Donnerstag, 14. September 2017
Das Noagerlzelt manifestiert sich
Historische Koordinaten

1. Mai 1844, einhundertsechsunddreißig Jahre und 94 Tage bevor ich im Betonkoloss von Großhadern aus meiner Mutter Schoß kroch, zogen wütende Scharen der arbeitenden Bevölkerung – oder Hackler – durch die Münchner Straßen, zertrümmerten und zerstörten alles in ihrer Reichweite, inklusive oder insbesondere Schankstuben, öffentliche und behördliche Einrichtungen (siehe auch Erst der Krieg hat das Bier gebracht - und das Bier den Krieg). Der König, das Schwein, hatte sich an den Bierpreis gewagt und weil, wer hackln geht außer dem kleinen und dem großen Rausch recht wenig Freude an seinem Leben findet, hatte der bayerische Souverän damit etwas Hundsgemeines getan. Die Strafe für´s Ficken ist bekanntlich das ungewollte Kind, die Strafe für den Suff sind lediglich ein zwei Tage miserablen Katzenjammers. Und wenn auch beiderlei Lust oft miteinander einhergehen und auf den Kater die Bekenntnis zum Kind oder zur damals noch viel schmerzvolleren und gefährlicheren Abtreibung folgt, fühlten sich die Hackler – was eben die wenige vorhandene Lebensfreude anging – gehörig in die Enge getrieben.
Nach ein paar Tagen und als sogar das Militär nicht auf Seiten des Schweins hatte mitspielen wollen, war der Spuk vorüber und das Bier wieder zum gewohnten Preis zu haben. Wiedereinmal war klar, dass man den Hacklern besser langsam und stetig das Leben vermiesen sollte und auf all zu große Sprünge zu verzichten gut beraten sei.

Hamburg, Anfang Juli 2017. Alle wissen noch Bescheid, dazu muss nichts gesagt werden. Außer das Eine: da trafen sich die Herrscher der 20 reichsten Volkswirtschaften und diskutierten ein Minimalmaß an Kooperation, um sich die lästigen, armen Schlucker daheim und in der Restwelt vom Hals zu halten. Man muss nicht befreundet sein, um gemeinsame Feinde zu haben.

Später Juli 2017. Die deutschen Autokonzerne werden um etwas Ablass gebeten. „Lasst sie bluten! Aber nur ein paar Tropfen, weil meine Nichte und ich da angestellt sind.“ Dailmer, MBW, IDAU usw. hatten sich bei ihrer Preisbildung abgesprochen, ein Kartellverstoß. Nun ist Autofahren nicht gerade die beruhigende Sorte Rausch, die eine Belegschaft müde, dafür mit viel Zucker im Blut bei der Stange hält. Dennoch passt die kleine Preisgemeinheit ganz gut in unsere Reihe des Schindluders mit den hackler´schen Begehrlichkeiten. Wäre ja auch scheiße, wenn der Steinbrecher Toni mit dem gleichen Hobel in die Arbeit käme, wie sein Chef.


„Scheiße ändern“
(Zitat eines US-amerikanischen Bürgerrechtlers; im Original: „Change shit“)

Aufruf

Hackler aller Länder kommt zu uns und sauft umsonst! Wies´n umsonst ist die Devise und dass wir uns zurück ertrinken, was uns seit Jahrzehnten wucherhaft aus den löchrigen Taschen gezogen wurde.
Warum auf der Wies´n? Weil der Mensch ein Mensch ist und auf ein Neues den Sommer hinter sich lassen muss, um sich ein gutes halbes Jahr durch klirrende Morgenkälte und pissende Himmel in die jeweilige Maschinerie zu schleppen, sei es ein Büro, eine Fabrikhalle, ein Außendienst oder jegliche Form von Bildungseinrichtung. Es wird Winter und wenn das kein Grund ist, sich zu besaufen, dann gehe ins Fitnessstudio wer mag, der Rest geht auf die Wies´n und fordert sein Recht ein.

Und wenn die Ersten von den Verteidigern der Zapfhähne niedergemacht sind und die allseits verhasste Polizei den Übrigen die Knochen bricht, wir werden euer scheiß Bier vernichten, wie wir es immer getan haben und die fettleberigen Toten werden aus ihren Gräbern kriechen und kotbeschmiert alles zerreißen, was sich ihnen in den torkelnden Weg zu stellen wagt. Blut in den Biergärten, Häute und Fleisch in den Gassen und auf umgestürzten Bierkutschen. Wirte wird man heulen sehen und mit letzten Kräften die Barkassen und Aktienpakete in ihre offenen Bäuche stopfen, ins letzte Versteck.
Und wenn es nicht klappt, dann machen wir das 13. Zelt auf, das Zelt für die armen Schlucker, für die Habenichtse, für den Rest, eben unser Zelt – das Noagerlzelt.

Das Noagerlzelt

Vor dem oben angeführten historischen und zeitgenössischen Hintergrund und weil eben wieder mal kein Blut fließen wird, ein Bierglasgemetzel ausbleiben wird, führen wir die neue Kategorie des Noagerlzeltes ein. Dort wird die zurückgelassene Brühe der sechs angestammten Münchner Brauereien plus Käfer-Zelt und dieser anderen Sekt-Schleuder, deren Namen mir entfallen ist, vereint, den genuin Rauschinteressierten und vor allem den Rauschbedürftigen für lau, das heißt umsonst zur Verfügung gestellt.
Wir weisen schon im Vorfeld jede Verdächtigung der heimlichen Kooperation mit den Besitzenden vehement zurück. Man wird uns den lacken Rest nicht freiwillig und unentgeltlich überlassen. Schon gar nicht werden die Regulatoren des Geländes ein stinkendes, von Kotze, Pisse, Scheiße und Sexualsekreten überlaufendes Festzelt in ihrer Mitte dulden. Das Noagerlzelt ist eine metaphysische Institution, ist das Lallen im Subtext und das Torkeln der Dissidenten mitten unter dem fröhlich sich verarschen lassenden Pöbel.

das Wappen des Noag

(eine Gastarbeit vom Murmler Charlie)
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Der Noag - Interview mit einem Pestwirt
Wir erinnern uns: Ende der 1990er Jahre versuchte ein unlauterer Brauer und Prinz von soundso Einzug auf dem Oktoberfest zu halten. Der damals adoleszente heutige Wirt des Noagerlzeltes hatte seit einem Jahr einen Bock zu verdauen, den er mit der Abgabe seiner Wählerstimme an die Sozis geschossen hatte. Die Agenda 2010 war in der Mache und der Nochnichtwirt stand an seinem Fenster, schaute verdrießlich auf die Kreuzung Ridler- und Geroltstraße, als er den schwind´ligen Regensburger Tross aus einem Karren mit Bierfässern und zwei Dutzend halbstarker Bankkaufmannsgesellen anrücken sah. Der Prinz auf dem Kutschbock hatte wohl vor, hinterrücks und durch den Bavariapark auf der Wiesn einzufallen, was jedoch – der werdende Wirt am Fenster musste schmunzeln – kurzerdings von einer zweiköpfigen Polizeistreife unterbunden wurde. Prinz und Gefolge drehten – derlei Manöver waren nicht bedacht worden – unbeholfen und etwas empört auf der Ridlerstraße um und traten den Heimweg an.

Redaktion (R): Herr Wirt, Sie haben den missglückten Regensburger Sturm als prägend beschrieben?

Noagerlwirt (N): Ja, da war mir klar: „Die Taxler (Anm.: Regensburger Adelsgeschlecht) stellen sich saublöd an. Das mach ich besser eines Tages.“

R: Waren Sie damals betrunken?

N: Ich denke ja.

R: Aber Sie waren doch bereits auf der Wiesn vertreten?

N: Das schon, nur halt als Randerscheinung.

R: Hatten Sie einen Bubenstreich im Sinn?

N: Vielleicht. Aber du musst bedenken, das war Ende der 90er. Schröder und seine Gang sind ein Jahr an der Macht, ich werde bald daheim ausziehen müssen. Hartz4 hat zwar noch nicht seinen Namen, zeichnet sich aber am Horizont recht deutlich ab und bei meiner Studienwahl, würde ich mit 98 prozentiger Wahrscheinlichkeit daran teilhaben, früher oder später.

R: Sie wollten sich ein zweites Standbein schaffen neben der drohenden Stütze?

N: Du verstehst unseren Gedanken falsch. Wir vom Noagerlzelt verdienen kein Geld mit dem was wir tun. Bei uns gibt es nichts zu kaufen, wir sind der Abfall der Gesellschaft und wir trinken Abfall. Wer dazugehört, weiß dass er dazugehört...

Schichtbeginn

R: … oder sie...

