlafe.



Daß sich kein nebensächlicher Gedanke breit macht, dafür sorgt allerdings schon allein der angemischte Putz; malta pronta, Fertigputz. La malta commanda, der Putz schafft an. Darum dreht sich eigentlich der Tagesablauf. Um seine Mischkonsistenz und seinen Härtegrad. Klar lassen sich mit ein paar Spritzern Wasser die Verarbeitungszeiten hinauszögern, aber irgendwo reißt auch seine Geduld. Und so bin ich seinem Diktum unterworfen, dessen Strenge selbst ein Paartherapeut nicht aufzuweichen vermag. Putz hat mit Ehepartnern so einiges gemein, denn selbst wenn er schon weg ist, gilt es abermals zu putzen. Abzukratzen und wegzuschlagen, was überschüssig, die Kellen und Kübel zu waschen, den Zementschleier und jenen Staub zu entfernen, der allgegenwärtiger als jeder göttliche Gedanke sich im gesamten Haus niedergelassen hat.



Ein Dauerlauf also zwischen Holz und Putz ... und schon wieder hat sich der Espresso über den Gasherd ergossen. Kann man nur hoffen, daß sich in diesen engen Zeitplan kein unwillkommener Gast hineinzwängt. Schreiben? Eine Utopie. Wozu auch? Trägt es doch wenig zum Überleben bei.



Und weil es in den Bergen nicht immer einfach ist, nun auch noch diese stille Schneelandschaft. Still auch, weil das Auto, die Verbindung zur Zivilisation, unter dieser neuen Landschaft begraben liegt. Wer weiß schon, wann sich die Kommune bereit findet, auch uns wieder freizuräumen und an das Straßennetz anzubinden. Aber wozu auch, da ein Haus in den Bergen so einnehmend und besitzergreifend, daß sich an Ausflüge garnicht denken läßt.



Sollen doch die Bilder mehr sprechen als die Worte. Der Lage entsprechend mehr Impression als Expression.

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Dienstag, 15. Januar 2013
schraeger schnee
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Freitag, 28. Dezember 2012
Die Faszination des Einfachen
Aus dem Anbau meines Nachbarn qualmt es aus allen Ritzen und Ecken. Die Käsefabrikation läuft auf vollen Touren. Ein Käse, der so wie ich ihn kenne, erstmal nach nichts schmeckt und im Abgang leicht säuerlich wirkt. Biokäse der Region.
Auf meine Verwunderung hin, daß er ohne Thermometer arbeitet, greift mein Nachbar - soeben noch mit der schmierigen Kette seines Seitenwagens beschäftigt, mal tief in die warme Milch, um den Reifegrad zu prüfen. Agriturismo nennt sich dieser Arbeitsstil bei dem sich alle Elemente der Region zu wunderbarem Essen verwandeln. So weiß man nicht, ob die schwarzen Flecken im Käse nun von der angebrannten Milch oder vom Kettenöl stammen - später jedensfalls mutieren sie zu Trüffeln. Daß das nicht nur in entlegenen Bergdörfern Usus ist, weiß ich von Bekannten, die bei der Herstellung von Bio-Merrettich mit dem versehentlich Einbringen von geschmolzenen Dichtungsgummis den Absatz keineswegs geschmälert hatten. Nebenbei bemerkt zieht sich die Thematik durch das gesamte Leben und Tun in engen Bergtälern. So auch beim Verlegen der Stromkabel, die mit den EU-Richtlinien nicht völlig deckungsgleich sind.
Bio-Strom eben.
Ich würde den Herstellungsprozeß weniger als natürlich denn als bodenständig bezeichnen. Man nimmt eben, was man hat. Der theoretische Überbau läßt sich dann leicht drüberstülpen. Und ganz ähnlich verhält es sich auch bei den politischen Ansichten in diesen kommunikationsarmen Gebieten.

Ist schon erschreckend, wenn man als hartelinie links und rechts überholt wird. Da kann einen durchaus das Gefühl des Mittelstreifens befallen. So zumindest geschehen bei meinen Forschungsreisen in den krisengeschüttelten Ländern Italien und Griechenland. So war die Antwort auf die Frage, was man denn so tun könnte, um die Krise zu überwinden: 1000 (in Griechenland) und 2000 (in Italien). 1000 was? Tausend, bzw 2000, Leute an die Wand stellen. Das derzeitige Parlament und die zwei davor. Da kennen sich ja nicht nur die Deutschen gut aus, mit solchen Methoden, sondern auch die Erfinder des italienischen Erfinder des Faschismus und die Griechen mit ihrem späteren Militärdiktaturen. Die Begründung für diese Maßnahme: dann würde sich das nächste Parlament genau überlegen, was sie so täten.

Ich bin mir da nicht so sicher, ob sie dann das täten, was sich die An-die-Wand-Steller so vorstellten. Ich denke, es würden sich anschließend nochmals 10.000 weitere an der Wand aufreihen dürfen. Die Revolution frißt ja bekanntlich ihre Kinder. Die hartelinie kann in ihrer Eindimensionalität durchaus mit dem Faschismus mithalten. Vom dialektischem Standpunkt her hat sie allerdings immerhin zwei Enden, während der Faschismus nur ein Vorwärts kennt.

