Mittwoch, 14. Februar 2018
Auch deine Arbeitskraft ist Gold für Deutschland
Es tut mir leid, dass ich mich heute gleich mit zwei Beiträgen an Sie wende, aber der frühe Rausch hat bewirkt, dass ich noch vor dem politischen Aschermittwoch wieder zu mir gekommen bin. Um mir die Zeit in dieser fremden Wohnung zu vertreiben, zappe ich durchs Fernsehprogramm. In meine Hütte passt so eine Flimmerkiste rein stilistisch ja nicht rein.

Zum Glück hat der Gastgeber ausreichend Doping-Material, so dass auch ich an den olympischen Disziplinen teilnehmen kann. Ich starte wie ich aufgehört habe mit einem Verfolgerrennen in der Bier-Schnaps-Kombination. Hier könnte ich es durchaus aufs Treppchen schaffen, so ich mich im Ziel noch irgendwie bewegen könnte.

Zapp. Die SPD streitet sich um die Spitzenpositionen und schon werden alle Aufstiegskandidaten bis zur Basis runter ganz zappelig. Sie drängen wie Wasserleichen an die Oberfläche. Ich frage mich, bekommt man da mehr Geld oder höhere Rentenansprüche. Auf dem Reichstag steht ja schon die halbe Wahrheit: "Dem Deutschen Volke". Es fehlt "kostet es viel Geld".

Mir wird wieder schlecht und ich versuche wie beim Riesenslalom das Bad oder die Küche zu erreichen. Ich muss zugeben, eine meiner schwächsten Disziplinen. Ich schaffe es noch nicht einmal aus dem Zimmer. Beim Sturz versuche ich wenigstens im Skeleton zu punkten. Vielleicht hätte ich mich eher aufs Skispringen konzentrieren sollen.

Wegen zu wenig Curl im Abschluss ausgenockt vom Türstock muss ich hilflos mitansehen, wie sich ein Politiker brüstet mit Sachkenntnis die Landesprobleme anzugehen. Auch im Biathlon bin ich nicht Weltspitze und so geht die einzig mir verfügbare Flasche weit an der Glotze vorbei. So wechseln sie vom Finanzministerium zur Verteidigung, um sich als Familienminister schließlich in die Frührente zu flüchten. Und alles in einer Person. Das ist wirklich ehrfurchterregend, so man nicht zufällig mal so nüchtern ist wie ich im Moment. Frontmänner und -frauen eines Konglomerats aus multinationalen Unternehmen spucken mir durch den Bildschirm ins Gesicht und ich soll mich nur erwehren können durch eine vierjährige Stimmabgabe. Mir wird schwindlig vor Machtlosigkeit. Im Moment kann ich noch nicht mal ausschalten.

Ohne Doping werde ich diesen Abend nicht überleben. Unter heftigen Magenkrämpfen quäle ich mich bis zur Ziellinie, dem Tisch mit den Flaschen. Der Politiker ist nur die Flasche, das Gefäß, innen als Wirkkraft sitzen verbeamtete Staatssekretäre wie der SPDler Jörg Asmussen unter der Fuchtel Merkels und beratende Fachkräfte aus Wirtschaft und Finanz, die wissen, welche Gesetze ihre Unternehmen wünschen. Die Politiker, die wir zu Gesicht bekommen, sind nur die Karosserie. Den Motor oder was im Kofferraum liegt sehen wir nicht. Wer fährt, könnte man nur erkennen, wenn man Einblick bekäme in diverse Steueroasen oder Treuhandgesellschaften. Da hab ich ihn endlich, den Palinka ohne Etikett. Ein schneller 10-Stamperl-Sprint bringt mich wieder an die Spitze der Athleten zurück.

Zapp. Exportweltmeister Deutschland, also nicht nur im Medallienspiegel ganz vorne. Um das zu schaffen, darf man nicht zögern, den Türken den veralteten Leopard-Kampfpanzer nachzurüsten. Es hieß damals ja auch nur, dass er nicht gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden darf. Aber jetzt in Syrien, da is es eben brenzlig! Sind wir nicht alle ein bisschen NATO.