N: Oder sie. (Schneidet die obere Hälfte einer Bierdose ab, schürzt die Lippen und trinkt vorsichtig den darin enthaltenen Rest) Du musst wissen, ich habe schon gewusst, wo ich dazugehör und wo ich mal landen würde, damals mein ich.

R: Ihnen war damals klargeworden, dass Sie zur Unterschicht gehören würden? Aufgewachsen sind Sie ja recht behütet.

N: Behütet oder nicht, in meinen Adern fließt die Soach, verstehst Du, das ist eine Einstellung zum Leben und zum Trinken, die in unserer Familie liegt, da kannst noch so viel Gymnasiast sein oder hochbesteuerte Eltern haben.

R: Noagerlsaufen ist also kein Phänomen der Unterschicht?

N: Doch, schon. Aber nicht nur. Wie halt das alte Sprichwort sagt, kriegst du den Hund von der Straße weg, aber niemals die Straße aus dem Hund heraus.

Der Jägerstand

R: Ein altes Kleinbürgerthema.

In einem Bierglas auf unserem Tisch schwimmt ein Zigarettenstummel. Eine Fliege versucht sich aus ihrem nassen, gelben Grab an der Kippe hoch ins Trockene zu arbeiten. Zappelnde schwarze Beinchen im falschen Element, verklebte, aderige Membranen durchsichtiger Flügel, der Stummel rollt mangels Reibung an der Oberfläche auf der Stelle. Tretmühle im bierigen See, der leicht dezentrale Nikotinfleck eiert im Kreis, das Insekt zu dumm, sich Hoffnung zu machen und zu dumm, um aufzugeben. Der Noagerlwirt schaut versonnen zu, greift dann mit der Finesse eines Routiniers und mit spitzen Fingern ins Bier, schnippt Fliege samt Kippe in ein Gebüsch. Er trinkt.

R: Zurück zum Historischen. Es hat ja Tradition, dass nur in München ansässige Brauereien als Lieferanten für die Festzelte in Frage kommen...

N: … Und die Zipfln machen Preisabsprachen! Heuer an Elfer für die Mass. Des gibt’s nur beim Fußball, an Elfer, des kamma gar nimmer aussprechen. Der Zehner war schon eine Gemeinheit, aber der g´schissene Elfer...

R: Sind Sie betrunken?

Der Noagerlwirt blickt in eine nur ihm bekannte Ferne, in oder hinter dem Bretterzaun in meinem Rücken.

R: Also die sechs Münchner Brauereien. Wollten Sie ´99 eine siebte eröffnen oder war die Idee, sich Raum im Tumult zu verschaffen damals schon auf dem Tisch? Kann man vom Noagerlzelt als Idee sprechen? Wo es doch immer recht klein, fast unsichtbar war. Eine Idee, die heuer endlich Gestalt annehmen soll?

N: Es ist keine „Idee“. Ich sauf Noagerl seit ich klein war. Meine Eltern haben Noagerl g´soffen und meine Großeltern väterlicherseits. Davor gibt es keine Zeugnisse, weil die Urgroßeltern aus einem entlegenen Tal im Südosten stammten und da hatte man keine so genauen Kenntnisse vom Umgang mit dem Erbgut oder der Schrift. Einfache Leute, gute Christen und damit vermutlich auch entschiedene Gegner des vergossenen Tropfens. Aber das sind Hypothesen.

R: Das Noagerlzelt als Vermächtnis?

N: Genau! Ein Vermächtnis. Zudem ein Politikum. Die Wichser ziehen uns Trinkern den letzten Heller aus der Tasche, nur weil wir auch mal Flagge bekennen und mit den ganzen Anderen Zipfin zusammen trinken wollen. Möchte an der Stelle auch bescheidenst auf unser diesjähriges Manifest verweisen!

R: … Das sich, wie wir wissen, recht gewalttätig ausnimmt. Aber dazu später. Wie haben sich, sagen wir, Ihre Großeltern auf dem Oktoberfest verhalten? Haben sie auch Noagerl getrunken?

N: Mein Opa hat es geschafft, in Stalingrad an einer Leberzirrhose einzugehen. Das ist von ihm bekannt. Was mit ihm sonst vor und während dem Krieg war, da kann sich keiner dran erinnern. Meine Oma hat brav ausgeharrt, im Luftschutzkeller die Noagerl zamgsoffn, dass´s sie vor die Tür gsetzt ham. Da war´s dann gsessn, ohne Bier im Bombenhagel.

R: Unschön.

N: Ja, graißlich, aber die Zutzla im Keller san dastickt. Wie der vegetarische Obernazi dann tot war und es überhaupt mal wieder eine Wiesn gab, da is´s dann mit falscher Brosche und Dirndl umananda spaziert (Anm.: als Bedienung getarnt) und hat die Noagerl zamgsoffn.

R: Und in dieser Linie steht auch Ihre Firma?

N: Wir sind eine Bewegung!

R: Ein belegter Begriff, gerade hier in München.

N: Glei schehbats! Du bist a belegt! Man kann sich ja wohl noch anders bewegen, als wia im braunen Leibal und a Nazi.

R: Und doch haben sie Ordner mit Armbinden und Lederriemen quer über der Brust. Da kommen Erinnerungen hoch.

Der Kapellmeister vom Noagerlzelt

N: In unserem Geschäft muss man aufpassen, da gibt’s halt schnell mal eine Rauferei. Außerdem leisten wir integrative Arbeit, was unsere Ordner angeht. Wir holen die Burschn morgens von der Donnersbergerbrücke, geben ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit – eine Armbinde halt – und eine Aufgabe: da wird ja nicht nur gerauft, sondern auch viel geklaut, auf der Wiesn. Und weil bei uns besonders hart
gegen das Bier angearbeitet wird, geht da einiges verlustig. Und die Lederriemen verstehst Du falsch! Unsere Securities haben halt ein Faible für diese rechteckig-hochformatigen
Herrenhandtaschen.

Die NOAGSEC - da Fotzn Sepp

R: In Ihrem Geschäft? Also doch was profitables?

Der Wirt entreißt mir mein Getränk und leert es in einem Zug.

R: Die Noagerlbewegung gab es also schon immer. Wie kommt es, dass Sie jetzt auf ein Mal die Notwendigkeit eines prominenteren Zeltes verspürt haben?

N: Ich bin zwar Wirt, aber wir sind eine Bewegung ohne Anführer, eine kopflose Bewegung. Hast Du Bataille gelesen, Acéphale? Da kannst nachschaun. Unser Zelt hats schon immer geben. Halt schräg am Hang und recht klein auch. Des
war immer des Besondere: kleiner wie der eigene Biergarten. Viel kleiner. Die meisten Gäste haben das Zelt gar nicht bemerkt und haben sich direkt im Garten niedergelassen.

R: Verständnisfrage: sprechen wir vom sogenannten Kotzhügel?

N: Ich sprech und du hältst dei Maul! Die Statik war immer schwer zu bewerkstelligen, weil wir unsere Fundamente nicht zu tief in den Hang eingraben ham wollen, da hätt´s Scherereien gebn. Oft ist also – bei gut besuchtem Biergarten hangaufwärts – unsere ganze Konstruktion unter dem Druck der schleimigen Massen abgerutscht, in Richtung Lieferanteneingang vom Hacker.

R: Es gab da öfters Negativschlagzeilen, wenn die liegenden Gäste unter die rutschenden Bretter geraten sind.

N: Seit ein paar Jahren werden die Inhaber der Liegeplätze mit Zeltheringen am Hang gesichert. Aber solche technischen Vorgänge schmälern halt schon die festliche Stimmung.

Da Wiesnflacker Ignaz ... auch genannt "da Haring"

R: Also ist der Umzug auf die Hauptachse vis-a-vis Hacker und Augustiner baulich bedingt? Merkwürdig aber, dass man Sie all die Jahre im gefährlich rutschigen Zelt hat gewähren lassen, nur bei dessen Fundamentierung Widerstände in Position gebracht hätte.

N: Des hat nix mi´m Baureferat zum doa. Unterm Hang liang de oidn Bierkella verschütt und da woi ma ned ostecha. Des is besser, de Kellerleit san auf unsrer Seitn. De mäng des ned, wamma eana ins Dach einabetoniert.


An dieser Stelle musste das Interview abgebrochen werden. Der Noagerlwirt – von Freunden und Feinden bewundernd „da Noag“ genannt – hatte einen Grad an Alkoholisierung erreicht, der seine Rede undurchdringlich, die Artikulation zu schwammig machte für weitere Befragungen. Wer die „Kellerleute“ sind und warum man mit ihnen in Allianz zu gehen beabsichtigt, bleibt zu klären. Es scheint mir, „da Noag“ habe jenen diffusen und aufbrausenden Charakter, wie er typisch für genialische Künstler und durchtriebene Säufer ist.


