Montag, 24. Dezember 2012
Die frohe Misere
Kaum sind die ersten Geschenke gekauft, der erste Schwung Konsumrausch vorbei, weil schon alles von der Liste gekauft ist, schon begleiten uns unzählige Bettelplakate auf unseren Shoppingwegen und Straßen. Ästhetisch aufgeschwollene Kinderbäuchchen - man will es dem Spender ja nicht madig machen - und traurige Kulleraugen, so groß, daß ich anfangs dachte es wäre eine UFO-Werbung.
Helft den Kindern im Senegal
denn die scheinen es dieses Jahr wohl am nötigsten zu haben. Helft den Kindern und nicht den Erwachsenen. Denn die sind reichlich angefressen, nachdem wir Ihnen die Fische vor der Küste weggefischt und die Erdnußpreise durch unsere westlichen Agrarsubventionen in den Keller getrieben und eine korrupte, 1.Welt-freundliche Regierung vor die Nase gesetzt haben. Ne, die Erwachsenen sind durch, ausverkauft, beschissen und beraubt. Denen ist nicht mehr zu helfen. Warum auch in Auslaufmodelle investieren. Wir wollen den senegalesischen Kindern helfen. Die können zwar in etwa genauso viel für die Misere im Senegal wie ihre Eltern, aber sie haben so eine Art Zukunft. Sie sind das Zuchtmaterial, die Zuchtmuschel aus der wir später die Perle pflücken.

... zufällig liegt neben dem Senegal auch noch Mali, in das wir demnächst unsere Truppen entsenden. Da ist es kein Fehler vorher schon ein paar NGO-Späher in die nächste Nähe zu entsenden. Im Endeffekt wird Mali später auch eine beholfene Landschaft - mit anderen Mitteln allerdings.

Nun schickt den Kindern natürlich keine Erdnußflips oder ähnlich sarkastischen Krimskrams, sondern überweist Geld. Nicht an den Senegal, denn da soll es ja auch nicht wirklich hin, sondern auf unser Spendenkonto der Deutschen Bank. So Hilfsaktionen kosten viel Geld. Viel, viel Geld. Vorwiegend, so um die 80% Verwaltungskosten, denn unsere Geschäftsstelle liegt schließlich in einem tariflich völlig überteuertem Deutschland. Und wo findet man heute für einen Hungerlohn noch einen tüchtigen Geschäftsvorstand. Da muß man schon was hinlegen. Ein Lear-Jet für den Deutschen Orden, oder waren es zwei, repräsentative Geschäftswägen, Dienstreisen in potentielle Hilfsregionen und so dringend wie Essen im Senegal, ein Laserfarbkopierer für die Buchhaltung.
Helft den Kindern im Senegal
denn denen im Sudan oder Irak haben wir schon das Lichtlein ausgeblasen. Sorry. Zum Glück ist unser Gott ein verzeihender und Weihnachten ein Fest der Liebe und des Mitgefühls, auch für sich selbst.

Sich am Leid der anderen die Taschen zu füllen ist dermaßen unter der Gürtellinie, daß es eben genau jene betreiben, die sich unter der Gürtellinie auskennen: religiöse Gemeinschaften. Pfui Weihnachten an dem auch jenem arabischen Flüchtlingskind im Kuhstall schon damals nicht geholfen wurde. Das feiert man also nun seit 2000 Jahren. Wie schäbig ... aber wen wunderts
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Samstag, 29. September 2012
Ist Gott für meinen Tod verantwortlich?
- der scheinheilige Heiligenschein und die Blasphemie der Gottesfürchtigen



Die Herrschaft des Glaubens als Frontsoldat und bester Kumpel der politischen Herrschaft benötigt ein möglichst simplifiziertes Modell, um das Regieren so einfach wie möglich zu halten - sozusagen eine Glaubenskongregation, einen kleinsten gemeinsamen Nenner, der die zu beherrschenden Objekte wie Schafe auf einer möglichst kleinen Weide hält; umzäunt und von Hirtenhunden unter Kontrolle gebracht. Die Furcht vor den Hunden und die abstrakte Angst vor dem unsichtbarem Wolf hält die Herde zusammen.

Die Religion als das 'Re-legere', das 'immer wieder lesen' oder auch das 'Re-ligare', das Zurückbinden, Religion als Werkzeug der Indoktrination, um zu verharren, als ein Festnageln, ein Bei-der-Stange-halten, um die gewissenhafte, starre Einhaltung überlieferter Regeln zu sichern, erinnert mich den angeblichen Gegenspieler des Glaubens, das Verstehen.

'Understand', also 'unter etwas stehen', sich unterstellen unter etwas, das einen vor dem Regen der Komplexität und des Nichtverstehens schützt, Verstehen als Subordination unter Herrschaftswissen zum Schutz vor dem Wolf, der Feind der Erhebung, wie es die 'super-stition', der Aberglaube darstellt, das Verständnis als Widerstand zur Veränderung - eine sichere Stellung gegen Verstellung. Und mit dem standhaften, unverändlichem Ein-für-allemal-Verstehen kommt die Wissenschaft. Das Wissen als die andere Seite des Gatters, des Janusgesichtes, für jene die ausgebrochen zu sein glauben.

