Ich bin zerschuettelt und zerrrührt ...
noch gefangen in einem Traum an einem Ort, deren Namen es nicht mehr gibt, einer Ort, der mit dem Ende des Traums auch seinen bereits vergessenen Namen verlor.

Wir kamen als Ausflugsgruppe an diesen Ort und wohnten als fremde Gäste in zerschlissenen Holzbaracken. Obwohl wir uns alle scheinbar kannten, war mir eigentlich nur ein Gesicht vertraut. Ich will sie zum Schutz der Persönlichkeit mal nach dem alten, ehemaligem Namen der Stadt benennen: Madame Flora. Sie war diejenige aus der Gruppe, die mit der Beschaffenheit der Schlafplätze am wenigsten zurecht kam. Selbst mein Bemühen ihr das beste aller Betten, bestehend aus bunt zusammengewürfelten Teilen von Federkernmatratzen, zu richten, ließ sie nachts kein Auge zumachen.

Anfangs noch ein wenig wie ein schlechter Urlaub, staunten wir über die wenigen Einwohner, deren Tag daraus bestand mit Bunt- und Filzstiften, so groß wie sie selbst, zu hantieren, bis diese jeden Abend fein säuberlich geschichtet zusammenlagen wie in einem Etui.

Doch schon bald wurden wir vom Gefängniswärter dieses Ortes, ehemals genannt Flora, in den örtlichen Knast umgesiedelt, bestehend aus aneinandergereihten Stockbetten im Freien.

Wir waren Gefangene und unsere Aufgabe bestand darin, Schwellen aus Bleistiften zu verlegen, je nach Bodenbeschaffenheit ein H für hart an weichen Stellen, ein B an harten, dazwischen ein HB. Weil es allerdings keine Gleise gab, mussten wir Bleistift an Bleistift legen, um den Anschein einer Trasse zu erwecken, für einen Zug, der niemals kommen würde. Immer in der Angst, Günther Grass könnte uns bombadieren.

Doch schon beim Herannahen der ersten Nacht, weigerte sich Madame Flora, für die ich mich mit meiner gesamten Existenz ob ihrer Schlaflosigkeit, und ich darf gestehen, auch aus tiefster Zuneigung verantwortlich fühlte, sich diesem Schicksaal zu beugen. Die letzten mir noch bekannten Umstände sind verworren und blass, denn im Zuge meines Versuchs, mit dem Gefängniswärter ein klärendes Gespräch zu führen, bekam ich einen Schlag auf den Hinterkopf und seitdem sitze ich nun hier, wach aber immer noch gefangen.

Was ist passiert, Madame Flora, in der Stadt der Stifte?