Ein Spielfeldrand in Ramersdorf anderntags. Die Abmessungen des Feldes regulär und etwa so groß wie der Rasen in der Arena des heimischen Erstligisten. Bandenwerbung gibt es auch, nur sind die reklamierenden Firmen lange aus dem Branchenbuch getilgt. Der Noagerlwirt sitzt in sportlichlegerer Aufmachung am Tresen eines Imbisswagens, den Schuhen nach, fühlt er sich hier zu Hause,
der Jogginganzug riecht stark nach Waschpulver. Ein Geruch, der sich mit der Alkoholfahne des Noag zu einer Priese vermischt, die mir Jugenderinnerungen an den Chemieunterricht, an schlechtsitzende, weiße Kittel und den Lehrer Pötschner in die Nase treibt. Eine schöne Zeit, besonders der Magnesiumbrand war beliebt.
Der Wirt reicht mir ein Buch: „Da Noag und i – eheähnliche Jahre mit einem Pestwirt“, Moewig Verlag 2005. Ich nehme das Geschenk in Empfang, halte es für eine Reparation, mit Bezug auf die Ausfälligkeiten bei unserem letzten Gespräch.

R: Bei unserem letzten Treffen war wenig Zusammenhängendes aus Ihnen herauszubringen.

N: Ich war da unter großem terminlichen Druck gestanden.

R: Wiesnvorbereitungen?

N: Nein, Spezln. Man kennt mich und das soll so bleiben. Da wird an langen Tagen schon mal öfter auf´s gegenseitige Wohl getrunken. Das hilft übrigens, meine Oma ist recht alt geworden.

R: Sie arbeiten an Ihrer Unsterblichkeit.

N: Genau!

R: Und Sie haben´s ja auch schon in die Literatur geschafft.

N: Ja, über des Buch derfst gern schreim. Mei Oide hat da über unsere gemeinsame Zeit philosophiert und ich hab sie auf Tantiemen verklagt. Eigentlich geht’s in dem Schinken nämlich nur um mich und ab und zu vielleicht um ihr Sodbrennen oder den Durchfall.

R: Zurück zum Thema. Das Zelt gab es schon immer, haben Sie gesagt. Und dass die Schräglage am Kotzhügel billigend in Kauf genommen worden ist, von Ihrer Seite, wie von der Festleitung bzw. vom Baureferat.

N: Ja, das stimmt. Und dass wir um gute Nachbarschaft mit den Kellerleuten bemüht sind.

R: Sie erinnern sich an das Gesagte?

N: G´hört zum Beruf.

R: Wer sind die Kellerleute?
N: Das darf ich nicht sagen. Soviel vielleicht: die ham da schon gewohnt, lang bevor es ein Oktoberfest überhaupt gegeben hat. Weißt, des mit der Unsterblichkeit? Ich sag´s jetzt mal so: die trinken besonders fleißig auf ihr gegenseitiges Wohl. Fleißig und seit Langem.

R: Unterm Kotzhügel?

N. schweigt, sieht mir mit bäuerlicher Schläue in die Augen, seinen Wissensvorsprung unausgeführt im Raum stehen zu lassen. Ich bewundere diesen Mann, aber für solches Getue hasse ich ihn. Er war nie Bauer, er hat von der Welt nichts gesehen, außer ihren halbleeren Gläsern und da sitzt er hier am Imbisswagen und mimt den Erfahrenen.

R: Und warum nun der Umzug ins Kerngebiet auf der Hauptachse zwischen Hacker und Augustiner?

N: Wir sind katholisch geprägt, wenn wir auch nicht alle gleichermaßen gläubig sind. Es gibt Mysterien, die kann keiner erklären, selbst der Papst nicht. Ein solches Mysterium ist, dass wir mit unser´m Zelt ins Kerngebiet drängen.

R: Aber es muss doch irgendwer gesagt haben „Freunde, heuer gehen wir da und da hin“ oder „Es ist genug, wir Leute vom Noagerlzelt haben die Rutschpartie am Kotzhügel satt, wir sind eine Institution auf der Wiesn und als solche beanspruchen
wir jetzt einen anständigen Platz für unser Festzelt“. Irgendwer muss doch tätig geworden sein.

N: Tätig geworden is der Brennsuppn-Hias, aber ich hab mir gedacht, der wird schon wissen und wenn er´s nicht weiß, dann ist er halt berührt worden vom chaotischen Element oder von Gott oder von sowas.

R: Vielleicht von seiner Orientierungslosigkeit. Und von der Ahnungslosigkeit. Schon jetzt im Vorfeld sind Ihnen und Ihren Leuten ja massive Repressalien angekündigt worden.

N: Das stimmt, besoffen war der Hiasl schon, als er seinen Plan gezeichnet hat. Über mehr reden wir ja hier nicht. Das steckt alles noch in der Planungsphase.

R: Dafür ist aber der Ärger, dem Sie zur Zeit ausgesetzt sind, schon recht real.

N: Den Noag erschüttert nix. Außer vielleicht eine junge Liebe, die nach vielen Jahren einem ein Kind anhängen möchte. Wie er das so etwas versonnen vor sich hin sagt, knibbelt der Wirt den Dreck unter seinen Fingernägeln hervor, beäugt ihn zufrieden und schiebt ihn sich in den Mund.

R: Was fängt der Brennsuppn-Hias mit seinem plötzlichen Ruhm an?

N: Nix. Der schleicht nach wie vor unbemerkt an die Lagerstätten der Vagabunden unter den Isarbrücken und säuft denen ihre Weinpackerl leer.

R: Er trinkt Wein?

Der Brennsuppn-Hias siniert, wo er was zum Trinken kriegt ...

N: Wir sind ja kein Orden, aber wenn wir einer wären, dann würde das Gelübde auf Noagerlsaufen lauten. Da sind wir katholisch. Wir spezifizieren da nicht näher. Lassen Schlupflöcher für Leute wie den Hias.

R: Ihre diesjährige Spezialität wird ihm gewidmet werden, wie ich höre.

N: Die Brennsuppn-Mass.

R: Im Preis vermutlich auf einer Stufe mit der vorjährigen Soachhellen, umsonst. Was habe ich mir darunter vorzustellen?

Da Noag krempelt seine Ärmel hoch, übergibt sich in einen Mülleimer in Eiswaffelform am Tresenende. Darauf nimmt er einen Schluck aus meinem Radler, gurgelt, spült sich den Mund und spuckt das Getränk zurück in mein Glas. „Da“ sagt er. „Normal halt kein Radler, aber in der Not...“
Ich bin tief beeindruckt vom Können dieses Mannes, von der professionellen Contenance, die er selbst in so fordernden Momenten wie gerade eben zu wahren weiß. So will auch ich die Professionalität wahren und weiter meine beabsichtigten Fragen platzieren.

Da Backpfeifn Alois bei der Standentlastung

R: Danke. Bevor wir weiter Hypothesen spinnen, wie Ihre Aufstellung dem diesjährigen Oktoberfest standhalten wird und ob man Sie nun akzeptieren wird, wenn die Wiesn erst mal läuft, möchte ich nochmal in der Zeit zurückgreifen. Sie haben sich als Bewegung bezeichnet.

N: Als den Noag.

R: Aber Ihre Gruppierung, die Leute vom Naogerlzelt, das ist eine Bewegung?

N: Richtig, eine Abwärtsbewegung.

R: Und Sie haben jegliche Bezüge zu irgendwelchen Nazi-Gruppen von sich gewiesen. Wie hat sich denn Ihre Bewegung im Dritten Reich verhalten? Hat man Sie verfolgt?

N: Also meine Großmutter war nebenberuflich ja auch als Spiritistin tätig und hat da ganz gute Kontakte zu den Kellerleuten geknüpft. Angeblich war sie auch mal drunten, aber da gibt’s nichts beweiskräftiges dazu. Nein, insgesamt waren wir mehr so im Untergrund tätig. Die Nazis waren ja auf gesunde und disziplinierte Truppen aus, da waren wir schon ein Dorn im Aug.

R: Aktiv Widerstand hat aber niemand aus Ihren Reihen geleistet.

N: Das nicht, aber man hat uns als moralisch- und wehrzersetzend eingestuft.

R: Wobei ihr Großvater in Stalingrad war.

N: Richtig. Quasi eine Strafexpedition. Da war er wohl versprengt recht bald und dann auch tot.

