Montag, 26. August 2013
Mein Mann ist Kiffer
... und ich seine Mätresse. Ich darf die Schnittchen bringen, wenn der Husten nachgelassen hat. Ich bin der Platzhalter der schlechten Laune, wenn mal die Vorräte zu Neige gehen. Aber immerhin kann er seinen Lulli nicht in den Joint stecken und so bin ich sein einziges Lustobjekt, während seine Neurozellen sich nur mit ihr beschäftigen. Ich denke inzwischen als Reaktion darauf währenddessen an unseren Hund.

Ich nenne meinen Mann 'Sushi', kalter Fisch. Seinen Zustand nach der ersten Feierabendzigarette trifft wohl am ehesten die Bezeichnung "läppisch". Das Leben und auch unser Wir wird zur Lappalie. Ein Lappen, aber eben kein cooler, mein Mann. Eine Redelaune wie bei Besoffenen, aber solchen, die bereits am Wegschlummern sind. Ich lebe mit einem Mann der tagsüber recht intelligent Geld verdient und am Abend sich der Hirnlosigkeit preisgibt. Seine Sektretärin, so er eine hätte, würde ihm vermutlich zu Füßen liegen, bei mir hat er schon keine Füße mehr, so butterweich wie er in der Couch abchillt.

Sein Kopfkissen könnte ich im Grunde täglich wechseln. Himbeermarmelade, Honigreste, Brösel aller Art, aber vorwiegend Schokoladenflecken vom letzten Häppchen, denn gemeinsames Abendessen schafft er schon seit Jahren nicht mehr. Da ist der Hunger noch nicht gereift. Fressflash kommt erst, wenn ich duschen gehe. Auf dem langen Weg ins Bett wirds bei meinem Mann nochmal so richtig klebrig verzuckert.

Zum Glück haben wir keine Kinder - wie auch - so kann er sich nicht an ihren Vorräten bedienen und ich ihn nicht am Auskratzen ihrer Bong erwischen. Wenn ich nicht Schweralkoholikerin wäre, hätte ich das niemals bis heute durchgestanden, beziehungsweise -gelegen.
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Dienstag, 20. August 2013
After D8 ... oder Toasties for Maria
Sonntagmorgen im Service kurz nach Acht, wenn all die Lackaffen, Frühaufsteher und den August über der Stammtisch der Italiener das Frühstücksbuffet belagern. Der Tag wirkt unwirklich. Die Welt, die gestern noch so gut und geruthsam, ist heute morgen von Brüllaffen bevölkert, Brüllaffen mit Smartphone bewaffnet. Tausend Stimmen, die mir hinterherrufen, aber gequälte Stimmen, die mit mir in der Hölle gelandet sind.

Leider bin ich heute aufgewacht. Blind Date - der Tag danach. Der Kreislauf läßt wenig Raum für Bewegungen. Das Zittern ist schon ein echter Fortschritt. Die ersten schnellen Regungen des Tages. Eine schmerzlose Simulation von Hektik. Aber immerhin Bewegung. Wenngleich nicht zielgerichtet, am Tag der fallenden Dinge. Man sollt das Schöne nur greifen, wenn man anschließend den Schlamm nicht fürchtet.

Mit das Schönste am Blind Date war, dass ich meine Augen garnicht aufmachen musste. Und wenn, sah alles so aus wie im Traum. Nur heute ist das Blickfeld unermesslich gross, die Augen wie Stadttore von den feindlichen Truppen weit aufgestossen. Heute liegt die Welt in ihrer erschreckendsten Form vor mir. Die Vorhölle der Brüllaffen.

Heute bin ich bin mir nicht mehr so sicher, dass es gestern gab. After Date eben, ein Blindversuch ohne Teilnehmer vermutlich. So totenstill das Gestern, so laut ist das Heute und ständig wird mein Name gerufen, aber eben nicht von ihm, sondern von den Toasties, die in meinem Namen bestellt wurden. Toasties for Maria! Grauenerregende Toasties, die nach verbranntem Fleisch riechen. Ein Tag also, an dem man lieber keinen Namen hätte.

After Date, die Nachspeise, die sich nicht so zart beisst, wie sie beworben wird. Aber erstmal gibts herzige "Toasties for Maria!", nur nicht für mich.

zweite ernte
zweite wahl
nüchternheit

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Donnerstag, 15. August 2013
(- blind date -)

Blinde Liebe, Du streichst vorbei an mir als Lüftchen ohne Halt

Ich hab am Sonntag ein Blind Date. Ich werde Hemd tragen, Stoffhose, grau-grün, alles sehr locker, aber doch irgendwie eine Grösse zu klein, weiter Schnitt, kurze Ärmel. Ein schlichter Einband fasst ein gutes Buch.

Wir kennen uns zwar schon knapp zwei Jahre, aber wir sehen beide nicht mehr so gut - klar, aus natürlich auch nicht. Ein Familientreffen der Maulwürfe sozusagen. Zudem spielt das Gedächtnis nicht mehr so mit. Ich erinnere mich nur noch an das letzte Mal, also für mich das erste Mal. Aber trau schau wem.
Das hat neben den offensichtlichen Nach- auch erhebliche Vorteile. So gehen wir unbeleckt von der Vergangenheit an die Sache ran. Und es ist jedes mal wie beim ersten Mal.

In unserem Alter möchte man aber auch nicht so sehr auf den Geruchssinn setzen. Das klappt zwar immer besser, doch, wie Sie wissen, muffelt man mit den Jahren immer mehr. Knoblauch macht nicht jung, es überdeckt diesen Geruch, den wir aus Seniorenheimen kennen, der einem immer mehr anhaftet, bzw. aus einem herausströmt wie aus einem undichtem Ventil.

Seltsamerweise riechts im Hospiz dann nicht mehr so streng. Vielleicht ist da die sich schuppende Epidermis schon verflogen und die Drüsen dicht. Das wär doch mal ne Idee für ein Senioren-Deo, 'Ar-Oma', glitschig wie bei der letzten Ölung.

Im Grunde ist auch alles schon besprochen. Wie beim vorigen Date treffen wir uns schon am Nachmittag, dass wenn es schief läuft, wir uns abends getrennt mit unseren Freunden nachbesprechen können, um die Katastrophe einigermaßen auszubügeln. Wo man dann nochmal richtig auf den Putz hauen kann, wie eiskalt man ihn abserviert hat.