Der Faschismus, das Fascinum und die Faszination sind drei Seiten ein und derselben Sache. Brandgefährlich und schwer handhabbar, ist er erstmal entfacht.
Ist schon verständlich, wenn man sein Nationalgefühl auf einer Vergangenheit aufsetzt, die sich in Geschichtsbüchern so heroisch ließt. Italien ist aber nicht mehr das römische Reich und die Rutenbündel der Amtsdiener wirken eher etwas ausgedient. Aber sie passen eben gut zu den schwarzen Hemden. Auch verständlich, daß sich ein von Krisen gebeuteltes Volk gerne an eine Idee heranschmeißt, die besagte Eindimensionalität bietet. Muß man sich nicht überlegen, welches Hemd man heute anzieht, denn alle tragen ja das gleiche. Die davon ausgehende Faszination der Eindimensionalität kreuzt sich hier mit dem vergessenem Begriff des Fascinums, bzw der Fascinatio, jenem Abwehrzauber gegen böse Kräfte, das zumeist in Form des apotropäischen Phallus seine Formgebung findet. Aus meiner bescheidenen Sicht stellt letzteres ein wesentlich sinnigeres Symbol des Faschismus dar. Das wäre mal zu überdenken.

So glaube ich, daß sich die Form der selbstgemachten Salami meines Nachbarn wesentlich besser eignet, um die das Unheil und die Gefahr der möglichen Inhaltsstoffe zu überdecken. Der Schweinefleisch-Phallus und die wie Pfefferkörner wirkenden Einschlüsse verwehren sich gegen ein Hinterfragen der Produktionsmethoden wesentlich effektiver als der Schwarzschimmel auf den doch sehr weiblichen wirkenden Käseleibern. So will ich denn doch den Käse aufgrund seines theoretischen Überbaus nochmals lobend hervorheben. Für mich ist er ein europäisches Bollwerk gegen den drohenden apotropäischen Faschismus, sozusagen das kulinarische Westwerk gegen eine kontinentale Verrohung der Sitten. So hat schon Menocchio vor hunderten von Jahren, nur wenige Kilometer von hier entfernt, bemerkt, daß wir die Maden im Käse sind. Und eben nicht in der Salami.
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Montag, 24. Dezember 2012
Die frohe Misere
Kaum sind die ersten Geschenke gekauft, der erste Schwung Konsumrausch vorbei, weil schon alles von der Liste gekauft ist, schon begleiten uns unzählige Bettelplakate auf unseren Shoppingwegen und Straßen. Ästhetisch aufgeschwollene Kinderbäuchchen - man will es dem Spender ja nicht madig machen - und traurige Kulleraugen, so groß, daß ich anfangs dachte es wäre eine UFO-Werbung.
Helft den Kindern im Senegal
denn die scheinen es dieses Jahr wohl am nötigsten zu haben. Helft den Kindern und nicht den Erwachsenen. Denn die sind reichlich angefressen, nachdem wir Ihnen die Fische vor der Küste weggefischt und die Erdnußpreise durch unsere westlichen Agrarsubventionen in den Keller getrieben und eine korrupte, 1.Welt-freundliche Regierung vor die Nase gesetzt haben. Ne, die Erwachsenen sind durch, ausverkauft, beschissen und beraubt. Denen ist nicht mehr zu helfen. Warum auch in Auslaufmodelle investieren. Wir wollen den senegalesischen Kindern helfen. Die können zwar in etwa genauso viel für die Misere im Senegal wie ihre Eltern, aber sie haben so eine Art Zukunft. Sie sind das Zuchtmaterial, die Zuchtmuschel aus der wir später die Perle pflücken.

... zufällig liegt neben dem Senegal auch noch Mali, in das wir demnächst unsere Truppen entsenden. Da ist es kein Fehler vorher schon ein paar NGO-Späher in die nächste Nähe zu entsenden. Im Endeffekt wird Mali später auch eine beholfene Landschaft - mit anderen Mitteln allerdings.

Nun schickt den Kindern natürlich keine Erdnußflips oder ähnlich sarkastischen Krimskrams, sondern überweist Geld. Nicht an den Senegal, denn da soll es ja auch nicht wirklich hin, sondern auf unser Spendenkonto der Deutschen Bank. So Hilfsaktionen kosten viel Geld. Viel, viel Geld. Vorwiegend, so um die 80% Verwaltungskosten, denn unsere Geschäftsstelle liegt schließlich in einem tariflich völlig überteuertem Deutschland. Und wo findet man heute für einen Hungerlohn noch einen tüchtigen Geschäftsvorstand. Da muß man schon was hinlegen. Ein Lear-Jet für den Deutschen Orden, oder waren es zwei, repräsentative Geschäftswägen, Dienstreisen in potentielle Hilfsregionen und so dringend wie Essen im Senegal, ein Laserfarbkopierer für die Buchhaltung.
Helft den Kindern im Senegal
denn denen im Sudan oder Irak haben wir schon das Lichtlein ausgeblasen. Sorry. Zum Glück ist unser Gott ein verzeihender und Weihnachten ein Fest der Liebe und des Mitgefühls, auch für sich selbst.

Sich am Leid der anderen die Taschen zu füllen ist dermaßen unter der Gürtellinie, daß es eben genau jene betreiben, die sich unter der Gürtellinie auskennen: religiöse Gemeinschaften. Pfui Weihnachten an dem auch jenem arabischen Flüchtlingskind im Kuhstall schon damals nicht geholfen wurde. Das feiert man also nun seit 2000 Jahren. Wie schäbig ... aber wen wunderts
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Sonntag, 23. Dezember 2012
Die Plagegeister
Es waren Frauen anwesend. Denn die Putzmaterialen sind an allen strategischen Stellen positioniert. Ein Besen und ein Schäufelchen in jeder Ecke und zentral die Wischmobbaterie - besenrein, versteht sich. An den Wischstreifen läßt sich noch erkennen, daß selbst die Fenster geputzt wurden. Nur eines kommt dieses Jahr schneller zurück als der Staub. Das sind die kleinen und großen Knöllchen Kot der Nagetiere - der Mäuse und Siebenschläfer; diesen vertragslosen Mietnomaden, die sich nicht vertreiben, sondern lediglich dezimieren lassen.