Angemerkt sei hier, was aktenkundig ist: dass Großvater Noag wegen Trunksucht regelmäßig auf Himmelfahrtkommandos geschickt worden ist, von denen er meist betrunkener als bei Aufbruch zurückkehren sollte. Einmal war er längere Zeit verloren und man glaubte sich bereits seiner befreit, als man von erbeuteten russischen Gefangenen im Verhör erfahren sollte, es gebe einen „singenden Deutschen, der sich untot oder gesegnet vom Glück der Säufer“ in einer ausgebombten Weingeistfabrik halte. Tage später kam der Großvater Noag mit einem wüsten Stechen im rechten oberen Bauch zu seiner alten Kompanie getaumelt, etwas auf bayerisch fluchend, das keiner der anwesenden westfälischen Sanitäter übersetzen konnte. So sollte der Noag Senior in Stalingrad bleiben.

N: Von den anderen haben´s einige direkt vom Dachauer Volksfest ins KZ geschafft. Das weiß man ja, dass die Nazis keine anderen Bewegungen geduldet haben, als die ihrige. Zett Beh der Bröckerlbier-Ägedi hat sich in Dachau wie jedes Jahr durch die Massn der Leut gewildert, da hebt einer am Tisch plötzlich doch seinen Kopf und hat a schwarze SS-Uniform an. Im KZ hams eam dann an Himmlermass-Ägedi genannt.

R: War er dort weiter tätig?

N: Der Ägedi hat´s im Blut ghabt. Logisch hat der weitergoabat. Nur hat´s halt nix gebn und er war mehr so metaphysisch tätig. Aber auch hier wieder: das Spirituelle soll ma nia unterschätzen. Er war der Einzige von unseren Leuten, der Dachau überlebt hat und zwar mit ara Bierwampm vom andern Stern.

R: Wie sah das aus, das metaphysische Trinken?

N: Er hat allabendlich, wenn das Licht aus war, ein paar Gleichgesinnte um seine Pritsche versammelt und dann haben sie ihren Stammtisch abgehalten. Ab und zu sei irgend a Preiß oder dessen Gespenst dazugestoßn, den hams dann verjagt, ham kartlt, auf die Arbeit gschimpft, auf die Preißn eh und halt jede Menge ideelles Bier gsoffn.

R: Keine Naogerl?

N: Nein, wenn nix mehr da is, dann trinken wir voll. Katholisch halt, die letzten werden die Ersten sein und wenn wir erstmal Geistermassn saufn, dann aber nurmehr volle. Jedenfalls der Himmler-Ägedi hat´s gschafft, sich so dermaßen von seinem
Stammtisch im KZ verzaubern zu lassen, dass er aus der Geschichte mit ara Fettleber und gwampat das ois zspät is außagonga is.

R: Konnte das wer bezeugen?

N: Nein, aber der Ägedi war a ehrliche Haut. Zudem gibt’s Aufnahmen von ihm auf der ´46er Ersatzwiesn bzw. in unserm Zelt am Hang. Überlebt hat ers und fett war er auch.

R: Wenn es wahr ist, was Sie sagen, dann wäre Ihr Verein …

N: Truppe! Wir sind Krieger, also eine Truppe.

R: Dann wäre Ihre Truppe der einzige Geheimbund, dessen Verfolgung im Dritten Reich undokumentiert geblieben ist. Inwiefern sehen Sie sich als Kämpfer?

N: Wir kämpfen gegen das Bier an.

R: Aber Sie trinken es doch gerne?

N: Eine Hassliebe, die jeden Krieger ein Stück weit mit seinem Feind verbindet. Das ist Nahkampf, eine sehr intime Erfahrung. Das Würgen um Leben und Tod. Jedenfalls die Nazis, die haben uns nicht erkannt. Ich sags ja, eine Bewegung ohne Kopf, eine kopflose Bewegung.

Der Noag und ich sehen uns in die Augen, er wissend, ich etwas abschätzig. Ich bestelle mir noch ein Bier bei der Frau vom Imbisswagen, reiche dem Noag mein Noagerl, wir trinken. Und wir stehen da, in Ramersdorf am Fußballfeld, wo keiner spielt. Später abends dann Nachricht vom Noag. Er hat also Internet. Er rät mir ab, am ersten Wiesnsonntag aufs Oktoberfest zu gehen, das ist alles.


(eine Gastarbeit vom Murmler Charlie)
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Samstag, 26. August 2017
I had a dream - der Bierpreiß beim Noagerlwirt
Ein weiß-blauer Spätnachmittag und wir sitzen vorne draussen neben am Noagerlzelt, gleich beim Freischank, daß man gleich nachfüllen lassen kann, wenn mal zu schlecht eingeschenkt wäre. Neben mir zieht der Schnoiztaler Toni sein Bries, zu meiner anderen Seite plätschert es ganz bedächtig dem Schmiedl Fritz seinem Hacklstecken hinab, den er eigentlich nur mitführt, um sich den leidigen Weg zu den sehr fernen Toiletten ersparen zu können. Ich, da Schnoiztaler, da Schmiedl und da Adabei nebeneinander auf einer Bank, daß alle das Gleiche sehen und dableckn können. Die Bank gegenüber haben wir allein durch unsere Anwesenheit fest im Griff, der Blick also unverbaubar. Man redet übers Wetter und die Milchpreise. Über den Bierpreis wohlweislich nicht.

das ist natürlich nicht der Bierpreiß, sondern der Adabei ...

Glücklicherweise müssen wir nicht ständig schlecht eingeschenkte Maßen anmahnen, da wir die Bedienung Zenzi, gleich beim Einlaufen uns mit einem saftigen Trinkgeld gefügig machen konnten. Um uns herum lauter selten greißliche Zipfigsichta, die in Anbetracht der guten Stimmung keinen negativen Einfluß auf unser Gemüt haben, wie man eben auch in einer geschmacklos tapezierten Wirtschaft durchaus seine Freud haben kann.

Drinnen plärrt die Blaskapelle und das Zelt ist dichtbevölkert von ortsfremden Gesindel, von dem man beim besten Willen nicht erwarten kann, daß sie den wohltuenden Aspekt eines weiß-blauen Himmelsdaches von der drückenden Stimmung eines Zeltdaches unterscheiden könnte.

Man fühlt sich als Bayer geradezu allein auf dieser flächendeckend von Preißen besiedelten Welt, die einfach nicht verstehen, wann es wirklich gemütlich ist. Wenn alle schon einen sitzen haben, nicht viel geredet wird und vor allem keiner mehr so genau zuhört, was die anderen sagen, springen sie auf die Bänke oder plappern los, als sei diese wunderbar geistige Leere ein Moment kurz vor der Implosion, vor der sie scheinbar fürchterliche Angst haben und die sie mit aggressiven, abgekackten Wortattacken zu füllen versuchen. Man könnte meinen, Kaiser Wilhelm wäre wiederauferstanden und der Weltkrieg kurz vor dem Ausbruch, wenn sie ihre Satzfetzen wie Giftgasgranaten in die gemütliche Runde werfen und damit jegliche Seligkeit abtöteten.

Der Schnoiztaler Toni fühlt sich bei diesem fremdartigem Geschrei an seine schnatternden Enten erinnert, die man aber noch entschuldigen könnte, wo sich doch die mögliche Nähe eines Fuchses vermuten ließe. Und dem Schmiedl Fritz gärt dabei der Darm so stark, daß er am liebsten an seinem Hacklstecken auch noch herunterscheißen würde. Gä, Fritz, sag ich noch, jetz aba. Do scheiß i ma nix, sogt a nua, während es den Brei am Hacklsteckn abwärts wälzt. Nur der Adabei lässt sich in seiner Seelenruhe nicht beirren und lauscht dem poltschen Maikäfer.

Der Preiß aber hat eine Panik vor der Gemütlichkeit und versucht sie schon im Entstehen abzuwürgen. Es ist schwer abzuschätzen, ob es sich dabei um eine endogene Paranoia handelt oder ob es ihn einfach ärgert, wenn sich der Bayer wohl fühlt. Leider hat man mit der Besatzungsmacht schon die leidlichsten Erfahrungen gemacht und weiss, dass man die Feindkultur nie wird integrieren können.

Man hat das Oktoberfest ja schließlich auch für andere Volksgruppen offen gehalten, ob für Amerikaner, solange sie nicht alles besser wissen, oder für Italiener, die oft sogar mehr sprechen als die Preißn. Hauptsache ist allerdings, daß sie nicht Deutsch sprechen, als wäre es ihre Muttersprache und ganz unerträglich wird es, wenn sie so tun, als wären sie hier zuhause. Man will den Gast ja gerne teilhaben lassen an dem, was er angeblich so schätzt an unserer weiß-blauen Heimat. Aber kaum ist er da, der Preiß, schon beginnt er rumzunörgeln an den Öffnungszeiten der Biergärten, an den Stammrauchern in den Boazn und vor allem an der konsumfeindlichen, ansässigen Gemütlichkeit. Die Spezlwirtschaft ist ihm zu spezlwirtschaftlich und die Kuhglocken sind ihm zu laut.

