Mittwoch, 24. Juli 2013
Junge Haare und die Kurzen.
Die kurzen Haare, sie machen mich härter, rein aussehenmäßig, kantiger und desshalb auch jünger, vermutlich. Zumindest redet mich keiner mehr wie einen Opa an. Kaum 40 und schon fallen sie wie die Raben über dein Haar her. Da helfen dann eben kurze, Haare. Sind auch die Lichtungen nicht so ausgewiesen, als wäre man grade der Klausur entflohen.
Gut geölt im Sommer, aber bloß keine braune Haut, sonst sieht man die weissen Jahre, meinte ich, Haare hätte ich sagen sollen, auf hundert Meter. Raus aus der Sonne, denn auch schrumplige Haut wirkt auf junge Menschen, die einen nicht für einen feschen, rüstigen Jungalmwirt halten, als würden sie mir schon die Rente bezahlen, der ich dereinst erst ihr Master-Studium und anschließend ihre Akademikerarbeitslosigkeit bezahle und bezahlen werde.

Ihr hättet auch würdige Väter und Grossväter bekommen können, wenn ihr nicht solche Raubwanzen geworden wäret. So müssen wir uns als Junggebliebene verkleiden und verstecken, dass uns die Körperfresser, also ihr, nicht zu fassen bekommen. Junge Mädels mal erstklassig ausführen und sich in jede Mode stürzen, oder zumindest halbjährlich neue Drei-Streifen-Sneakers (siehe Anmerk.) kaufen, so dass zumindest für euch nichts mehr übrig bleibt als Schulden. Euch das Öl wegsaufen, dass ihr uns nicht mal mit eurem Halb-Liter-Auto im Rollstuhl überfahren könnt.

Wir konnten garnicht genügend Bananen und andere Südfrüchte anschippern, als dass wir eure Mäuler hätten füllen können. Erst jetzt merken wir, dass wir euch so mit Schokolade vollstopfen hätten sollen, dass ihr noch vor der Arbeitslosigkeit an Diabetis und Fettsucht dahinsiecht. Erst jetzt, da die Brüllaffen, also ihr, den Stall verlassen haben, versuchen wir es mit der althergebrachten Unterdrückung, durch Dritte. Outgesourcte Post-Edukation der verspätete Erziehungsnachtrag der vom Nachwuchs, also euch, gemarterten Umwelt. Was man selbst nicht so am Schirm hatte oder einem halt mal öfter die Hand ausgerutscht ist, liegt nun in den strengen Händen der Exekutive, Medizin, etc.

Kurze Haare und ein kantiges Gesicht, zwei Narben, eine Schusswunde, die wie eine Träne am Auge prangt. Das macht die Kurzen, also euch, kurz genug, so dass sie sich lieber an Umstehenden betätigen. Mittelhandknochenbruch und immer noch die Eisenschiene in der Handkante, wegen besoffen auf dem Fahrrad, ebenso eine klassische Boxerkrankheit wie der Skidaumen, wegen besoffen auf der Treppe.
Mit langen lichten Haaren sieht das alles nach dem aus, was es war; nach den Folgen eines Rausches. Mit fast abrasiert hat das mehr Kämpfer-Epos. Weltkrieg vielleicht nicht mehr, aber wie ein erfolgreicher Strassenkämpfer, einer der letzten Ehrlichen wie Bruce Willis. Wo sich Autorität nicht mehr mental vermitteln lässt, kommt der Körper zum Einsatz.


Anmerkung: ich bitte darum, den versteckten Hinweis auf den Wunsch der hartenlinie, für die nicht ausgesprochene Firma als Haus- und Hofschriftsteller tätig zu sein, als rein kontextbezogen zu betrachten. Drei hartelinien, das brüllt doch nach Zusammenarbeit. Was zusammengehört, muss usw. Die Wiedervereinigung, diesmal aber ohne Neue Heimat, sondern mit einem neuen Bauhaus. Das Zeitalter, als Schuh und Kunst wieder zusammengefunden haben. Und wenn Ihre PR-Abteilung etwas mehr auf Trab wäre, hätten wir das auch schon längst unter Dach und Fach.
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Mittwoch, 10. Juli 2013
Verkehrte Welt - eine Stadt macht dicht
Die Straße hält Bankett und alle sind dabei, die einen Parkplatz gefunden haben. Ich also nicht, denn seit das Gymnasium von gegenüber nun bis in die späten Abendstunden lehrt, bleiben auch die Parkplätze von jenen Autos okupiert, mit denen die Schülerschaft heutzutage zum Unterricht fährt. Wie soll man sich da um deren Zukunft kümmern? Sie wollen die Sintflut offensichtlich doch selbst, diese Brut aus eineiigen Familien.
Das sind die klassischen Nachgeburten eines Landes, das das Tempolimit durch Baustellen umsetzt, das ist also der ganz grosse Wurf eines Landes, das die Autobahngebühr nur desshalb noch nicht hat, weil sich diese noch nicht privatisieren lässt.

Die Innenstädte so versottet, dass der Luftfilter dicht macht, sehe ich durch den Dunst hindurch jene schülerischen Jungparker ihr Pausenbrot verzehren: Cordyceps-Törtchen. Das Blickfeld geschwängert von Feinstaub und gröberen Partikeln glotzt der männliche Nachwuchs den Puppen-Kernkeulen hinterher, dem Cordyceps militaris im kurzen Sporenröckchen. Wie Ameisen und Zigarettenstummel zeigen auch diese Zuchterfolge der Moderne, diese individualisierte Masse von Schülern eine gewisse Affinität zu Bordsteinen. Das Triumvirat der Straßenbegrenzung, Kippen, Ameisen und maskulines Jungvolk.