Ich bin trotzdem zuversichtlich, so weit eben noch sichtlich. Nach dem ersten Dutzend, ich meine Treffen, wird die Erinnerung nicht mehr mental, sondern körperlich abgespeichert. Die Blind Dates sind in unsere Zellstrukturen eingedrungen, jeder ein Teil vom Anderen.

Mit zunehmender Demenz wird die Birne zu einem Salatkopf. Man erkennt einerseits die Familienangehörigen nicht wieder, weiss aber dennoch, dass man keine Bananen mag. Unsere scheinbar 2jährige Beziehung ist somit mehr Frucht und Gemüse als Blut - vom Gefühl her. Ich mag sie, aber ich würd sie nicht wiedererkennen. Im späten Stadium des Alterns erinnert man sich sogar an lange Vergangenes und so wird einem auch bei Spinat wieder speiübel.

Speiübel ist demnach auch das Motto unseres blind date. Wir leiten das immer mit einem Hochprozentigem am Nachmittag ein und drauf paar lacke Bier. Da redet man dann nicht mehr so viel. Und damit sagt man auch weniger dumme Sachen, wenngleich das nicht wirklich von Bedeutung ist, da wir sonst sofort Plan B einläuten und schnell noch ein paar Schnelle wegkippen. Schnell wegkippen muss man natürlich, sonst kommt es zum gegenteiligen Effekt, dem Gau der Worte und quasselt als stünde man vor dem jüngsten Gericht. Redet sich somit vom ersten Wort an um Kopf und, desshalb auch Hemd, Kragen. Plan C wäre dann der Filmriss, Gott sei's gedankt.

Jedes zehnte Bier lassen wir aus und legen dafür die paar Ocken für eine gemeinsame Spendenleber zurück, die der bekommt, der zuerst umfällt. Das regt den Konsum gleich in zweierlei Hinsicht an. Zum einen hat man dann öfter dezimale Biere, die man auslässt, und damit die Summe für die Leber schneller zusammenkommt. Zum anderen will man natürlich vor dem anderen umfallen, dass man die Leber auch wirklich selbst bekommt.

So weit ich mich erinnere, verstehen wir uns inzwischen prima, was eigentlich unsinnig ist, da man sich Streit weniger am Anfang als am Ende einer Bekanntschaft leisten kann, wenn man miteinander eh schon nicht mehr ohne einander kann.
Ich schreibe vorwiegend, weil ich mir nichts merken kann. So weiss ich, dass wir uns vor rund zwei Jahren zum ersten Mal verabredet hatten. Ich zitiere:
"Hab mir grad mit einer Frau ein Grab gekauft. Ausser bei der Vertragsunterzeichnung haben wir uns nicht mehr gesehen. Aber nach dem Tode sind wir dann sicher vereint. Eine Seelenverwandtschaft. Is schon blöd, wenn's dann emotional schief läuft. Nich so gut für die Ewigkeit."

Geplant war auch eine Heirat postmortem, dass wir schon im Grab noch dem Finanzamt was wegnehmen können, ohne uns jemals gesehen zu haben. Vielleicht ist der Schaden anderer einer der Gründe, warum Menschen kooperieren und sich mögen. Ein echtes Blind Date. Da der Mensch aber menschlich und in seinem Haupttrieb wahnsinnig neugierig ist, haben wir es dann doch getan, anstatt zeitversetzt zur Vertragsunterzeichnung zu erscheinen.

Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, da es auch eine andere Person betrifft, aber es gab zum Glück keine Kinder. Kinder, die dann später auch noch in das gleiche Grab, auf die Alten druff in die gleiche feuchte Grube sich betten wollen, wo es zu zweit schon reichlich eng ist.

Warum ich sie mag? Ich denke, weil sie mich mag. Das reicht für meine Verhältnisse. Vielleicht auch, weil ich über die Jahre in ihr verstohlen ein kleines flammendes Herz entdecken konnte, das garnicht mit allen Mitteln versucht, das Rennen um die Spendenleber zu gewinnen, sondern sich insgeheim freut, dass es immer wieder mal ein erstes Mal geben wird. Bis in alle Ewigkeit. Bis es keine Spendenlebern ausser uns mehr geben wird. Prost.
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Montag, 12. August 2013
Das Mösenmassaker von 1907
... oder Symposion mit einer Muse zum Thema Krisenland.


Diesmal möchte ich Sie nicht mit langwierigen Fragespielen nach olympischen Göttinen traktieren, wo ich mir doch einfach die Personalakte bei der NSA bestellen könnte. Diesmal gehts ans Eingemachte. Tagebuch eines Mösentrinkers wäre ein schöner Name dafür. Passt aber leider ebensowenig wie Angriff der Mösenmörser Teil 2. Ist eben kein hochwertiger Porno, sondern eine billige Musenkuss-Geschichte. Eben ohne Ringelpietz mit Anfassen, die sie ruhig auch mal ihren Kindern vorlesen können.

Die Muse hat mich nicht geküsst - und ich spreche hier nicht von dem Medikamentösen Urethralem System zur Erektion, einer Behandlungsoption der erektilen Impotenz, und auch nicht von Erato, der Muse der Liebesdichtung, sondern von der zehnten Muse - aber sie hätte es getan, wenn sie nicht so rotzbesoffen gewesen wäre.

Meine Muse hat Feuer unterm Arsch, wenngleich ihr letzterer auch öfter mal auf Grundeis geht. Sie heißt Ruthenium(VIII)-oxid oder Rutheniumtetroxid, Tochter Rutheniums. Das Ruth.-Molekül ist tetraedrisch gebaut. Es kristallisiert in Form von gelben, rhombischen Nadeln und hat einen typischen an Ozon erinnernden Geruch. Zudem ist es brandfördernd und reizend. So sagt man, bei Wikipedia.

Ich kann das nicht ganz bestätigen. Ich würde sagen, dass sie durch ihre hohe Oxidationsfähigkeit, die durchaus brandfördernd wirkt, die Umgebung beatmet, was nicht heissen muss, dass es auch gleich rostet. Lieber mal lebend verbrennen, als von Anfang an toter Asbest, sag ich immer.

Reizend auf jeden Fall - ganz unabhängig von der Raumtemperatur - aber auf eine angenehme Art. Sonst wärs ja auch keine Muse, sondern ein Säurebad.