Selten, sehr selten, findet sich auch ein Bierpreiß unter dem ganzen Gschwerl, ein seltener Findling, der wie ein losgelöster Nierenstein, frei von Schmerz und Gram im Biersee schwebt. Riesig und hager, weil garnicht genügend Fleisch an ihm vorhanden ist, um ausreichend an jedem Knochen zu hängen. Er dreht seinen giraffenähnlichen Hals und lächelt herüber in seiner Bierseligkeit wie ein Findling eben, der schon seit der Eiszeit seinen Platz gefunden hat. Wir, durch unsere Stiernacken in der Bewegung eingeschränkt, lächeln zurück, meiden aber jeglichen verbalen Austausch, um die Stimmung nicht zu zerstören.

So ein Bierpreiß existiert nur in seiner Singularität. In Grupppen mutiert der Bierpreiß augenblicklich zum Saupreiß, zu einer Art Steinschlag, der jede Gemütlichkeit zerschmettert. Er, der Bierpreiß, hingegen trinkt teflonartig vom Getümmel isoliert seine Maß Bier, während wir ihm vor lauter Rührung über die Anwesenheit eines so seltenen Tieres sogar andeutungsweise zuprosten. Liberalitas Bavariae, da existiert sie noch, diese alpenländische Toleranz gegenüber dem Fremden. Weil man ja weiß, daß er auch wieder geht wie ein kurzer Schauer im sommerlichen Biergarten. Erfrischend weil kurz und vergänglich. Ganz im Gegensatz zu dieser Gewitterfront an Saupreißn, die zunehmend bleiben. Aber irgendwann sind sie alle hier und der Bierpreis in inflationäre Höhen schießt. Dann packen wir sie ein, die Voralpen, die Seen, Bäche und die taufrischen Wiesn samt Bierzelt und ziehen Richtung Norden.
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Mittwoch, 16. August 2017
Erst der Krieg hat das Bier gebracht - und das Bier den Krieg
Der 30jährige Krieg, so wie eine damals wie heute aus bayrischer Sicht gesunde Klimaerwärmung und das Reinheitsgebot von 1516 konnten den im See der Genüsse schwimmenden Bayern vor rund 500 Jahren an das Bierufer retten. Vorher war es , noch ganz römisch in der Leber, der Baierwein, mit dem der Bayer Freud und Leid teilen musste. So beschreibt Johannes Aventinus in seiner 1556 erschienen Bairischen Chronik das hiesige Dasein: "Tuet sonst, was er will, sitzt Tag und Nacht bei dem Wein, schreit, singt, tanzt, spilt ..."

Ein halbes Jahrtausend erst süffelt der Bayer nun sein Bier mit einem Genuss, den einem nur das Reinheitsgebot verschaffen kann, und hat den Krieg schon lange vergessen. Den Kampftrinkern von der hartenlinie ist aber wohl bewußt, daß das Bier auch seinen Preis hat und einfordert - nicht selten in heftigeren Auseinandersetzungen.

Während der Bierrevolte im März 1844 stand sogar das Militär auf Seite der revoltierenden Bevölkerung, die gegen den um einen Kreuzer erhöhten Bierpreis auf die Straßen strömte und dazu überging die Hauptstadt kurz und klein zu schlagen. Erst als der Preis wieder auf Vorjahresniveau herabgesetzt wurde, konnte sich auch die Münchner Bierseele wieder beruhigen.

Wie Friedrich Engels im Northern Star berichtet: "The Bavarian Beer is the most celebrated of all kinds of this drink brewed in Germany, and, of course, the Bavarians are much addicted to its consumption in rather large quantities. ... The police, being, as everywhere, obnoxious to the people, were severely beaten and ill-treated by the rioters, and every station formerly occupied by police-officers had to be occupied by soldiers, who, being upon good terms with the people, were considered less hostile and showed an evident reluctance to interfere. ... The King restored tranquillity by an ordinance, reducing the price of the quart of beer from ten kreutzers (3¼ d) [2] to nine kreutzers (3d)."

Wikipedia sieht die Bierrevolution sogar als Vorboten der weitreichenden Märzrevolution von 1848, die sich in München ebenfalls an Bierpreiserhöhungen entzündete und wohl mehrfach meist im Mai stattgefunden haben muss, "trotz der wahrhaft großartigen Entwickulung militärischer Kräfte".

Nur der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, daß es auch anderswo das Gemüt verdunkelt, wenn man am Bierhahn falsch herum dreht. So geschehen während der Lager Beer Riots 1855 in Chicago, als der Babtist Levi Boone den deutschen und irischen Arbeitern an ihrem einzig freiem Tag, dem Sonntag, das Bier abgedreht hat.
Oder denken Sie an die Salvator-Schlacht von 1888, wo eventuell auch ein erhöhter Bierpreis seinen Teil dazu beitrug.

Da in Bayern der Bierpreis als untrügliches politisches Barometer dient, hätte man zunehmend ab 1900 erahnen können, daß schlimme Zeiten bevorstehen. Spätestens 1910, als durch das Malzaufschlagsgesetzt der Dorfner Bierkrieg vom Zaun brach, muß dem ein oder anderem Stammtisch ein ganz dunkles Licht aufgegangen sein.

Der Krieg hat also das Bier gebracht und nur er kann es wieder nehmen, wie man das an der Russn-Maß festmachen kann. Denn diese entstand im Revolutionsjahr 1918, als das Land vom Krieg ausgezeert war, die Rohstoffe knapp und die Kommunisten im Mathäser-Keller von frühfaschistischen Schlägertrupps belagert feststellen mußten, daß das Weißbier von der Tränke zur Neige geht. So mußten sie wider Willen, wie ich vermute, den guten Gerstensaft mit Limonade mischen, um dies Unheil einigermaßen heil zu überstehen. Seither bestellt man einen Russn, wenn man das Obergährige mit Limonade gemischt haben will.

Weil diese Biermischerei den Roten bei der Machtübernahme offensichtlich sehr geschadet hat, kam schließlich die braune Rotte ans Ruder auf dem Biersee. Einem Biersee, in den Jahren 1918 bis 1945 so bewegt, daß man heute noch von der Hauptstadt der Bewegung spricht.

Wie sonst hätte es ein vegetarischer Antialkoholiker wie Herr Adolf Schicklgruber geschafft in München und später auch im tausendjährigem Reich an die Macht zu kommen.

Von einem Siegeszug des Russen, von Lenin mal abgesehen, kann man bis 1945 also wahrhaft nicht sprechen. Selbst danach hat er es nie bis nach München geschafft. Ich befürchte fast, dem Russen hätte man schon eine Wasserstraße aus Vodka von Moskau nach München errichten müssen, daß er es mal so weit bringt.

Der Krieg hat es gegeben, das Bier, und dann hätte er es nach dem 1.Weltkrieg am liebsten auch wieder genommen. Daß das Bier das Dritte Reich und den antialkoholischen Schicklgruber überleben konnte, grenzt an ein Bierwunder.

Von der Rohstoffknappheit und der Inflation bereits schwer getroffen, wurde das Bier noch dringend gebraucht, um das Volk willfährig zu halten und die durch die Stadt galoppierenden braunen Horden massiv besoffen, um alles kurz und klein zu schlagen, was nicht bierselig genug sich dem Untergang der Gemütlichkeit ergab.

Doch schon 1922 kostete die Maß auf der Wiesn 50 Mark und das Hendl 500 Mark, weßhalb bis 1932 nur noch der Augustingerbräu, Wagnerbräu und der Schottenhammel die Pforten zum Himmel der Bayern eröffnen konnte. Wen wundert es, daß ausgerechnet 1932 auch die erste Geisterbahn auf dem Oktoberfest, den noch eskalierenden Schrecken und Horror mehr als andeutete.

Kein Wunder auch, daß dem Oktoberfest ein Besuch Hitlers, Vegetarier und Nichttrinker der er war, immer erspart geblieben ist, wo er vor lauter Bier, Hendl und Fischsemmel verdurstet und verhungert wäre. So läßt sich der Sieg der Braunen in München nur mit der Hirnverbranntheit der aus dem Umland anrückenden Freikorps erklären, wo doch ein Herr Hitler auch nie seinen Deckel im Schelling-Saloon beglichen hat, auf dem vermutlich so manches Limo, Tee und vielleicht Kartoffelsuppe vermerkt waren, und deßhalb wenigstens hier mit einem Hausverbot vertrieben werden konnte, während Lenin in der selbigen Lokalität immer brav seine Rechnung bezahlt hat.