Ich steuere aus Sorge um das Bruttosozialprodukt im ersten Gang durch die engen Winkel und Gassen, dieser sonst so weitläufigen Stadt. Es ist der Boom des Lebensgefühls der einen, der dadurch geschaffen wird, dass man das Lebensgefühl der anderen erheblich einschränkt. Besonders deutlich wird dies an heissen Sommertagen, wenn ich nicht mehr nachhause komme, weil meine Autobahnausfahrt, die auch mit einem beliebten Badesee korreliert, wegen Überfüllung gesperrt wird. Was für ein Glück für die Badenden, dass Autos noch nicht schwimmen können.
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Mittwoch, 3. Juli 2013
Wissen Sie, was die Butterberghaltung im Sommer kostet?
- eine Reise ins schwarze Herz Europas.


Lassen Sie uns in dunklen Zeiten wie diesen den 'Cent', eine englische Maßeinheit in einer durch und durch nicht-anglizistischen Währungsunion, doch einfach in 'Heller' umbenennen. Das läge sprachlich ungefähr in gleicher Distanz zum Kalauer wie eine Reise nach Krisenland oder die 3-Cent-Krisenmarke der führenden Wirtschaftsmacht Europas. Endlich ein Billigprodukt nördlich des Frontex-Äquators, so man bei Gratisprodukten wie Freibier nicht unbedingt von billig sprechen kann. Können sich nun auch mal die Verarmten so richtig mit Wertmarken eindecken. Damit brechen wir in den chinesischen Markt ein wie ein Geldsack auf dünnem Eis. Volkswirtschaftlich macht diese Art der Opferverhöhnung jedoch keinen Sinn, wie das Alexander Dill bezüglich der Maßgrößenentscheidung für einen Preiscap als Anreizregulierung deutlich macht.

Im Schlandmaul, im Reich der Mitte und der Norm, hat sich nichts geändert. Vom zweiten 30jährigem Krieg, 1914 bis 1945, noch vollgefressen, reisst sich die Deutsche Industrienorm, das gesunde Wachstum der einen, seine nächsten Lämmer, auf der Seite der Lohnbeschäftigten. Obwohl die Schokoladenstückchen der Kriegsjahre das Giermaul noch verkleben, kommt nun der Heißhunger. Das Biest ist noch das gleiche, die gleichen Familien, nur zwei Generationen älter. Das Magenvolumen hat zugenommen, die Bedürfnisse sind gewachsen und die Tischmanieren haben sich geändert.

Während es früher noch hieß, dass man sich nicht ins eigene Körbchen scheisst, wird nun der eigene Wald gerodet, die landeseigene Arbeiter- und Angestelltenschaft ausgerottet und drauf geschissen, dass sich die Fahnenstangen biegen. Und die Lemminge laufen vom neuesten Smartphone gesteuert selbst zur Schlachtbank. Wie da eine Portoerhöhung von 5 Cent zu einer Unruhe in der Bevölkerung führen könnte, wäre mir rätselhaft. Die Preiserhöhungen bei Suchtstoffen und der Solidaritätstumor für die blühenden Wüsten tun weh, Kinoeintrittskarten, Energiepreise und 5 Euro für ein Glas Pinot Grigio 2012 aus dem Etschtal beim hiesigen Griechen. Aber 3 statt 5 Cent?

Wo früher noch verstohlen hinterzogen und eingesteckt wurde, hält heute Ali Baba und seine inzwischen 4000 Räuber wieder Hof. Von jedem kleinen Villenhügel herab wird wieder geraubrittert, mit Knebelverträgen, Fristen und Abmahnungen, mit fliegenden Gerichtsständen . Man muss fast den Eindruck gewinnen, als hätte die Bestie zwei Mäuler mit denen sie zwischen Geldpresse und Geldbeutel sitzend nach beiden Seiten hin sich den Wanst vollschlägt.

Es sollte selbst dem gerüstetstem Knecht im Lande klar sein, dass der Drachentöter, der durch seine Tat die Menschen aus der Umgebung vor Überfällen und Verwüstungen durch den feuerspeienden Drachen oder aus einer langanhaltenden Dürre befreit, diesmal nicht durch die Himmestüren herbeirauscht, sondern mit einem Konsumentenputsch auf die Bühne tritt, dass uns besser kein verdatterter Halbgott vom Olymp fällt, wie der Adi, und die ausgemachten Störsender eleminiert.
Ich bin zu tiefst schockiert von gequälten Lohnknechten zu hören, dass sie erstmal das eine % durchs Gas jagen würden, um dann zu schauen, was das nächste % mit seinem Vermögen macht. In Griechenland sprechen sie von den drei letzten Regierungen, in Italien würden sie das mit der aktuellen Regierung machen und allen, die in deren Telefonbüchern stünden (sieht man mal, wie stabil Italien, von der Regierung abgesehen, immer gewesen ist). Das wäre ein Gemetzel, für dessen Sättigung man auf das eine Prozent noch ein paar drauflegen müsste. Eine gewagte Reise, eine Wette, in 30 Tagen um die Welt.

Genau von solchen Gemetzeln allerdings nährt sich der Raubritter. Hier hat er Erfahrung, Il Principe, der Fürst, der Finsternis, hier fühlt er sich zuhause, der tödliche Virus der Gier. Ein Virus, der seine Großmutter zuallererst verkauft. So wirtschaftlich einfach, so machtpolitisch undurchführbar wäre es, einfach die Rente abzuschaffen, Einzahlung wie Auszahlung wie zukünftige Ansprüche. Wahlalter runter auf 12 und schon wäre das demokratisch umsetzbar. Denn nach Johannes Baader ist der Tod ... ein Märchen für Kinder, und der Glaube an Gott war eine Spielregel für das Menschenbewußtsein während der Zeit, da man nicht wußte, daß die Erde ein Stück des Himmels ist wie alles andere. Wer im noch rüstigem Leben schon sein Bayernticket mit dem eigenen Blut unterschrieben hat, sollte sich als Senior auch als solcher verhalten und nicht an der letzten Landkrume sich festkrallen wie ein krampfender Diabetiker. Da ist es nur fair, wenn wir dem Ahnenkult auch wieder Futter geben. Wie soll man denn jemanden als Ahnen verehren, wenn er nicht stirbt?