"Da Ruthenium auf Grund seiner vergleichsweise hohen Ordnungszahl" (man möchts kaum glauben, ich aber weiss es) "jedoch die Elektronen stärker streut," (das Wirkfeld ist schon beeindruckend) "kommt es in den Bereichen unterschiedlicher Rutheniumkonzentration zur Ausbildung von Kontrastunterschieden." (Siehe Wikipedia)
Will heissen, manchmal gibts auch Ärger, wenn sie sich gerade das Hirn mit Schnaps aus der Birne fräst. Ein Glück für die Welt, dass sie trotz ihrer olympischen Abstammung dann nicht gleichzeitig überall hindifundieren kann. "Denn "Explosiv reagiert die Verbindung mit Ammoniak, Ethanol, oxidierbaren organischen Verbindungen, Schwefel und Iodwasserstoff." Und trotzdem schüttet sie Unmengen davon in sich hinein.

Das klingt für manche vielleicht etwas grobschlächtig für eine Muse. Ich aber trinke frühmorgens gerne starken Kaffee. Ich will Bewegung. Für mich ist der Monotheismus ein gerontologischer Sauhaufen. Ich bin so schwul, ich steh auf weibliche Hooligans und den griechischen Götterhimmel, besonders die Ganz- und Halbgöttinen. Ich find meine Muse super. Hoffentlich keine aus der Sippe des Uranos, die sich mit Schwänze abhacken gut auskennt, sondern aus der Familie Zeus, ähnlich der Erato, also eine explosive ERuthig.

Manche denken, daß wenn sie nicht mehr trinken, sie tot umfallen. Das stimmt so sicher nicht immer. Bei meiner Muse allerdings schon. Haben Bacchus oder Dionysos etwa ein Alkoholproblem? Sie haben einen Job. Im alleräußersten Fall haben sie eine Berufskrankheit.
Ein Symposion wäre mit einer wassertrinkenden Muse garnicht möglich.
Raffaels Apollo und die Musen auf dem Parnass
Efeu, Myrten und Blumen, wohlriechende Substanzen. Und dazu Wein und Gesang. Auf Apollon und Daimon, den guten Geist. Gespräche über Platon, Rätsel und treffende Vergleiche.

Sie werden überrascht sein, aber das wichtigste gemeinsame Merkmal der Alkohole istdie Hydrophilie, die Liebe zum Wasser, jenes Element, das wir, die wir uns zum Alkohol hingezogen fühlen, nicht mit den Hühneraugen ansehen würden, das uns schon beim Händewaschen oft zu Nahe kommt. Ich denke hier eher an einen Gespritzten und saures Bier, also die Entehrung eines Getränkes. Es sind die Sauberer, die uns den Spass verderben, jene halbtoten Monos wie die protestantischen Finsterlinge, die es uns hier im Elysium schwer machen.

Eine weitere Überraschung wird für den ein oder anderen Leser sein, dass das Wörtchen 'Alkohol' aus dem Arabischen, 'al-kuhul', kommt und für das Allerfeinste, die reine Substanz, steht. An aliphatische Kohlenstoffatome gebundene Hydroxygruppen, aus der Familie der Alkane, genannt Alkanole. Daß das irgendwie zu verwaschener Sprache führt, ist auch irgendwie klar.

Sie sehen, dass die harteline in der Chemie so Einiges richtigzustellen haben wird - nicht zwangsläufig hinrichtig, aber doch stellen, zumindest hin.
Strafmassbandsaufen wäre eine Verurteilungsform, sobald die Bodentruppen der hartenlinie den totalen Sieg errungen haben werden. Die Amtssprache der provisorischen Übergangsregierung wird Griechisch. Und nebenbei, beziehungsweise bei der Wand vorneweg, die Sauberer und Finsterlinge. Die Krake des Vatikan einmal so anpusten, dass der Sandstein auf den sie gebaut haben augenblicklich osteoporisiert. Ich erläre hiermit dem Pack der Scheinheiligkeit den Papierkrieg.
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Donnerstag, 8. August 2013
Real Life 2.1, Level 9 Bier
Feierabend heisst so weil er nachmittags schon anfängt. Mit einem internationalem Freibierkontest. Aphrodite ist vom Olymp herabgestiegen und beschüttet sich mit uns mit Gerstensaft. Hauptsache Chef hat Spass, dann läuft der Rest wie von selbst. Erst als wir seinen Schutz verlieren, werden wir in unserer Therapie der als DieJ Ruthloss in weltliche Erscheinung getretenen Aphrodite auf der Hochterasse gestört. Woraufhin die Gnadenlose in tiefe Bewusstlosigkeit fällt. Die Welt hat aufgehört, sich unter ihr zu bewegen, und sie sich auf ihr. Unsere verzweifelten Versuche, im nächstgelegenen Bauwagen die gesunkene Göttin mit genügend Promille wieder auf die Beine zu bringen, scheitern. Zum Glück haben wir Traumaspezialist Rolef an Bord des Bauwagens, der mit einem magischen Nektar aus den tiefen Tälern Österreichs tiefenbehandelt, mit dem man auch die dünne Luft in der Bauwagenhöhle besser erträgt. Es soll Menschen geben, die Kochrezepte vertonen, aber die Göttin der Skrupel- und Gnadenlosigkeit, deren Skrupel selbst in Nußschnaps sich nicht lösen. Beim zweisamen Ablaufen der Versorgungslinien schließlich nimmt sie meine Hand und nur mit letzten Kräften kann ich mich und die Biervorräte in die sicheren Gefilde des Bauwagens retten. Nur zu gut erinnere ich mich an ihre Verwandten Kronos und Uranos deren Gemächt es nicht gut erging. Aber der Götterhimmel krampft; insbesondere unsere Schaumgeborene. Die Wiederbetankung gerät ins Stocken. Selbst bei der Pool-Party-Einlage bekommt sie ihren Bikini nicht ab. Die Kleidung klebt an ihr wie feuchter Pizzateig. Letztendlich muss auch ich einsehen, dass Widerstand zwecklos ist. Die Göttin im Bauwagen ist ein schlafender Borg. Krug bei Fuß steh ich zur Seit,
denn Weiß-Blau ist der Götterhimmel, doch sie sinkt danieder, ein zweites Mal an diesem Feiertag, diesmal aus Schaum und nicht aus Scham, rollt sich ein, um mich und ich, erstarre erneut von Amors Pfeil ins dritte Auge getroffen. Ich, Rolef Polypos, der Zweiäugige, mit meinem Kampfgenossen und zwei Unsterblichen, davon Aphrodite mir ums Bein gewickelt. Morpheus schenkt mir noch ein letztes Gläschen ein und alles was mir bleibt, ist der leichte Druck ihrer zarten Hände.
Begleitet von Sphärenmusik sind sie bereits als Gewinnerinnen des Freibierkontests zum Olymp aufgefahren, und ich auf ewig gefangen in einer schalen Zwischenwelt, die vom Apfel kurz kosten durfte.
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Montag, 5. August 2013
Bauphysik für Hausfrauen
Der Sommer brütet und es wird gebaut als wären es die letzten Fleckchen Erde, die es zuzubetonieren gilt. Die Körpertemperatur wird schon im Schatten bestiegen, in der Sonne köchelt der Asphalt sein scharfes Süppchen.