Es soll Menschen geben, die Siebenschläfer süß finden. Das kann man wohl, wenn man sie nur aus Büchern kennt, oder sie zumindest nicht im Dach hat. Wer aber schon mal von in die Enge getriebenen Siebenschläfern angegriffen oder gar gebissen wurde, weiß von welcher Furie ich spreche. Flachgedrückte, heimtückische Rieseneichhörnchen, die erst in der Senkrechten ihr volles Laufpensum erreichen.
Mäuse haben diesen Sympathiebonus glücklicherweise nicht. Und wer schon mal Mäusenester in der Matratze hatte, weiß welches Unheil diese zu veranstalten in der Lage sind. Daher muß auch der Ausdruck "angefressen sein" stammen. Da lob ich mir jede Viper, die nicht scheißt, die sich nicht sehen und hören läßt, und die Mäuse frißt.
Die Viper, ein tolles Tier.


Fight, Giri, fight. Die Topi hatten keine Chance ... gegen den Mäusekleber. Aber der Siebenschläfer als solcher hat mehr Pferdestärken und nimmt die ganze mit Kleber beschmierte Platte komplett hinfort. Ich werde mir Bleiplatten besorgen müssen.
Der Nachbar tut sich da leicht, in seiner unbedarften italo-ländlichen Art. Während des Morgenschwätzchens stupst er leichtfüßig die vergifteten Mäuse und Siebenschläfer von der Terasse - ohne hinzusehen und ohne letzte Worte. Beiläufig erwähnt er erste Zahlen des Infernals: 200 Mäuse und 50 Siebenschläfer. Das sind nun also die Geister der Plage, die glücklicherweise nicht wiederkehren.
Wenn sie denn nur 7 Monate schlafen würden. Das glaub ich nicht. Soviel scheißen kann man nicht in 5 Monaten. Oder sie scheißen im Schlaf.

Nun wissen wir, daß das Gerücht, die Grünen hätten Labormäuse aus Hubschraubern abgeworfen, nicht der Grund für die diesjährige Mäuseplage ist. Alle x Jahre bilden die Buchen besonders viele Früchte, die Bucheckern, aus. Und im Jahr darauf gibt es - seit Jahrhunderten - eine Mäuseplage, gefolgt von einer Schlangenplage, wenn man das so nennen darf. Da darf sich dann jeder wappnen wie er will. Ob nun mit Gift oder mit Mäusekleber, oder mit einem leerem Regal in der Speis.
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Die Sendung aus der Felsspalte
Oh je, der Satellit ist weg. Jetzt dauert es Stunden bis ich wieder Signale empfange. Der alte Knochen hängt nun völlig sinnlos in der Taschentuchpackung am Fenster und wartet vergeblich auf mögliche Sender.
So ist das in einem Tal, so eng wie es sich andere wünschen. Zwei Smsen die Woche nennt sich hier schon ausufernde Kommunikation/Kommunikationsschwemme. Davon geht die Hälfte auf das Konto meines Telefonanbieters, der mich zu Gewinnspielen und anderen Fabulösitäten zu überreden versucht. So groß die Versuchung zu antworten sein mag, so klein sind die Chancen eine Verbindung zu bekommen. Bisher kam von Anbieterseite leider keine Einladung in der nächstgelegenen Pizzeria und auch keine kostenlose Holzlieferung. So muß ich mich mehr schlecht als recht selbst bekochen und die Axt schwingen.

Als ich Richtung Küche zurückkehre, höre ich den Kaffee schon blubbern. Die Luft ist geschwängert vom Geruch nach schwarzem Gold, denn der Mensch läuft mit Kaffee und nicht mit Benzin. Ähnlich geschwängert vom schwarzen Gold ist der Herd. Schwarze Soße spritzt quicklebendig aus dem Schnabel der Espressokanne und schwimmt rund um die Gasflamme. Dieses tägliche Zerimoniell hat einen festen Platz im morgendlichen Ablauf gefunden. Gasherd vom Kaffee befreien. Nur noch eingedampfte Reste finden ihren Weg in meine überdimensionierte Tasse. Jetzt wird auch klar, warum Espresso nur in kleinen Tassen serviert wird. Glücklicherweise ist noch nicht vorgekommen, daß der Kaffee die Flamme zum Erlischen gebracht hätte, was bei ungesicherten Gasherden zu allererst zu Geruchsveränderungen im Küchenareal führt, ehe sich das richtige Gemisch bildet und das Haus zum Bersten brächte.

In Erdbebengebieten wie diesem hier sieht man die Existenz, nicht nur des eigenen Hauses, von Haus aus aus einem eher temporärem Blickwinkel. Ein kleiner Schuß Haselnußschnaps der das schwarze Gesöff zum Coretto macht und auf gehts in den Wald. Holz muß geschlagen werden.
Mit der Motorsäge wüten ist allerdings nur der erste von rund einem Dutzend schweißtreibenden Akten bis es seine Platz im Ofen findet.


Erst will es noch hinab zum Ladeplatz rauschen -
möglichst ohne passierende Fahrzeuge von der Straße zu fegen. Warnschilder bewirken in dieser Hinsicht eher den gegenteiligen Effekt. An einem aktuellem Holzeinschlag fährt man besser mit erhöhter Geschwindigkeit. Im Grunde bewegt man sich auf den örtlichen Bergstraßen im Winter immer ein wenig am Abgrund der Existenz. Schnee und Eis, Sonne und Regen brechen meistens kleinere, oftmals aber auch massivere Teile aus den Hängen - seien es Bäume, Steine oder Muren - die sich stets talwärts bewegen. Die Straße talabwärts hat es gleich komplett in den Abgrund gerissen - bereits zum zweiten mal in fünf Jahren. Beliebt sind hierbei die Zeiten des Temperaturwechsels, aber auch starker Regen oder Tiefsttemperaturen, wenn das gefrierende Wasser ganze Felspartien absprengt. Auf blöd ist es aber auch mal ein Reh, das um die Kurve wartet.