Eine Wissenschaft, so unglaubwürdig wie der unwissentliche Glaube. 'Science', das mit Weisheit so wenig zu tun hat wie Glaube mit Glaubwürdigkeit. Eine Schaftlichkeit, die sich nur unter größten Zwängen durch die Paradigemenwechsel hindurchpresst, um anschließend gleich wieder zu behaupten, daß sie es nun endgültig wüßte, wo sie sich doch gerade eben selbst widerlegt hat. Wissenschaft, so scheinheilig wie der Heiligenschein, da sie ihren eigenen Widerspruch, wie den Paradigmenwechsel
und der Beobachterproblem, wie einen Orden auch noch voller Stolz an ihr Revers heftet.

Und wir stehen da, eingekesselt von zwei simplifizierenden Herrschaftsinstrumenten, dem Glauben und der Wissenschafft und sollen uns entscheiden, in die Zwinge genommen vom Dualismus, der immergleichen Strategie des Beherrschens, in Beschlag genommen von der Klaustrophobie als Reaktion auf die Platzangst der Macht, die Angst der Macht vor weiten Räumen.

Angst erzeugt Angst. Und die Herrschaft des wahren Glaubens leidet massiv an einer solchen. Der Kontrollverlust über den Beherrschten, von dem sie in jedem Augenblick selbst bedroht ist, kann sowohl im kontrolliertem Abfall des Gläubigen vom Glauben, als auch in der erwähnten Extase des Aberglaubens, dem Kontrollverlust des Beherrschten gegenüber sich selbst, zu Tage treten.

Der Simplifizierung der Bedrohung zum Trotz läßt sich die sammelnde Kraft der Angst allerdings auch durch andere Formen von Glauben als der des Monotheismus hervorrufen. Und weil die Angst als Herrschaftmodell nie wirklich als hehres Mittel gedient hat, wurde genau jener Vorwurf, der Aspekt der Gottesfurcht, das im Grunde infame Argument des zürnenden Gottes, vorerst gegen den Aberglauben gerichtet, wie sich Augustinus bezüglich des Aberglaubens zu äußern wußte:
„[…] religiosum a superstitioso ea distinctione discernat [Varro], ut a superstitioso dicat timeri deos, a religioso autem tantum uereri ut parentes, non ut hostes timeri, […]“ (Den Religiösen unterscheidet [Varro] vom Abergläubischen dadurch, dass der Abergläubische die Götter fürchte, der Religiöse sie aber so sehr verehre wie die eigenen Eltern und nicht wie Feinde fürchte.)

Diese janusgesichtige Art, den einzig wahren Glauben aus der Gesamtheit des Nichtwissens zu schälen begegnet uns auch in ethymologischen Deutung bei wiktionary, das im Falle von Aberglauben das Wörtchen 'aber' mit 'falsch' übersetzen, während sich in eben selben unter dem Begriff 'aber' eine gänzlich andere Deutung findet.

So erklären sich auch die in "Monotheismus und politische Gewalt" dargestellten, politischen Züge des Monotheismus und seine inhärente wie auch konsequente Neigung zur Intoleranz und Gewalt.

Erstaunlich ist die Toleranz, die Schopenhauer in seiner Kritik am Christentum walten läßt, in der er unter anderem die Gnade Gottes mit folgenden Worten deutlich umreißt. ".. ein alleiniger Gott ist seiner Natur nach, ein eifersüchtiger Gott, der keinem anderen das Leben gönnt..." oder "Ziemt des Dem, Toleranz, ja, zarte Schonung zu predigen, der die Intoleranz und Schonungslosigkeit selbst ist? Ich rufe Ketzergerichte und Inquisitionen, Religionskriege und Kreuzzüge, Sokrates' Becher und Bruno's und Vanini's Scheiterhaufen zum Zeugen an!"

Es nur zu verständlich, daß es nicht im Sinne des Hirten ist, das Schutzbedürfnis der Herde durch eine Befreiung vor der Furcht, durch Individualität oder durch eine tatsächliche Gleichsetzung aller 'vor Gott' zu untergraben. Für alle, die sich brav im Gatter halten lassen, ist es ein verzeihender Gott, für jene auf der anderen Seite des Zauns und jene, die sich dahinüber sehnen, ein zorniger und strafender.

Durch das Schisma hat sich dieses Herrschaftsmodell ein gewaltiges Dilemma eingefangen. Und da Gewalt nun mal Gewalt erzeugt, wurden jene häretischen Bewegungen mit aller Macht bekämpft. In welchen Details hier die Schlachten geschlagen werden, zeigt der sich über Jahrhunderte hinziehende Krieg gegen den Arianismus, und ihre Schonungslosigkeit die allseits bekannten Abschlachtungen der Katharer, die Hexenverfolgungen und sonstigen Ziele der Inquisition, bis hin zur Unterstützung der katholischen Ustasha durch den Vatikan beim Versuch die orthodoxe Kirche auf dem Balkan zu eleminieren.

So kommen wir nun zur Inbesitznahme des Begriffes 'Blasphemie' durch die Religionsgemeinschaften, mit der sie, die Turmschreier der Liebe Gottes, in ihrer Scheinheiligkeit ein neues Schlachtfeld eröffenen: Religionsfreiheit vs Freiheit. Denn Freiheit - und das sollten wir inzwischen bereits körperlich spüren - gibt es eben nur für jene, die sich das auch erstritten haben - im Falle der Religionen weniger mit dem Herzen als mit Flamme und Schwert.