Wenn uns da keine Mutter Courage aus der Bresche hilft, wird uns dieser virale Abschaum an Herrscherelite, der auf dem Freibier schwimmt, noch ins Unglück treiben. Mordeo und Gezeder, jeden gegen jeden.
Wieder wider der Gewalt! Dieses doch eigentlich Flüchtige, das sich dennoch endlos zu halten versucht, das uns Salz in die Suppe und ins Bier zu schütten sucht, um auf Ewig das Goldene zu verdecken, das Eigentliche, das Freibier. Trinken Sie die Milch der Milchstrasse, wie Johannes Baader sagt:Die Menschen sind Engel und leben im Himmel. Im Biergarten Eden, dem Freibiergarten der keinen Eintritt kostet, wo selbst für die Ältesten immer ein Plätzchen frei ist.

Durch so viel Schaum mich zu trinken, um den hierfür notwendigen Rausch zu erreichen. Da schiebt der eine oder andere schon mal einen Kurzen dazwischen und das macht wieder aggresiv. Ist doch alles verteufelt ...
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Dienstag, 2. Juli 2013
Alle Wege führen nach Uscita
Viele Lieben beginnen mit einer Tunneleinfahrt. Begleitet von magnetischen Lichtstreifen, manchmal auch unbeleuchtet, rast der Personenraum entlang der monologen Strecke im festen Glauben an das Licht am Ende des Tunnels. Doch nicht selten handelt es sich hierbei um die Höhle eines Raubtiers, an dessen hinterster Wand die Liebe zerschellt.

Ich aber muss mich Hundeflöhen trösten. Bepfotet und bekrallt werde ich von einer versotteten, räudigen Hundeliebe. Rundum Orgie. Käfer, Fliegen, Eidechsen, Schmetterlinge sich begattend als wäre es der letzte Tag. Das Vögeln in der Luft und der dunkle Sex der Regenwürmer. Allen sei es gegönnt, ausser den Plagegeistern in meinem Dach, die aus Liebe zu Höhlen die Stollen immer weiter in meine Isolierung treiben.

Keine Schockmenstruation, sondern das falsche Kaliber
Fünf Minuten nur möcht ich mit Dir in einem Meer aus Küssen schwimmen, möcht ich mit Dir im Gliedergerenk versinken.

Wie ein rohes Ei will ich Dich behandeln. Deine Schale knacken, in siedendes Öl Dich werfen, mit Gewürzen bewerfen und bestreuen, Dich wenden und schaben und letztendlich verzehren. Am Eigelb lecken und Eiweiß schlabbern. Dich m-Ei-n.

Nur ich darbe in unseliger Singularität - besprungen und bestiegen zwar von Heuschrecken und Ameisen, doch in einer unschmeichelhaften Art und Weise.

Seien wir uns doch ehrlich: der Sex ist eigentlich nur das Vorpiel zur Fütterung, der erste Gang des unbezahlbaren Gelages, das, weil so zeitintensiv, nicht unbedingt kostengünstig ist, das zwischen dem Füttern und Hegen, zwischen pflegen und betüteln nur wenig Zeit für Zärtlichkeit lässt. In der Höhle des Raubtiers wird vorwiegend gefressen und gestorben, und nicht gefickt.
So ist es kein Fehler, sich frühzeitig mit Begrifflichkeiten wie Einfahrt und Ausfahrt, Vorfahrt und Vorsicht, mit 'auf Glück' und 'Glück auf' vertraut zu machen. Denn die Naschereien der Liebe sind kein Zuckerschlecken.
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Sonntag, 23. Juni 2013
Im roten Dirndl nach Feuerland
- eine imaginäre Reise durch die Fjorde des negativen Horzionts

"Der Mann ist Passagier der Frau, nicht nur bei der Geburt, sondern auch bei ihren sexuellen Beziehungen, ... In diesem Sinne ist die Frau das erste Transportmittel der Gattung, ihr allererstes Vehikel, das zweite wäre das Reittier, ... Von der Jagd auf das Tier zur unmittelbaren Nahrungsbeschaffung geht man zur Jagd auf die Frau in Erwartung der Jagd auf den Mann über."(* S.29)

Wir aber fahren nicht in den Krieg, sondern nach Feuerland, und essen blutige Steaks. Eine Reise in Rot, von Kopf bis Fuß.

"Es liegt nahe, drei Paare zu unterscheiden, wobei das dritte selten Erwähnung findet:
- das homosexuelle Paar des Duells;
- das heterosexuelle Paar der Ehe;
- das transsexuelle Paar der Reise."(* S.49-50)

"Kurzum, das Verlangen des Passagiers nach Verpaarung mit seinem Reittier ist mit dem Übergangsritus der Heirat vergleichbar; ... Die Frau kommt von anderswoher, sie wird entführt, wobei zuweilen der tierische Vektor als Mittel solcher Übereignung dient; im alten China beispielsweise stellte der Transport der Verlobten im rituellen Wagen juristisch gesehen den eigentlichen Heiratsakt dar, was ein Hinweis darauf ist, in welchem Maße Reise und Hochzeit zusammengehören, als ob eine exogame Heirat lediglich Emblem einer gemeinsamen Reise von Fremden wäre."(* S.48)

An einer engen Biegung des Fjords erwischt Dich mein Seitenarm an der Mündung. Wir genießen die Stille in der Fahrgastzelle. In meiner blinden Phantasie sehe ich wie Du das Auto wild peitschend weitertreibst, spüre wie der Motorblock unter mir jegliche Hemmung verliert und der schreckhafte Horizont erneut in die Ferne flüchtet. Mit Vollgas auf den Wellenkämmen nach Feuerland.

"Im Führerstand ist unmittelbare Nähe ziemlich belanglos; es zählt einzig und allein, was in der Ferne liegt; im Verlauf der Reise wird die Vorwärtsbewegung von dem gesteuert, was vorne befindlich ist, wobei die Antriebsgeschwindigkeit ihren eigenen Horizont erzeugt; Je höher sie ist, desto ferner ist der Horizont."(* S.141)

Doch weil federleicht an Bord der Fähre wir nur schweben, legt das lila Blau der Kornblumen am Wegesrand sich über uns. Um den zarten Finger den Gummiring der ersten Nacht , über den wie Blütenblätter die Strahlen der Abendsonne Dir auf die Schenkel fallen. Die engen Ufer weiten sich zu breiten fruchtbaren Äckern und grünen Wiesen. Eine Autofahrt durch das Fjordland hat ihren Reiz. Atemberaubend: der Blick zurück ins tiefe Fjordtal.