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Montag, 3. Dezember 2012
Das Leben
aus dem Handgelenk schütteln, Holzhacken, nach Faserung, nach Astansätzen, nach Art und nach Alter. Durch so manches Holz schmilzt die Axt so butterweich als wäre es ein Abstrich. Vor anderen Hölzern weicht sie zurück, hüpft und springt sie dir ... eckt an und knallt, wohin sie will, zurück auf die Stirn. Die Hände schlagen Wunden in sich selbst und die Finger schwellen auf wie Kochwürste im heissen Wasser, so dass die Schrammen viel größer erscheinen.

In Europa und doch so weit weg. Möcht man nicht glauben, wo auf unserem Kontinent das Internet noch keinen Zugang gefunden hat.

... daß hier nichts steht, heißt nicht, daß es nicht schon geschrieben wäre.


Es kommt in großen Stiefeln von weit weit her ...
Verbleiben Sie also freundlichst und wundern sich nicht, daß es von den Beiträgen her etwas mau wirkt. Denn ...
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Montag, 19. November 2012
Friedensnobelpreis für die EU
- ein Versuch die brennende Lunte auszusprengen -

Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Henry Kissinger hat sich das norwegische Komitee bereits ad absurdum geführt. Sein vietnamesischer Gegenspieler Le Duc Tho hatte wenigstens den Anstand den Preis abzulehnen, in Anbetracht dessen, daß sich der Konflikt - insbesondere im Interesse Kissingers - noch um zwei weitere blutige Jahre hinzog. Die Verleihung an Al Gore für den schlechtesten Powerpoint-Vortrag des Jahrhunderts hat zu seiner endgültigen Aufweichung geführt. Wir erinnern uns an den Filmaussschnitt als der liebe Al aus dem Guckloch seines Privatjets blickend über die Klimaerwärmung siniert. Barack Obama, mit zwei Kriegen am Buckel, die sich nun in die zweite Amtszeit schleppen und der von ihm betriebenen Ausweitung der Drohnenangriffe, hat ihn sich mit den Worten "Yes we can" und "Change" denn mit Taten "erkämpft".
Daß es auch ohne Preisvergabe geht zeigen die Jahre 1938-1943. Warum er nicht ein einziges mal an einen Russen ging, die dieses Jahr eigentlich als Favoriten galten? Vermutlich weil es sich beim Friedensnobelpreis um ein Instrument von Appeasement-Politik handelt, eine Auszeichnung, die Kriegstreiber dazu bringen soll, ihr tödliches Spiel einzustellen, ein Preis für Menschen, die vom Konflikt leben, ein Pausenbrot für jene, die vom Blut anderer und den Provisionen aus dem Waffenhandel leben. Eine sprachliche Stringenz für einen Friedenspreis, der das Wort "nobel" mit Dynamit untermauert. Warum nicht mal Putin?

Der Deutschlandfunk spricht von norwegischem Humor in seinem Beitrag zur diesjährigen Preisverleihung an die EU.

Denn warum gerade jetzt, wo die EU zu beweisen versucht, daß man Staatsschulden dadurch reduziert, indem man bei der Bevölkerung noch schneller spart, als es der Staat ausgeben kann? Und weil dadurch nicht mehr viel in die Kasse kommt, begleitet man diesen Prozeß mit der Aushöhlung des Arbeitsrechts, mit der Anhebung der Rohstoffpreise und sonstigen Wertschöpfungsmechanismen. Ein wertvoller Humus zur Ausbreitung von Zwist und Unfrieden, dem Vater von Extremen wie dem Faschismus. Diese Disziplin, die sich zeitverzögert ins komplette Aus hebelt, nennt sich wirtschaftspolitischer Weitsprung ohne Sandkasten. Früher wurde es als Eu(=gut)phemismus(=reden) bezeichnet, heute nennt sich dieses Werk Austerität.

Erst die Rentenfonds und die Kapitalerträge deutscher Banken mit hochverzinslichen, weil an Bonität mangelnden südeuropäischen Staatsanleihen aufzupumpen, um sie anschließend durch Staatsguthaben gestütze Rettungsschirme vor der Pleite zu bewahren, das spricht nicht für den Willen einer Staatsverschuldung entgegenzuwirken. Daß sich diese europäische, auf Staatsverschuldung gewachsene Gerontokratie, die der Generationengerechtigkeit das letzte Lichtlein ausgeblasen hat, nun auch noch den Friedensnobelpreis einverleibt, mag ein Symbol dafür sein, wie weit wir es friedlich in den Abgrund hinein geschafft haben.

Die Hintergründe auf solch hoher politischer Ebene bleiben uns zumeist verborgen. So muß ich raten, wie es zu dieser Preisverleihung kam. Vermutlich konnte Herr Barroso noch in letzter Sekunde einen Einmarsch deutscher und französischer Kreditinstitute und anderer Großanleger in Griechenland verhindern, und man konnte sich darauf einigen, ein paar Leute von Goldman&Sachs aufs Schlachtfeld zu schicken. Dann hätten wir ihn eigentlich aber auch an Goldman&Sachs, oder wie Voltairenet vorschlägt, an die Schweiz verleihen können.
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Sonntag, 18. November 2012
Bier-Boarding im Haberfeld
I sog ned a so und aa ned a so, aber so oder so is jetz die Wiesn vorbei.

