Resentimente - neuste Abhörtechniken aus dem hartelinie-Labor
Das Herzstück eines Geheimdienstes ist einerseits das Geheimnis und andererseits die Drohkulisse der Unwissenheit der Anderen. Wenn dann mal was rauskommt, tut man so, also wäre das im Grunde schon lange bekannt und von unendlicher Unwichtigkeit.
Wenn man allerdings als Schlapphut mal keine Ahnung hat, was so alles im trüben Informationsfluss schwimmt, dann schickt man Blindgänger wie einen Herrn Showdown an die Infofront und lässt anklingen wie durchtrieben und grenzlegal man alles durchblickt. Man düngt den Aberglauben, dass man jede Alditüte mit RFID-Chips bestückt hätte und jeden Lackaffen durch die Webcam beim Wixen studiere.
Man prahlt mit Full-Spectrum-Dominance und schmückt sich mit anderen zukunftsträchtigen Wortcollagen wie Joint Vision 2020. Ich hab keine Ahnung mit was sich die Turmschreiber der NSA die Birne so wegkiffen, aber meines Erachtens wissen Sie noch nicht mal die Bundesligaergebnisse der letzten Woche. Dafür haben diese geistigen Tretminen keinen Algorythmus.

Ich hab mich testhalber mal selbst abgehört. Bin ja auch der Einzige, der mir zuhört, wenn ich so in meinem Biersuri auf der Tastatur herumklimpere. Und ich muss sagen, dass mir das garnicht gefällt, was ich da heute so zu Ohren bekommen habe. Es ist zutiefst erschreckend, was ich alles so zu wissen glaube. Das betrifft nicht nur Vergangenes. Ich bin mir sogar sicher, in einer Art Jointless Vision, dass der TSV 1860 nächsten Montag keinen Sieg gegen Greuther Fürth zustande bringen wird, wenn ich das hier mal so leaken darf.

Glücklicherweise gibt es da bei mir die Delete- oder auch Entfernen-Taste, die heisst, noch mehr Bier mit kleinen Zwischeneinlagen. So kann ich Dinge sagen, um sie anschliessend so zu löschen, dass keine Spur mehr zurückbleibt und auch kein starker Sturm sie mehr zurückweht. Im Grunde könnte ich mich so jeden Tag neu erfinden, ohne jemals in Widersprüche durch schon Gesagtes zu geraten. So lässt sich auch das Wörtchen abgehört besser verstehen. Erst hat es noch zu mir gehört und dann ab ... etwa dem 10 Bier, also circa einer Stunde, eben nicht mehr. Und zwar in einer Weise, die die Vergangenheit revidiert, anulliert, nihiliert, sie so ausradiert, dass selbst dem Radierer anschliessend nichts abgeht oder ihm ein Schwund nicht anzusehen wäre. Auf zauberhafte Weise scheint die Tinte wieder im Füllfederhalter zu verschwinden, beziehungsweise die Tasten eine eigenartige Rückwärtsbewegung auszuführen, bei der anschliessend niemals auch nur ein Quäntchen Energie verbraucht worden wäre.

Und so wandle ich auch morgen wieder an den Abgründen der Zivilisation in Downtown Sicko City ohne mich nur im Geringsten daran zu erinnern, was ich von den Schbacken gestern so gehalten habe. Einzig meine selbst abgehörten Zukunftsvisionen bleiben stets die gleichen, bezüglich der Spielleistung des TSV und der zunehmenden Verdummung des sich vermehrenden Genmülls in diesem Lande. Ich denke, the new world order ist garnicht so new und selbst das Karma hat über die Jahrtausende nicht seine starke Hand gezeigt. Einzig die buddhistische Idee der Auflösung des Geistes bei völliger Erleuchtung scheint mir sinnig: Nur die Vollidioten sind zurückgeblieben.