* aus: Paul Virilio - Der negative Horziont Bewegung/Geschwindigkeit/Beschleunigung, 1989, Edition Akzente, Carl Hanser Verlag
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Dienstag, 18. Juni 2013
Menopause der Liebe
... wenn die Liebe nicht mehr blutet

Wie sehr hing ich an Deiner Seite und wie einseitig hast Du mich gesehen, wie hilflos waren Deine Drohungen und lehrreich ihre Folgen, wie sehr haben wir uns geliebt und wie selten hat es gestimmt. Du warst die Frau und der Mann für (m)ein Nachtleben, da die Augen schon leicht verwittert vom Tag. Augenblicke im Flimmerlicht. Und jede Nacht fiel ein weiterer welker Stern vom Himmel, bis wir uns nur noch in den schattigen Momenten trafen. Unsere Liebe, eine Liebe, deren Hauptattraktion ihr Bestehen war und letztendlich unweigerlich deren Bestandslosigkeit. Ein Stückchen Pustekuchen mit Sahne bei Gewitter.

In bodenlosen Räumen,
Gabst Du ihm Dein feuchtes Bäuchlein,
Schweißbedeckt und rußbenetzt.

In keuchenden Hallen,
Gabst Du ihm Dein seidenes Füßchen,
prall und unbefleckt.

Gabst ihm all Dein Leid,
Zöpfe, Würmer, Früchte,
In Kammern und Gemächern.

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Samstag, 15. Juni 2013
Geschenkte Zeit an eine Frau, die es nie gab
Meine Liebe zu Dir ist ein statistisches Meisterwerk an Versäumnissen, ein gelöschter Moment, eine Sprechblase im Vakuum, ein rückwirkender Verzicht. Meine Liebe zu Dir ist eine rostige Nebelmaschine, eine Entenfeder im Hahnenkamm, ein dahingesagtes Partout, eine misslungene Probeaufnahme.

Mein Liebe zu Dir ist ein rosiger Gewaltakt und ein peinlicher Abend in Rot, ein schlecht geleimter Satzbau, ein verwählter Notruf, eine vehemente Lethargie, ein schlecht verankerter Aufhänger für Missratenes. Meine Liebe zu Dir ist eine zeitweilige Verfügung, eine ans Vergessen gehaftete Hoffnung auf Amnesie, nieselnde Äuglein und ein seichter Tränenaufguss, abgestandnes Warten. Meine Liebe zu Dir ist der Krug, der zum Brunnen ging, und die Sterbeurkunde der totgeschlagenen Zeit. Erst als ich Deinen süßen Arsch von mir gehen sah, verstand ich die Frauenbewegung.

Oh, Zarah BenGutsi,
Du allativ gezirkte Bevina,
Einer ostilanen Ramamuse.

Du, von Schnirkeln gerilkte Bedonin,
Sernerer Klamotuken.

Ich grüße Dich, ich umarme Deine Worte, sieben Wochen nach Drei. Ich geselle mich zu mir selbst und esse die kalte Pizza, die für uns aus dem Ofen kam. Mein Leben hat keine Zeit mehr.
Wir saßen auf den Stufen und doch ist es immer ein Danach gewesen. Wir saßen, nie zugleich, den Parkplatz zu unseren Füßen. Abgestellte Tage, geparkte Tage, abgegriffen, rostig an der Unterseite, schon vergessen, ehe sie kamen.
Sieben Wochen danach schreibe ich Dir und hoffe, Dich wiederzusehen, hier, sieben Wochen später. Ich lebe sieben Wochen hinter Dir und fange Deine Tage, wie gezogene Löwenzähne im Wind. Pusteblume eben.
Schau zurück, hier, sieben Wochen hinter Dir, will ich warten auf dich - in einer Woche sind es acht.
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Sonntag, 9. Juni 2013

Geliebtes Gletscherguddi,
ich möchte mit dir durchschmelzen


Was hat denn das mit dem Küssen auf sich? Angeknabbere oder Speichelaustausch. Heute küsst man sich ja schnell mal überall hin, auch ganz ohne Grund. Wie bereits erwähnt, stamme ich aus einem Guss, wo, bei aller Liebe, Berührungen eher als negativ gewertet wurden. 'De Hand konnst ma gebn, wenn i stirb.' Bei der Einführung in meine mexikanische Gastfamilie war diese haptische Unterlegenheit denn auch der Grund, dass ich die Familienmama bei der kussreichen Begrüßung gleich mit einer Kopfnuss halb hingestreckt hatte. Wollen wir mal hoffen, daß Handabschlecken nur von Hunden betrieben wird, denn Handkuss ist wohl im Aussterben begriffen.

Aber klassisches Küssen, auf Lippen und/oder Mund. Welche Form der Kommunikation findet da statt? Chemisch, haptisch, fast wie bei Schnecken vermutlich.

Ein tiefer Blick in die verträumten Augen, schon fällt man über sich her, küßt sich, packt sich, presst die Lippen aufeinander und dringt dann gegenseitig in die Mundhöhle ein. Hier spalten sich die Gemüter. Denn wo beginnt er, der Spass, und wo hört er auf? Eine Art Degenfechten der Zungenmuskeln. So mancher versucht augenblicklich zum Gaumenzäpfchen in die Rachenhöhle vorzudringen, andere züngeln schon abwehrbereit auf der Lippeninnenseite. Oben wird mit der Zunge gerungen, unten bewegen sich die Leiber und Gliedmaßen entsprechend. Die Zunge mutiert zum Schwanz und vice versa, also andersrum.

