Geisterstunde in Schbackenland
Ja, man muss aufpassen, die Worte bedachtsam wählen, keinesfalls sagen, was man vielleicht wirklich denkt. Weil sie auf einen gerichtet sind, die Kanonen scharf gemacht, die Zündhütchen angebracht. Vermintes Gelände.

Als Einführung in die wunderbare Welt der gefährlichen Wahrheit empfehle ich die Vorlesung "The Acheology of Commandment" von Giorgio Agamben. Gefährlich in dem Sinne, dass es sich nicht um eine in sich ruhende Wahrheit handelt, die sich ihrer selbst sicher ist, sondern vielmehr um eine Wahrheit, die beißt, wie ein in die Ecke getriebener Hund.

Ein falsches Z am richtigen Ort, oder ein richtiges am falschen. Selbst am Gloss&Glitter Girl Grill kann man nicht mehr die Titten auf den Tisch werfen ohne Schweißperlen der Angst. In Europa, der Hure, die hin- und hergewaschen zwischen Atlantik und Hinterland wird nun wieder scharf geschossen. Und zwar vorwiegend auf den Nächsten, den Sie nun nicht mehr lieben sollen oder ihm verzeihen, sondern überwachen, denn jede Abweichung ist für die angeblich von außen bedrohte Wertegemeinschaft eine todbringende Angelegenheit.

Gegenderte Wertekanonen in einem Land, das das Trierer Geburtshaus von Karl Marx heute mit einem 1?-Shop beseelt. Geldstrafen, Erzwingungshaft und mehr für jeden der zu stark von der einzigen Wahrheit zu stark abweicht.

Wer will sich wundern, dass die Kirche noch jährlich hunderte von Exorzisten neu bestellt, während sogenannte Corona-Leugner der staatlichen Verfolgung unterliegen. Die freiheitliche, demokratische Grundordnung hat kein Problem mit dem Verleih von Hüpfminaretten für den Freitag vor der Moschee. Für die journalistische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen hingegen darf man sich glücklich schätzen, wenn man mit lebenslänglicher Isolationshaft davonkommt. Wenn man vor der selbstgemachten Katastrophe wie der industriellen Vernichtung durch die Gier steht, ist es nur menschlich, dass man sich lieber mit anderen Dingen beschäftigt, den Ausnahmezustand erklärt (siehe Agamben) und noch schnell absahnt, so noch was abzusahnen ist. Aktuell hinzuzufügen ist, dass sich die NATO durch Ausrufung des Bündnisfalles am 9.September 2011 seither im Kriegszustand befindet. Die Zerstörung des Planeten muss da zwangsläufig hinten anstehen. First things first.

Kill the messenger ... und kauft nicht bei Russen. Irgendwo hab ich das schon mal gehört. Da plumst dann auch mal schnell ein Dostojewski in den Kochtopf der Menschfresser, obwohl dieser eigentlich am liebsten in Baden-Baden am Roulette-Tisch saß und nicht in Russland. Gleichschaltung der Presse und Assange in den Kochtopf. Frieren für den Frieden, aber Klimaerwärmung in den Kochtopf. Individualität gerne im Sinne von Markenturnschuhen, Piercing und zig neuen Geschlechtern etc, aber kritikverdächtige Äußerungen in den Kochtopf.

Für mich, der ich die Einstein-Rosen-Brücke überschritten habe, ist das schwer zu verstehen. Für mich präsentiert sich unsere Wertegemeinschaft als Schwarzes Loch - viel Masse und Nichts dahinter. Zusammenrücken und zusammenschweißen führt im Extremfall eben zu schwarzen Löchern. Wer nicht auf Befehl aus dem Schützengraben in den sicheren Tod springt, ist eine Gefahr für die Wertegemeinschaft. Vielleicht nicht wirklich für die Gemeinschaft als solche, sicher aber für jene, die daraus einen Mehrwert ziehen. Verlieren kann nur der, der etwas zu verlieren hat. Für den Homo Sacer Agambens und die anderen Dinge im Kochtopf ist der Säbelzahntiger vor unserer Wertehöhle keine primäre Gefahrenquelle.

Wie Agamben anführt steht der altgriechische Ausdruck für Anführer, sowohl für den Beginn wie auch für den Befehl und sinnigerweise auch für den Anus. Wen wundert's.