Da das Bierpreisbarometer ja nicht auf Bayern beschränkt ist, wie die ehrenwerten Besucher der Schalke-Arena mit ihren Spruchbändern "Bierpreise wie im Puff - wo bleiben die Nutten!!!" gezeigt haben, und davon auszugehen ist, daß die Weltkriege nicht der letzte bewaffnete Konflikt in Europa gewesen sind, kann einem auch die diesjährige Eskalation um den Bierpreis zwischen dem reformorientiertem Stadtrat und den Wiesnwirten teuflische Sorgen machen. Ich denke, nur Freibier kann uns aus dieser verflixten globalen Situation noch retten.
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Freitag, 23. Juni 2017
Kim bestreitet Warmbierfolter
so titelt web.de die neuesten Nachrichten von unserem Brudervolk im Norden Südkoreas.

Man kennt das ja aus dem ostasiatischem Raum. Auf Markenrechte wird nicht viel Wert gelegt, sondern geklaut, was das Zeug hält. Bekanntlich ist es ja zumeist der Bruder oder die Schwester, der man als allererstes was wegnimmt.
So zwackt nun Nordkorea bei den Ideen der hartenlinie ab, als säßen wir im gleichen Sandkasten. Obwohl die Umstände zwar ein wenig anders liegen, läßt sich doch erkennen, daß Nordkorea bei der hartenlinie aufmerksam mitliest.

Wir hatten ja die revolutionäre Idee des "Bierboardings" an den Start gebracht, um die Terrorbekämpfung im Nahen Osten in ein finales Stadium überzuleiten. Jetzt hat Nordkorea sich den Kunstgriff erlaubt, das Warmbier (das in unseren Regionen selbst schon als Biokampfstoff angesehen wird) durch eine biokampfstoffinduzierte Lebensmittelvergiftung auszuschalten.

Biokampfstoff gegen Warmbier. Jeder Bayer muss glauben, daß ihm die neuerdings klimaerwärmte Sonne das Resthirn aus dem Schädel gebrannt hat. Wo doch so viel erfunden wird, hat es Jahrtausende gedauert, bis man dem Warmbier den Kampf ansagt. Tragisch, daß es einem jungem Menschen das Leben kostet, der doch nur ein Agitprop-Poster geklaut haben soll, also eigentlich großes Interesse gezeigt hat an der Politik unseres Brudervolkes. Fraglich auch, ob damit andere Leben gerettet werden können, denn mir ist noch kein Todesfall wegen warmen Bier untergekommen. Sauer bin ich trotzdem.
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Donnerstag, 15. Juni 2017
DIE DRY - die Windel des Propheten - Teil 1
Unter dem Banner der Windel des Propheten radikalisieren sich heutzutage schon Kinder und werden so zu möglichen Gefährdern. So scheint das zumindest die Bundesregierung, insbesondere das Innenministerium zu sehen, das nun auch die geheimen Messager-Botschaften von Kindern und Jugendlichen abhören möchte.

Früher hätte es so etwas nicht gegeben. Von der Stinkbombe zur Sprengstoffwindel, eine Entwicklung, die man trotz der vielen Toten in den deutschen Tagesmedien und gewaltverherrlichenden Videospielen so nicht erwarten würde, führt auch bei den massiven Aufrüstern zu massiver Entrüstung! Auch mit entsprechender demokratischer Frühförderung kann man dieser Frühgefährdung nur schwerlich entgegenwirken.

Wir müssen wieder mehr auf das hören, was unsere Kinder denken, sagen und schreiben. Und besser als in ihren Schulheften kann man das in ihren Whatsapp-Botschaften und Tagebüchern nachlesen. Mehr Transparenz im Kinderzimmer ist auf jeden Fall ein erster Schritt zu einer friedlicheren Welt.

Man muss die Wurzel da heilen, wo sie fault, und das Übel an seiner Wurzel. Und wenn die Gefährdung der demokratischen Grundordnung am Arsch ist, dann muss man da die Windeln wechseln. Das leuchtet mir schon ein.

Nun könnte man natürlich darauf verweisen, daß es schon nicht viel gebracht hat, die Hälfte der Mitglieder der NPD aus dem Verfassungsschutz zu rekrutieren und es auch bei der Überwachung der NSU nicht viel geholfen hat, einen Großteil der Bewaffnung durch V-Männer durchzuführen. Aber wie man so sagt: never give up dreaming. Und selbst da denkt man doch gleich an Traumpolizei.
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Sonntag, 28. Mai 2017
Neueste Totschlagzeilen
Das ist ja unglaublich. Wenn ich das richtig gehört habe. Der deutsche Kirchentag stellt Hernn Obama an den Pranger für das Brechen des Gebotes am Sonntag zu ruhen (An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat) und wegen all der Auftragsmorde als Oberbefehlshaber der Streitkräfte, die schlimmer als die Hunnen über den Planeten herfallen. Scheiterhaufen wäre auch echt unangebracht gewesen, denn es geht ja um Sühne, nicht um Rache.
Das ist echt mal mutig und eigentlich ganz im Sinne des 'rechten Glaubens'. Andererseits ist jemandem, der ein Buch, das 2000 Jahre alt ist, als unumstößlich und ewig wahr erklärt, dem ist nicht wirklich zu trauen.

Im Truderinger Bierzelt wird Angela Merkel und Horst Seehofer erst von den Wirten, später von einer aufgebrachten Menge bedrängt, ihre Rechnung zu bezahlen, die sie hier versoffen und verfressen haben. Da sie schon seit Jahren kein Bargeld mehr (benötigt) haben, muss der Staatsschutz die Bierdeckelrechnung von 54,72 € erstmal auslegen, um einen geordneten Rückzug zu gewährleisten.
In ihrer Abwesenheit wurden bei Merkel und Seehofer Flüchtlinge in ihren Privatvillen einquartiert. Bei Frau Merkel allerdings keine Kinder, da sie im Umgang mit solchen keine Erfahrung hat. Ganz im Sinne von Wir schaffen das, wobei sie vermutlich auch sich selbst gemeint hat.
Manchmal muss man dem Guten im Menschen eben einen Ruck geben. Dann klappts schon.

Und beim Klimagipfel in Paris hat man nach langen Diskussionen über CO2-Zertifikate auch gemerkt, daß man neben den Treibhausgasen auch ne ganze Menge anderen Müll produziert, wie Atomendlager, Plastik und Cheeseburger. Alle Teilnehmer haben angedacht das nächste mal mit dem Zug zu kommen, statt mit Privatjets. Es soll Tee aus Tassen geben und das Protokoll wird im Netz als mp3-Datei, statt als massive .wav-Datei herunterzuladen sein.

Im Bundestag hat sich gerüchteweise der Gedanke breitgemacht, daß er eigentlich die Bürger repräsentiert und nicht das Großkapital und die transnationalen Unternehmen. Demnächst möchte man sogar bei der UNO mal ne Minute drüber reden, daß man auch ohne massive Rüstungsexporte in Spannungsgebiete und ohne präventive Erstschläge nicht gleich den Hungertod sterben wird, wenngleich gewisse Firmensegmente wie Rüstung und Wiederaufbau erstmal Einbußen hinnehmen werden müssen.

Ich kanns noch garnicht glauben, daß das obere % gemerkt haben soll, daß es ohne die unteren Prozente, dann eben selbst das unterste % ist. Kann doch garnicht sein, daß wir endlich ein Mittel gegen die Gier erfunden hätten. Und wenn doch ... Da Weydundagang is dicht & ergreifend
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Mittwoch, 24. Mai 2017
Manchester United - mal anders

Ceterum censeo Carthaginem defendam esse


Hitler soll ja den Krieg an allen Fronten gebraucht haben, um an der Heimatfront den Frieden zu wahren. Klar, als dann alles vorne den Bach runterging, hieß es, man sei ihm in den Rücken gefallen. Der demokratische Westen gibt sich da alle Mühe, das zu wiederholen, um damit auch gleich seine eigenen demokratischen Grundwerte zu unterminieren.
So soll nicht lange her ein deutscher Minister gesagt haben, Deutschland werde am Hindukush verteidigt. Ich bin mir nicht sicher, ob der Satz nicht schon nach hinten losgegangen ist - 'backfired' wie man heute so sagt.
Der Versuch, den restlichen Planeten in eine bessere, demokratische Ära zu bomben, wird vermutlich im Totalitarismus enden.

Darf man nach den Motiven fragen, die die Attentäter von Paris, London und Manchester zu solchen Taten bewegen? Vermutlich darf man das rechtlich nicht. Trotzdem könnte man insgeheim mal drüber nachdenken., was passiert, wenn man aus atombombensicheren Lagezentren heraus die 16jährigen Söhne von Terroristen mit gezielten Drohnenangriffen tötet und Bomben zur Hochzeit schickt. Die schädlichen Nachwirkungen des Kollateralen sind nun mal durch jahrelange Kriege verrohte Menschen, die sich irgendwann auch wehren.
Wer von beiden nun der 'feigere' ist, ist fraglos.