In dieser Staubwüste gerät der männliche Körper in einen Rauschzustand und die umherlaufenden Damen in Extase. Dem knackig-braunen Straßenarbeiter läuft der Saft über die orangefarbene Sicherheitsweste. Darunter nackte Haut. Die letzten Brusthaare schon weggekalkt und das kurze Stoppelhaar an den Spitzen leicht angeteert, stehen wir hier vor einem Zoo voller Menschen, die mehr dem Tierreich zugehören als unseren Artverwandten. Aber das ist Bauphysik wie sie jede Hausfrau versteht.

Die Silikonpistole, der agressive Begriff mit dem weichen Silikon, das nicht aufhört aus der dünnen Spitze zu quellen, selbst nachdem man aufgehört hat zu pumpen. Ähnlich dem PU-Schaum, der jämmerlich nachejakuliert, schon lange nachdem alles voll ist. Alles schäumt, spritzt und staubt in der flirrenden Luft. Klare Gedanken finden hier keinen Lebensraum. Hier wird jegliche moralische Schranke jeder Passantin dekonstruiert und der reine Wille bahnt sich vom Stammhirn bis in die letzte Zelle.
Im Hintergrund wandert der Rüttler mit 120 Beats pro Minute über die verdichtete Erde. Mit jedem Schlag des Presslufthammers spannt sich der Rock der am Bauzaun verweilenden Dame immer enger um die Hüften. Das Sammelsurium aus tausend und einem Reiz lässt Brüste und Bizeps noch weiter anschwellen. Alle Elemente der Lust spielen im Gedanken Ringelpietz mit Anfassen.

Hände und Füße in Schuhen, besche Hotpants und einen schweißdurchdrängten, verwegenen Lappen um den Kopf. So zeigt sich das Baustellenvölkchen, während es zielbewußt und mit Urwaldschreien das Geschehen steuert. Aus dem Graben bückt, beugt, wirft ein Unglückseliger Schaufel um Schaufel aus dem Loch. Die Phantasie unserer Dame, genannt Marie, geht fremd und steigt hinab in den Graben. Es ist der sexuelle Befreiungsschlag. Die Hingabe an die Lust. Einmal raus aus den muffigen Kasematten. Vielleicht nicht hinein in den Graben, sondern doggystyle auf dem frischen Estrich im siebten Stock den heimischen Sextourismus betrachtend. Baustellentango ohne Bauzaun, von Muskelpaketen durchgewalkt, a happy ending massage mit Flasche leer und Tank voll.
Da hab ich mich jetzt sprachlich verrannt, aber ich will es mal so stehen lassen, selbst wenn Gott dies nicht gewollt hätte. Schon wieder:( kann man nicht viel machen "wenn da Wong z'Grombo gfahn is". Ist dann wie afrikanische Lehmpiste nach Regenguss. Kann man das Auto immer wieder aus dem Graben schieben, es wird dorthin alsbald zurückkehren. Da wirkt dann die Erdanziehung, der kinetische Faktor, schon bei der geringsten Schieflage. Und Sex ist wie feuchte Erde. Alles sinkt automatisch auf das tiefste Niveau. Was soll's.
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Die Verwaltung des Privaten
Wieder denke ich über die Sprache nach, während ich mich lieber mal um das kümmern sollte, was sie nötig macht. Das knallharte Leben. Meine Gedanken swypen so durch den Moment, als mir der rettende Gedanke kommt. Die Dinge haben immer zwei Seiten.

Ich hör auf, Tagebuch zu schreiben, so subjektiv wie ich mein eigenes Leben sehe. Weiss NSA&friends doch mehr über mich als ich selbst: sie kauft 1,4 mal pro Woche ein Kleidungsstück. Da lach ich. Wo soll ich denn das Geld herzaubern. Selbst wenn man Schuhe und Handtaschen dazurechnen würde. Seltsamerweise fand mein Mann die 1,4mal(großgeschrieben) noch untertrieben.
Ihr werdet immer wissen, was ich letzten Sommer getan habe. Ich weiß das jetzt schon nicht mehr. Sollen sie ruhig mein Leben verwalten. Mehr kann eigentlich nicht mehr schief gehen.
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Mittwoch, 24. Juli 2013
Junge Haare und die Kurzen.
Die kurzen Haare, sie machen mich härter, rein aussehenmäßig, kantiger und desshalb auch jünger, vermutlich. Zumindest redet mich keiner mehr wie einen Opa an. Kaum 40 und schon fallen sie wie die Raben über dein Haar her. Da helfen dann eben kurze, Haare. Sind auch die Lichtungen nicht so ausgewiesen, als wäre man grade der Klausur entflohen.
Gut geölt im Sommer, aber bloß keine braune Haut, sonst sieht man die weissen Jahre, meinte ich, Haare hätte ich sagen sollen, auf hundert Meter. Raus aus der Sonne, denn auch schrumplige Haut wirkt auf junge Menschen, die einen nicht für einen feschen, rüstigen Jungalmwirt halten, als würden sie mir schon die Rente bezahlen, der ich dereinst erst ihr Master-Studium und anschließend ihre Akademikerarbeitslosigkeit bezahle und bezahlen werde.