Das aus von einer polytheistischen Gesellschaft geborene Wörtchen Blasphemie bedeutet einzig 'schmähen, lästern' und hat in seinem Ursprung mit Religion erstmal nichts am Hut.

So erwähnt der sogenannte Blasphemieparagraph § 166 StGB neben Religionsgemeinschaften ausdrücklich auch Weltanschauungsvereinigung und (sic!) ganz einfach nur Bekenntnisse.

Nach § 48 der Stellungnahme aus dem Jahr 2011 des Menschenrechtskomitees der Vereinten Nationen, einem Gremium aus achtzehn unabhängigen Experten, die damit beauftragt wurden, Beschwerden hinsichtlich des Internationalen Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte zu bewerten, „sind Verbote von Darstellungen mangelnden Respekts vor einer Religion oder anderen Glaubenssystemen, einschließlich Blasphemiegesetzen, mit dem Vertrag inkompatibel, außer in den bestimmten Umständen, wie sie in Art. 20, Absatz 2 des Vertrags vorausgesehen sind.“
Der Art. 20 Abs. 2 ruft Staaten dazu auf, Folgendes zu verbieten:
„Die Verfechtung nationalen, rassistischen oder religiösen Hasses, welche zur Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt anstiftet.“
Der Kommentar verlangt mit Bedacht, dass keine Restriktion die Garantien des Abkommens auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 26) und der Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion (Art. 18) verletzen darf.


Ohne Jurist zu sein, möchte ich meinen, daß es hierbei darum geht, nicht die eigene Clique, wie im Falle der Kreuzzüge oder ethnischer Säuberungen, zur Gewalt aufzustacheln. Der Umkehrschluß, daß der Gewaltausbruch des Geschmähten mich zum Täter werden ließe, hieße, daß sobald jemand Gewalt in dieser Sache ausübt, wäre die andere Partei vor dem Gesetz schuldig, da sie diese Gewalt durch ihre Schähungen angestiftet hätte.

Sollten die hoheitlichen (Hin-)Richter des Rechtes dies anders sehen, sähe sich die hartelinie gezwungen, die eigenen Toleranzgrenze neu zu verlegen, die Grenzlinien neu zu ziehen und für eine Ausweitung der Kampfzone zu sorgen, denn nicht nur die Drohung der katholischen Kirche mit dem jüngstem Gericht und einer teuflischen Rendition nach dem Tod, stehen für mich nicht exemplarisch für den Willen zu einer friedlichen Koexistenz.
Die in nicht nur in Bayern herrschende katholische Rückhand wird nicht auf ewig eine weiche Wange finden. Und gleiches gilt für den gesamten monotheistischen Block samt seiner psychotischen Ausrichtung. Stets das Messer an die Kehle zu halten, ist nicht die beste Art, gute Nachbarschaft zu fördern.

Von der Ergreifung der Wortgewalt und deren Machtmißbrauch ist es eben nur ein kleiner Schritt in den Schützengraben.
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Montag, 24. September 2012
Sehr geehrter Herr Phom,
wie Ihnen sicherlich bekannt ist, hätten wir ohne den monotheistischen Block keine Moral und keinen Frieden. Es gäbe keinen Gott, der Herrn Bush eingeflüstert hätte, daß sich die Stabilität des Irak nicht ohne eine militärische Invasion erreichen ließe. Ohne DEN Glauben befänden wir uns bekanntlich in einem Zustand einer atheistischen Anarchie, einer blutigen Führungslosigkeit, wo jeder täte, was er wollte, weil er die Hölle nicht fürchten muß.
Wie zum Beweis durch die aus den Höhlen in der Wüste geborgenen Schriftrollen nochmals untermauert, haben wir zumindest die über Jahrhunderte vervielfältigten Abschriften der Apostel, die uns nicht nur jene zehn Gebote überliefern, auf die wir selbst nie gekommen wären. Wir dürfen von Glück sprechen, daß uns Kirchenführer und Propheten diesbezüglich auch immer wieder auf den neuesten Stand bringen.

Das Problem ist, daß (und ich bitte Sie dies nicht weiter zu veröffentlichen) unser monotheistisches Gebilde ein wenig ins Wanken geriet im letzten Jahrhundert. Es wurden im Nachhinein betrachtet Fehler gemacht auf unserem Kreuzzug der Liebe. Ich möchte allerdings behaupten, daß es die infame Häresie der Katharer und anderer Unruhestifter war, die Inquisitoren wie Heinrich Kramer, Bernard Gui und den verehrten Tomas de Torquemeda aktiv werden ließen. Ich spüre es in meinem Herzen, daß es durchwegs der gute Glaube war, und vielleicht eine etwas übertriebene Ehrenrührigkeit, der während des ersten Kreuzzug unter der Führung des Grafen Emicho am 27.Mai 1096 in Mainz das Judenviertel ausradieren ließ.
Und zugegebenermaßen ist es nicht lange her, daß Leichenberge und die Verurteilung zum Kriegsverbrecher die Liebe und Wärme der kroatischen Franziskaner unter der Leitung des selig gesprochenen Märtyrers Kardinal Stepinac verdeckten.