As Gschwerl is wieder hoamgfahrn, zumindest de meistn. Wie man eben so sagt: der Unterschied zwischen Saupreißn und normale Preißn ist, daß letzterer nach dem Urlaub wieder heimfährt. Denn mit den ersteren gibt es hierzulande so seine Schwierigkeiten. Davon abgesehen, daß sie den Einheimischen das Bier wegtrinken und an der Parkplatzproblematik nicht sonderlich konstruktiv mitwirken, dauert es kein Jahr und schon fühlen sie sich wie die Platzhirsche, die plötzlich merken, daß die grantige Bäckerin und das besoffene bayrische Prekariat nicht wirklich auf ihrer Wellenlänge liegen.

Die bayrische Küche war bis vor wenigen Jahren, von Mehlspeisen, Semmelnknödeln in Champignonsauce und gemischtem Salat mit Speckwürfeln, eine rein antivegetarische. Wasser war zum Händewaschen da und alkoholfrei ein Ausdruck von Lebensfeindlichkeit. Die Semmeln hießen Semmeln, das Wetter war prinzipiell zu kalt oder zu heiß und die Menschen per Du.
Es dauert kein Jahr und der Preiß stellt fest, daß Bayern eigentlich nur seine Schönheit erlangt, wenn es keine Bayern mehr gibt. Kein Jahr und dem Zugereisten fällt ein, daß Vegetarismus die Hochkultur der mundialen Küche darstellt und nur Untermenschen mit Stiernacken und haarigen Wadeln sich an der durch und durch fettigen Fleischküche Süddeutschlands vergehen. Plötzlich sind die Brezen zu salzig, die Kuchen zu sahnig und das Urige zu grob geklotzt. Plötzlich muß alles mongolisch sein und die scharfen asiatischen Gewürze durchdringen jeden in München geborenen Schweinsbraten.
Zudem fehlt dem alpenländischem Urtyp, außer gegenüber Dackeln, jeglicher Ansatz von Tierliebe. Der Bayer lebt wie eine Sau und frißt sie anschließend, weil er sie nicht mag. Er scheißt die hageren Preißnkinder in einem Tonfall an, daß sie sich durch diese Traumatisierung letztendlich wie ihre Eltern entwickeln und ebenso zu Saupreißn mutieren, ohne jegliche Chance der genetischen Assimilierung.

Kurz und gut: der Bayer und der Preiß haben ein Unverhältnis, das sich in eine zu eng geschneiderte Zwietracht kleidet. Aus Sicht des Bayern hat der Preiß den zweiten Teil von Leben, das Leben-lassen, nicht verstanden oder will es zumindest nicht verstehen. Vielleicht ist es der berufsbezogene Aspekt der Zuwanderung, der vorwiegend karrieristisch orientierte Norddeutsche an den Alpenrand verschlägt. Mag sein, daß es sich bei den innerdeutschen Migranten aus dem Norden um eine Spezies handelt, die besonders durchdrungen ist von jener protestantischen Arbeitsethik. Ein Völkchen, das sich attackiert fühlt von der Philosophie des "paßt schon"und "werd scho wern", das in der Gemütlichkeit einen bedrohlichen Kapitalverlust sieht, wie sich das auch in der hektischen Sprechweise der nordgermanischen Invasoren ausdrückt.

Die Liberalitas bavariae wird hierdurch nicht nur auf die Probe gestellt, sondern in einem Maße malträtiert und vergiftet, daß sich jene Freundlichkeit, die hinter all dem Grant und der scheinbaren Verbohrtheit der Einheimischen steckt, nicht mehr so leicht hervorkramen läßt.

Ob dieser blinden Herangehensweise der okupierenden Gewalt gerät so manches in Vergessenheit. Alte Riten und Ruten. Denn so angenehm weiß-blau wie die bayrischen Tage gestalten sich die Nächte oft nicht. Nachts bleibt Bayern so schwarz wie es sich politisch durch den Tag quält. Schwerer Nebel hängt inzwischen über dem Amigo-Sumpf und in den dunklen Stuben köchelt eine Suppe, die sich nicht verdauen läßt.
As Hoberfeldtreibm

Ein Fluch im Wind
und jede Lüg´ zerrinnt.
In tiefer Nacht,
dort gründet unsre Macht

Jaz Kameraden lasst`s enk sang,
doat`s enkara Gwara scharf lan,
wenn enk oana duat net bass`n,
schiaßt´s eam glei nei in a Hax´n.
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Montag, 12. November 2012
Polyglycos über die letzte Verunstaltung des griechischen Theaters
... oder: Europas finaler Rettungsschuß geht daneben.

Die Griechen mögen das Theater erfunden haben. Letztendlich wurden sie vom Theater übernommen. Die dionysische Bühne, auf der der Krieg zwischen alter Götterlehre und neuerer Philosophie ausgefochten wurde, hat ihr Leben gelebt. "
Diesem kommenden dritten Dionysus erscholl der brausende Jubelgesang der Epopten. Und nur in dieser Hoffnung gibt es einen Strahl von Freude auf dem Antlitze der zerrissenen, in Individuen zertrümmerten Welt."
GAB, liebe Epopten und Polytoxer, in dieser Hoffnung gab es einen Strahl, der lang schon erloschen, so er bei uns noch im besten Licht erstrahlte. Denn der Hoffnung ist nach Jahrtausenden an Reisezeit auf unseren Nervenbahnen die Lust vergangen, sich weiter auf den Weg zu machen, unserem unbeweglichen Erkenntnisvermögen entgegen. So wartet sie nun im Niemandsland auf Godot&friends.
Erspare mir das goldene Fließ made in China,
Bruder Polyphemos, die Zeiten sind so dunkel, daß selbst Kierkegard sich hinter den Wandvorhängen versteckt hielte, daß ich lieber der Blinde unter den Zyklopen wäre - und natürlich will es am Ende immer keiner und niemand gewesen sein.

