Natuerlich bin ich auch gekommen, um Tiere zu sehen. Und damit meine ich vorwiegend Saeugetiere, je groesser und seltener, desto besser. Wie das gestern ein Italiener in seiner unverwechselbaren Art so schoen ausgedrueckt hat: "Ich komme doch nicht aus Mailand, nur um einen Haufen Insekten zu sehen."
Manche wuerde man lieber nicht sehen, wie Harry, den Blutegel, der sich entgegen aller mitgebrachten Klischees auch im Schuh, unter der langen Hose und durch den Wollsocken anzusaugen beliebt. Lieber kurze Hosen und keine Socken, dann ist man immer auf dem Laufenden, wieviele davon man gerade mit sich herumschleppt. Ab dem fuenften macht man sich auch nicht mehr die Muehe, ihn abzureissen oder anzubruzeln, denn spaetestens nach einer halben Stunde laesst sich Harry, vollgesaugt auf die zehnfache Groesse, ganz von allein fallen, nicht ohne fairerweise noch ein finales Sekret abzugeben, das die Wunde wieder gerinnen laesst.
Selbst die groesseren Kumpanen des Dschungels wirken auf den Bereiser des lonley planets teils stoerend. So die Fledermaus, die uns die sonst so wunderschoenen Tropfsteinhoehlen mit ihrem roten Kot vollkacken und mit Ammoniak durchfluten. Wenn sie doch einfach nur dahingen fuer die Gruselphotos.
Kaa, die Schlange, die, ohne allergisch auf Menschenschweiss zu reagieren, auch gerne mal im Schlafsack schlafen moechte, oder Terry, die Ratte, die mit ihrer intakten Grossfamilie - diesen famlilienfreundlichen Aspekt realisieren wir natuerlich nicht - das Nachtlager ueberfaellt und sich nicht nur aufs Toepfeausfuttern beschraenkt.
Beim menschlichem Tiertourismus wollen wir die Tiere in ihrem Habitat besuchen, und nicht umgekehrt. Wir wollen Herr (und Frau) ueber Zeit und Ort der Begegnung sein.
Wir wollen das andere Wir hier nicht sehen. Zum Glueck sehen wir ausser unseren eigenen Schuhen nicht viel mehr von uns selbst. Den Dschungelbewohner stoert der Plastikabfallhaufen am Parkeingang nicht, schon garnicht, wenn noch Essen dranklebt. Dem Orang Asli ist sein brandgerodetes Stueck Lichtung das Allerliebste am Dschungelunwesen.
Und so bleibe ich nach dem gestrigen Schlammtanz mit Harry heute mal am Parkeingang, um die entsprechenden Photos zu bekommen. Endlich gibts die komplette Saeugetierpalette zu sehen.
Bis auf die wenigen Gluecksmomente der Tapirsichtung oder des berauschenden Grillenorchesters waehrend der Trockenphase, besteht der Dschungel eigentlich nur aus Stoermomenten. Seien es die nervigen Jungtraveller gleich um die Ecke, die aus dem Quatschen noch nicht heraus sind und, vielleicht aus Unsicherheit, die aktuellen Championsleagueergebnisse herunterrasseln, oder die Gruppe japanischer Ornitologen, die ihren eigenen Vogelsound auf Band mitgebracht haben. Neben monstroesen Fernglaesern auf baumhohen Stativen versuchen sie so, akkustisch in das Revier so manch balzenden Vogels einzudringen, so dass dieser sich durch seine Verteidigung verraet.
Alles stets unterbrochen von den PS-starken Hondamotoren, die hier ebenso zur heimischen Geraeuschkulisse gehoeren wie der Hornvogel - oder die Dieselgeneratoren neben den stromlosen Langhaeusern der Eingeborenen, die dank unseres grossartigen zivilisatorischen Einflusses nun keine Schrumpfkoepfe mehr eindampfen, waehrend wir eigentlich nie aufgehoert haben, das Grosswild zu jagen.
