Dienstag, 13. Dezember 2011
Also, ich sehe, auch schwarz. Das ist gut, denn dann wird es am Ende nicht dunkler. Konstruktiver Pessimismus. Eine Jugend, die scheinbar die Innenstadt Londons demoliert, erlaubt auch eine Gegenwehr, die die SA alt aussehen läßt. Ich sage erlaubt, und das ist schlimmer als schon "in effect", weil es noch keinen schreckt. Überwachung? Drohne fliegt heute schon der einfache Bürger. Rechnen Sie das mal hoch auf die nächsten zehn Jahre. Da werden Sie ohne Programmierkenntnisse nicht mehr lebensfähig sein.

Diese Mischung aus wütendem Mob und Bilderstürmern, die die Ikonen des Konsums angreifen - Ikonoklasten, die ihre Götter nicht mehr durchs Schaufenster betrachten, sondern anziehen wollen. Sie sind das kleine Stück Realität, das man der Scrpited Reality noch beimischt, um weiterhin an jenem apollonischem Standbild festzuhalten, dem Gutmenschen.

Daß es sich bei unserer Wahrnehmung als Echo erweißt, die Gegenwart, die wir, bis wir sie endlich auf dem Schirm haben, schon wieder Vergangenheit ist. Und da liegt mehr als die Planksche Konstante zwischen diesen Welten. Wir und das Jetzt, davon träumen wir, seit wir aus Abrahams Wurschtkessel gekrochen sind. Für alle zum Mitschreiben: Was wir erleben ist immer nur Vergangenheit, für uns ist die Gegenwart schon Zukunftsmusik. Und das, finde ich spürt man.

Mit dem Untergang hat beides, das Jetzt und das Damals nicht mehr zu tun als der Spiegel mit dem Betrachter. Es tut nicht viel zur Sache, außer daß man sich sieht. Vielleicht tu ich da der geliebten Geschichte ein wenig Unrecht, wenn ich sage: Eigentlich ist es egal ob man rückwärts oder vorwärts gegen die Wand fährt, selber Effekt. Aber ich glaube, zu viel Historie macht keine Politik.

Nicht ohne Grund findet man ein Stück München noch im Schellingsaloon bei Schweinsbraten und Billard. Schelling, selbsternannter Idealist, schrieb in dieser bewegten Stadt (gefühlt sehr träge) seine Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit, in denen er, wenn wir vorab alles göttliche Dividieren und den anderen religiösen Kram - wie mein Spezl sagt: Ohm Bla - dekonstruiert, also in unserem Falle wegstreicht, Folgendes nahezulegen scheint.

Wir tragen zwei Herzen in uns, das gute und das böse. Den Mythos und den Logos, die Ratio und den Traum, Apollo und Dionysos, Ohm Bla eben wieder, das ließe sich hier endlos weiterspinnen, angsprochen fühlt sich jeder.

Das Gute allerdings, und das ist nun interessant, ist der Geist der Liebe und das Böse ist eigensüchtiges, egozentrisches Handeln. Bei Schelling reguliert sich der Markt eben nicht selbst, sondern das verschollene Gute soll aus der Finsternis herauf und das Böse nicht schlechthin vom Planeten gefegt, sondern bleiben, als Spiegelbild des Guten, "... da sich die Liebe nur im Kontrast zum Bösen entfalten könne.

Aha. Schön, daß Schelling das Problem Freiheit oder Vorbestimmung auf so rätselhafte Weise gelöst hat, indem er vor oder über Gott noch einen Grund gesetzt hat, dem auch Gott zu folgen hat ohmbla ohmbla. Hinter allem steckt also dieser doofe Grund, Tiefengrund womöglich, den man garnicht abbekommt. Und dieser doofe Grund ist nun das Böse, dem sich der Mensch, das edelste unter den Tieren, mit seinem freien Willen gegenüberstellt und sagt: Nein.

Oder, ja. Je nachdem. Oder, eher doch, nicht wahr. Wo ist da der Punkt Da wird es schwierig, bei der Umsetzung. Schelling sozusagen ein Waschzettel mit all Nebenwirkungen und Kontrainikationen, der Firmengeschichte und Ohm Bla eben, und keine Indikationsliste oder Dosieranleitung, ohne Handlungsanweisung ganz allgemein. Er wollte auch nicht wegen Atheismus von der Uni fliegen wie Fichte.

Die Bilderstürmer der Cities (copyright) sind aber auch jene Ikonophoben, die den Mythos spüren, jene die Angst vor Bildern und Ikonen haben. Der Bildersturm kommt unter anderem aus einer Bilderangst. Aus einer Angst vor der Freiheit, aus einer Angst vor Verantwortung. Aber auch aus dem Bauch, dem Daseinsrecht des Dionysischem, dem Recht auf das Feierabendbier im Bus inklusive der anschließenden Entleerung an Bäumen.

Was wollen wir also in der Geschichte finden? Als abwurfbereiten Ballast auf dem Weg aus der Hölle mit unserem selbstgestricktem Heißluftballon. Selbst das Höllenfeuer strebt nach oben, Herr Schelling, und dorthin wollen auch wir. Nur alte Filme laufen in Schwarz/Weiß.

Und weil es eh schon lang ist, noch ein Abschlußzitat von Karl Kraus über den Herren, der den Tempel der Artemis in Flammen aufgehen ließ: „Bevor ich ein endgültiges Urteil über Herostrat abgebe, würde ich gerne ein Bild des Tempels sehen.“
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