Sehen Sie, Herr Phom, man kann die Toten ja nicht wieder aufwecken. Es ist die Reue, die zählt. Bei dem ein oder anderem reicht da auch schon eine einfache Beichte, um so Ungeschicklichkeiten wieder ins Lot zu bringen. Die Gnade ist eines der höchsten Prinzipien der Güte unseres Herren - nicht nur für die Sünder. Im Verzeihen kann auch das Opfer seine Ehre wieder rekonstituieren.

Ich selbst bin kein Freund des Islam, wo sich doch deutlich im Rahmen besagtem Videos zeigt, zu welchem Haß dieser Ableger fähig ist. Kein Wunder, daß sich ein Feuer in der Hitze der Wüste viel leichter entfachen läßt. ABER - und hier widerspreche ich Ihnen mit einem drohendem Deut auf unsere oben genannten Ausrutscher - wenn wir nun anfangen, die Meinungsfreiheit, die wir alle so schätzen, dahingehend ausufern zu lassen, daß man nun auch die unantastbaren Fundamente des einzigen Glaubens verhöhnen und verspotten darf - und seien sie noch so abwegig wie die Worte eines Wüstenpredigers - wird es nicht lange dauern, daß entsprechende Schmähungen auch unsere geliebte Götterfamilie (auch damals interessanterweise schon Kleinfamilie) bald treffen könnten.

Wollen Sie wirklich in die Fußstapfen der Häretiker und Gottlosen steigen, die, wie oben erwähnt, auch damals schon ein Schlachtfest über Europa und seine Kolonien brachten? Kehren Sie doch bitte erst einmal vor der eigenen Tür, ehe sie sich wie ein Aasgeier über ein so sensibles Thema stürzen wie den von einer Brut gottloser Unmenschen geschürten angeblichen Zwist der Religionen.

Wenn Sie die Blasphemie wieder hoffähig machen wollen, können wir uns gleich auch noch dem Thema der Holocaustleugnung widmen ;(
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Donnerstag, 24. November 2011
Ex open source
Meine Oma hat immer gesagt, das wäre Ihr Preis gewesen, nee wenn du mal was Gescheites schreiben willst, dann laß mich mitschreiben. Und so sei es den Leserinnen natürlich vorwiegend vielleicht in der Rolle der Oma, oder wie auch immer, und Lesern gestattet frei den Text mitzugestalten. Sie sind die Medien, durch die meine liebenswerte Oma zu mir sprechen kann. Aus dem Jenseits durch Sie durch hier auf derdiedas Blog. Vielleicht war es garnicht so kalt und eventuell will sich jemand bezüglich des Katholizismus äußern, nur raus damit, bzw rein in den Text, weitere Handlungen und Personen, jeder darf alles. Try and enjoy. Beleidigt werden darf nur ich und nichtklagefähige Objekte.
Ihr könnt diesen ersten Absatz auch gleich mal löschen, dann weiß keiner mehr was gespielt wird. Verkaufen würde ich ihn dann doch gerne selbst ;) Copyright immer @hartelinie.etc, klaro
So hätte es sein können und sollen. Doch noch ist nicht Weihnachten und mir gefällt die Geschichte selbst so gut. Die wird noch länger. Eine Weihnachtsgeschichte, die geb ich nicht mehr aus der Hand. War ich doof. Mit den Kommentaren überleg ich noch ...


Nichts Neues im katholischen Westen

Meine Oma, Gott sei ihr gnädig, so katholisch, daß selbst die Jesuiten der Rosa Liste näher sind. Der biologische Katholizismus. Erbsünde, mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen. Man weiß, daß es wie Malaria, leicht chronifiziert, aber der Körper des Schwerstkatholiken ist so durchsetzt vom Heiligen Geist, - bei meiner Oma der Geist Maria Mutter Gottes - daß man jede einzelne Fleischfaser entfernen und die Knochen auskochen müsste, um den freien Geist wieder ans Licht zu bringen. Lateinische Messe, vielleicht noch Lefebre und die Pius-Brüder, meine Oma nie ohne Kopftuch auf die Straße, offenes Haar no way.

Katholisch Denken hingegen, das kenn ich kaum. Der Tagesablauf so wohl geregelt, daß Denken dabei einfach nicht vorkam. Aufstehen, anziehen, mit dem Zuber runter 6 Stockwerke, eigentlich 7, weil Kohlenkeller, beladen rauf abladen, runter Holzhacken, auch kleine Spreizl zum Anheizen, wieder ruff. In zwischen gabs zur Morgenweihe gleich Frühstück, Brot, wenig Butter, zwei Scheiben Salami, für mich Malzkaffee - bei Frostgraden, aber mir noch heiß vom rauf und runter. Frühstück, nicht weils schmeckt, sondern daß man's hinter sich hat. Zwischen Holz und Essen, natürlich Gebet, Vaterunser, wie immer vor jeder Mahlzeit.