Ihr hättet auch würdige Väter und Grossväter bekommen können, wenn ihr nicht solche Raubwanzen geworden wäret. So müssen wir uns als Junggebliebene verkleiden und verstecken, dass uns die Körperfresser, also ihr, nicht zu fassen bekommen. Junge Mädels mal erstklassig ausführen und sich in jede Mode stürzen, oder zumindest halbjährlich neue Drei-Streifen-Sneakers (siehe Anmerk.) kaufen, so dass zumindest für euch nichts mehr übrig bleibt als Schulden. Euch das Öl wegsaufen, dass ihr uns nicht mal mit eurem Halb-Liter-Auto im Rollstuhl überfahren könnt.

Wir konnten garnicht genügend Bananen und andere Südfrüchte anschippern, als dass wir eure Mäuler hätten füllen können. Erst jetzt merken wir, dass wir euch so mit Schokolade vollstopfen hätten sollen, dass ihr noch vor der Arbeitslosigkeit an Diabetis und Fettsucht dahinsiecht. Erst jetzt, da die Brüllaffen, also ihr, den Stall verlassen haben, versuchen wir es mit der althergebrachten Unterdrückung, durch Dritte. Outgesourcte Post-Edukation der verspätete Erziehungsnachtrag der vom Nachwuchs, also euch, gemarterten Umwelt. Was man selbst nicht so am Schirm hatte oder einem halt mal öfter die Hand ausgerutscht ist, liegt nun in den strengen Händen der Exekutive, Medizin, etc.

Kurze Haare und ein kantiges Gesicht, zwei Narben, eine Schusswunde, die wie eine Träne am Auge prangt. Das macht die Kurzen, also euch, kurz genug, so dass sie sich lieber an Umstehenden betätigen. Mittelhandknochenbruch und immer noch die Eisenschiene in der Handkante, wegen besoffen auf dem Fahrrad, ebenso eine klassische Boxerkrankheit wie der Skidaumen, wegen besoffen auf der Treppe.
Mit langen lichten Haaren sieht das alles nach dem aus, was es war; nach den Folgen eines Rausches. Mit fast abrasiert hat das mehr Kämpfer-Epos. Weltkrieg vielleicht nicht mehr, aber wie ein erfolgreicher Strassenkämpfer, einer der letzten Ehrlichen wie Bruce Willis. Wo sich Autorität nicht mehr mental vermitteln lässt, kommt der Körper zum Einsatz.


Anmerkung: ich bitte darum, den versteckten Hinweis auf den Wunsch der hartenlinie, für die nicht ausgesprochene Firma als Haus- und Hofschriftsteller tätig zu sein, als rein kontextbezogen zu betrachten. Drei hartelinien, das brüllt doch nach Zusammenarbeit. Was zusammengehört, muss usw. Die Wiedervereinigung, diesmal aber ohne Neue Heimat, sondern mit einem neuen Bauhaus. Das Zeitalter, als Schuh und Kunst wieder zusammengefunden haben. Und wenn Ihre PR-Abteilung etwas mehr auf Trab wäre, hätten wir das auch schon längst unter Dach und Fach.
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Mittwoch, 10. Juli 2013
Verkehrte Welt - eine Stadt macht dicht
Die Straße hält Bankett und alle sind dabei, die einen Parkplatz gefunden haben. Ich also nicht, denn seit das Gymnasium von gegenüber nun bis in die späten Abendstunden lehrt, bleiben auch die Parkplätze von jenen Autos okupiert, mit denen die Schülerschaft heutzutage zum Unterricht fährt. Wie soll man sich da um deren Zukunft kümmern? Sie wollen die Sintflut offensichtlich doch selbst, diese Brut aus eineiigen Familien.
Das sind die klassischen Nachgeburten eines Landes, das das Tempolimit durch Baustellen umsetzt, das ist also der ganz grosse Wurf eines Landes, das die Autobahngebühr nur desshalb noch nicht hat, weil sich diese noch nicht privatisieren lässt.

Die Innenstädte so versottet, dass der Luftfilter dicht macht, sehe ich durch den Dunst hindurch jene schülerischen Jungparker ihr Pausenbrot verzehren: Cordyceps-Törtchen. Das Blickfeld geschwängert von Feinstaub und gröberen Partikeln glotzt der männliche Nachwuchs den Puppen-Kernkeulen hinterher, dem Cordyceps militaris im kurzen Sporenröckchen. Wie Ameisen und Zigarettenstummel zeigen auch diese Zuchterfolge der Moderne, diese individualisierte Masse von Schülern eine gewisse Affinität zu Bordsteinen. Das Triumvirat der Straßenbegrenzung, Kippen, Ameisen und maskulines Jungvolk.

Ich steuere aus Sorge um das Bruttosozialprodukt im ersten Gang durch die engen Winkel und Gassen, dieser sonst so weitläufigen Stadt. Es ist der Boom des Lebensgefühls der einen, der dadurch geschaffen wird, dass man das Lebensgefühl der anderen erheblich einschränkt. Besonders deutlich wird dies an heissen Sommertagen, wenn ich nicht mehr nachhause komme, weil meine Autobahnausfahrt, die auch mit einem beliebten Badesee korreliert, wegen Überfüllung gesperrt wird. Was für ein Glück für die Badenden, dass Autos noch nicht schwimmen können.
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Mittwoch, 3. Juli 2013
Wissen Sie, was die Butterberghaltung im Sommer kostet?
- eine Reise ins schwarze Herz Europas.


Lassen Sie uns in dunklen Zeiten wie diesen den 'Cent', eine englische Maßeinheit in einer durch und durch nicht-anglizistischen Währungsunion, doch einfach in 'Heller' umbenennen. Das läge sprachlich ungefähr in gleicher Distanz zum Kalauer wie eine Reise nach Krisenland oder die 3-Cent-Krisenmarke der führenden Wirtschaftsmacht Europas. Endlich ein Billigprodukt nördlich des Frontex-Äquators, so man bei Gratisprodukten wie Freibier nicht unbedingt von billig sprechen kann. Können sich nun auch mal die Verarmten so richtig mit Wertmarken eindecken. Damit brechen wir in den chinesischen Markt ein wie ein Geldsack auf dünnem Eis. Volkswirtschaftlich macht diese Art der Opferverhöhnung jedoch keinen Sinn, wie das Alexander Dill bezüglich der Maßgrößenentscheidung für einen Preiscap als Anreizregulierung deutlich macht.