Heute, nachdem die Sinnflut den Planeten mit einer stürmischen See überzieht, glotzen nur noch die Okeaniden, Nereiden und Nymphen von den Logenplätzen der Wellenberge auf unser trauriges Schauspiel herab. Es orchestriert nun ein anderer Wind. Einzig die Kulisse wummert in HD.

Im Land der Lotosesser, liebe Politoxer, seid ihr gefangen von der süßen Frucht - ihr erlegen. Das einzige Licht, das euch leuchtet, ist die eigene Verblendung.

Kettet mich an den Vormast, ehe sich unser Boot dem innenpolitischen Störsender nähert, ehe ich unserer despotischen Medusa lausche, deren Be- und Enthauptungen uns noch den letzten Sinn rauben. Politisch betreut von Skylla und Charybdis ist die goldene Mitte nicht so recht zu finden.
Laßt Euch eines gesagt sein: Freßt nicht die Merkel des Helios, so Euch der Sturm nicht zerschmettert oder Ihr aufgespießt von der Troika, dem Dreizack des Poseidon.

Ihrer Schwester, der Katastrophe, zur Seite schreitet die reinigende Katharsis durch Neuronien; dem folgend selbst der flächendeckende Mörserbeschuß des Amor eure Herzen nicht mehr treffen wird, denn diese liegen blutlos auf einem Berg, auf einem Leichenberg mit Gipfelkreuz. Von einer Tripleine ohne Anker strangulierte Matrosen des europäischen Superdampfers. Wir Europäer hätten aus der Titanic mehr lernen können.
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Sonntag, 4. November 2012
Die 2.Mail des Apostel Polyglycos an die Politoxer
Es handelt sich um Abschriften, die uns aus der Zeit Karls des Großen erhalten geblieben sind. Es wird davon ausgegangen, daß die 1.Mail des Polyglycos, und somit der ersten paneuropäischen Worte, aufgrund unzureichender Frankierung der Menschheit verlorengegangen ist. Selbst die 2.Mail ist nur in Fragmenten erhalten geblieben, von denen wir hier den ersten Teil zum Besten geben wollen.





Liebe Gemeinde [demos], liebe Polytoxer und gemeine Backschaft,

Der wahre Glaube ist kein Autopilot, kein Winsch-Dir-Was, sondern eine Bootsreise des Herzens [eine umstrittene Anspielung auf die böotischen Schweine, den Pöbel, das Ungeschliffene Grobe. Siehe auch die Böotisierung Münchens in L.Feuchtwangers Roman "Erfolg"], eine Frage des Gefühls und der innigen Beziehung zu Wind und Welle. Der wahre Glaube ist der richtige Kurs. Möget ihr anluven oder vom Wind zeitweise abfallen, mag man Wenden einleiten und Halsen, so behaltet doch stets den Kurs im Auge.

[beachtlich mit welcher seherischen Gabe Polyglycos schon damals den nordischen Völkern ihre von Neid und Gier getriebene Kurslosigkeit vorhält. Manch einer fühlt sich schon bei diesen frühen Texten an '89 erinnert.]

Sehet die Patenthalsen der Nordmänner, die ohne Signale und Anweisungen eine Kurslosigkeit eingeleitet haben, die unser gemeinsames Schiff noch weit über den Rand des übervollen Tellers hinausloten wird. Den Styx [siehe auch der demente John Styx aus J.Offenbachs "Orpheus und Eurydike", der seiner Zeit als "König von Böotien" hinterhertrauert] weit hinter uns gelasse, selbst den Tartaros durchkreuzt, werden wir vor dem Tannhäuser Tor stehen und uns wundern, daß die Luft dünn wird, so dünn, daß wir uns um die Atemzüge streiten werden. Eine wasserlose Zeit, eine luftlose Zeit, eine nicht endend wollende Brise des Geistes - viel Raum ohne Inhalt, ein Glauben ohne Ziel.
Ich sehe einen Stier, der Europa auf einem Kurs trägt, um sie bei Erreichen des Weidendickichts auf Kreta in Gestalt eines (Bundes-)Adlers zu vergewaltigen; sie, die ihm Girlanden um den Hals und Blumen in den Mund gelegt hat.
Ein Kurs, der uns den Wind abfährt, uns diesen aus den Segeln nimmt, während er selbst, hart am Wind, die steife Brise liebt. Ein Winddieb, der nicht teilen möchte.

Nicht die neuronische Knalltüte, kein Euronien, wollen wir schaffen, sondern eine zügelbewehrte Europa auf dem Stier, und nicht auf dem Rücken des Volkes, wollen wir voranreiten sehen. Nicht zurück in die dunklen Zeiten der gallespeienden Drach(m)en soll uns der Kurs ge- und nicht nicht entg-leiten, sondern mit einem vom Südwind gereinigtem Deck wollen wir der Zukunft entgegensegeln.
Liebe Polytoxer, die Ihr das Gift des Geldes verabreicht bekommen habt, die Ihr aus Bequemlichkeit einen Kurs quer zur Dünung gewählt habt, werdet Euch wiederfinden im Wellental das keinen Horizont bietet. Ihr, die Ihr Midas zum König gewählt habt, werdet merken, daß, auch wenn man sich von Wind und Wellen nichts kaufen kann, nur das Schiff mit dem richtigen Kurs den Hafen findet.
Nicht immer nur an Saufnos, Siffnos und Kiffnos anzulanden, sei Euch empfohlen, sondern auch mal Thira und somit Minos wiederaufzubauen, Troja neu zu gründen. Nicht immer nur zu schmausen ohne zu bezahlen, um letztendlich am Gold selbst zu ersticken, sondern den Logarithmus auch mal mit dem Rest der Welt durchzurechnen. Dem Kadmos seine Schwester und dem Agenor seine Ehre wieder zu geben sei Euch ans erkaltete Herz gelegt. Was Ihr für das Mensch-über-Bord-Manöver benötigt ist eine Kuh-Wende und keine Patentwende, so uns das Leben unserer Liebsten noch lieb ist.

