We are the change we need

- von der Kotzgrube zum Kotzhügel -

Münchner ist man ja viel schneller als man zum Bayern wird. Hier merkts ja keiner, daß man der hiesigen Hochsprache nicht mächtig ist. Dafür versteht man hier im Gegensatz zur ländlichen Rumpfbevölkerung, die auch 2018 wieder einer CSU zum Wahlsieg verhilft, sehr gut, was Obama mit den Worten "We are the change we need" meinte. Nämlich daß wir unser eigenes Wechselgeld sind - egal, wer es uns in der nächsten Legislaturperiode aus der Tasche ziehen wird. Wer also lange genug schon da ist, um sich als Bayer bezeichnenen zu können - und das wäre so kurz nach der Spätantike, zumindest aber seit 1706, noch blutig von der Schlacht zu Aidenbach - der wird sich erinnern, daß sich vieles geändert hat und manches auch gleich geblieben ist.

so voll waren die Maßn vom Schaufelbräu 1985

Gleich ist geblieben, daß alle immer noch da hinrennen, wo alle hinrennen, egal wie sinnig oder unsinnig es sein mag. Das gilt für Konzerte für die es schon seit Monaten keine Karten mehr gibt, für den Erstausgabetag neuer I-Phones und leider auch für den ersten Wiesnsamstag.
In etwas abgeschwächter Form gilt das natürlich auch für alle anderen Wiesntage, nur daß sich da keiner mehr schon um 4 Uhr morgens auf den Weg macht, um einer der Glücklichen zu sein, der dann 8 Stunden später eine überteuerte Maß des fast schon abgelaufenen Märzens und zwei Stunden danach noch ein bereits wieder erkaltetes Hendl sein Henkersmahl nennen darf. Na, Wiesn ist etwas Magisches. Hier steht die Welt Kopf bis das Hirn zwangsläufig ausläuft. Alle bis auf die Einheimischen kommen inzwischen in Tracht, die zumeist noch viel weiter weg gefertigt wurde als sie selbst angereist sind. Auf der Wiesn trifft sich das Bayrische, das nicht aus Bayern kommt. Dieser Durchfluss angeschwemmter Durstigkeit wird ähnlich der Isar glücklicherweise in ähnlicher Geschwindigkeit wieder abgeschwemmt. Nur die Kröten bleiben - bei einigen wenigen.

Was sich verändert hat, ist am Noagerlzelt sein Aussenbereich, der Noagerlbiergarten am Kotzhügel. Er wächst, wie ehemals der Butterberg. Das wundert keinen, der schon mal offenen Auges ein paar besinnliche Stunden dort verbracht hat, doch jetzt ist es bewiesen. Wie der Postillion in seinem Interview mit Professor Dulheuer zu berichten weiß, gehen Fachleute davon aus, dass eine Besteigung der Anhöhe für Oktoberfestbesucher bereits in zehn bis fünfzehn Jahren nur noch mit Sauerstoffgerät möglich sein werde. Wir dürfen gespannt sein, was er uns im zweiten Teil seiner Interviews hierzu wird berichten können.

Eine zu erwartende Veränderung wird das Bierflaschenetikett betreffen. Darauf könnte ich schwören. Wie in München Zugstandsanzeiger nicht mehr vermelden, welche S-Bahn kommt, sondern nur noch welche ausfällt und was sonst noch so nicht los ist, so wird demnächst auch auf unserem Bier nicht mehr stehen, was drin ist, sondern nur noch, was nicht drin ist. Glutenfrei, ohne tierische Produkte, vielleicht genfrei, obwohl man gegen Gene eigentlich nichts einzuwenden hat, und hoffentlich nicht alkoholfrei, totes Bier, wie der Fachmann es nennt. Es enthält keine Spurenrest von Nüssen und ist so ziemlich fettfrei. Freibier in seiner reinsten Form. Leider ist allzu oft auch garkein Bier mehr drin, sondern nur noch Pfand drauf.

Für die Einheimischen, also jene die sich mindestens seit 1706 mit Leib und Seele Bayern schimpfen, sind das natürlich keine Neuigkeiten, denn sie wissen eh: Des eine eben a so und des andere a so. Uns interessiert eigentlich nur, ob 60 in zwei Jahren in der Champions-League spielt oder eben nicht. Dazwischen die eine oder andere Sauferei und ab und zu ein sauberer Bierschiß, aber sonst bleibt ausser Bieretiketten und Kotzhügel alles beim Alten. Außer Söder geht Baden.