Im Schlandmaul, im Reich der Mitte und der Norm, hat sich nichts geändert. Vom zweiten 30jährigem Krieg, 1914 bis 1945, noch vollgefressen, reisst sich die Deutsche Industrienorm, das gesunde Wachstum der einen, seine nächsten Lämmer, auf der Seite der Lohnbeschäftigten. Obwohl die Schokoladenstückchen der Kriegsjahre das Giermaul noch verkleben, kommt nun der Heißhunger. Das Biest ist noch das gleiche, die gleichen Familien, nur zwei Generationen älter. Das Magenvolumen hat zugenommen, die Bedürfnisse sind gewachsen und die Tischmanieren haben sich geändert.

Während es früher noch hieß, dass man sich nicht ins eigene Körbchen scheisst, wird nun der eigene Wald gerodet, die landeseigene Arbeiter- und Angestelltenschaft ausgerottet und drauf geschissen, dass sich die Fahnenstangen biegen. Und die Lemminge laufen vom neuesten Smartphone gesteuert selbst zur Schlachtbank. Wie da eine Portoerhöhung von 5 Cent zu einer Unruhe in der Bevölkerung führen könnte, wäre mir rätselhaft. Die Preiserhöhungen bei Suchtstoffen und der Solidaritätstumor für die blühenden Wüsten tun weh, Kinoeintrittskarten, Energiepreise und 5 Euro für ein Glas Pinot Grigio 2012 aus dem Etschtal beim hiesigen Griechen. Aber 3 statt 5 Cent?

Wo früher noch verstohlen hinterzogen und eingesteckt wurde, hält heute Ali Baba und seine inzwischen 4000 Räuber wieder Hof. Von jedem kleinen Villenhügel herab wird wieder geraubrittert, mit Knebelverträgen, Fristen und Abmahnungen, mit fliegenden Gerichtsständen . Man muss fast den Eindruck gewinnen, als hätte die Bestie zwei Mäuler mit denen sie zwischen Geldpresse und Geldbeutel sitzend nach beiden Seiten hin sich den Wanst vollschlägt.

Es sollte selbst dem gerüstetstem Knecht im Lande klar sein, dass der Drachentöter, der durch seine Tat die Menschen aus der Umgebung vor Überfällen und Verwüstungen durch den feuerspeienden Drachen oder aus einer langanhaltenden Dürre befreit, diesmal nicht durch die Himmestüren herbeirauscht, sondern mit einem Konsumentenputsch auf die Bühne tritt, dass uns besser kein verdatterter Halbgott vom Olymp fällt, wie der Adi, und die ausgemachten Störsender eleminiert.
Ich bin zu tiefst schockiert von gequälten Lohnknechten zu hören, dass sie erstmal das eine % durchs Gas jagen würden, um dann zu schauen, was das nächste % mit seinem Vermögen macht. In Griechenland sprechen sie von den drei letzten Regierungen, in Italien würden sie das mit der aktuellen Regierung machen und allen, die in deren Telefonbüchern stünden (sieht man mal, wie stabil Italien, von der Regierung abgesehen, immer gewesen ist). Das wäre ein Gemetzel, für dessen Sättigung man auf das eine Prozent noch ein paar drauflegen müsste. Eine gewagte Reise, eine Wette, in 30 Tagen um die Welt.

Genau von solchen Gemetzeln allerdings nährt sich der Raubritter. Hier hat er Erfahrung, Il Principe, der Fürst, der Finsternis, hier fühlt er sich zuhause, der tödliche Virus der Gier. Ein Virus, der seine Großmutter zuallererst verkauft. So wirtschaftlich einfach, so machtpolitisch undurchführbar wäre es, einfach die Rente abzuschaffen, Einzahlung wie Auszahlung wie zukünftige Ansprüche. Wahlalter runter auf 12 und schon wäre das demokratisch umsetzbar. Denn nach Johannes Baader ist der Tod ... ein Märchen für Kinder, und der Glaube an Gott war eine Spielregel für das Menschenbewußtsein während der Zeit, da man nicht wußte, daß die Erde ein Stück des Himmels ist wie alles andere. Wer im noch rüstigem Leben schon sein Bayernticket mit dem eigenen Blut unterschrieben hat, sollte sich als Senior auch als solcher verhalten und nicht an der letzten Landkrume sich festkrallen wie ein krampfender Diabetiker. Da ist es nur fair, wenn wir dem Ahnenkult auch wieder Futter geben. Wie soll man denn jemanden als Ahnen verehren, wenn er nicht stirbt?

Wenn uns da keine Mutter Courage aus der Bresche hilft, wird uns dieser virale Abschaum an Herrscherelite, der auf dem Freibier schwimmt, noch ins Unglück treiben. Mordeo und Gezeder, jeden gegen jeden.
Wieder wider der Gewalt! Dieses doch eigentlich Flüchtige, das sich dennoch endlos zu halten versucht, das uns Salz in die Suppe und ins Bier zu schütten sucht, um auf Ewig das Goldene zu verdecken, das Eigentliche, das Freibier. Trinken Sie die Milch der Milchstrasse, wie Johannes Baader sagt:Die Menschen sind Engel und leben im Himmel. Im Biergarten Eden, dem Freibiergarten der keinen Eintritt kostet, wo selbst für die Ältesten immer ein Plätzchen frei ist.

Durch so viel Schaum mich zu trinken, um den hierfür notwendigen Rausch zu erreichen. Da schiebt der eine oder andere schon mal einen Kurzen dazwischen und das macht wieder aggresiv. Ist doch alles verteufelt ...
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Dienstag, 2. Juli 2013
Alle Wege führen nach Uscita
Viele Lieben beginnen mit einer Tunneleinfahrt. Begleitet von magnetischen Lichtstreifen, manchmal auch unbeleuchtet, rast der Personenraum entlang der monologen Strecke im festen Glauben an das Licht am Ende des Tunnels. Doch nicht selten handelt es sich hierbei um die Höhle eines Raubtiers, an dessen hinterster Wand die Liebe zerschellt.

