Typographische Alpenüberquerung
Sie fehlen, die stubendhonauzweigwerkstätten, man kann doch die Renaissance und das gute literarische Gewissen nicht so zugrunde gehen, grundlos zergehen und verschwindibus lassen.

Das mag das Ende vom Anfang sein. Beide Polarsterne verloschen am Firmament nur noch ein flächiges Nichts.Stubenlatte und Transzweig, zwei tote Links, jetzt fehlt nur noch Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes, dann passt auch das schlechte Wetter gut ins Bild.

Wenn man doch die Worte farbig anmalen würde. Vom dicken B ein Stück abmeiseln. Das Wort erstmal ne Woche in den Regen stellen, dass es diesen Grauschliff bekommt. Die Worte nachhaltig bearbeiten. Ihnen den Schliff geben, aufpolieren, raffinieren. Verpacken und verschicken. Wenn man sie wenigstens singen würde.

Aber nein, nach einem strengen Reglement wird die Grammatik vollzogen. Die Typographie auf ihr Minimum reduziert. Selbst der schmückende Anfangsbuchstabe, die Initiale, hat ihren Geist aufgegeben. Sans-Serif und Monospace, Arial und New Times Roman, die Webtypographie erfordert Standards und die bedeuten Einschränkung.

das wars dann bis auf ein paar tote Links und jugendliche Ausrutscher. Einzig bei den Schmierereien und Graffitis wird noch fleissig aufgepumt und geformt. Eines jener typographischen Highlights waren die eingritzen "Ritzer"-Tags an den Fenstern der Münchner U-Bahnen, sich beziehend auf den Leiter der Sonderkommission Graffiti, Herrn Ritzer. Und weil die Fenster auch noch mehr oder weniger durchsichtbar sind, war das eine der schönsten Reflexionen der letzten Jahrzehnte. So hässlich wie das Staatsmonopol der grauen Mauern. Nur kommerzielle Werbung darf drauf, keine selbstlose Kunst.

Das wars dann erstmal mit den Tagen als uns die Dhonauwerkstätten mit CSS-Kathedralen den Tag bebilderten. Als wir Form und Struktur schöpfen konnten, aus einem echten Stubenzweig und einer translatte aus der Serie blogger.de. Formschönheit und dazu ein fein aufgetragener Tiefsinn. Texte, in denen der Raum der Worte, ihr Möglichkeitsraum ausgeleuchtet wird, in denen mit Verlagerung der Gewichtung das Wort erkundet.

"Auch die Worte haben ihr Gewicht und dienen einer abstrakten Konstruktion (...) Dada versucht, die Bedeutung der Worte zu ergründen, ehe es sich ihrer bedient, nicht unter dem Gesichtspunt der Grammatik, sondern unter dem der Darstellung". Tristan Tzara 1922

Da möchte man meinen, dass dadurch wenigstens mehr Gewicht auf dem Inhalt liegt, doch weit gefehlt. Vor nicht mehr als 25 Jahren war das Schreiben noch nicht so inflationär wie im Zeitalter des Internets. Da geht das haptische Element, wie Vorlesen, ein wenig vor die Hunde. Selbst die deutsche Sprache frißt inzwischen Tabletten, so durchgewaschen wie die Bevölkerung eben.


mark793 am 03.Sep 13  |  Permalink
Auf den Dhonauschiffsausflügen wurde mir oft genug schwindlig, ebenso wie bei manchem Versuch, den mäandernden Sätzen und Gedanken des Herrn Stubenzweig zu folgen. Aber Sie haben recht, diese beiden Sonderlinge hinterlassen eine große Lücke auf dieser Plattform. So sehr es mich andererseits auch freut, dass vermehrt blutjunge Backfische Unordnung und frühes Leid hier in der unmittelbaren Nachbarschaft posten: Es droht halt auf Dauer doch ein wenig das besondere Etwas verlorenzugehen, das diese Community einmal auszeichnete als sie noch in kleinen finnischen Clubs spielte.

einemaria am 08.Sep 13  |  Permalink
ach, wa?!
Warum denn nicht auch da? Ich will mal glauben, was Sie da ausstreichen. Aber wie das rein formtechnisch hier auch deutlich wird, kann man die Vergangenheit eben nicht ausstreichen. Denn die Vergangenheit und ihre Unausstreichlichkeit sind wohl mit die Hauptbestandteile von Moral und der Sühnegedanke eine ihrer Auswirkungen.

Lassen sie uns doch mal über den Unterteil des Eisbergs sprechen.

Ich meissle und forme die Geschichte, das Stück. Hin und hergeschoben. Verbessert. Aber wenn es mal steht, fällt mir im Grunde nie was Neues dazu ein, keine Art der Verbesserung. Dann sind es maximal noch Rechtschreibfehler, die ich in der Hitze des Gefechts vergessen habe und beim nochmaligen Überlesen im Gedanken an dieses Gefecht wieder nicht sehe. Sie mental sozusagen als richtig in die Geschichte eingebaut habe.
Ich bin da nicht so. Fehlerteufel hat doch Spass gemacht in der Schule. Nicht so aaalglattt, wie sich das nun mal gehört.

Die Dhonauwerkstätten, die anders als ursprünglich die Sieben Zwerge, an die ich dabei immer denken muss, nicht in einem Berg arbeiteten, sondern vermutlich unter einem Fluss, also Unterwasser liegen, sind den Sieben Zwergen jedoch in einer Weise gleich. Es liegt nahe, dass sie hier weitergehen in der Formschaffung, weiter meiseln und formen, bis vom Material nur noch wenig übrig ist. Hin- und hercascaden und radieren, bis sich das geheimnisumwitterte kleine Schächtelchen der hermetischen Lyrik öffnet ... und ihn, sie oder mich verschluckt. Oder er, sie, mir mich das Kästchen.