Aufgrund meiner persoenlichen Naehe zum Affen werde ich an Armen und Beinen kaum gestochen. Voller Schadenfreude kann ich sie beobachten, wie sie nach der Landung auf dem Unterarm vergeblich ihren Hinterleib mit ausgefahrenem Stachel nach unten druecken und verzweifelt versuchen, endlich ein Stueck Haut zwischen all diesem Filz zu finden. Dieser erhebende Vorteil, oder sagen wir, dieses defensive Relikt aus der Steinzeit, waehrt jedoch nur wenige Minuten, denn dafuer erwischt es mich gleich im Anschluss dann um so mehr an den Fingern. Wie weit das gehen kann, hatte ich ja bereits in Death of a Wingman beschrieben.
Nach schmerzhaften Erfahrungen beiderseits hatte ich nun eine Loesung ersonnen, die fuer beide Seiten haette interessant sein koennen. Ein kleiner Fleck auf meinem Unterarm ist nun rasiert und die Landezone fuer Stechmuecken weithin sichtbar ausgewiesen.
Leider hat sich diese Strategie nicht wirklich bewaehrt. So muss ich nun auf althergebrachte Mittel zurueckgreifen.
Mit grossem Wohlwollen beobachte ich, wie so manch Flugobjekt der Klasse Culicidae, sich in meine Huette verirrt und des Wuergereizes kaum zu erwehren weiss. Dosis facit venenum, meine Beste. Damit meine ich nicht nur die Nikotinkonzentration, die bei den bereits erwaehnten Raucherschutzgesetzen und einem entsprechendem Schachtelpreis nicht besonders teuer kommt.
Stechmuecken haben nur einen begrenzten Flugradius, was ihre Jagd erheblich erleichtert. Alle paar Sekunden muessen sie landen. Der Jagd allerdings muede und im Schlafe wehrlos, bleibt mir das in meiner selbsterzeugten Nervengifthoehle erspart. Wenn sie hier den Weg nicht schnell genug hinaus findet, hat sie sich im wahrsten Sinne des Wortes selbst ausgestochen.
Viele begehen den Fehler, das Mosquito Coil, dieses zauberhafte Raeucherstaebchen ausserhalb des Raumes zu plazieren. Ich vermute aus Gesundheitsgruenden. Doch einmal von Malaria oder Gelbfieber befallen, wird einem das nicht mehr viel nuetzen. Wenn man vom Mosquito Coil auch innerlich durchdrungen ist, weil man es die nacht durch inhaliert hat, so scheint es seine Wirkung ueber Tage hinweg nicht zu verlieren. Und weil die Ausduenstungen dieses bitter-suessen Geruches auch tagsueber ihre Dienste leisten, ist man selbst vor Denguefieber sicher. Malariamuecken, wie alle Geschoepfe der Familie Vampir, verkriechen sich ja bekanntlich tagsueber.
Ueber Laendergrenzen hinweg gesprochen, ist der typische Bayer der natuerliche Feind der Malariamuecke. So konnte sie sich trotz aller tierischen Anpassungsfaehigkeiten nie in sein von Rauch und Bierdunst geschwaengertes Habitat vorkaempfen. Die Alpen stellen sozusagen den Limes Anopheles dar, so wie der Smog mancher Grosstaedte wie Mexico City oder Bangkok malariafreie Inselgruppen bildet.
Mosquito Coil iacta est - oder roemisch-katholisch gesprochen: Heiliger Mosquito Coil, du kreuzguter Mann, verschone mich, zapf andere an.
Nachdem es sich einigermassen schwierig gestaltet, Tadeliges ueber die Landesbevoelkerung und das Land selbst herbeizuzaubern, werde ich mich wohl zwangslaeufig auf die Tuecken des Reisens konzentrieren muessen.
Die Malayen ueberstuerzen sich geradezu an Freundlichkeit - als haetten sie die hartelinie mit ihrer Laenderbeschimpfung heranschleichen hoeren. So wird das nichts. Ob das mit den karmatischen Begebenheiten dieses Breitengrads zu tun hat, ist mir unbekannt.
Einzig bei der Bierbeschaffung zeigen sie keinerlei Elan, was sich von einem vorwiegend islamischem Land allerdings auch schwerlich erwarten laesst. Dem nicht genug erschweren sie es auch noch mit heimischen Bierpreisen.