Endlich hat der wärmende Palinka die Magenwände erreicht und mir bleibt erspart, mich darüber aufzuregen, dass von all dem postkolonialem Machtgehabe der Industrie und den irrwitzigen Gewinnmargen nichts in meiner Hosentasche hängenbleibt. Wie hoch war gleich der Euro-Rettungschirm: 1576 Milliarden Euro. Da frägt man sich dann schon, warum bei einem Bundeshaushalt von jährlich 330 Milliarden kein kostenloser öffentlicher Verkehr oder genügend Kindergartenplätze dabei sind. Was solls, am Ende zählt doch nur, wie hoch man auf dem Treppchen steht.

Wo der Palinka nun endlich die Magenwand durchdrungen hat, kann ich auch mit geschlossenen Augen die Rodelbahn auf der perfekten Spur hinunterschießen. Es presst mich in die Rodelschüssel, die Flasche fest auf meinem Bauch. Die Goldene ist mir im Doppelsitzer sicher. Leider wird mir die von meiner Sozialhilfe vermutlich abgezogen werden. Leistung ist einfach nichts Mehrwert.
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Mir ist kotzübel vor lauter Gedanken

"Freiheit ist ... sich einfach mal ein Bier aufzumachen.
Liebe ist ... sich einfach mal ein Schnäpschen zu gönnen.
Der Kombinationslauf der Trinker."

(Zitat aus der Faschingsolympiade der Nusschnapsler)

Schleiben, schleiben, schleiben. In Streifen schreiben. Oh Mann, der viele Nusschnaps wird die Welt noch um viel Wahrheit bringen, weil er sie selber trinkt. Kotzen und Sprechen sind für mich als gehobener Adel der Trinkerriege ein Synonym. Und das geschriebene Wort steht somit zwangsläufig für das getrocknete Erbrochene.

Aber für was soll man sich schon interessieren im Interregium zwischen zwei Oktoberfesten. Die Bierschlauchwaage zeigt ein massives Ungleichgewicht. Fasching ist da kein Trost in dieser trockenen Zeit, der sogenannten Post-Bier-Ära. In einer Zeit da eine grosse Koalition nur mit Hängen und Würgen die Hälfte der Sitze erreicht, sieht man sich auch als Bürger genötigt die 5-Promille-Grenze zu erreichen.

Das Wort rauspumpen wie aus dem Fallrohr des Drei-Schluchten-Damms. Etwaige Verwirbelungen sind dabei nicht zu vermeiden, wenn der hochbeschleunigte Satz aufs Papier aufprallt. Anfangs sehe ich noch verkleidete Fratzen, die der allgemeinen Relativitätstheorie entsprechend mehr breit als hoch im Augenwinkel verschwinden. Dank meiner Überschallbetankung kann ich auch nicht hören, was sie zu sagen hätten. Wen interessierts, was diese Jäcken grölen. Bei mir ist das Gegenwärtige schon längst Vergangenheit.

Die massiven Vorstöße an der Blut-Hirn-Schranke befördern das scheinbar Tagesaktuelle an den Rand des Universums. Bierfassbomben fliegen uns um die Ohren und die Sturmspitzen der hartenlinie dringen in die Frontallappen vor.

Von einem echten, einem tiefen Text, sollten nicht mehr als 80% wirklich verständlich sein. Die restlichen 20% sind der unsichtbare Betriebsstoff, das Strömungsbier.

Hinter uns verbranntes Papier. Selbst die 5% Wasser im Nusschnaps sind in der Hitze des Gefechts sogleich verdunstet. In einer Wüste gibt es Sand. Doch hier steht nicht mal mehr ein Sandkörnchen, also kann auch nichts mehr fallen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ausser der Angriffswelle aus Hochprozentigem noch irgendwelches Leben existieren könnte. Ich suche Boden und mit grossem Glück Truppenkontakt mit temporärem Schulterschluss.

Doch alle Jäcken und sonstige Weichziele sind schon vor langer Zeit aus meinen Augenwinkeln gewichen. Ich sehe schwarz. Und rot und grün, blau, gelb. Ich muss kotzen und kann nur hoffen, dass mein erbrochenes Wort noch für spätere Generationen kleben bleibt.
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