Da ist es unbestreitbare Geschmackssache, wie das besondere Etwas denn aussehen sollte. Ob kurze oder lange Haare, ob alt oder jung, ob Oberwasser oder wie im Falle der translatte im Moment eben Unterwasser ... solange es ein Eisberg ist, ist es grossartig.

Bei mir wird sich morgen die Spitze solch eines Eisbergs zeigen in Form einer Routenbeschreibung für die A93, A3 bis McGraw-Graben/München - für Samstag nachmittag, egal zu welcher Jahreszeit - denn hier vermute ich, wurde die über die Alpen gebrachte translatte verschüttet und sind die Dhonauwerkstätten versickert, unter einem ausgetrocknetem Autoflussbett, dem McCraw-Graben.

moisadl am 08.Sep 13  |  Permalink
Stubenzweig hat aufgegeben und sich wohl ins Grab gelegen.

einemaria am 08.Sep 13  |  Permalink
Ich hingegen will den Glauben nicht aufgeben, dass der McCraw-Graben das Bermuda-Dreieck des Blogger.de.Planeten ist. Keine simple Abkunft, sondern eine hermetische Ansaugung wie durch das Nirvana, wenn man dann mal alles richtig macht, keine Ameisen mehr isst und dem Leser nicht mehr die Hucke volllügt.

lalol am 19.Sep 13  |  Permalink
Ode an die Stubendhonauzweigwerkstätten
Oh, ich bin ein kleiner Wassertropfen,
meine Stimme ist die eines kleinen Wassertropfens, meine Form ist die eines kleinen Wassertropfens.
Ich bin was ich bin, ein kleiner Wassertropfen
und klebe, festgefroren an einer Eisbergspitze.
Noch kleiner und ich wär` ein Eiskristall.
Die Sonne macht mich weich und wässrig.
Jiepie, so rutsche ich den Berg hinunter
und werde ein mit hunderttausend kleinen Wassertropfen.
Wir stoßen wie platschende Wellen an den Eisbergrand, Schaumgeborene,
wirbeln umher , purzeln unter die Oberfläche,
riesige Eismassen die wir umfassen
und schon schwimmen wir wieder oben
bis wir verdampfen.

einemaria am 21.Sep 13  |  Permalink
Ich möchte ein Eisbärg sein ... am kalten Polar.

lalol am 22.Sep 13  |  Permalink
lalolsche Gesundheit durch schwere Wal(orcinus orca)depression angegriffen
Eisbär"g" Betrachtung bis zur vollständigen Genesung verschoben.

einemaria am 23.Sep 13  |  Permalink
Vielleicht
sind wir alle nur einfach Eiskristalle und machen zusammen den Berg. Da geht es nicht an, dass sich auch nur ein einziges Kristall, wenn auch nur vorübergehend, verabschiedet. You never melt alone! Nur gemeinsam sind wir Eisbärge :) Frostige Küsse

lalol am 30.Sep 13  |  Permalink
"eingeschoben"
Eisbär-g
am kalten Polar.
Sehr schön, sehr passend, ich sehe, Sie verstehen.
Den nach innen gewendeten Verschlusslaut „g“ mit einzubinden gefällt mir.
„g“-Meditation, eine Inspiration der dhonau-Werkstätten.
Selbst spiele ich mich gerne, nach einer „g“-Reihe einen abgrenzenden, plosiven „k“-Laut, einzuflechten:
„[g], [g], [g], [k],..[g], [k], [g], [g], [k]“
Rudimentäre Anfänge des Beatboxens sehen in Perfektion dann so aus:
http://www.youtube.com/watch?v=fW6VgGSGY3w

...vielleicht ist es egal, aus was für Substanzen das Leben besteht, solange sie in Bewegung sind.

einemaria am 30.Sep 13  |  Permalink
Eisbär-g:ke,
die wir sind.

Wie Sie hier im Blog schön sehen können, sprechen von den tausenden von Menschen, denen wir täglich begegnen, die wenigstens mit uns, was für eine Eisbärg-Einheit wie uns von zentraler Bedeutung ist. Anstatt andere also zu treffen, entfernen wir uns im Grunde nur. Das ist wohl das universelle an der Eksplosion des Universums.

Zur Entfernung wird es wohl erst, wenn man schon angekommen ist, die Distanz durchschritten hat. Die Ferne zum Thema hatte man sich auf den Weg gemacht gegen alle Widerstände, den Prozess beschritten. Kein Umhin mehr, das Hin und Her im eigenen Haus ist uns zuwider, sondern hinaus in die Welt der Worte. Wir holen sie zu uns wie das Schloss auf jener Insel. Und irgendwann sind wir dann auch im Schloss, nur um festzustellen, dass keiner mitgekommen ist. Nur, gehen wir wieder zurück?

lalol am 30.Sep 13  |  Permalink
Gehen Sie nicht zurück um Ihre Worte neu zu bebildern?

einemaria am 01.Okt 13  |  Permalink
Schon,
aber meine Worte befinden sich alle in einem Raum. Ob man da von Zurückgehen sprechen kann?

lalol am 02.Okt 13  |  Permalink
Eisbär ohne "g",
retroperspektiv durch Ihren Raum.

http://www.youtube.com/watch?v=bIIGKV27FaY