Das geht mir zu schnell, will oft heissen, das werd ich nie tun. Wenn der unten so ist wie oben, oje. Wie ein magersüchtiges Chamäleon tastet er meine Mundhöhle ab, die Zunge schneller als Zorro's Degen. Andererseits durchweichen hormons&friends mit der Zeit mein Körpergewebe in einem Maße, daß selbst die ein oder andere Psychoschwelle negativer Erfahrungen überschritten wird. Ich habe Wunder gesehen, brennende Schiffe vor den Toren Orions, Scheidenkrämpfe und Gaumensegel im Samensturm. Nichts ist unmöglich.
Ein grantiges Servus muss auch mal genügen. Schon wirft sich der Gegenüber mit seinem Gemütstorso über mich und drückt mich wie einer dieser tödlichen Seebullen. Er wirft sich auf mich als wollte er mich niederringen und gleich hier nehmen. Er presst sein fremdes, schwabbliges Gesicht gegen das meine. Will er in mich hineinhören? Von hinten prasseln seine flachen Hände knapp über die Nieren. Entweder will er mir die Rippenansätze zersplittern oder er hat es auf meine Bandscheiben abgesehen. Dann löst er sich urplötzlich und gleitet wie ein toter Fisch an mir herunter, springt einen Schritt zurück und lächelt mich an mit einem mir immer noch fremden Honigkuchenlächeln. wie aus dem Nichts schießt seine Faust gegen meine und trifft sie mitten im Hängen, so dass sie wie ein Boxsack nach hinten ausschwingt.

Nee, diese moderne Nähe. Umschlingen, abschlecken, die Fäuste knallen lassen, High-5-s und Down-lows. Rette sich wer kann. Ich muss Sie warnen. Beim Küssen können Sie heutzutage auf so allerhand und allermund treffen. Menschliche Schlangenzungen, Metallringe und ähnliches Gestänge, lockere Brücken und hoffentlich nie ein Milchzahn. Nochmal für alle deutlich: Milchzähne küsst man nicht.

Der eine beisst, die andere hat Lippenkrämpfe, manche Herpes, wo man nicht genau weiss, ob man sich anhaften möchte. Wie Sie merken, spare ich die wirklich ekligen Sachen bewusst aus.
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Mittwoch, 5. Juni 2013
Die Lösung der Problemfragen
Wenn das Leben von Beckenbodengymnastik durchzogen ist. Einem Becken wie ein Brückenlegepanzer, wo ne ganze Familie Platz haben muss. Am Beckenrand seines eigenen Lebens sich zu befinden, wo die Stubenfliege auf dem Frühstücksbrot besseren Sex hat als man selbst zurückdenken könnte.
Einem Leben mit Kontakten wie ein Spinnennetz, nur im Gegensatz zu diesem auch entsprechenden Verpflichtungen. Kindern, die als Frühgeburt kommen und selbst nach dem Studium nicht den Anschein machen jemals zu verschwinden. Und sollte dies dennoch jemals geschehen - die Beine sind schliesslich nicht für die Zerschmetterung der Bauchwand gedacht, sondern für das anschliessende Draufstehen - dann bläht sich ihr zurückgelassenes Hab und mehr oder weniger Gut in einer Art und Weise auf, dass man in den eigenen vier Wänden zwangsläufig zur Lagerhalle mutiert. Ein Kind wächst nicht nur in körperlicher Grösse, sondern vorwiegend an Einfluss und sogenannter Selbstbestimmung. Erst sind es nur die Haare am Kopf, später reissen sie dir wie Geier die Rippen aus dem Leib lange bevor du Aas bist.

Irgendwie muss ich nun die Kurve zu den Problemfragen kriegen. Und das ist kein Leichtes, denn auf die Frage, ob die Erde rund sei, muss man erstmal kommen. Man muss erstmal erkennen, das sich an dieser oder jener Stelle eine Frage überhaupt stellen liesse. In dem oben beschriebenen Zustand des metaphysischen Verkümmerns sucht man wie ein Ertrinkender nicht nach Lösungen, sondern nach Oberflächen, Wasseroberflächen oder jenen mir unbekannten Antipoden von Luftlöchern in einem Vakuum.

Was heisst schon, sich selbst wieder spüren - von Bedürfnissen mal ganz zu schweigen. Was spürt man schon nach diesen zeckenartigen Angriffen der Balge, dem Zerren und Stossen, den Schlägen gegen das von diesen schon verholzte Schienbein und oft auch feige von hinten ins Wadenbein - ich vermute, bei mir kommen die Krampfadern hiervon. Das Leben nur noch ein blasses Lichtlein im Umfeld der ständigen Eskalation.

Und Deutschland sucht die Supermama, nur daß sich diese auf den grossen Bildschirmen und Leinwänden nicht mehr in gewünschter Schärfe darstellen lässt, so zusammengeschrumpelt wie sie ist. Erbrechen, Nachtschwitzen, hormonelle Dysfunktion und Alkoholunverträglichkeit, wo man diesen doch am nötigsten hätte. Das ist bekanntermassen die B-Symptomatik einer schweren Erkrankung wie der Elternschaft. Es stellen sich folglich keine Problemfragen, denn es gibt auch keine Lösungen. Schönen Tag noch.
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Montag, 3. Juni 2013
Ode an die Sickerrigole
Wenn schon Jahrhunderthochwasser, dann doch lieber gleich zwei Meter mehr und eine Jahrtausendkatastrophe. Wenn es natürlich der kleinste gemeinsame Nenner sein soll, will ich mich nicht sperren. Aber warum bei 11 Meter Donau aufgeben. Gebt der Presse, was sie braucht: eine Milleniumsflut.

Der kälteste Februar, der meiste Schnee und jedes Jahr aufs Neuste ein Jahrhundertrekord. Ein noch wachsendes Kind wird zwar jedes Jahr nochmals größer als man selbst, dennoch spricht man für gewöhnlich nicht von Rekorden. Das läßt auf eine Entwicklung schließen. Eine ansteigende Kurve, die irgendwie auch in jedem Punkt einen Superlativ darstellt und trotzdem einfach nur ein wenig mehr als letztes Jahr ist. So haben wir dieses Jahr so viele von uns auf dem kleinen Planeten wie noch nie, seit Menschengedenken.

