Dea Flachelant
Ich muss eingangs erklären, daß nur in einigen Passagen angedeutet wird, daß der Text eigentlich in fränkisch gesprochen wird. Ist hier aber ganz praktisch, weil auch der Sprecher selbst nur vorgibt Fränkisch zu sprechen, was die Beamten um so mehr erbost. Eine Art Fränkisch, zumindest ein außerbayrisches Bayrisch, besser ein innerbayrisches Nichtbayrisch. Die Mutter kommt aus Kempten oder so.

Ja, jetzt weiß isch es natürlich auch, weil isch in die Zeidung han reingsehe, was eh Flachelant is. Isch hän gedenkt, isch würd Bolizei sache. Jetzt hän isch des auch glese in de Zeidung und dem Indernet. Isch höä nua was de Kinde so sache. Und die schwätze vo Sixpack und Ninja-Durtles. Und ich vasteh imme nu Bahnof.
Jetz muss ich scho auch zugebä, sie hän eigentli ned Flachelant gsacht. Isch hän mia des dann so ausdenkt, weil isch gedacht han, daß des ned so schlimm weä, wie des was de Kinda gsacht hän. Ned meine Kinda, sondern de von de Nachban.
Und jetza soll isch 100 Mach zahle, na Euro, und eigentli au mea, nua weil isch Flachelant gsacht han, wo isch doch nua de Bulle gmeint hät. De blöde Drecksäck. Isch kann misch da ganed beruiche. Wenn isch dem Nachba sei Fensta eischmeiß kost misch des a ned mea. Na sach a mal, des hat doch kein Bezuch mea zua Realität. Da kann isch ma hundert Steckdoseleiste von kaufe, wenn isch Flachelant sach zu so einer Drechschleuder.

Flachellant, ne, die hän auch uff die Leud einschglache. Zwar vorwiegend auf sich selbe, aba geschlache hän se. jetza wea des scho sinnig, wenn sich die heud auch selba schlache däde. Abe mid so anam Schlachstoch kannst dich schwer selbä schlache. Da müsstest da schon uff die Finge haue. Und so schlache se ebe andre. Sie geißeln aus dem Volk, was es halt so auszugeißlen gibt. Der Volkskörper der sich selbst mit Wasserwerfer und Reizgas penetriert. Der Arm, der den Rücken blutig schlägt, wobei die Hand des Flagellanten stets unversehrt bleibt.

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So können wir ob unseren niederen Wucheses selbst auf Zehenspitzen nicht einen Volkstribun erblicken. Eine Gewitterwand von Rutenbündeln im eisernen Griff, so steht sie vor uns, die Eurokratie: non facies sed fasces!
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Wikipedia: Die evangelische Position hielt die Geißelprozession für ein repräsentatives Leistungsmoment, das sie für eine Idolatrie hielten. Dem hielt Gretser entgegen, die Inszenierung des Leidens ziele auf eine Intensität der Erfahrung und eine Identität in der Erfahrung und nicht auf Repräsentation. Er wandte sich entschieden gegen die evangelische Position, der göttliche Geist erfülle bloß die Sprache, nicht aber die körperlichen Gesten und Bilder. Das Wort allein erreiche wohl den Geist des Menschen, doch stifte es nicht in demselben Maße eine unmittelbare Beziehung zu Gott, wie die Kasteiung.

Isch hän misch jetz wengal schlaua gmacht, und wie isch den Menocchio glese hän, is mia voakomme als hät sisch da ned viel gedan, seitdem. Seit der v u z Guttenberg die Bibel erfunde hän hat sich ned viel getan in dene Köpf von de Leud. Im Gecheteil. Und jetz kommts mia auch in Sinn, daß sich besondas bei soganannte Leistungsträger der Flagellantismus einer besonderen Beliebtheit erfreut. Schlache und schlache lasse - und ich deaf ned Flachelant sache. Na, sach a mal. Bitte, Frau einemaria, nehme se sich die Zeit und sache se dazu mal was.

Ihr Sie verehrender Leser,
G.Apferahm


tomkin am 22.Nov 11  |  Permalink
Äh, Frau einemaria, da wär noch e Kleinischkeid. Gewissermase en Nachdraach.