Inzwischen bißchen am angeheiztem Bullerofen aufwärmen. Dann wieder ein Ereignis, wo man froh ist, wenn der Tag schnell vergeht, Morgenwäsche. Die nun nicht im aufgewärmten Alles-Raum, sondern im Speicher nebenan stattfindet, wo der Winter auch im Sommer wohnt. Ich hörte von Gerüchten, daß es im Keller eine Hausgemeinschaftsbadewanne gegeben haben soll, gesehen hab ich sie nie.
Schemel zum draufsetzen, großer Wasserzuber mit Wasser, das dem Gefrierpunkt trotzt und dann mit dem alten Waschlappen, scheinbar einem Erbstück, die letzte Lebenslust aus den Poren treiben. Ein frühe Art Waterboarding, aber wozu? Es gab nichts, das an mir hätte kleben bleiben können, um geläutert zu werden. Beim Beichten mußte ich mir Dinge ausdenken - aber nicht im Detail. Ich:"zweimal gegen das 6. und fast zweimal gegen das soundsovielte." Pfarrer:"Vier Vaterunser und drei Avemaria." So einfach eigentlich und doch angeblich so hilfreich.

Tagsüber mal nett Imkern mit dem Nachbarn, also richtig wie am Land, aber schon City. Nicht so spannend war Kohlen- und Holzlieferung, immer ein Riesengestapel, "Hoiz voamacha" und "Auffe drong". Sonst vorwiegend Dauerbrand hachheizen und Holzofen "am Laffa hoidn, aba blos ned zwui".

Es wird nicht viel länger, denn es gab nichts woran ich mich hätte erinnern können. Freitags Spiele ohne Grenzen, Fernsehen bei Nachbarn, ich als Kleinster ganz vorne, Highlight. Kartenspielen war erlaubt und für Watten reicht Kindesalter. Dafür keine Bücher, hä.

Und jeden Abend in die Kirche. Wochenende, große Messen, werktags Rosenkranz. Ich durfte bei den Frauen sitzen, vermutlich, weil ich keinen Hut zum abnehmen aufhatte. Von Denken, wer hätte es gedacht, auch hier so wenig Spur wie Heizung, sondern die Bänke schön ungemütlich. Beim Sitzen ein Brett im Kreuz, wie Jesus, so muß es gedacht sein, beim Knien, und das oft, das Kniebrett zu klein, selbst für mich. Vermutlich ist der erzkatholische Körperwuchs so kümmerlich, um auf dem Kniebrett wenigstens ein wenig Halt zu finden - sehr vermutlich.

Ach ja, Geburtstag auch nett. Wenn die Geburtstagstorte mehr Freude bereitet als das Geschenk. Eine Walfahrt nach Altötting. Ich schnwindle hier ein wenig, denn ich war bereits so infiziert und pathologisiert von der Erbsünde, daß ich mit ... große Freude wäre hier der falsche Ausdruck ... größter Inbrunst und Andacht angenommen habe. Lustig ist eigentlich nur die Hinfahrt, wenn man von Mitreisenden mal eine andere Art Wurstbrot bekommt und die Welt der unterschiedlichen Genüße entdeckt. Mal was anderes als die, man beachte, damals schon in einem dreieckigem Tetrapack eingedickte Milch. Ich weiß nicht, wo sie die in ihren letzten Jahren noch zu kaufen bekam, vielleicht im Kohlenkeller.
...

Vielleicht wenn mal Fremde, also Durchreisende, durchs Dorf kamen, ich glaube das paßt besser zum Münchner Westen der späten 60er. Zumindest in meinen Kreisen - die ich mit meinem Kettcar innerhalb eines halben Tages durchqueren konnte, also Radiusweite wegen rechtzeitig zum Abendessen.
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Freitag, 11. November 2011
Who killed Menocchio?
Wissen Sie eigentlich, um was es geht? Es geht um Alles oder Nichts, also vorwiegend um Alles. Und Sie haben kein Ticket und nicht gestempelt, sozusagen garnicht erst mitgefahren, rein versicherungsrechtlich.

Diesmal geht es nicht nur um die Wurst und auch nicht den Bach runter. Hals über Kopf, Kopf oder Zahl, Geld oder Leben, Leben oder Tod, also doch irgendwie auch wieder um die Wurst. Und Sie machen nicht mit? Das macht nichts.

Aber mein Neffe hat auch nicht gestempelt. Weil er sagt, daß er doch ein Bißchen wäre und somit es nicht um Alles gehen könne. Wie soll das wohl gehen? Alles im Arsch, mir nichts, dir nichts, also doch den Bach runter.

Wenn jetzt aber Alles den Bach runter geht und Nichts den Bach hoch? Wer dreht das Mühlrad, wer schlägt jetzt das Chaos zu Käse? Alles Wasser, das den Bach herab fließt, oder das Nichts, das die leeren Schaufelräder füllt? Wo bleiben die Löcher im Käse, wenn es nicht die Würmer sind, die zu Menschen und Göttern werden? Und was habt ihr mit Menocchio gemacht?

................................b...t.x.t..............................................