Ich aber muss mich Hundeflöhen trösten. Bepfotet und bekrallt werde ich von einer versotteten, räudigen Hundeliebe. Rundum Orgie. Käfer, Fliegen, Eidechsen, Schmetterlinge sich begattend als wäre es der letzte Tag. Das Vögeln in der Luft und der dunkle Sex der Regenwürmer. Allen sei es gegönnt, ausser den Plagegeistern in meinem Dach, die aus Liebe zu Höhlen die Stollen immer weiter in meine Isolierung treiben.

Keine Schockmenstruation, sondern das falsche Kaliber
Fünf Minuten nur möcht ich mit Dir in einem Meer aus Küssen schwimmen, möcht ich mit Dir im Gliedergerenk versinken.

Wie ein rohes Ei will ich Dich behandeln. Deine Schale knacken, in siedendes Öl Dich werfen, mit Gewürzen bewerfen und bestreuen, Dich wenden und schaben und letztendlich verzehren. Am Eigelb lecken und Eiweiß schlabbern. Dich m-Ei-n.

Nur ich darbe in unseliger Singularität - besprungen und bestiegen zwar von Heuschrecken und Ameisen, doch in einer unschmeichelhaften Art und Weise.

Seien wir uns doch ehrlich: der Sex ist eigentlich nur das Vorpiel zur Fütterung, der erste Gang des unbezahlbaren Gelages, das, weil so zeitintensiv, nicht unbedingt kostengünstig ist, das zwischen dem Füttern und Hegen, zwischen pflegen und betüteln nur wenig Zeit für Zärtlichkeit lässt. In der Höhle des Raubtiers wird vorwiegend gefressen und gestorben, und nicht gefickt.
So ist es kein Fehler, sich frühzeitig mit Begrifflichkeiten wie Einfahrt und Ausfahrt, Vorfahrt und Vorsicht, mit 'auf Glück' und 'Glück auf' vertraut zu machen. Denn die Naschereien der Liebe sind kein Zuckerschlecken.
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Sonntag, 23. Juni 2013
Im roten Dirndl nach Feuerland
- eine imaginäre Reise durch die Fjorde des negativen Horzionts

"Der Mann ist Passagier der Frau, nicht nur bei der Geburt, sondern auch bei ihren sexuellen Beziehungen, ... In diesem Sinne ist die Frau das erste Transportmittel der Gattung, ihr allererstes Vehikel, das zweite wäre das Reittier, ... Von der Jagd auf das Tier zur unmittelbaren Nahrungsbeschaffung geht man zur Jagd auf die Frau in Erwartung der Jagd auf den Mann über."(* S.29)

Wir aber fahren nicht in den Krieg, sondern nach Feuerland, und essen blutige Steaks. Eine Reise in Rot, von Kopf bis Fuß.

"Es liegt nahe, drei Paare zu unterscheiden, wobei das dritte selten Erwähnung findet:
- das homosexuelle Paar des Duells;
- das heterosexuelle Paar der Ehe;
- das transsexuelle Paar der Reise."(* S.49-50)

"Kurzum, das Verlangen des Passagiers nach Verpaarung mit seinem Reittier ist mit dem Übergangsritus der Heirat vergleichbar; ... Die Frau kommt von anderswoher, sie wird entführt, wobei zuweilen der tierische Vektor als Mittel solcher Übereignung dient; im alten China beispielsweise stellte der Transport der Verlobten im rituellen Wagen juristisch gesehen den eigentlichen Heiratsakt dar, was ein Hinweis darauf ist, in welchem Maße Reise und Hochzeit zusammengehören, als ob eine exogame Heirat lediglich Emblem einer gemeinsamen Reise von Fremden wäre."(* S.48)

An einer engen Biegung des Fjords erwischt Dich mein Seitenarm an der Mündung. Wir genießen die Stille in der Fahrgastzelle. In meiner blinden Phantasie sehe ich wie Du das Auto wild peitschend weitertreibst, spüre wie der Motorblock unter mir jegliche Hemmung verliert und der schreckhafte Horizont erneut in die Ferne flüchtet. Mit Vollgas auf den Wellenkämmen nach Feuerland.

"Im Führerstand ist unmittelbare Nähe ziemlich belanglos; es zählt einzig und allein, was in der Ferne liegt; im Verlauf der Reise wird die Vorwärtsbewegung von dem gesteuert, was vorne befindlich ist, wobei die Antriebsgeschwindigkeit ihren eigenen Horizont erzeugt; Je höher sie ist, desto ferner ist der Horizont."(* S.141)

Doch weil federleicht an Bord der Fähre wir nur schweben, legt das lila Blau der Kornblumen am Wegesrand sich über uns. Um den zarten Finger den Gummiring der ersten Nacht , über den wie Blütenblätter die Strahlen der Abendsonne Dir auf die Schenkel fallen. Die engen Ufer weiten sich zu breiten fruchtbaren Äckern und grünen Wiesen. Eine Autofahrt durch das Fjordland hat ihren Reiz. Atemberaubend: der Blick zurück ins tiefe Fjordtal.


* aus: Paul Virilio - Der negative Horziont Bewegung/Geschwindigkeit/Beschleunigung, 1989, Edition Akzente, Carl Hanser Verlag
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Dienstag, 18. Juni 2013
Menopause der Liebe
... wenn die Liebe nicht mehr blutet

Wie sehr hing ich an Deiner Seite und wie einseitig hast Du mich gesehen, wie hilflos waren Deine Drohungen und lehrreich ihre Folgen, wie sehr haben wir uns geliebt und wie selten hat es gestimmt. Du warst die Frau und der Mann für (m)ein Nachtleben, da die Augen schon leicht verwittert vom Tag. Augenblicke im Flimmerlicht. Und jede Nacht fiel ein weiterer welker Stern vom Himmel, bis wir uns nur noch in den schattigen Momenten trafen. Unsere Liebe, eine Liebe, deren Hauptattraktion ihr Bestehen war und letztendlich unweigerlich deren Bestandslosigkeit. Ein Stückchen Pustekuchen mit Sahne bei Gewitter.

In bodenlosen Räumen,
Gabst Du ihm Dein feuchtes Bäuchlein,
Schweißbedeckt und rußbenetzt.

In keuchenden Hallen,
Gabst Du ihm Dein seidenes Füßchen,
prall und unbefleckt.

Gabst ihm all Dein Leid,
Zöpfe, Würmer, Früchte,
In Kammern und Gemächern.

