Ach herrje, sagen Sie mal, ist das Leben so bayrisch wie das Wetter. Mal zu kalt, mal zu heiss. Gehts denn nicht auch mal locker oder gehts immer nur mit Pressing.
Jetzt hängt sie wieder, die S-Bahn - ein Massensterben auf der Stammstrecke muss das sein. So schaffen wir die 2 Millionen Einwohnergrenze nie, können wir bauen was wir wollen, wenn sich dann alle auf den Gleisen aufreihen. Ob diese suizidale Tendenz mal nicht mit der Baupolitik und ihrer Örtlichkeit zu tun hat.
Ist es wirklich der
Mehdorn-Effekt, daß uns allen die Luft ausgeht. Wo er hingeht, fällt die Klimaanlage aus. So muss er heute bei mir in der S-Bahn gesessen sein. Und das wird er auch noch all die heißen Tage so bleiben.
Wo bitte soll sich denn genau benannte Klimaanlage befinden, die im Winter nicht heizt und im Sommer nicht kühlt. Aber die Fenster verrammeln wegen der sozialen Kontrolle und den Gichtpatienten im Vorstand. Keine Abschiedsküsse mehr im Liebesrausch am heruntergelassenen Fenster, sondern bedrückte Blicke durch gerasterte Cola-Werbung.
Die Fenster tief genug mit Werbung abgedunkelt, daß wir unseren Blick nicht an der im Prinzip hässlichen bayrischen Landschaft schädigen. Keine Bierflaschen mehr, die sich auch damals nur schwer aus den früher noch exisistierenden Kippschlitzfenstern werfen liesen. Nicht eben mit dem nötigen Wumms für die echte Begeisterung.
Wer sich mal "gebückt" mit offenen Augen unter dem Werbe-Pressing hindurchsehend durch den öffentlich Moloch quält, der hat auf dem Nachhauseweg mehr Sozialfall als in der Sozialarbeit untertags.
Der allerdringlichste Sozialfall sind die neuen automatischen Stellwerke, sowie die aus Frankfurt gesteuerten Zugstandanzeiger. Jetzt kann ich es zweimal lesen und einmal durch den Lautsprecher hören. "Daß was nicht stimmt und man nicht weiß." Die vielleicht noch drei existierenden Bahnangestellten in ihren Auskunftshäuschen geraten zumeist in schwere Erklärungsnöte bezüglich ihrer Widersprüchlichkeit zu den Zugstandsanzeigern. Den Plan findet keiner auf der Baustelle genannt Bahnsteig, der verbliebene Zugstandsanzeiger spricht von 0 Minuten, aber dem Repräsentanten der Bahn am Mikro fällt nichts ein was er sagen sollte, oder woran auch er sich orientieren könnte. Er hadert. Soll er im August vielleicht schon den Witz mit den feuchten Blättern auf den Gleisen bringen oder den melodramatischen Personenschaden. Seit ich schreibe, ein wunderschönes Bild der Inspiration. Weg-ratio-nalisierung. Die Ratio also weg-nalisiert, ausge(b)lendet, ausgeweidet. Ich würde sagen, das neue Bahnmotto: keine Ratio und kein Weg! Wen juckt's? Man munkelt eine Pharmafirma habe sich die Patente dafür schon besorgt.
Und da liegt der Haken. Man weiß es wohl. Die Vorrunde ist wie gesagt vorbei - aus Play-Off wird die hard. Erstes Opfer des klassischen Krisen-Alzheimer ist und bleibt das Nullsummenspiel. Jeder scheint vergessen zu haben, daß nichts im Nirvana verschwindet. Wenn nun Griechenland gezwungen werden sollte seine letzten Goldreserven zu verschleudern, dann wird sie jemand kaufen.
Da ist es nur sinnig, das soziale Netz noch komplett aufzulösen, ehe man den letzten Arbeiter ins Nichts entlässt. Zu was das führt, kann und muss man in der Augustausgabe der le monde diplomatique mit dem Artikel "Herr Automat" zu Gemüte führen.
Online gibt es nur den Artikel
"Euroland - bezahlt wird doch".
Ceterum censeo, le monde diplomatique und Lettre, die zwei einzigen nationalen Blätter, die mir zu lesen einfielen. (Für den Rest ist es besser, wenn er seine brüchigen Gichtgriffel nicht zu weit in meine Richtung streckt.) So läßt sich das Massensterben auf der Stammstrecke besser überbrücken, zeitlich.