Und diesmal gibts den b.txt ganz brav ohne Aufforderung. Das Denken Mennochios (wie im Buch von Carlo Ginzburg sehr facettenreich beschrieben) hat den Diskurs seiner Zeit ganz gewaltig ins Wanken gebracht hat. Die Inquisition hats ihm entsprechend ent-dankt. Und mit dem letzten Absatz möchte ich mal - wie das so meine Art ist - ganz zart an der vermeintlich versperrten Tür des heutigen Einheitsbreimedien-Diskurses anklopfen, um zu fragen, ob es denn nicht noch ein warmes Plätzchen gebe, für ein Ideelein wie mich. Ich glaube nämlich nicht.
Denn ich kenne Planeten bei denen die Scheiße oftmals auch flußaufwärts quillt, wie das bei diesem Er-klärwerk deutlich zu Tage tritt. So!
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Donnerstag, 2. Juni 2011
Mehrsportgruppe hartelinie
Also Gründonnerstag wieder peinlich umgedreht am Billardsaloon, den eigenen Queue gut sichbar, daß jedem gleich klar ist mit welcher Sinnlosigkeit man den Gehsteig verstopft durch die eigene sperrige Anwesenheit. "Haben Sie da Skizzen drin?" "Nein, eine Sprengfalle für dumme Fragen, denn Gründonnerstag muss ich zwar arbeiten, aber ich darf nicht Billiard spielen." "Ach, Sie spielen bei Wer wird Billiardär mit?"
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Wer war Jesus? Und wer kann bezeugen, daß er nicht klammheimlich mal was mitgehen hat lassen. Ein three-strike-out. Und wer hat hier wem das Ohr abrissen? Für die Römer war Jesus Bin Laden! Den haben Sie noch nicht einmal einfach ins Meer geschmissen, sondern für die Familie am Kreuz hängen lassen.

In Alabama ist es verboten, an einem Sonntag Domino zu spielen. In Uzbekistan ist Billiard-Spielen gesetzlich verboten.

Im heimtückischen Bayern dürfen am Aschermittwoch, Gründonnerstag, Karfreitag und am Ostersamstag sowie an allen anderen gesetzlichen Feiertagen ganztägig keine Tanzverstaltungen oder Glücksspiele durchgeführt werden. Billardsaloon geschlossen. Am Ostersonntag ist dann wieder alles offen, wie krank. Das ist trauriger- als glücklicherweise einzigartig in ganz Deutschland, wenngleich andere Bundesländer mit eingeschränkten Tanz- und Spielverboten nicht weit dahinterliegen. International spielen da nur Iran und Afghanistan in dieser Liga, historisch der Nationalsozialismus. Kommen alle Gekreuzigten in den Himmel? Haben die das Kreuz gebucht? Was ist damals nur passiert? Kein Wunder, daß sich die Phillipinen bis heute keine richtige allgemeine Krankenversicherung leisten können - da wirkt die Hammas wie eine Boygroup. Das Kreuz ist vorchristlich. Das Kreuz entstammt ethymologisch dem Fadenkreuz, lange vor Jesus.

Eine Wiederbelebung der katholischen Kirche ist medizinisch garnicht möglich, osteoporotisch durchgewaschen vom Fluss der Zeit. Wer ein Kreuz aus römischer Massenfertigung anbetet, für den ist das Jüngste Gericht schon gelaufen. Für kein Billiard am Gründonnerstag gibt es den prädkordialen Faustschlag von der Mehrsportgruppe hartelinie. Jedes weitere Wort wäre Leichenschändung. Vielleicht noch den Defi-Marsch und keine Blumen aufs Grab. Frechheit!
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Mittwoch, 30. März 2011
Die heilige Lanze hoch - 5.Staffel
" Fünfter Versuch der katholischen Kirche eine Lanze zu brechen.

Auf der einen Seite jammert die deutsche Ökumene über den beträchtlichen Mitgliederschwund, auf der anderen Seite scheinen auch sie den Braten nicht zu riechen: es ist vorbei mit der Befehlsgewalt. Nicht einmal zweitausend Jahre hat sich der Monotheismus als King of Kings, als Mastermind, gehalten. Das heilige römische Reich mit seinen Kaisern hat immerhin allein schon fast tausend Jahre geschafft.

Jetzt ist es vorbei mit dem immerwährend Ewigem und es gilt sich die Welt mit anderen Einstellungen zu teilen. Das ist hart, insbesondere wenn man nun eigentlich nur noch ein Verein unter vielen ist.
Stimmt jetzt nicht ganz. Die Mitgliedsbeiträge werden vom Staat vollstreckt. Ihre Mitglieder geniesen gewisse Vorzüge vor dem gültigem Gesetz. Und nach dem heutigem Gender-Grundsatz dürfte zumindest die katholische Seite keine steuerlichen Vorrechte und keine Förderung mehr erhalten.

Persönlich sehe ich es eigentlich garnicht so eng. Ich bin Änhänger eines Europa der Regionen, der Unterschiede, der Möglichkeit anders zu sein. Und nur weil alles gleich gemacht werden muß, sehe ich nicht die Notwendigkeit von katholischen Priesterinnen. Wenn sich der allgemeine Konsens allerdings wegbewegt von einer Erde als Scheibe auf der wir Sünder uns der Gnade Gottes unterwerfen, dann werden auch die Anteile an der Macht geringer. Also ein bißchen mehr auf das Qualitätsmanagement achten, sonst ist bald Schicht im Schacht ... zapfenduster.

Und das wäre doch schade, wenn kein Kreuz mehr am Wegesrand stände, kein Glockenläuten und uns keine Leute über 50 mit schwarzen Kutten auf der Straße an das Mystische unserer Vergänglichkeit mehr erinnerten.