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Samstag, 15. Juni 2013
Geschenkte Zeit an eine Frau, die es nie gab
Meine Liebe zu Dir ist ein statistisches Meisterwerk an Versäumnissen, ein gelöschter Moment, eine Sprechblase im Vakuum, ein rückwirkender Verzicht. Meine Liebe zu Dir ist eine rostige Nebelmaschine, eine Entenfeder im Hahnenkamm, ein dahingesagtes Partout, eine misslungene Probeaufnahme.

Mein Liebe zu Dir ist ein rosiger Gewaltakt und ein peinlicher Abend in Rot, ein schlecht geleimter Satzbau, ein verwählter Notruf, eine vehemente Lethargie, ein schlecht verankerter Aufhänger für Missratenes. Meine Liebe zu Dir ist eine zeitweilige Verfügung, eine ans Vergessen gehaftete Hoffnung auf Amnesie, nieselnde Äuglein und ein seichter Tränenaufguss, abgestandnes Warten. Meine Liebe zu Dir ist der Krug, der zum Brunnen ging, und die Sterbeurkunde der totgeschlagenen Zeit. Erst als ich Deinen süßen Arsch von mir gehen sah, verstand ich die Frauenbewegung.

Oh, Zarah BenGutsi,
Du allativ gezirkte Bevina,
Einer ostilanen Ramamuse.

Du, von Schnirkeln gerilkte Bedonin,
Sernerer Klamotuken.

Ich grüße Dich, ich umarme Deine Worte, sieben Wochen nach Drei. Ich geselle mich zu mir selbst und esse die kalte Pizza, die für uns aus dem Ofen kam. Mein Leben hat keine Zeit mehr.
Wir saßen auf den Stufen und doch ist es immer ein Danach gewesen. Wir saßen, nie zugleich, den Parkplatz zu unseren Füßen. Abgestellte Tage, geparkte Tage, abgegriffen, rostig an der Unterseite, schon vergessen, ehe sie kamen.
Sieben Wochen danach schreibe ich Dir und hoffe, Dich wiederzusehen, hier, sieben Wochen später. Ich lebe sieben Wochen hinter Dir und fange Deine Tage, wie gezogene Löwenzähne im Wind. Pusteblume eben.
Schau zurück, hier, sieben Wochen hinter Dir, will ich warten auf dich - in einer Woche sind es acht.
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Sonntag, 9. Juni 2013

Geliebtes Gletscherguddi,
ich möchte mit dir durchschmelzen


Was hat denn das mit dem Küssen auf sich? Angeknabbere oder Speichelaustausch. Heute küsst man sich ja schnell mal überall hin, auch ganz ohne Grund. Wie bereits erwähnt, stamme ich aus einem Guss, wo, bei aller Liebe, Berührungen eher als negativ gewertet wurden. 'De Hand konnst ma gebn, wenn i stirb.' Bei der Einführung in meine mexikanische Gastfamilie war diese haptische Unterlegenheit denn auch der Grund, dass ich die Familienmama bei der kussreichen Begrüßung gleich mit einer Kopfnuss halb hingestreckt hatte. Wollen wir mal hoffen, daß Handabschlecken nur von Hunden betrieben wird, denn Handkuss ist wohl im Aussterben begriffen.

Aber klassisches Küssen, auf Lippen und/oder Mund. Welche Form der Kommunikation findet da statt? Chemisch, haptisch, fast wie bei Schnecken vermutlich.

Ein tiefer Blick in die verträumten Augen, schon fällt man über sich her, küßt sich, packt sich, presst die Lippen aufeinander und dringt dann gegenseitig in die Mundhöhle ein. Hier spalten sich die Gemüter. Denn wo beginnt er, der Spass, und wo hört er auf? Eine Art Degenfechten der Zungenmuskeln. So mancher versucht augenblicklich zum Gaumenzäpfchen in die Rachenhöhle vorzudringen, andere züngeln schon abwehrbereit auf der Lippeninnenseite. Oben wird mit der Zunge gerungen, unten bewegen sich die Leiber und Gliedmaßen entsprechend. Die Zunge mutiert zum Schwanz und vice versa, also andersrum.

Das geht mir zu schnell, will oft heissen, das werd ich nie tun. Wenn der unten so ist wie oben, oje. Wie ein magersüchtiges Chamäleon tastet er meine Mundhöhle ab, die Zunge schneller als Zorro's Degen. Andererseits durchweichen hormons&friends mit der Zeit mein Körpergewebe in einem Maße, daß selbst die ein oder andere Psychoschwelle negativer Erfahrungen überschritten wird. Ich habe Wunder gesehen, brennende Schiffe vor den Toren Orions, Scheidenkrämpfe und Gaumensegel im Samensturm. Nichts ist unmöglich.
Ein grantiges Servus muss auch mal genügen. Schon wirft sich der Gegenüber mit seinem Gemütstorso über mich und drückt mich wie einer dieser tödlichen Seebullen. Er wirft sich auf mich als wollte er mich niederringen und gleich hier nehmen. Er presst sein fremdes, schwabbliges Gesicht gegen das meine. Will er in mich hineinhören? Von hinten prasseln seine flachen Hände knapp über die Nieren. Entweder will er mir die Rippenansätze zersplittern oder er hat es auf meine Bandscheiben abgesehen. Dann löst er sich urplötzlich und gleitet wie ein toter Fisch an mir herunter, springt einen Schritt zurück und lächelt mich an mit einem mir immer noch fremden Honigkuchenlächeln. wie aus dem Nichts schießt seine Faust gegen meine und trifft sie mitten im Hängen, so dass sie wie ein Boxsack nach hinten ausschwingt.

Nee, diese moderne Nähe. Umschlingen, abschlecken, die Fäuste knallen lassen, High-5-s und Down-lows. Rette sich wer kann. Ich muss Sie warnen. Beim Küssen können Sie heutzutage auf so allerhand und allermund treffen. Menschliche Schlangenzungen, Metallringe und ähnliches Gestänge, lockere Brücken und hoffentlich nie ein Milchzahn. Nochmal für alle deutlich: Milchzähne küsst man nicht.

Der eine beisst, die andere hat Lippenkrämpfe, manche Herpes, wo man nicht genau weiss, ob man sich anhaften möchte. Wie Sie merken, spare ich die wirklich ekligen Sachen bewusst aus.
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