Ob die Absenz von Card-Readern - wesshalb ich derzeit noch keine Bilder liefern kann - auch mit dem Koranverbot bildlicher Darstellungen zu tun hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Dafuer darf man nach Singapor in voller Wonne wieder qualmen, was das Zeug haelt. Sitz ich doch grade im Vorzimmer der Familie der tausend Kinder und erhalte die Antwort "Very, very sure you can smoke hier." Selbst in Hotels findet man hier eine erfrischende Herangehensweise:"Das Zimmer hat ja schliesslich Fenster." Nur die stinkende Durian ist nirgendwo willkommen. Das nenne ich mal Raucherschutzgesetze.
Vielleicht kennen Sie die Situation ja: Man kommt vom Stadtausflug ins Hotel zurueck - ein Gute-Nacht-Bier hinter der Binde, wegen der 12koepfigen Familie von nebenan, dem Freier vom Zimmer gegenueber, bei dem mitternachts erst die Besuchszeiten beginnen, der Karaoke-Bar aus dem Erdgeschoss oder anderen naechtlichen Stoergeraeuschen - und findet das Bett in einem Zustand vor, als haette das Zimmermaedchen damit eine Origami-Meisterschaft veranstaltet. Die Bettdecke wurde, vermutlich mit mechanischen Hilfsmitteln, so zwischen Matratze und Bettgestell gestopft, dass sie dank ihrer Oberflaechenspannung fast zu reissen droht. So tief hinein in die Ritze, dass sie sich beim ersten Befreiungsversuch keinen Millimeter bewegt. Ich stehe auf dem Bett, schwankend vom Bier, und reisse und zerre, aber sie scheint verklebt zu sein. Warum und wozu?
Es muss sich um ein neurotisches Relikt handeln. Ich vermute, aus der Pruederie des Viktorianismus. Vielleicht wird erwartet, dass ich sie so belasse und mich selbst in dieses Grab aus Bettwaesche zwaenge. Vermutlich unterliegt dies einer aehnlichen Logik, wie die Krawatte. Ein sozialer Abgrenzungsversuch zu billigen Absteigen und Privatunterkuenften, wo niemand die Zeit findet, sich mit solcher Art von Sinnlosigkeit zu beschaeftigen. Man tut's, weil es kein anderer tut?
Dessen nicht genug ist diese Zwangshandlung des gehobenen Bettenmachens eine der Hauptursachen fuer Arbeitsunfaelle, da sich die Zimmermaedchen und -jungs hierbei regelmaessig den Ringfinger brechen. Leider ist mir der Fachausdruck hierfuer entfallen.
Ich arbeite zwar noch an der neuesten Laenderbeschimpfung, doch nachdem Herr Pathologe auf seiner Shanghai-Reise in Tempeln ruhende, verfassungswidrige Symbole entdecken konnte, muss ich gleich mal vorab erwaehnen, dass sich das in Asien ganz allgemein auszubreiten scheint.
Unter dem Deckmantel des spiegelverkehrten Sonnenrades laeuft man nun nicht nur in Burma dem Hakenkreuz bestaendig ueber den Weg. Nun auch noch in Singapur - weniger in Tempeln (eigentlich garnicht), sondern auf T-Shirts. Zuweilen, um keine Verwirrung aufkommen zu lassen, auch mit Reichsadler.
Hier sind sie nicht so zimperlich mit der fremdlaendisch-deutschen Historie. Haben ja gute Autobahnen gebaut diese Nazis und sich mit dem arischen Gedanken eventuell auch bei den Asiaten ein wenig eingeschleimt. Der Union Jack verursacht hierzulande wohl mehr Kopfschmerzen als die wahllos aus dem Sack gezogenen Symbole der Altnazis.
Ich hatte einen Traum: Ich lebe in einem Land, in dem Menschen aller Coleur und Verpackungsgroessen friedlich auf engstem Raum zusammenleben. Das Wetter ist aequatorial. Ich wische mir mit einem asiatischem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und beides loest sich wie von Geisterhand in Wohlgefallen auf.
Als ich aufwache, zitternd von der ueberdrehten Klimaanlage, sehe ich durch die ermattetenden Scheiben schwere Regenwolken uebers Land hetzen. Vorerst bin ich erstmal ein wenig verwirrt von diesem Fleckchen Erde namens Singapur. Es regnet relativ dauernd, was fuer regenwaldnahe Gebiete eigentlich ist. Zudem empfinde ich es allerdings auch als so kalt, dass zumindest ich in den Abendstunden meinen einzigen Pulli hervorkrame, um einem staendigem Froesteln zu entgehen. Seltsamerweise bin ich der einzige mit warmer Kleidung. Bin ich so ausgefroren oder ist es wieder dieses subtile tropische Fieber? Wir werden sehen.