Ob Sufi oder Rosenkranz, möglich wäre auch so eine Patchwork-Version. Die Moscheen sind schon da, aber alle Beteiligten Religionen noch etwas steif. Bißchen AC/DC statt Muhezzin am Sonntagmorgen, oder einfach nur Meditationssound - vielleicht auch ein atheistisches Wellenrauschen. Der vorherrschende Hippie-Sound der derzeitigen Kirchenjugend macht die Jungen fast schon älter als die Alten. So kommt das nicht in Schwung.

Da gäbe es doch soviele Möglichkeiten. Die ganze Gothic-Szene wartet doch eigentlich nur auf eine freundliche Einladung. Selbst die Satanisten stehen im Grunde nur am falschen Eingang, die ganze Eschatologie haben die schon drauf.
Die Predigt ganz klar wieder auf Lateinisch. Interessiert doch eh keine Sau, ob Saulus oder Paulus. Die Show muß stimmen. Weihräuchern bis die Feuerwehr kommt !!! ... und dann wären die auch schon da, zu wie die Haubitzen. Nur diesmal von der Rauchvergiftung. Ach, da liese sich so viel entwickeln. Da kommt man richtig ins Schwärmen.

Raus aus den Pfarrhäusern und nicht weiter im Halbdunkel an der Haushälterin rumfingern. Denn in diesem Halbdunkel da warten nur die Gelder aus Brüssel zur Traditionspflege.

Vermutlich ist das eine romantische Verklärung, wenn ich glaube, daß jeder mißhandelte und tote Pfarrer in Süd- und Mittelamerika die Kirchen nach dem gleichen Muster füllt wie eine kurze Stoßlüftung den Raum erheblich ökonomischer mit Frischluft versorgt.

Diese Art von Einsatzbereitschaft sehe ich hier nicht. Hier sehe ich Wachtürme, radikale Protestanten und Scientologen mit Krawatte. Nicht mal Turban irgendwo, aus den Moscheen trotten nur graue Anzüge. Und wo marschiert die Kirche auf dem Ostermarsch - vielleicht hintendran ... die Kirchenjugend von Hallbergmoos.

Gegen mehr Tagesbetreuung und Verhütungsmittel soll es gehen. Mit etwas virtuellen Worten wie "Finde zu Gott" und "Er hat dich nicht verlassen" wird geworben.

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, daß die Kirche eigentlich keine Gerichtsprozesse führt, Pfarrer auch nicht. Wenn diese antiquierte Versteiftheit der heutigen Kirche zu irgendwas gut ist ... dann doch hierzu. Raus aus den Pantoffeln und rein in die Springerstiefel. Da geht doch mehr ... bei dieser Infrastruktur und Finanzkraft. Meine Herren ...
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Montag, 29. November 2010
Ad stipe et patibulum*
So, der Anfang wäre mal geschafft. Das gemeine Volk ächzt und stöhnt eher weniger als es sich in den Weihnachtstaumel wirft, sich mit dem ganzen angefettetem Körper gegen das Gefühl stemmt, dass die Krise erst noch kommen wird. "Mich wird es schon nicht treffen." Na dann viel Glück, denn das Leben ist wie das Leben und das endet mit dem Tod.
Wochenarbeitszeit hoch und zwei Jahre länger zur Rente (volkswirtschaftlich die logische Konsequenz einer hohen Arbeitslosikeit), die Löhne immer etwas weniger anheben als die Inflation. Wirtschaftskrise muss nicht immer schaden und insbesondere nicht jedem. Bald wird die Putzfrau so billig, daß es sich gar für Niedriglohnempfänger lohnt.

Mit Nero an der Leier, der alten Leier, brennen wir die gute Atmosphäre nieder. Anfangs nur ein ungeplantes Zündeln, inzwischen volle Breitseite - Flächenbrand. Ob nachmittags am S-Bahnhof in Sendling oder morgens in der U-Bahn. Prügeleien und Totschlag. Terrorgefahr bei jeder Versammlung mit mehr als 10 Teilnehmern. Angst vor Verlust der Arbeit, sinkende Löhne, Weltwirtschaftskrise. Und zeitgleich die große Tombola der Freilosfraktion:

Natürlich hab ich mir heimlich ins Fäustchen gelacht, als die bewaffneten Staatsdiener in Stuttgart in der Ninja-Turtle-Verkleidung den gehobenen Bürger sozusagen zum Staatsverdruss prügeln mussten. Ohne blutende Schulkinder hätte er seine Treue wohl nie über Bord geschmissen, jener Staatsbürger-Mob, der sich geflissentlich noch eine Bahnsteigkarte kauft, bevor er den Bahnhof stürmt.

Warum also fällt S21 und der Castor unter den Begriff Staatsterrorismus? Weil das gezielte Abfackeln der Volkswut an Schauplätzen wie Stuttgart den drohenden Flächenbrand kanalisiert und dem Unfrieden kontrolliert entgegengewirkt werden kann. Weil dies eine der ersten Stufen auf der Treppe zur Strategie der Spannung ist.



Welch eine tragische Parallele, daß zeitgleich der frühere Chef des Foltergefängnises Toul Sleng in Phnom Penh, genannt S21, zu 35 Jahren verurteilt wird.


