Sonntag, 11. Dezember 2011
Ist es schon so spät?
2012, 2012? in Mittelamerika. Hm, bei uns war es kürzlich schon fünf vor zwölf. Eigentlich ist es fünf vor zwölf seit ich atmen kann. Was ist das nur für ein Volk, das sich eine Sanduhr der eigenen Lebenszeit vorsetzt? Fünf vor zwölf, gleich sind wir tot. Was für ein beschissener Start. Wer baut denn da noch Eigenheime oder gründet Familien.

In anderen Sprachen kann ich diesen Ausdruck nicht finden. Auch kurz vor knapp ist diesen mediterranen Geistern nicht bekannt. Das scheint nur bei den Mayas, den Deutschen und in Hollywood Erfolg zu haben ... das Leben am Abgrund, die Versklavung durch die Zeit. With one foot in the grave and the death ahead.

Vernagelt und verbrettert ist eigentlich nur der Sekundäreffekt neben der wesentlichen Auswirkung, dem rostigen Nagel im Hirn. Meine dreifaltig gesegnete Oma hätts gewußt, das Hirn braucht Eisen. Kopfschuß hat sie damit wohl weniger weniger gemeint. Es ging ums Essen. Vermutlich wollte sie mich hintergründig vor der Selbsttötung durch Fertigpizza warnen.

Im Sinne der selbsterfüllenden Prophezeihung hoffe ich, daß meine Stimme Gewicht findet und die Klimaerwärmung neben wärmeren Stränden auch neue Weinanbaugebiete schaffen wird, die uns vergessen lassen. Vergessen lassen, was wir sagen wollten und schwere Weine, die uns die Nagelbretter auswaschen und Wunden verschließen.
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Der Überwacher des Übermenschen
Da möchte man meinen, jetzt räumt er aber auf, der Staat. Überwachung total ... und dann. Werden wir dann alle festgenommen wegen unseren Übertretungen? Rote Ampel, Falschabbiegen, Walkman am Telefon, Handy im Auto, Füße am Lenkrad. Die Überwachung ist so weit, daß die Krankenkasse deine Ohrmuschel auskundschaftet, während andere mithören. Für uns webcam-überwachte Schreiberlinge wäre es interessant zu wissen, mit welchen Gesichtszügen wir welche Texte schreiben. Man wartet bei manchem Text, daß es eigentlich gleich klingeln müsste, die Ohren weit gespitzt in der Kopfhörermuschel, um sagen zu können, man hätte nichts gehört. Das ist der Konzentration auf den Text nicht bekömmlich.

Im Staate Orwell ist Selbstbeherrschung durch Selbstüberwachung eine präemptive Art, sich notfalls auch effektiv tarnen zu können. Sprich, Drunking Master Style vs Bewegungsscan, oder Briefe schreiben vs Trojaner/elektronischer Überwachung.

Ich muss sagen, daß mir im Alter so viele Haare wachsen, daß so mancher Scanner seine Probleme bekommen wird. Bei mir hat es mit meinem Metzgerdaumen auch in Indien beim asiatischem Fingerprint-Scanner nie geklappt. Faltencreme und Magersucht, Grauer Star und Raucherbeine, das hat so seine Tücken für die Technik. Mein Fleisch besteht so massiv aus deutscher Kalbsleber, daß man mich als Tier orten wird. Bullemische Alzheimer, fressen und das Kotzen vergessen. Ich meide Jagdreviere und Schlachthöfe.

Bei der Biotechnik ist es nicht weit, als daß Dinge wie Blade Running verboten sein werden, wie es bei kugelsicheren Westen bereits der Fall ist. Kein Mund-, Knie- oder Sackschutz auf Veranstaltungen, keine Schürsenkel in der Zelle, keine verdunkelten Frontscheiben und bald auch kein Kopftuch mehr. Kein Kopftuch in Bayern? Meine vom Geist gesalbte Oma würd sich im Grab die Haare raufen, hätte sie dort kein Kopftuch auf. Selbstverständlich auch im Grab, wie liese sich sonst die Kinnlade fixieren bei der Aufbarung im Totenkammerl. Ein Relikt auch bald in Kleinmürbisch: Sein erstes Resümee war, dass das Totenkammerl (und auch die Waaghütte) nicht mehr benötigt werden und daher "geschliffen" werden sollen ...

Andererseits, siehe notwendige Selbstüberwachung, habe ich mich dem Überwachungsmuster angepaßt und bohre beim Aufsperren der Haustür eben nicht in der Nase - ein Rat meiner Nachbarn - bin aber froh, daß ich seit dem Einbau der Kamera nichts mehr für Übermalerarbeiten wegen Graffitis in die Hauskasse zahlen muß. Ganz offensichtlich schließt die orwellsche Überwachung jene, durch meine Gottlosigkeit entstehende, moralische Lücke. Bei mir ist es eben nicht mehr der liebe Gott, der mir beim sag-ich-nicht über die Schulter "lurt" (dritter germanischer Konsonantensprung; von "lugen", bayr."luang" zu "luren"), sondern meine Webcam, Handy, Geldautomat, schlag mich tot mit was allem. Ich scheine das zu genießen, sehen und gesehen werden, das verhindert, daß ich mir beim Scheißen die Hosen auszieh. Nein, mich freut das, wenn die Staatsmacht mitliest. Ein wenig mehr Feedback würde der Zusammenarbeit allerdings keinen Abbruch tun. Eine gepflegte Kritik am rechten Ort ist wie Fugenkitt für die Freundschaft :) zwischen mir und Schbackenland.
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