Die Auswirkungen der NATO-Aussenpolitik lassen sich inzwischen ja gut rekapitulieren aus Beispielen wie Afghanistan, Irak, Libyen, Yemen, Sudan, Ägypten, Mali oder Syrien.

Wenn wir die imperiale Tötungsmaschine des 'Westens' nicht GEMEINSAM mit allen Betroffenen bald stoppen, wird selbst jeder Waldspaziergang in Uelzen oder Oppenheim demnächst zur Risikosportart. Leider würden wir dann bei der Rüstungsexportweltmeisterschaft vom Treppchen steigen müssen, könnten aber wieder in aller Seelenruhe Trambahn fahren oder auf Popkonzerte gehen. Das könnte man doch mal abwägen.
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Dienstag, 23. Mai 2017
1860 wie es leibt und lebt - das beste Spiel der Saison
Ich dachte schon, das klappt nie. Das muss man erst mal schaffen, eine ganze Saison so gezielt zu spielen, daß man letztendlich auf dem Relegationsplatz landet. Um ein Haar wäre es ja schiefgegangen

und die Münchner Löwen hätten sich mit einem 14.Platz zufriedengeben müssen. Ein fader, belangloser 14.Platz ohne die nervenaufreibende Spannung eines Relegationsplatzes, der auch noch zwei Extra-Spiele bereitet. Ich kann schon verstehen, daß andere ihre schlecht inszenierten Vereine nicht so oft spielen sehen wollen.

Gut, die erste Halbzeit, war eher ein zaghaftes Abtasten, ein Petting wie bei sehr, sehr Minderjährigen. Wer ein wenig Ahnung von der griechischen Antike hat, weiß wie man ein Drama aufbaut. Dann der große Showdown, der Paukenschlag aus Haydens 94.Symphonie in G-Dur. Zumindest von Seiten der besten Fans des deutschen Fußballs. Feuer und Flamme für den Verein.

Die Pyro-Einlage aus dem heimlichen Raumfahrtprogramm der 60er, leider in Rot. Pyrotechnik aus der Zeit als Fußball noch ein Fansport war. Und aus dem Rauchtunnel entsteigend ein Peireira, ein Trainer auf Botox wie man sich ihn bei 60 nur wünschen kann. Der wird uns bleiben, sonst müssten wir als nächstes einen im Rolli ranschaffen, der uns nicht davonlaufen kann.
Man muss sich heutzutage in Deutschland inzwischen von Jordaniern sponsoren lassen, daß man so Großes noch zustande bringt.

Und dann die völlig falsch verstandene Zeitlupe von Mölders. Ans andere Ende des Platzes zu joggen, Sekunden vor der Auswechslung, dann die Schienbeinschoner versehentlich auf dem Platz verlieren und schließlich doch noch eine gelbe Karte kassieren für angebliche Spielverzögerung. Dabei ging es doch eigentlich darum, zu beweisen, daß das Spiel eben nicht 90 Minuten dauert, und letztendlich dem Gegner doch noch die Chance zu bieten, einen vom 14. auf den Relegationsplatz zu schießen.
Das also ist der Dank, daß man einem Verein, der nur 14.000 Besucher ins Stadion lockt, den einzigen Rückrundensieg schenkt. Wer nicht kapiert, das man dieses letzte Ligaspiel der Löwen an Perfektion nicht mehr überbieten kann, hat von Fußball wirklich keine Ahnung.

Ich jedenfalls, wünsche mir seit Sonntag ein kleines Extra für meine Wiedergeburt ins Blaue. Ich will auf meinem Grab noch ein Ewiges Pyro in Blau für das mir meine Freunde zum Abschied eine Gasleitung aus Sibirien quer durch den Friedhof bis an mein Grab legen. Einmal Löwe, immer Löwe, über den Tod hinaus.
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Freitag, 5. Mai 2017
C-Stoff und T-Stoff - die Nazis und die Wiesn
[hier kommt zur Wiesn dann der Text, der noch im Untergrund weilt]

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Donnerstag, 30. März 2017
Totschlagzeilen des Tages
Man traut nicht nur kaum seinen Ohren, wenn man die dazwischenliegende Gehirnmasse mitverwendet, sondern glaubt mit der Zeit, dass der Äther eine 24stündige Lachnummer sein müsste.

Nicht dass ich mich einreihen möchte in die verfemten Hassreden, die zukünftig ja verboten werden sollen. (Da werd ich den Blog wohl nachträglich grösstenteils löschen müssen) So will ich auch nicht, wie mein Parteivorsitzender Sonneborn, vom Irren vom Bosporus sprechen, sondern einfach von Hr.Erdogan über den sich heute das deutsche Parlament so vehement aufregt, dass dessen Geheimdienst eine deutsche Parlamentarierin überwachen lässt.
Das scheint mehr Unmut zu machen als seine Drohung, es "werden morgen keine europäischen und westlichen Menschen mehr in den Straßen auf der ganzen Welt in Frieden und Sicherheit gehen können", wenn man sein Land weiter herumschubst.
Aber so laufen eben Totschlagzeilen. Dass die NSA das Telefon der Bundeskanzlerin abhört, schien ja scheinbar nicht der Rede wert. Vermutlich weil sie das in Monatsberichten eh nach Washington meldet.

Dinge sind eben relativ. So werden behaarte Schwänze, und dabei gehts nun nicht mehr um Hr.Erdogan, mit einer Gewaltbereitschaft geschützt, dass einem Angst und Bange wird und in Teilbereichen wie der Entledigung ihrer Körperflüssigkeiten gar über den Menschen gestellt. Denn wo Katzen und Hunde urinieren, kann mich leicht ein Bussgeld von 60 Euro ereilen. Aber Rattengift, Schneckenkorn und Motten(lebend)fallen werden heute mit der gleichen Gleichgültigkeit vertrieben wie ehemals das Zyklon B von der DeGeSch, der Deutschen Gesellschaft für Schädlingbekämpfung.

In den Nachkriegsjahren, den Jahren der vorgeblichen Entnazifizierung hat sich kaum einer darüber mokiert, dass die Firma Topf & Söhne, der Hersteller der Krematorien der Konzentrationslager, nach dem Krieg damit warb, dass sie ihre Produkte durch langjährige Erfahrung erheblich verbessern konnten. Warum auch, wo doch der Schaffer der Auslegungen zu den Rassegesetzen, Herr Globke, als rechte Hand Adenauers agieren durfte.

Dem amerikanischen Vorläufer der CIA, der OSS, schien ein Nürnberg-Prozess auszureichen, um die Entnazifizierung abzuschliessen. Und so war es nur schlüssig, dass sie die von ihr praktisch mitbegründete Organisation Gehlen (vor 45 Aufklärung Ost - heute BND) darum bat, den Aufbau von Geheimdienststrukturen in Ägypten zu übernehmen. Und wer, ausser den Israelis, war es schon wirklich peinlich, ehemalige Organisatoren des Holocaust bis hin zu Adolf Eichmann gleich nach dem 2.Weltkrieg an der Grenze zu Israel wieder zum Einsatz zu bringen.
Wer das nicht für möglich hält, dem lege ich Spitfire-List von Dave Emory wärmstens an Herzen.

Was uns von unserer "freien" Presse und Politik so aufgetischt wird lässt sich wohl mit keinem Wort besser beschreiben, als mit dem Wort "Blabla", dessen Erfinder, Louis-Ferdinand Celine, wir aus politisch-korrekten Gründen nicht lesen sollen, da er mit den Nazischergen kollaboriert hätte. Wenngleich mir kein besseres Buch gegen den Krieg als "Die Reise ans Ende der Nacht" jemals untergekommen ist. Wer sind die Bösen, wer die Guten? Totschlagzeilen eben.

Frau Hannah Arendt wird sich schon was dabei gedacht haben, wenn sie von der Banalität des Bösen spricht.
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Montag, 20. März 2017
Nachrichten ...
Das klingt wie Nachbessern. Nachrichten, was vorher nicht ganz gelungen ist. Bei Nachbessern, war es vorher schon besser und wird nun noch besserer oder vielleicht sogar bestens.

Nun, von was sprechen sie heute. Von Jugendarbeitslosigkeit. Viele unserer Jungmäuler sind herangewachsen und müssen sich ihr Brot nun selbst verdienen. Aber sie seien von Arbeitslosigkeit bedroht. Es hat ein wenig gedauert, bis ich das begreifen konnte, denn ich komme aus dem oberen Prozent. Bei uns spricht man eher davon, dass man von Arbeit bedroht ist. Arbeitslos und mehr als genug zum Leben ist doch eigentlich der optimale Zustand. Man hat hald Hobbys, aber Arbeit ... eine grauenerregende Vorstellung.
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Sonntag, 19. März 2017
Aus dem Stand heraus
... solange man eben noch stehen kann. Besser also vor dem Kneipenbesuch mal was schreiben als es aus dem Bauch herauskotzen, nachdem man davon zurückkommt. Vielleicht könnte das gar zur neuen Kolumne heranreifen: Liveberichterstattung von den Morgennachrichten für alle, die keinen Radio mehr besitzen.