*Der aufrechte Teil des Kreuzes (Stipes) und der Querbalken (Kreuzarm oder Patibulum)
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Samstag, 19. Juni 2010
Die Gottespest
Einleiten möchte ich mit Johannes Most - Die Gottespest (1887):

"Unter allen Geisteskrankheiten, welche „der Mensch in seinem dunklen Drange“ sich systematisch in den Schädel impfte, ist die Gottespest die allerscheuslichste. ... Wir wollen übrigens mit den pensionirten oder abgesetzten Göttern überhaupt nicht rechten, denn die richten keinen Schaden mehr an. Die noch amtierenden Wolkenschieber und Höllen-Terroristen des Himmels aber wollen wir dafür desto respectloser kritisiren, blamiren und abführen."

Geschrieben wurde es nicht in Deutschland, sondern im Exil in Chicago. Hat dem lieben Johannes auch nicht viel genützt. Dort saß er dann für anarchistische Umtriebe auch zwei Jahre im Gefängnis. Und wie der nächste Ausschnitt zeigt, hat sich in den letzten 123 Jahren nicht viel verändert. Johannes Most in "Die Eigentumsbestie" (1887):

"Das Besitztum ist eben nicht nur ein Mittel zu immer weiterer Bereicherung, sondern auch eine politische Macht. Unter dem jetzigen Kapital-System ist die Käuflichkeit fast ein allgemeines Laster. Es handelt sich gewöhnlich nur darum, den richtigen Preis anzusetzen, um Diejenigen zu kaufen, welche geeignet sein können, durch Sprechen oder Schweigen, durch Schrift oder Druck, durch Gewaltakte oder durch was immer der Eigentumsbestie zu dienen. Sie ist vermöge ihrer goldenen Diktate die wahre allmächtige Gottheit.

Da werden in Europa und Amerika mehr als 500.000 Pfaffen unterhalten, um, wie in der Gottespest nachgelesen werden kann, die Volksmassen ihres gesunden Menschenverstandes zu berauben. Daneben strolchen zahlreiche „Missionäre“ von Haus zu Haus, um alberne Traktätchen zu verteilen oder sonstigen „geistigen“ Unfug zu treiben. In den Schulen wird Alles aufgeboten, um das wenige Gute, welches die Lese-, Schreib- und Rechen Dressur allenfalls mit sich bringen könnte, möglichst hinfällig zu machen. Eine blödsinnige Malträtierung der „Geschichte“ erzeugt jenen aufgeblasenen Dünkel, der die Völker verunreinigt und sie nicht erkennen läßt, daß ihre Bedrücker gegen sie längst sich geeinigt haben, und daß Im Grunde genommen die ganze bisherige Politik nur den Zweck hatte, die Macht der Herrschenden zu befestigen und die Ausbeutung der Armen durch die Reichen zu sichern."

„Ein Volk, das noch an sich selbst glaubt, hat auch noch seinen eignen Gott. In ihm verehrt es die Bedingungen, durch die es obenauf ist, seine Tugenden, – es projicirt seine Lust an sich, sein Machtgefühl in ein Wesen, dem man dafür danken kann. Wer reich ist, will abgeben; ein stolzes Volk braucht einen Gott, um zu opfern … Religion, innerhalb solcher Voraussetzungen, ist eine Form der Dankbarkeit. Man ist für sich selber dankbar: dazu braucht man einen Gott.“– Friedrich Nietzsche: Der Antichrist, Kapitel 16: KSA 6, S. 182

Diesem Dilemma entgeht der Erfinder des Ichs Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum (1844 - ein gutes Stück vor Nietzsche)

"Fassen Wir inzwischen die Sache noch anders. Ich soll das sultanische Recht verehren im Sultanat, das Volksrecht in Republiken, das kanonische Recht in katholischer Gemeinde usw. Diesen Rechten soll Ich Mich unterordnen, soll sie für heilig halten. Ein „Rechtssinn“ und „rechtlicher Sinn“ solcher Art steckt den Leuten so fest im Kopfe, daß die Revolutionärsten unserer Tage Uns einem neuen „heiligen Rechte“ unterwerfen wollen, dem „Rechte der Gesellschaft“, der Sozietät, dem Rechte der Menschheit, dem „Rechte Aller“ u. dergl. Das Recht „Aller“ soll meinem Rechte vorgehen. Als ein Recht Aller wäre es allerdings auch mein Recht, da Ich zu Allen mitgehöre; allein, daß es zugleich ein Recht Anderer oder gar aller Andern ist, das bewegt Mich nicht zur Aufrechterhaltung desselben. Nicht als ein Recht Aller werde Ich es verteidigen, sondern als mein Recht, und jeder Andere mag dann zusehen, wie er sich’s gleichfalls bewahre. ...

Ich hab’ mein’ Sach’ auf Nichts gestellt."

Rothbard schreibt dazu:

„…das zentrale Axiom der libertären Theorie bedeutet, dass jeder Mensch Eigentümer seiner selbst ist, mit absoluter Rechtsausübung über seinen eigenen Körper. Im wesentlichen heißt das, dass niemand berechtigt ist, eines anderen Person anzutasten oder anzugreifen.“ Murray N. Rothbard: Law, Property Rights, and Air Pollution (1982). In: The Logic of Action. Two, Cheltenham, UK: Edward Elgar, Cheltenham 1997, S. 127 (PDF)

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