Freitag, 15. November 2013

Ein, wie ich meine, belangloser Planet am Rande der hartenlinie und das NSSM 200


Seit heute morgen tut mir die Rippe weh, als wäre sie angebrochen. So weit ich mich selbst über die Jahre kennengelernt habe, muss es heute nacht einen Vorfall gegeben haben. Vermutlich habe ich, in meiner verzweifelten vielzelligen Isolation versucht, mir eine Rippe, genau jene, aus dem Leib zu reissen, um daraus einen Partner zu formen. Heute bin ich froh, dass mir das nicht gelungen ist, sonst wäre ich in starker Erklärungsnot und müsste zu allem Unglück meine wenigen Alkoholreserven auch noch mit einem anderen teilen.

Schlagartig fällt mir ein warum ich gestern zu trinken angefangen habe, obwohl es da eigentlich keines Grundes bedarf. Und doch nehme ich stets einen zur Hand, ehe diese zur Flasche greift. Gestern ging es um den eugenischen Gedanken, der mitschwingt, wenn man den brennenden Witwen in Indien beim Sterben zusieht. Es sind zuviele, insbesondere zuviele Frauen, so sagt man, cher. Und dieser Gedanke scheint so tief verhaftet im indischen Volkskörper, dass sie sich selbst zur Schlachtbank, beziehungsweise zum Scheiterhaufen schleppen. Von den vielen unschuldigen Bäumen, die dabei hops gehen, spricht keiner; mal so nebenbei erwähnt. So wird das nichts in Indien. Spontane Initiativen wie die als Familienunternehmen heranwachsenden Frauenkraftwerke am Ganges, spontaner Unternehmergeist, aber ohne Klimazertifikat und ohne Nachhaltigkeitsnachweis. Einfach mal ein Holzgerüst ans Flussufer gezimmert und fertig ist das Heizkraftwerk.

386 Mäuler auf jeden Quadratkilometer. Das ist die Hälfte mehr als hier in Deutschland, die, so man populationmatters.org Glauben schenkt, wie Heuschrecken den Planeten kahl fressen. Unter dem scheinheiligen Vorsatz der 'food security' wird das Horrorszenario entwickelt, dass guatemaltekische Kleinbauern (116 pro qkm) den Urwald eleminierten und senegalesische Hungermäuler (60 pro qkm) klammheimlisch den letzten afrikansichen Elefanten wilderten.

Als Grosskonsument von Kartoffelschnaps, oder Aquavit, wie man in 'guter', also schlechter, Gesellschaft sagt, möchte ich mal anmerken, dass davon der Planet nicht aus der Bahn geschleudert wird. Ich schütte das Lebenswasser nicht in mich hinein, um zu vergessen, sondern um meine letzten Gehirnzellen in Wallung zu bringen, um mein Denkstübchen wieder auf Vordermann zu bringen.

Ich als Alkoholikerin sage: eat the fuck less! 5 von 10 US-Amerikanern laufen rum wie fette Einkaufstüten, die aus allen Nähten platzen und machen sich Gedanken über die Geburtenraten von Immigranten und noch nicht Immigrierten. Wo sind die denn auf den Fotos von populationmatters.org, diese wandelnden Fettwalzen. Das Dogma unserer Wirtschaft, ewiges Wachstum, scheint mir das Problem - wenn überhaupt. Der illegale Holzhandel einer Handvoll burmesischer Generäle, deren Produkte unsere naturbelassenen Vorgärten zieren, der überhitzte Motor einer Autoindustrie und die Summe des nur-Besten für die Einzelkinder der grünen Elite.

Der Regenbogen am Kindergarten nebenan und der Club of Rome, alle sprechen von sustainability, von Nachhaltigkeit. Gelackmeiert sind hierbei jene, die bei Lidl und Netto einkaufen müssen, weil sie sich das gutmenschliche Essen im Biomarkt nicht leisten können. Und hierfür bezahlen sie mit Fettleibigkeit durch Junk Food und letztendlich mit ihrer Lebensberechtigung. Wer sich erstmals dem Gedanken ergibt, daß wir zu viele sind, wird als nächstes die Frage stellen müssen, wer denn zu gehen hätte und da ist man eigentlich nie auf der eigenen Liste. Worauf wird man also zurückgreifen müssen? Auf althergebrachte Muster und Vorlagen, auf die Strickmuster der Eugenik.

Ich verwende kein Deo. Meine Duftmarke ist Nussschnaps. Ich bin Schwerstalkoholikerin, nicht nur schwer weil ich fett bin und meine aufgedunsene Leber inzwischen mehrere Kilo wiegt, und so stehe ich inzwischen vermutlich auch auf solch einer malthusianischen Liste. Ich denke, weil ich diesen Planetenrettern den Schnaps vom Tisch trinke. Obwohl ich diese Argumentationslinie bisher nicht finden konnte im Memorandum NSSM 200 eines Herrn Kissinger, bin ich mir doch sicher, dass das irgendwo im Kleingedruckten verschwunden ist. Wer hat schon die Zeit, die näheren Ausführungen zur Entvölkerung zu lesen, wenn einem Heimatplanet unter den Füssen wegschmilzt und sich antialkoholische Fluten über einen ergiessen.

Die Argumente der liebreizenden Eugenikerschaft - sind ja schliesslich keine Nazis, obwohl sie im Grunde fast die gesamte Weltbevölkerung vom Tisch wischen würden - kommen in ähnlichen Verpackungen wie das Junk Food, das sie uns servieren. Die Sorgenfalten, die sich in die kindlichen Gesichtszüge eines Bill Gates mischen, wenn es um den Hunger in der Dritten Welt (immerhin noch eine Bronzemedallie) geht.

Und gestern hätten sie mich fast erwischt mit der Metapher eines Einzellers, der sich von Kartoffelschnaps ernährt: Jede Sekunde teilt sich dieser Einzeller und verdoppelt somit seine Population. Aus eins wird zwei und aus zwei werden vier. Das geht lange gut und die Flasche scheint unerschöpflich. Wenn aber die Flasche noch halb voll ist mit Kartoffelschnaps und halb mit Einzellern, dauert es noch genau eine Sekunde bis die Lebensgrundlage, der Kartoffelschnaps, alle ist und die Flasche nur noch voll mit Einzellern.

Heute aber, da der Körper nach dem Rausch wieder in sich selbst zurückgefunden hat, begreife ich, dass ich als Vielzeller diese Flasche ganz alleine leergesoffen habe. Und so denke ich mir: Wenn sie denn so besorgt um diesen Planeten sind, warum gehen sie dann nicht mit gutem Beispiel voran und rotten sich erstmal selbst aus, diese eugenischen Raubwanzen mit all ihrer Unersättlichkeit. Dann hätte jeder Münchner seine eigene Wohnung (4400 pro qkm) und es wäre auch für uns gesundes Essen wieder erschwinglich. Denn die Alternative käme weniger einer Szene aus David Attenborroughs Naturfilmen gleich, denn einer nicht so blühenden Wüste wie in Becketts Endspiel. Und da gibt es selbst für die vier letzten Überlebenden keinen Tropfen Kartoffelschnaps.
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