Freitag, 30. August 2013
Typographische Alpenüberquerung
Sie fehlen, die stubendhonauzweigwerkstätten, man kann doch die Renaissance und das gute literarische Gewissen nicht so zugrunde gehen, grundlos zergehen und verschwindibus lassen.

Das mag das Ende vom Anfang sein. Beide Polarsterne verloschen am Firmament nur noch ein flächiges Nichts.Stubenlatte und Transzweig, zwei tote Links, jetzt fehlt nur noch Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes, dann passt auch das schlechte Wetter gut ins Bild.

Wenn man doch die Worte farbig anmalen würde. Vom dicken B ein Stück abmeiseln. Das Wort erstmal ne Woche in den Regen stellen, dass es diesen Grauschliff bekommt. Die Worte nachhaltig bearbeiten. Ihnen den Schliff geben, aufpolieren, raffinieren. Verpacken und verschicken. Wenn man sie wenigstens singen würde.

Aber nein, nach einem strengen Reglement wird die Grammatik vollzogen. Die Typographie auf ihr Minimum reduziert. Selbst der schmückende Anfangsbuchstabe, die Initiale, hat ihren Geist aufgegeben. Sans-Serif und Monospace, Arial und New Times Roman, die Webtypographie erfordert Standards und die bedeuten Einschränkung.

das wars dann bis auf ein paar tote Links und jugendliche Ausrutscher. Einzig bei den Schmierereien und Graffitis wird noch fleissig aufgepumt und geformt. Eines jener typographischen Highlights waren die eingritzen "Ritzer"-Tags an den Fenstern der Münchner U-Bahnen, sich beziehend auf den Leiter der Sonderkommission Graffiti, Herrn Ritzer. Und weil die Fenster auch noch mehr oder weniger durchsichtbar sind, war das eine der schönsten Reflexionen der letzten Jahrzehnte. So hässlich wie das Staatsmonopol der grauen Mauern. Nur kommerzielle Werbung darf drauf, keine selbstlose Kunst.

Das wars dann erstmal mit den Tagen als uns die Dhonauwerkstätten mit CSS-Kathedralen den Tag bebilderten. Als wir Form und Struktur schöpfen konnten, aus einem echten Stubenzweig und einer translatte aus der Serie blogger.de. Formschönheit und dazu ein fein aufgetragener Tiefsinn. Texte, in denen der Raum der Worte, ihr Möglichkeitsraum ausgeleuchtet wird, in denen mit Verlagerung der Gewichtung das Wort erkundet.

"Auch die Worte haben ihr Gewicht und dienen einer abstrakten Konstruktion (...) Dada versucht, die Bedeutung der Worte zu ergründen, ehe es sich ihrer bedient, nicht unter dem Gesichtspunt der Grammatik, sondern unter dem der Darstellung". Tristan Tzara 1922

Da möchte man meinen, dass dadurch wenigstens mehr Gewicht auf dem Inhalt liegt, doch weit gefehlt. Vor nicht mehr als 25 Jahren war das Schreiben noch nicht so inflationär wie im Zeitalter des Internets. Da geht das haptische Element, wie Vorlesen, ein wenig vor die Hunde. Selbst die deutsche Sprache frißt inzwischen Tabletten, so durchgewaschen wie die Bevölkerung eben.
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