Donnerstag, 8. Dezember 2011
Die Höhle auf Erden
Vorwort:
Ich finde es sehr wichtig, daß der Leser sich in meine Situation besser einfinden kann, sollte er ein wenig von meiner Umgebung erfahren. Da ich nichts weitersehe als den Bildschirm, ist es vorwiegend das Audio von meinem unteren Nachbarn, das ich seit Jahren kenne, aber bis heute nicht weiß, ob es sich um Lust- oder um Schmerzschreie handelt, denn es ist vorwiegend nachts und da gibt es Fußball nur in der Replik. Tor! schreit er abends. Und weil ich gleich mal alles rauslassen will, dann auch gleich, daß es mir beim italienischen Fußball vorwiegend darum geht, daß Mailand verliert, AC und Inter, Juve auch und wenn das so weitergeht gerne auch Udine (obwohl persönlich nahe, dann doch die Stadt, in der der ekelhafte Nachbar seinen Erstwohnsitz beschlägt). Chievo! Da kann man über die Piazza pissen, so klein. Keksefabrikant! mal kein Metzger. Jetzt aber mal back to business.



Da gab es nun ein wenig Tränen und Weltrettung und schon bekomme ich Einschaltquoten bei den Kommentaren, daß mir Angst und Bange wird, daß mich die Eitelkeit befällt. Da hilft dann doch, daß die Schwermut, natürlich nicht unbegründet, vom Herzen hüpft und sich durch die Finger aufs Papier schlingert. Das Infotainment lebt vom Gefühl.

Ich bin kein Freund der Schwermut, dennoch leben wir friedlich Tür an Tür. Ich schau mal bei ihr vorbei und umgekehrt. Die Hölle wohnt im Keller, wohin man nur geht um die Kohlen zu holen.

Aus der Hölle kommen? Das tun inwischen ja viele. Aber viele vergeßen die Kohlen, vergeßen, daß sich mit dem Höllenfeuer auch ein Ballon betreiben läßt, der einen montgolfiergleich aus der Sündenbrut erhebt. Es ist die Kraft, jeden Tag als den letzten zu sehen, es ist die Kraft, der deutschen Sprache ein wenig auf die Sprünge zu helfen und die alte Dame auch mal auszuführen, heraus aus ihrem Hospiz.

Müssen die Schbacken erst sterben, um das Leben zu schätzen? Heute die Henkersmahlzeit und morgen war es nur eine Feuerwehrübung und die Hölle nur eine Höhle. Wollen wir doch mit unserer Taschenlampe mal reinleuchten in diese Höhle, an die angstlackierte Deckenhöhle. Schon ein wenig antik, denn es bröckelt der Putz. Wieviel Respekt vor dem Tod hat ein Volk, das selbst Pappsärge verweigert und am liebsten Blumendünger als Grabbeigabe hätte? Da wird selbst dem ärgsten Atheisten mulmig.

Den Teufel hinter dem Ofen hervorlocken? Hinter welchem Ofen? Im Siff hinterm E-Herd oder hinter der Badezimmerheizung? Im Höllenfeuer braten? Da fällt mir eigentlich nur Mallorca im August ein. Insgeheim freut sich der Deutsche doch über jedes Milligrad Klimaerwärmung. "Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann?" Keiner. Und so mußte es verjahrzehnten, ehe bekannt wird, daß es sich hierbei keineswegs um Afrikaner handelte unter der Soutane, sondern um den bleichhäutigen, schwarzkuttigen Kampf gegen die Sexualität.

Die Hölle ... wo soll die denn wohnen. Mit der Antimatierie und der dunklen Masse hätten wir schon zwei astreine Bewerber. Nach dem Duschen vor dem Spiegel denk ich mir, was tun nur die Haare auf dem Rücken, insbesondere hinauf in den Nacken hinein. Jetzt weiß ich es, kann es spüren, wenn es mir kalt über den Rücken läuft, Pore um Pore aufwärts. Es ist immer da, immerwährend, der letzte Moment, bevor es den nächsten gibt, den Schalk im Nacken.

Die Hölle, aber welche nur? Sicher nicht das Fegefeuer und nicht die Elysien, sicher nicht der Ort, an dem die toten Helden begraben liegen, sondern die Hölle für die Lebendigen, das Paradies auf Erden. Das Fettgewebe und die Körperbehaarung, die einen auffressen, wie Schlingpflanzen sich herabwinden am ehemaligen stolzen Gerüst einer Jugend, die verblaßt wie Sonne im Smog.

Fog, Nebel des Grauens, das hat aufgrund der Klimakomponente schon ein wenig mehr Wirkung, als etwaige Drachen und Höllenschlünde. Geldentwertung, da schreckt das deutsche Herz. Vor der Hölle hat keiner mehr Respekt, wenn die Überfahrt über den Fluß des Todes nur nicht zu quälend lange dauert. Hauptsache einmal Styx mit dem Speedboat. Sie sehen, selbst da lauert der Kommerz. Was man sich mit einem Obulus in der Hölle nur kaufen kann - oder wo gibt der Fährmann sein Geld aus?

Das erfahren Sie in der nächsten Folge von: Die Höhle auf Erden. Schalten Sie runter bis zum nächstenmal, Ihre keinemaria.
 940 klicks