Auf jeden Fall ist es das schlechteste Erdbeerjahr seit ich Marmelade mache. Mit der 'Flotten Lotte' für die Gelee-Ausgabe wird dieses Jahr nicht mehr viel passiert. Dem Rhabarber gehen solche Umwelteinflüsse scheinbar am Arsch vorbei oder es ist seine dicke Blätterschicht, sein grüner Kuppeldom, den nichts durchdringt. Rhabarber ist eben jedes Jahr Jahrhundertrhabarber.

Ob Fische das überhaupt bemerken, dieses Hochwasser. Ihr Lebensraum hat sich ja offensichtlich ausgedehnt. Wenn also schon die Ernte nicht 100jährig wird, so wird es denn vielleicht der Fang. Rein evolutionärstechnisch wäre es an der Zeit, daß sich auch mal ein Randsteinbarsch oder ein Seitenstreifenhecht ausbildete. Selbst dem Regenwurm wird es zu staunässig, dort unten im Erdreich, und so kriecht er kreuz und quer über die Wiese. Ich kann das gut beurteilen, nachdem ich seit Tagen nur Sickerrigolen grabe.

Im übertragenen Sinne habe ich das mein ganzes Leben schon getan. Ich war immer schon eine Art Gulli im Volkskörpergewebe, als Sach- und als Sozialarbeiter, als Gärtner, eigentlich in jeder Arbeit. Das Zeuch sollte immer nur wech. Aus den Augen, aus dem Sinn. Und immer am besten unter die Erde, wenn kein Teppich zur Hand war. Aber man tut's, denn schließlich möchte man auf Urlaubs-, Weihnachts- und sonstige Prämien nicht verzichten. Und so grabe und steche ich in die Welt des Regenwurms, seinen vom vielen Wasser verdichteten Lebensraum. Sickerrigole um Sickerrigole. Wer schaltet dieser Tage nicht einfach auf Durchfluss?! -:
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Donnerstag, 30. Mai 2013
Schneckentod
Noch etwas betäubt von der Mai-Eiszeit stolpere, rutsche ich halbblind durch meinen beschaulichen, von Frieden gesättigten Garten ... krack, die erste Schneck. Die Schleimspur weitet sich ob meines Imprints beträchtlich aus.

Wer sich nicht an meine Spielregeln hält ... Jahrelang habe ich versucht mit ihnen zu sprechen, ihnen gut zuzureden, wie ich das auch mit Pflanzen, wie dem Girsch, tue. Aber wer nicht hören will muss fühlen. Krack.

Ich erkläre den Schnecken den Krieg. Feindliche Kombatanten, die ich, seit das alle so machen, nicht mehr in Haft nehme, sondern vor Ort und auf der Stelle liquidiere. Ein letaler Ausfallschritt oder die Salzbombe.

Ich fühle mich wie eine Ansammlung blauer Kügelchen. Wie das Michelin-Männchen, nur aus Blaukorn - ich bin der Schneckentod. Ob mit, ob ohne eigenes Haus, ich bin kein Campingplatz. Und wer behauptet, daß hinter einer Schleimspur auch nur die Spur eines guten Willens steckte, naja ... krack.
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Donnerstag, 23. Mai 2013
Die Suche nach den Jahreszeiten
Ein paar abschließende Worte zum diesjährigen Sommer

... kann man mal sehen, was aus einer vielgepriesenen Klimaerwärmung so werden kann. Ein Sommer, der am Gefrierpunkt schrammt. Eine Auswanderungswelle selbst der heimischen Botanik ist zu befürchten.
In den wenigen Minuten, in denen die Sonne sich ans Tageslicht kämpft, heizt sie, was das Zeug hält, aber schon Sekunden später schiebt sich erneut ein Wolkenband vor unser Gemüt. Selbst die sonst so bunte Innenstadt verliert ihre Farben. Abgewaschen und starr vor Kälte wirken die sonst so saftigen Wiesen wie eine Brachlandschaft.
Neben den Finanzen und der Arbeitswelt erleidet nun auch noch das Wetter eine Krise. D.h. die Krise erleiden natürlich wir - den Finanzen und dem Wetter ist es herzlich egal. Nicht so der Pflanzenwelt. (*)
Wie ich Evolution sehe, wäre eine zweite Garde Schneeglöckchen angesagt. Den Namen 'Pfingstrose' dürfen wir wohl getrost streichen, die fauligen Erdbeeren dann im Spätsommer aus den Büschen kratzen und braune Tomaten, vom hilflosen Kupferoxyd blau gesprenkelt, im ersten Schnee ernten. Warum sind wir darauf nicht vorbereitet gewesen, warum haben wir nicht mehr Winterblumen? Vielleicht haben sie ja schon war in der Schublade und in den Laboren.
Eine Schneelandschaft muß man nicht mähen. Wenn sie oft genug fällt, die weiße Schneepracht, gibt es weniger Matsch und alles bleibt schön weiß. Fehlt eigentlich nur der Blumenteppich darüber. Besagte Schneeglöckchen hätten wir ja schon, wenngleich diese farbentechnisch weniger der Renner sind. Und sonst? Unterirdischen Winterradi und blasse Erika, oder wie dieses Unkraut heißt, das mehr wie Schmutz denn Pflanze aussieht. Wir können menschliche Ohren züchten, aber keine winterharten Rosen - das kann mir doch keiner erzählen, daß hier nicht schwerwiegende Fehler gemacht wurden.
Die Gletscher schmelzen und weil Kälte immer nach unten fällt, erfrieren wir nun in der Tiefebene. Die Energieunternehmen reiben sich die Hände und in den Fruchtkörben der Supermärkte dürften sie den Salat jetzt schon um die 3 Euros auspreisen. Nicht etwa, weil es in den beheizten Gewächshäusern zu Problemen gekommen wäre, sondern einfach weil sie so habgierig und unverschämt sind, das die eigentlich Eiszeit aus ihren Herzen kommt. Und weil ein so geräumiges Parlament, wie das deutsche, schwierig zu heizen ist, werden wir auf die steuerliche Kältezulage nicht lange warten müssen. Im Sinne des Energieerhaltungssatzes müssten manche Kassen klingeln, wenn es vielen kalt reingeht. Eiszeit und das Öl ist alle. Vielleicht wird es die erste Eiszeit, in der es heißt hergeht. Letztendlich hat er dann doch gewonnen, der Russe, wenn uns Sibirien überrollt - mit Vollgas.
Da unser dürftiger Planet aber kein geschlossenes System, ist es sicher nicht allzu futopisch [sic] zu denken, daß sich da der ein oder andere schon mal das Weltall für eine spätere Ansiedlung vorheizt.
Dem Fortschritt stets blind folgend, werden wir demnächst nur noch Jahrhundertwinter fahren; einen nach dem anderen. Einsparungen bei den Jahreszeiten. Statt vier nur noch zwei, Herbst und Winter. Das kommt davon, wenn man stets von (dieser linkslastigen) Permakultur redet. Das gesprochene, aber auch das gedachte Wort evoziert sich selbst. Wer an Permakultur denkt oder gar davon spricht, wird den Permafrost bekommen. Wer Perma säht, wird Perma ernten, mein lieber Hobbygärtner.
Friede den Tüten, Krieg den Päbsten ;) nee, im Ernst, Krieg den Gärten, Friede den Feldern und Hainen.