Jedes Kind weiss, dass man, nicht nur in Singapur seinen Kaugummi einfach auf den Boden spucken sollte und ebenso mit Zigarettenstummeln nicht in der Gegend herumwirft. Neu war mir allerdings, dass auch die Einfuhr von Kaugummis und Duty-Free-Zigaretten verboten ist - zumindest kommt fuer letztere die Einfuhrsteuer von 33Cent pro Gramm Tabak einem Verbot gleich.
Rund um Aljunied-Station gestaltet sich das soziale Umfeld anders als auf Flughaefen. Da es sich vorwiegend um Chinesen handelt, wird geraucht und gespuckt, was das Zeug haelt. An der Anzahl der oeffentlichen Aschenbecher koennten sich auch deutsche Weltstaedte durchaus orientieren. Dann saehe vielleicht auch der Bahnhof Muenchen-Laim nicht aus wie eine Abraumhalde der Zigarettenindustrie.
Entgegen allen Erwartungen laesst sich auch ohne Muehe abends ein Bierchen trinken, waehrend man sich mit Glimmstengel die Lunge vernichtet. Also auch hier alles im Lot fuer langzeitsuizidale Menschen wie mich. Eigentlich kann es nur schlimmer werden.
Die Stadt selbst hat sonst eigentlich nichts zu bieten ausser dem ueblichen Touri-Schrott wie Amusement-Parks und Shopping-Meilen. Aufgesetzter als in den USA geht nicht, dachte ich - hier wird uns das Gegenteil bewiesen. Die Suburbs von Singapur moechte ich von diesem harten Urteil mal ausnehmen.
Nur, selbst die Vororte Singapores prälieren nicht unbedingt als Hauptanlaufpunkte Südostasiens. Dennoch gibt es einen Gund diesen Inselstaat eine kurzen Besuch abzustatten, ist die Raucher-Lounge und die Game-Area im Flughafen. Beide sind weltweit führend. Allerdings stehen sie nur jenen zur Verfügung, die Singapore nie betreten. Die wirklichen Highlights Singapores stehen also nur jenen zur Verfügung, die sich für die beste Option Singapores entschieden haben:Singapore ist die Nummer Eins aller Transitländer. Um ihren Aufenthalt interessant zu machen, beachten Sie möglichst die 24-Stunden-Regel. Die wahren Reize Singapores entdeckt man einzig im One-Night-Stand.
ist das jetzt schon Ausland? Spruengli und Lindt, Harley Davidson und italienischer Espresso - die Welt auf Duty Free. Nur in den Raucher-"Lounges" - wenn sich das ueberhaupt so nennen darf - merkt man doch das arabische Laizes-Fair.
Wer raucht soll auch ersticken. Das ist fair.
Auf Flughaefen kann man leicht vergessen, dass man im Ausland ist. Eine graduelle Assimilierung an neue Umstaende. Weil ich mir aber voll bewusst bin, dass es gleich weitergeht nach Singapur - ein Land, in das man keine Zigaretten einfuehren darf - gehts gleich nochmal in eines jener nikotingeschwaengerten Kabuffs. In Singapur reicht es dann, wenn ich mal einen tiefen Zug aus meiner Jacke nehme. So bleibt meine Lunge wenigstens von aussen mit Nikotin bekleidet.
Das Eis und der Fels haben mich freigegeben. Ich durfte die Spalte verlassen und bin nun auf dem Holzweg in den Dschungel - von Palmöl so glatt, daß auch dort Schneeketten ganz hilfreich wären. Vielleicht nehm ich sie mit.
Nach der einzig wirklich interessanten Sehens- und Riechwürdigkeit Singapurs, der weltberühmten Raucherlounge im Flughafen, geht es vorbei an den E10-Plantagen, den grünen Wüsten Malaysias zu den Kriegskindern Borneos, den Affenwaisenhäuser, denn auch im Tierreich scheint die Kleinfamilie nun ihren Einzug zu halten.
Noch einmal Porneo-Borneo ehe es sich unter den Streubomben der Palmöl und Eukalyptussamen so monokultiviert, daß Asphaltieren die einzige Rekultivierungsmaßnahme wird. Auch hier ein humaner Irrweg: die Verstädterung des Tierreichs.