Isch han ihne doch von de Bolizei erzählt. Die hän mich doch heud dadsächlich extra wolle zu sich hole, um des mit dem Flachellanten noch emal zu eruiere. Weil es doch ewe so viele Schlägerei auf de Welt gibt. Abber isch han dene beteuert, isch säch des jetz nimmer. Die Straf han mich geläudert. Versproche.

Un isch sach ihne, sie han mers abgekauft, die Heulbooje. Isch sach des jetz nur noch, wenn isch uffm Abort sitz, un misch kaan annere höre kann. Aber dann rischdisch laud ...

einemaria am 23.Nov 11  |  Permalink
Sehr geehrter Herr Apferahm,
Ihre bewegenden Nachrichten erreichen heute zu so früher Stunde, in einer Intensität, daß ich Zehennägeln aufgestellt schneiden kann. Als ersten Rat kann ich Ihnen, auch ohne juristische Prüfung versichern, daß wenn Sie es ins Badewasser direkt reinsprechen, selbst bei einem Lauschangriff die Urheberstimme schwerlich zu eruieren ist, geschweige denn der Text. Das dürfte fürs erste mal helfen. Mehr später.

einemaria am 23.Nov 11  |  Permalink
Frau einemaria,
me is Stein vom Herze gfalle, als ich des glese han, was sie gschriebe hän. Großartig. Wenn Sie mich frage täte, des is Lyrik. So! Jetz hän ichs gsacht.
Abe wege dem Stein vom Herzen, den hän ich gfange und wieda dahin gschmisse, wo er hinghört. Des find ich subbe, die Idee, daß ich dem doch einfach mal richtig vor die Hütt scheiß. Ich frach mich scho, ob ich des meim Hund ne trainiere könnt. Daß er sozusache selbst riecht, wo's nach solche Leut riecht und er dort hinscheiße däd. Vielleicht könnt ich dem einfach so a Tageslist mitgäbe, wem er heut als vor die Tür scheiße sollt und ich bleib daheim.
Sie hän mia da paa Flöh ins Ohr gsetzt, die brauch ich garned zu patentiere lasse, so revoluzionär sind die. Eieiei.
Jetz komme se mia ned mit so anam Unabomber-Scheiß. Des mein ich ned. Nein, ein viel höheres Ziel. Eine soziale Umprogramierung, Neuschaltung, eine neue Form und Qualität des Wahrnehmens und damit auch Handels.
Frau einemaria, ich möch Sie so gern an mein Herzerl drücke, ich mach ab heud nua noch was mia gfeud.

einemaria am 23.Nov 11  |  Permalink
Herr Apferahm,
ich kann nicht ganz nachvollziehen, was Sie lyrisches an meinem Kommentar finden konnten. Allerdings habe ich niemals von Herzsteinen gesprochen, die man werfen sollte. Und auch von Flöhen, nie die Rede. Nun möchte ich mal nicht annehmen, daß Sie mir die Urheberrechte Ihrer Schandtaten in die Schuhe und Taschen stopfen wollen.
Aber die Handlung der Lust unterzuordnen, ist ein weitgreifender Gedanke. Und Sie haben, das spüre ich, die Lust zu handeln. Voran, voran, wer will Ihnen das im Land der weichgespülten Handlungsgelähmten auch verwehren.

Inwiefern Ihnen das beim Aussprechen des Wortes Flagellant behilflich sein könnte, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Vielleicht eine Rechtsschutzversicherung - wenn es sich um chronifizierende Altersboshaftigkeit handelt - aber eine streitbare. Was auch hilft - nicht nur in einer Demokratie - wenn man eine Mehrheit erzielt. Da eine Behauptung eines Polizeibeamten meines Wissens um den Faktor 4 multipliziert wird, können Sie sich die benötigte Zahl an Mitstreitern selbst ausrechnen. Also 5:1 ist besser, oder 10:2. Ein weiterer Schritt wäre, das was man gerne sagen möchte, in einer anderen Sprache zum Ausdruck zu bringen. Aber vielleicht nicht "fucking", sondern auf rumänisch "crappy". Mit der internationalen Kooperation der Gegenseite, könnte der Schuß natürlich auch nach hinten losgehen. Aber "gnikcuf poc" ginge wohl auch juristisch durch, also tnallegalF.