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Freitag, 17. Mai 2013
Böse sein verboten
So kann man das natürlich auch angehen. Laut einer Umfrage werden viele Benutzer von Facebook oder anderen virtuellen Netzen darin beleidigt oder mehr. Das ist offenbar nicht gut. Wir wollen, daß alle zueinander lieb sind. Wenn gut zureden nicht hilft, dann müssen wir das eben gesetzlich regeln. Wenn mit der Ex-Freundin der halbe Bekanntenkreis wegbricht und ihr darin recht gibt, daß es sich bei ihm offensichtlich um ein Arschloch handelt, dann könnten sie das doch einfach für sich behalten und allen wäre geholfen - außer ihnen selbst. Bei anderen wiederum, die es nie zu einer Freundin geschafft haben, greift der Gedanke des Minderheitenschutzes. Das können dann 90% als diktatorisch empfinden, aber unser Rechtsempfinden ist dadurch wieder in der Balance.

Ist schlimm genug, daß sich immer mehr hinter Social Media und Bloggerseiten verstecken, weil sie aus Angst vor Beleidigungen den öffentlichen Raum zunehmend meiden. Da sollten wir sie wohl wenigstens hier beschützen. Will man sich garnicht ausmalen, wieviel Leid und Traumatisierung schon allein durch Anhupen verursacht wird. Da wollen wir das im Virtuellen mal garnicht einreißen lassen. Schließlich ist es ja auch verboten, im Arbeitszeugnis wörtlich reinzuschreiben, daß es sich um einen faulen Arbeiter handelt, der regelmäßig zu spät gekommen ist, mit Ausreden, die noch dümmer sind als er selbst.

Verboten gehört der Gedanke, daß es manche ganz einfach verdient haben und froh sein können, daß es nur ein Shitstorm ist - und nicht gleich das Haus angezündet, wie das beim Haberfeldtreiben wohl schon auch mal vorgekommen ist. Verboten und sanktioniert gehört der Trugschluß, daß hier über die Hintertür eine neue soziale Norm zementiert werden soll, die besagt, daß man seine Wut und seinen Ärger nicht mehr öffentlich äußern darf.

So oder so ähnlich scheint das zumindest die bayrische Justizministerin zu sehen, wenn sie wie ein Kind in der Analphase mit dem Shitstorm den Teufel Social Media an die Wand malt, während vom Zufall geleitet die Kollegen von der Polizei die hauseigene Kritikerin im Falle Mollath, Frau Gresser, aufsuchen, um ihr nahezulegen, besser nichts mehr zu Veranstaltungen der Justizministerin zu twittern. Zum Thema Shitstorm sollte sich Frau Merk bis in post-mollathsche Zeiten besser nicht mehr äussern.
Ist doch irre. Wegen einem Fall Mollath schlägt noch der Bürgerkrieg wie der Blitz in die CSU ein.
Dazu ein paar kluge Worte aus "Upright man - von Bill Laswell":
They looked but there was not the safe
they looked to the lord but he did not answer them
then I beat them as small as the dust of the earth
I stamped them like the mire of the street
and spread them abroad.

Das spitzfindige für mich ist die Tatsache, daß es Kollegen aus Ottobrunn waren, die sich auf wessen Dienstanweisung auch immer genötigt sahen, Frau Gresser mal einen Hausbesuch abzustatten.

Denn bei der Münchner Polizei sprach man schon 1999 vom organisierten Erbrechen. Zumindest kamen da einige dickere Brocken hoch. Ich fand und finde meine damalige Polizeiinspektion ja sehr ... lustig, bayrisch, zünftig. Bayrischer Großstadtrand. Da gabs früher noch einen Getränkeautomaten mit Bier und dann der große, mir sehr sympatische Knaller mit dem Preisschießen auf dem Revier. Cowboymäßig, aber ungefährlich. Leben und leben lassen.

Ottobrunn ist da anders. Ein kosmisch scheinbar schlecht gelegener Aussenbezirk, wie auch Taufkirchen, wenn ich das hier mal so offen sagen darf. Denn hier kommt es zu Auswüchsen, die eben nicht mehr so gemütlich mit der bayrischen Lebensart erklärt werden können. Oder letztendlich doch? 1999 schafften es vier Kollegen von der PI Ottobrunn wegen Beihilfe zu Menschenhandel, Zuhälterei, Bestechlichkeit, Geheimnisverrat und Drogenhandel in die Schlagzeilen, nachdem sie über Jahre hinweg sozusagen ihr eigenes Bordell betrieben.

Wenn Ottobrunn zu Besuch kommt, Frau Gresser, dann dürfen sie sich glücklich schätzen, jetzt nicht an einer schleimigen Eisenstange herunterrutschen und auf Tischen tanzen zu müssen. Nur mal ne SMS löschen, da hat sich was getan in Ottobrunn. Aber andernorts. Desshalb vermeide ich so weit es geht, mich mit medialen Gutmenschen anzulegen. Denn nach dem Energieerhaltungssatz des kleinen Mannes, muß es, wo es oben ganz sauber ist, unten sehr schmutzig sein.