Wieder andere folgen einem Kurs, der ihr Boot in alle Winde fliegen läßt ohne ein Ziel zu kennen. Ihr, die Ihr schwojet und treibt im Sturm, umgriffen von den schweren Wassern des Beaufort. Laßt Euch gesagt sein: Guter Wein kann nur in der Ruhe gedeihen. Nur ein Stabilitätspakt [umstrittene Übersetzung], der in jedem von uns seinen Ursprung hat, wird auch einen Ankergrund finden. Nur ein Wind, der aus unseren eigenen Segeln heraus gedeiht, nur ein Kapitän, der mit seiner Sipp- und Seilschaft den Wellenberg erklimmt und nicht gegen sie segelt, wird die sicheren Ufer erreichen.
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Samstag, 3. November 2012
Poliglycos betritt die dionysische Bühne



... im Gewande des hellenischen Patriarchats mit Prometheus Arm im Arm, um Artemis vom Throne zu pfeffern ...


freuen Sie sich auf den 2.Brief des Poliglycos an die Politoxer ... demnächst in diesem Theater.
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Mittwoch, 17. Oktober 2012
On Demand ...
äh, müsste ich jetzt nur wissen, was ich wollte. Das macht die Suche nach dem "demand" so aufreibend, daß die Wünsche hinten runterfallen. Wunschlos glücklich treibt der Konsument im Strudel der erzeugten Träume dahin, heißt eigentlich, wird hineingezogen, auf Linie gebracht ... denn jedem kann man es nun auch nicht recht machen, wenn eben alles so billig sein soll, daß man es sich mit Dumpinglöhnen auch noch leisten kann.

Weniger "on demand" schwirren die Werbeblöcke uns um die rauchenden Köpfe. Will ich nun das Walgbrett aus Nußholz oder das aus Kastanie. Ich brauch sie zwar nicht, diese furnierte Pressholzplatte, weil in meiner Küche nur Fertiggerichte enstehen, aber sie paßt gut zu den Fliesen. Und! eine Küche ohne Walgbrett ist eben nur eine halbe Küche. Für meine Bedürfnisse könnte ich mir im Grund den Backofen und die Mikrowelle ins Wohnzimmer stellen, gleich unten und rechts vom Fernseher. Hätte man immer die Fertigpizza im Auge, ohne die Wettervorhersage zu versäumen. Kühlschrank käme neben den PC, daß man sich gleich die Kühlung sparen kann ... ich meine PC in den Kühlschrank, außen erzeugen ja beide Erderwärmung. Weil man dann zum DVD-Wechsel immer erst den Kühlschrank öffnen müsste, wäre auch dem der Klimawerwärmung geholfen.

Erzählen Sie mir nicht, daß die Klimaerwärmung nicht von den Herstellern der PC-Lüfter zumindest miterfunden wurde. Heute wird einem doch jeder Systemabsturz als das Problem einer mangelhaft unterlüfteten Graphikplatte verkauft. Bei Heizungsverkäufern liegt da der Nutznießergedanke zu sehr auf der Hand, als daß es nicht ein Image-Problem gäbe. Die hassen den Gedanken der Erderwärmung. Auch das Image der Heizkraftwerke leidet unter der neuen Hitze. Heizdecken kann man wenigstens körperlich spüren, und im deutschen Winter sich auch mal wünschen. Die kann man anfassen; Heizkraftwerke nicht oder nur sehr selten.

Wettervorhersage versäumen, meine ich eher aus sportlicher Sicht als aus Interesse, denn der "forecast" steht minutenaktuell auf meinem Desktop, sowie auf meiner blinkenden Wetterstation. On Demand? Eigentlich ist alles schon da, ehe man sich es wünscht. Bereiche, in denen der Wunsch nicht so entstehen will, bombadiert man vorsorglich mit Gratisprodukten en masse, daß für Wunschlos-partikel erst garkein Raum entstehen kann. Wenn man heute etwas Neues für sich entdeckt, wurde es dort schon als Offerte plaziert, als take-away, mal mit und aus Kundenbindungsgrünen auch mal ohne Preis. Sie entdecken nicht Wachsmalkreiden für sich, sondern diese wurden für Sie erfunden. Selbst bei Kartoffeldruck soll ja der Herrgott selbst den Erdapfel geschaffen haben und wir ihn erst nach mehreren Milliarden Jahren auf dem europäischem Kontinent für uns entdeck. Was für ein Makro im Mikrokosmos!

