Dienstag, 29. Dezember 2020
Bios pecuniaris
Sie werden sich fragen, was macht die alte Becker so über die Tage. Und Krise und so. Die alte Becker hat da doch sicher was auf Lager, diese alte Raubritterin. Am Schaufelradbagger des Kohletagebergbaus wär die alte Becker der Schaufelzahn. Bei Raubbau und Krise ist doch die Becker immer vorne dabei.

Ja, das stimmt. Aber ich diversifiziere. Also nicht nur alte, demente Insassen von Pflegeheimen nach Strich und Faden abziehen. Da seh ich keine Zukunft. Mein Hauptgeschäft ist die Vermietung von Bio-Garagen. Oder wie ich sage, deine 12 Quadratmeter Beitrag zum Umweltschutz.
Innen mit kindersicherer Farbe zum Sonnenblumenfeld umgestaltet. Idealer Aufbewahrungsort für die gesamte Stahlrossflotte der umweltbewußten Neumenschen. Mit Stromanschluss für E-Lastenbike und das E-Offroad, gespeist aus den Solarpanelen am Garagendach. Muss man etwas zuspeisen, aber mit Ökostrom von Greenpeace. 'Garage de Veloziped' inklusive natürlich Sportkinderwägen und Kindersportwägen. Garagentorgriff aus Bakalit und innen ausgeleuchtet wie ein Filmstudio, mit LED. Gegen Aufschlag auch begrüntes Garagendach. Und fürs gute Gefühl surrt oben noch das ein oder andere Kinderwindrad. Das macht die Becker - zum Bio-Sonderpreis.

Neue Idee: Das Sortierhaus. Wenn sich daheim mal wieder alles ansammelt und keiner mehr durchblickt, geschweige denn ganz hinten im umsponnenen Speicher nachzusehen, ob in der fetten flachen Schachtel nicht doch noch ein Großbildfernseher drin ist. Mieten Sie Space beim Sortierhaus, und zwar nicht nur so ein Kellerabteil, sondern mit Freifläche, so dass man die ganzen Konsumrückstände in Ruhe nochmal durchgehen kann, ehe man sich verabschiedet. Im Grunde vermiete ich also ein Konsumhospiz, wo die ehemaligen Besitzer noch in Ruhe Abschied nehmen können.
Ich denke, der Konsumstau ist nicht durch einen mangelnden Willen zu Mehr als vielmehr dem fehlenden Platz verursacht. Im Grunde sollte ich es mir vom Bundesverband des deutschen Einzelhandels refinanzieren lassen. Wer bei mir einlagert, der tut dies erstmal nur vorübergehend, aber im Grunde ist es ein Abschied, denn der Vakuumeffekt des Konsums befüllt die kurzfristig entstandenen Lücken zuhause viel schneller als dass man etwas von dem Eingelagerten wieder mitnehmen würde.

Und in der Zwischenzeit, so das Sortierhaus nur eine Idee ist, auf der Freifläche einen Christbaumverkauf. Bio-Schneebruch-Fichte aus deutschem Mondholz. Statt Millionen von Tannen völlig sinnfrei abzuholzen, verkaufen wir Bio-Schneebruch, und weil es Fichte ist, zum gleichen Preis. Am Eingang dämmert ein Flokati-Hirtenhund. Dem Christbaumhirten Sepp, der genauso halbtot wie der Hund in seinem Campingstuhl döst, hängen die Holzspäne noch im angeklebten Bart. Papa, schau, ein Bio-Weihnachtsmann. Er spricht nicht, sondern brummelt unverständlich und grimmig. Nur für den zusätzlichen Kauf einiger Zweige und Zapfen gibts auch einen Lächler. Noch ein paar Antik-Holzsterne aus gelben Schalbrettern, 3,50 das Stück, eine Packung Spekulatius mit dem Logo der Deutschen Bank und ein Fläschchen 'Pino Mugo', Latschenkiefernsaft gegen Atemwegserkrankungen, schon ist man Stammgast. Denn bei der Becker wird gelebt, nicht gestorben.

Der Gewinn wird stante pedes in Nußschnaps umgesetzt, denn nur die Dummen haben vergessen, wie schnell Desinfektionsmittel knapp werden kann. So viel zu meiner Wirtschaftsprognose.
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