Cyberattacken auf die Wahlen: aha. Wie soll das denn funktionieren? Die Kreuze kommen da doch drauf, indem man mit etwas billigen Stiften was draufkritzelt. Sie kommen, so hoffe ich, nicht aus der Druckerablage. Ich kann mir beim besten Willen keine virtuelle Attacke auf physikalische Wahlzettel vorstellen wie auch ein Cyberangriff auf meine Stammkneipe kaum vorstellbar ist. Ein Beschuß durch Bierdeckelhologramme oder Informationsverlust im Schnapsglas durch Datenabsaugung?

Beim Abgassakandal verhält es sich schon wieder ganz anders. Den kenne ich vom abendlichen Wirtshausbesuch nur zu gut. Das kann man nachvollziehen. Vermutlich der einzige Punkt, wo sich die Stimmen aus dem Radio mit meiner Lebenswelt überlagern.

Beim Thema Politik allerdings konnten wir trotz jahrelanger Recherchen keine Legitimationsgründe finden. Für was brauchen wir Politiker, die wir wählen und dann auch noch deren Gehälter aus dem Steueraufkommen bestreiten, während sie sich vorwiegend um die Sorgen und Nöte der Wirtschaftsriesen kümmern?
Uns ist da kein Grund eingefallen, warum wir nicht gleich die Vorsitzenden der Großbetriebe wählen sollten. Direct Democracy. Und wenn inzwischen transnationale Firmen kapital- und somit entscheidungsstärker sind als die meisten Staaten, wäre es nur folgerichtig, sich einer solchen anzuschließen und das Staatsbürgertum ein für allemal abzuschaffen. Citizen of Google oder ein Paß von Microsoft, das wärs.

Nein, was ich da im Äther so höre, klingt wie aus einer anderen Zeit. Ich brauch keine Nachrichten von gestern. Ich will wissen, was morgen passiert. Keine Nachrichten, sondern Vorrichten.
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Sonntag, 5. März 2017
Hassreden mit oder ohne Frieden
... des is mir jetzt wurscht, ob mit Haut oder ohne, ob weiß oder blutrot.

Eigentlich wollt ich ja garnichts mehr sagen, aber jetzt langt es mir so der Maßen, daß mir letztere auch nicht mehr helfen. Des ist des Allervorletzte, des sag ich Ihnen. Ausgeschämt ist dafür garkein Ausdruck mehr. Und weil es für meine Eindrücke garkeine Ausdrücke mehr gibt, sag ichs jetzad mal ganz deutlich. Saubande, hundsverreckte.

Bei uns redet ma eigentlich eh nix, weil ma dauernd arbeiten muss, um sich die danach anfallenden Steuern überhaupt noch leisten zu können. Und wenn ma jetzt noch Vorsteuern zahlen, brauch ma mit dem Arbeiten auch garnicht mehr anfangen, geschweige denn mit dem Reden. Hundsbuam, ihr greisslichen.

Herrgott sakra, des is doch ned zum Glauben. Des is zum Abfallen von jeglichem Glauben. So wie des ausschaut, war doch dieser erste Apfel da oben schon wurmstichig und ist deswegen vom Baum runtergfallen. Und ned von dieser Eva, die doch noch nie jemand wirklich kennt hat, runtergeklaubt. Ah gä, so ein Schmarrn, diese Gschicht, ein biblischer Apfelschmarrn. Egal.

Is eh scho so lang her. Und trotzdem halten sie sich immer noch fest dran, an diesem wurmstichigem Apfel. Da geht mia doch der Kropf über als wärs der Schaum vom Schnitt. An diesem ersten, angeblich gepflücktem Apfel, der schon so alt ist, dass dafeid eigentlich sein Geburtszustand war.

Oiso ich glaub, da war der Wurm schon drin ehe er geboren wurde, dieser Apfel. Wahrscheinlich wars eh eine Birne und es hat nur keiner mehr so genau hingschaut vor lauter Zeder und Mordio.

Mit dem Glauben hats angfangen, als es mit dem Wissen vorbei war.

Im Traum wärs mir nicht eingefallen, denen aber schon, diesen Wolkenschubsern, dass es eine Sünd wär, wenn man einen Apfel isst, wo doch heut jeder Zahnarzt mich auf Knien anfleht, dass ich welche essen würd, gottverrecktes, scheinheiliges Parasitengschwerl. Des einzige was davon übrig, ist der Wurm und der seids ihr, Mistkrippin. Dazu fällt einem doch wirklich nix mehr ein ...
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Samstag, 21. Januar 2017
La Ultima Battaglia del Futurismo

aus der der Reihe 'Hassreden für den Frieden' - Teil 2
(siehe auch Teil 1)


Man muss ihn wirklich nochmal ausgraben, den Signore Marinetti (wie bereits einmal durch Mussolini) und sein futuristisches Manifest, und mit Splitterbomben und Tretminen traktieren, um vielleicht doch noch ein wenig Leben in ihm zu entdecken - so geschehen im Propagandablatt 'Spiegel'. Vermutlich erübrigen sich selbst diese Produktionmittel des Kieges, wenn man sein faules Fleisch samt Manifest rüberschleppt nach Palmyra, wo derzeit die ISIS ganz in seinem Sinne mit der Antike bricht - "ein aufheulendes Auto, das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von Samothrake" (Marinetti). Eine zeitgemäße Wiederermordung des futuristischen Gedankens durch sich selbst sozusagen, mit einer wunderschönen Brandrede von Pfarrer Gauck "... dass eine funktionierende Demokratie auch Einsatz erfordert, Aufmerksamkeit, Mut, und manchmal auch das Äußerste, was ein Mensch geben kann: das Leben, das eigene Leben. ... Hier, in der Bundeswehr, treffe ich auf Menschen mit der Bereitschaft, sich für etwas einzusetzen – gewissermaßen auf Mut-Bürger in Uniform", und Werbeeinblendungen der Bundeswehr auf Leyen-TV, weil wir in Deutschland eben manches öfter durchleben müssen, um es zu verstehen.

Da sich so ein Transport von Giftspritzen in die Levante erst rechnet, wenn man noch mehr in die Koffer stopft, wollen WIR (Pluralis Modestiae) gleich noch die Sehr Geehrten Redner und Rednerinnen des Tages der Avantgarde 'Viva il Futurismo' mit reinpacken, von denen man, beim Blick in den Schritt ihrer patriachalischen Anzugshosen, getrost davon ausgehen kann, dass sie keine Gefährder im Sinne neuer Weltkriegsbeschwörungen sind. Zipelmützenpack, das sich zwischen Straßenbahnen (Frontseite) und Deleuze/Bergson wohlredet (S.25). Solche Gedanken und Texte bekommt man also heute im Ein-Euro-Shop noch gratis mit in die Tüte geschmissen.
Genug Blabla also, dass selbst ein in Schützengräben gereifter Louis-Ferdinand Céline an seinem eigenem Erbrochenem erstickt wäre.

Was wäre naheliegender als auch noch das Museo di arte moderna e contemporanea di Trento e Rovereto, wo sich die Kakophonie der Kulturerhalter und das sinnentleerte an die Wand hängen futuristischer Werke ein Stelldichein geben, mit nach Palmyra rüberzusprengen. Marinettis Geist wäre die Speerspitze unseres Projektes ("Wir wollen die Museen, die Bibliotheken und die Akademien jeder Art zerstören").

Entschuldigen Sie meine harschen Worte, die mich selbst irritieren, wie auch jene Plakate einer Antifa, die mit einer das Hakenkreuz zerschmetternden Faust für den Frieden kämpfen will. Wie man sagt: Fighting for freedom is like fucking for virginity. Einen Marinetti aber, so er noch lebte, müsste man duplizieren, um ihn gleich dreimal an Wand zu stellen, diesen Labersocken, dessen Abbild des 'metallisierten Mannes' scheinbar aus zu viel Schwermetall unter der Hirnrinde besteht, der sich für die Verachtung des Weibes ausspricht, um dann seine grosse Liebe Benedetta Cappa zu heiraten. Für Irrläufer, Querschläger und A-Waffen wie Arschloch Marinetti und seine weitläufigere Umgebung brauchen wir B-Waffen, wie die Bescheidenheit oder die Besonnenheit, um das Wesen Mensch und seine weitläufigere Umgebung vor sich selbst zu schützen.
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