On Demand ist natürlich ganz anders gemeint. Dieser Begriff umreißt Situationen, in denen Wunsch schon lange da ist, nur mit der Produktlieferung klappt es nicht. Weil 200 Stangen Zigaretten nur für Hausbesitzer eine Alternative darstellen, wird der lagerlose Einzimmerbewohner dazu gezwungen, das Suchtverlangen teils erst nach nächtlichen Eskapaden stillen zu können. Oder Sonntag, die Milch aus und der Bäcker im Urlaub.
Ganz klarer Vorteil bei meiner Küche im Fernsehregal: man hat auch immmer die Bierreserven im Auge. Was bei 'ob noch genügend Bier im Keller ist" passieren kann, zeigen sich oft genug bei kommunikationsgestörten Feierlichkeiten und ihrer Logistik, wenn alle im Informationsverlauf mitpfuschen. Bei meinen Einzimmer-Parties mit dem PC im Kühlschrank im Fernsehregel führt diese Frage regelmäßig zu einer einheitlichen, entsetzten Stimmung und dem sofortigem gemeinschaftlichem Aufbruch in die regnerische Nacht hinein. Bis zur Nachttanke, letztlich auch wieder eine Möglichkeit die Wettervorhersage zu erfahren, diesmal aus der Tageszeitung an der Kasse. Die Infomation darf man mitnehmen, die Zeitung sollte man da lassen.
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Samstag, 6. Oktober 2012
Kotzen, scheißen, pissen - die Über-Wiesn und das Ich
Begegnung mit der 3.Mittelmaß



Die Begrifflichkeit "Oktoberfest" mag verwirren, denn zum einen findet es vorwiegend im September statt, was schon zu Beginn viele zu spät kommen läßt, und zweitens hat es mit "fest" nicht viel am Sepplhut.

Es handelt sich vielmehr um die Huldigung von Flüssigkeiten und ihren Verdickungen. Eine Zeit, die einzige, in der auf den Straßen Münchens das Essen gratis verteilt wird - und zwar in Massen von Maßen für Massen. Was sich für 10 Euro der Liter und das Stück so räuberisch erwerben läßt, wird die Stadtgrenze nicht verlassen, denn was rein geht, muß auch wieder raus. Die vielen Gäste sind eigentlich nur eingeladen, um an dem Prozeß der kurzfristigen Anverdauung teilzunehmen. Eine Bringschuld ohne Mitnahmemöglichkeit sozusagen.
Die Wiesngewinner - da Großbauer und sei Bua

Es ist die Jahreszeit in der jeder Straßenköter Münchens mehr Anstand und Zivilisationsgedanken an den Tag legt als die Millionen Wesen, die nach eigenem Ermessen an der Spitze der Evolution stehen. Wiesn, oder Oktoberfest wie es der Ortsfremde nennt, ist eine Kunst, die erst noch verstanden werden will. Eine archaische Grundform, eine der letzten, die sich bis heute erhalten hat, weil sie sich auf eine aufdringlich subtile Art und Weise mit der jeweiligen Staatsform mitentwickelt hat.

Das Zelebrat der Folklore, gekoppelt mit der Vernichtung des Althergebrachten.

Die Freiheit der Selbstzerstörung als weltweit propagierte Neuform der Anarchie.

Der mit der beschleunigten Prozentzahl der Promille und Stammwürze propagierte Frontalangriff auf das Denken und auf jegliche Form von Bewußtsein, kristalisiert sich heraus als ideales Mittel, dem freien Geist und der Anarchie den letzten verbliebenen Wirbel zu brechen.

Den Besucherzahlen nach zu urteilen spiegelt sich in diesem größten, staatlich verordnetem Massenbesäufnis eine supranationale Denkweise wieder, die danach giert einen Sinnesrausch ohne Sinn zur Höchstform zu führen. Der Ansatz hierzu findet sich prinzipiell in den meisten modernen Konsumformen. Das bullemische Grundelement des Kapitalismus. Fernzusehen ohne sich anderntags zu erinnern, um was es ging, die gekaufte Kleidung, die mit jeder Modewelle entsorgt und als Schwemmgut in Afrika wiederverdaut wird, ganze Einkaufswägen von Essen, die inzwischen vom Regal nur noch durch unseren Kühlschrank am Magen vorbei in den Müll wandern. Essen, das es nie aufs Clo geschafft hat.

Das Mittelmaß hat eine neue Erscheingungsform. Es geht darum, den Exzess zu beschleunigen, den Geist zu extrapolieren und das Über-Ich aus dem eignen Körper zu verdrängen, hinauszuwerfen und jenes ungute Gefühlsaggregat, das uns heiser zuflüstert: "Da stimmt doch was nicht!", möglichst ein für alle mal zu verbannen. Wir wollen und können es nicht mehr hören. Eine Art Anti-Exorzimus. Wir wollen brunzen, scheißen, kotzen, anderen auf die Fresse hauen und jeder unter den Rock greifen, wo und wann immer ... und dafür auch noch den höchst möglichen Preis zahlen.

Hier liefert die Wiesn in ihrer Funktion als Abfüllanlage, als weiß-blau angemalte Druckbetankungsanlage, ganz nach dem Prinzip, das München, das größte Dorf der Welt, auch aus der Vorortgemütlichkeit zu einem Zentrum der Militärindustrie aufstiegen ließ, Spitzenwerte .

Wenden Sie sich nicht ab, wenn Sie die eindrücklichen Bilder von München kotzt.de studiert haben, sondern folgen Sie dem Zitat des Mannes, bei dessen Besuch man im Hofbräuhaus noch raufen und rauchen durfte, dem Erfinder der Ready Mades, Marcel Duchamp, und dem Text im Anschluß an die Bilderserie! Danke für die wunderschönen Bilder ...
Und wenn Sie noch etwas Muse finden, so dürfen Sie sich auch gerne noch die Gedanken eines Biergärtners zum diesjährigem Besäufnis reinziehen oder schon die Wiesngeschichten vom Brezensalzer 2014. Prost Mahlzeit.
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