Was ich aber nach wie vor nicht begreife: Sie hatten die Dreckschleuder doch mit Flachelant bezeichnet. Für mich ganz klar als ein "Flachländer" zu begreifen - weder diminutiv, noch pejorativ, jemand vom flachen Lande, halt. Wie läßt sich denn bei Dialekt die Grenze ziehen? Sonst könnte man selbiges auch als fränkische Dialektik verstehen. Wie steht es da mit "Schoaßblodern" oder "Semmebräsl"? Haben wir hier keine Juristen an Bord?

Was ich auch nicht verstehe ist, kugelsichere Westen, aber keine Ohrstöpsel. Eine bewaffneter Beamter muss auch die Reaktionsgeschwindigkeit besitzen, sich gegen verbale Attacken zu schützen, oder konteraktiv zu werden.
Wenn ich morgens meine Sekretärin treffe beantwortet Sie mein "Guten Morgen" ganz spontan mit "naja". So wäre die zeitige Antwort "selba Flachelant" ein richtungsweisender Selbstschutzmechanismus. Am Revier klappt das doch auch ganz prima.

Nur Mut, Herr Apferahm, denn wer auf der Weide oder in Rom Bulle schreit, dem ist das auch im Alltag zuträglich. Sagen Sie, was Sie wollen, aber halten Sie den Raum so eng, machen Sie ihn so dicht, daß kein Platz für Auslegung bleibt. In der Kürze liegt die Würze. Sie müssen die Situation besser kontrollieren, beim Gegenüber eine sogenannte Wachhypnose hervorrufen. Und schon steht Ihnen der komplette Handlungsraum ganz persönlich zur Verfügung. Halten Sie mich auf dem Laufenden.

Ehrfürchtigstens, Ihre einemaria

einemaria am 23.Nov 11  |  Permalink
:)
War das nicht die Tomkin-Affäre? So sche scho, des Frängisch. Das war lieb, mit der Fortsetzung, wo ich doch gerade an offene Texte denke, wo jeder mitschreiben kann. Sehr flowiger Einstieg.

tomkin am 23.Nov 11  |  Permalink
Ertappt :-)). War ja auch eine perfekte Steilvorlage. Ich liebe meinen Dialekt. Der ist ziemlich ähnlich, eben genau so eine Mischung aus Fränkisch und Südhessisch. Bei uns heisst des nur net "han" sondern "hou". Zum Beispiel: Isch freu misch sehr, dass isch e Scheffelsche zu so em indressande Deema hou beitrooche könne. :-)

einemaria am 24.Nov 11  |  Permalink
Neue Idee, Herr Apferahm,
die präemptive Beleidigung. Präventiv wäre verboten, wie auch ein solcher Erstschlag im militärischen Sinne. Aber präemptiv geht.
Nun, wo liegt der Unterschied? Präventiv hieße, Sie wissen nicht wirklich, ob die Gegenseite etwas gegen Sie unternehmen wird. Präemptiv spielt im quantischen Quartett. Ein Adjektiv, das die Zukunft vorwegnimmt. Sie reagieren auf eine ganz konkrete Zunkunft und dürfen hierbei auch entscheiden, was passiert wäre. Die Beweislast kehrt sich um und das Opfer muss beweisen, daß es niemals Täter hätte sein können. Also, Herr Apferahm, berufen Sie sich auf das scheinbare Grundrecht der Präemptivität, da finden Sie starke Kampfesgenossen in den höchsten Kreisen.

einemaria am 24.Nov 11  |  Permalink
Amtshilfe
@tomkin - wenn es tatsächlich um teilfränkisches Blut handelt, dann ist das Regierungsblut vom Feinsten. Ich sach ja, wenn ich jetzd kei Obabayer wea, dea Frange von heud is auf anam gleiche Nivo wie sach ma da Franga zua Zeid vo Karl dem Große. Subdil wi a is, da Frange, hihi, schlächt sich dea duach die Hindedüa wie da Guttebeach.
Leise und subtil, kleinwüchsig wie der Rest, kriecht er zurück an die Macht. Mit einem dolchförmigem Gesicht kommt er über die Hintertreppe, wie übrigens alle treppenwischenden Deutschen. Wählen Sie mit Bedacht, wem Sie den Schlüssel für die Gartenlaube geben, oder gar für den Keller, denn alle wollen in den Speicher, nach oben.
Mit freundlichen Grüßen die Partei der Partei die Partei
nein, Mit freundlichen Grüßen der Partei die Partei die Partei