Für Münchner gänzlich unbekömmlich ist die Tatsache, dass es sich bei der bayrischen Justizministerin Merk um eine preussische Schwäbin handelt. Nennen Sie es meinetwegen rassistisch, auf jeden Fall ein böses Omen. Das sind die, die sich durch die Hölle klagen, die harten Hunde, die ihr eigenes Leben nicht schreckt. Wie verletzte Wildschweine noch umnieten, was geht. Angeschossen sind die am schlimmsten.

Als wären es die normalen Bürger, die sich gegenseitig mit Shitstorms überschütten und am liebsten gegeseitig auffressen würden, versucht ein zu Staat geronnener Lobby-Apparat uns seinen Schutz einzureden und aufzudrücken, der uns letztendlich wirklich auffrisst. Wer schützt hier wen vor Gustl Mollath?
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Donnerstag, 16. Mai 2013
Der Tod ist eine Endung Kapitel 1 Absatz 11
Es ist der 22.Juni 2012. “L’aquila e il condor” im Teatro Anfitrione, Via di San Saba 24, zwischen der Pyramide und dem Zirkus Maximus, hoch auf dem Aventin..
Alfredo di Stefano liest, ich vermute mal, aus seinem Buch. Was will ein Mann mit seiner Geschichte noch Umwerfendes verraten auf seine alten Tage hin. Ich hau mir lieber ne Pizza nebenan bei Angeli & Diavoli rein und passe ihn am Ende des Vortrags ab. Heute 76. Ein freundlicher Herr mit Seitenscheitel und einer eher weniger faschistischen Krüke. Die Oberlippe entenmäßig und einem südlichen Dialekt.

Eine Zeitreise, denn hier steht sie still. Es sind zumeist noch die alten Gestalten wie eh und je. Die Drahtzieher. Ihre Financiers im Hintergrund, von Francois Genoud, dem schwarzen Financier, mal abgesehen, Nachlassverwalter von Goebbels und Bormann, der auch die Verteidiger von Adolf Eichmann, Klaus Barbie und dem Topterroristen Carlos finanzierte - die feine Gesellschaft will dabei lieber nicht erwischt werden. Die wenigen, die finanziell die Sache am laufen halten, die der Soldaten Sold zahlen, tun dies eigentlich nur, um sich abzusichern, daß ihre eigenen Fäden nicht gezogen werden. Strategisch bringen sie sich lieber nicht ein. Dafür gibt es uns Spezialisten und Generäle wie jenen Alfredo di Stefano.

Von Ordine Nuovo (nicht oder vielleicht gerade deswegen zu verwechseln mit Gramscis gleichnamiger Wochenzeitung) zur Avanguardia Nazionale. Nicht nachweislich genug beteiligt an Attentaten wie dem Bombenanschlag auf der Piazza Fontana in Mailand und auf den Bahnhof von Bologna 1980. Ein Mitkämpfer des schwarzen Prinzen, Junio Valerio Borghese, beim versuchten Staatsstreich 1970 in Italien und Otto Skorzenys, der Delta-Force Hitlers, zusammen in der Palladin Gruppe gegen alles, was nach Kommunist riecht, und mit ihm später auch in Lateinamerika fleissig am foltern und töten. Selbstverständlich Mitglied in der italienischen Schattenregierung der bleiernen Jahre, der Loge Propaganda Due unter der Leitung des Matratzenfabrikanten Licio Gelli.


Ein Faschist der zweiten Generation mit besten Referenzen also, dieser Alfredo di Stefano. Beste Kontakte in Italien und noch unverbranntere in Südamerika, speziell in Argentinien und Bolivien. Inzwischen im inaktiven Dienst. Keine Tatorte mehr und keinen Verfolger, keine Paranoia mehr, aber eben auch nicht mehr der Kick. Wer schon Bücher schreiben muß, nur um die Zeit zu füllen, dem muß langweilig sein. Vielleicht läßt er aber auch nur nochmal den öffentlichen Teil seiner Terrorkarriere Revue passieren. Ist er einfach nur froh, daß nicht mehr viel passiert oder was für Ziele hat man mit knapp 80?
Unser Gespräch konzentriert sich auf das Wesentliche. Er weiß, daß ich für befreundete Dienste die Hintergründe für den Castor-Anschlag aufdecken soll. Wie das Gaby Weber schon öffentlich gemacht hat, wurden ähnliche ziviltechnischen Atombomben, die sogenannten Mini-Nukes, im Rahmen der Operation Plowshare bis 1960 entgegen dem Testmoratorium in der Wüste Nevadas ausgetestet und erstmals im Mai 1960 in Argentinien zum Einsatz gebracht. Das Ding hieß 'Ditchdigger' und wurde mit schwerem Seekonvoi von den USA nach Puerto Deseado verschifft und zum Zwecke des Kanalbaus unterirdisch gezündet. Man könnte in Bezug auf das us-amerikanische Mobbing gegen das iranische Atomprogramm fast sagen: Wer mit Atombomben wirft, sollte nicht im Glashaus sitzen.

Gleiches gilt in diesem Zusammenhang auch für Deutschland, das zur selben Zeit mit allerhöchster Geheimhaltung unter Umgehung des Parlaments mit 2 Milliarden das israelische Atomprogramm mitaufbauen half. Und man darf vermuten, daß die Beschäftigung Herrn Globkes als engsten Berater Adenauers durchaus im Zusammenhang gestanden haben könnte - Schweigegeld für Ben Gurion und die Zionisten und Schmiergeld für den Eichmann-Prozeß, daß dieser auf keinen Fall Herrn Globke erwähne.

Als Faschist war man unter Peron gut aufgehoben und während der zwischenzeitlichen Militärdiktaturen aufs Höchste umworben. Und als Nebenjob oder in den Gurkenzeiten des Terrors gab es immer noch den BND, siehe Walter Rauff und Klaus Barbie.
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