Borneo, die größte Insel des Planeten. Da fällt jedem gleich Grönland ein. Doch scheinbar ist es ein Kontinent wie Australien, oder es ist doch nur Eis auf einer kleinen Landscholle ruhend. Und weil Grönland zu Dänemark gehört, wirkt sich dies auch negativ auf seine Größe aus. Scheinbar.
Wir dürfen gespannt sein, welche Unannehmlichkeiten uns erwarten. Vermutlich wird das Bier nicht billiger und der Begriff Regenwald läßt nicht unbedingt auf gutes Wetter schließen. Um den Kulturschock möglichst gering zu halten, haben wir demnach die An- und Abreise über Singapur geplant, wo wir dann Fauna und Flora nochmal überdacht und klimatisiert konzentriert vorfinden - für die Abfotografie insbesondere der wilden Tiere, die in freier Natur doch etwas unangenehm zu Tage treten können.
Sie lebt von sich selbst - die Krise. Wer da mitmacht, ist schon irgendwie bescheuert und mehr als selber schuld. Die Garten- und Waldbewirtschaftung jedenfalls hat keine Krise. Man tut und macht und denkt eigentlich weniger daran wie es dem BIP oder sonstigen Zahlen geht.
Krise? Bei mir jedenfalls nicht. Seit ich mich aus dem aktiven Arbeitsleben, zumindest vorübergehend, verabschiedet habe, erwischt es mich noch nicht einmal am Rockzipfel. Soll sie doch kriseln die Krise. Bei mir bekommt sie keinen Fuß auf den Boden.
Nachdem wir die Krisenerprobung der Krise bereits weltweit getestet haben - in Chile, Argentinien und inzwischen auch in Spanien, Griechenland etc - glauben wir auch zu wissen, wie die Bevölkerung darauf reagiert und wir haben Mittel und Wege an der Hand, das aufzufangen oder abzuwehren. Ich meine den Ärger, der bei den Gekriselten so aufkommen mag. Was aber abseits von Straße und Blogs so passiert, das entgeht den aufmerksamen Neokapitalisten nur zu gerne.
Was abseits der Hauptstraßen und jenseits der Überwachungskameras so gärt und wächst, das scheint es für jene Überwachungsstaatler nicht zu geben. Was sich jene zivilisationsfernen Dorfbewohner am wärmenden Herd bei einem Gläschen Wein so überlegen, das entgeht jedem RFID-Chip und allen Flughafenscannern. Das scheint es nicht zu geben. Ein Fehler!
In den Brennkammern der Herzen jener entlegenen scheinbar Unbeteiligten braut sich was zusammen. Sie wissen, daß man nicht unter dem Radar bleibt, wenn man plötzlich große Mengen Dünger und Diesel kauft wie der Herr Breivik in Norwegen. Aber Brücken und Dämme fallen und brechen auch wenn man nur den rechten Stein entfernt. Wer glaubt, daß er die Welt beherrscht, nur weil er die politisch Verantwortlichen und Medien in der Tasche hat, der hat sich nicht ausreichend mit den Eckpfeilern und Grundsteinen der eigenen Villa beschäftigt, der will nicht begreifen, daß ihn ein platzender Reifen mal schneller aus der Kurve trägt als es ihm beliebt, daß was aus dem Wasserhahn kommt von Ecken und Enden stammt, die sich der Linse der Überwachungskamera entziehen, und er scheint zu verdrängen, daß sich seine Transaktionen durch ganz gewöhnliche Kupfer- und Glasfaserkabel im überwachungslosen Erdreich bewegen.
Hier jedenfalls hat die Krise keinen Einlaß gefunden. Die Jagdsaison ist vorbei und es gibt frisches Reh. Er wollte bremsen, so sagt man. Wer's glaubt, daß es sich um langsames Reaktionsvermögen handelt und nicht um massive Taschenlampen und jenen Knall vorgestern Nacht. Mir ist's egal, denn die Todesursache schmeckt man nicht wirklich raus. Auch die Schonzeit hat Krise und als Waldbesitzer ist man dem Rehverbiß gegenüber nicht wirklich gut gesonnen.
Wenn sich die Zivilisation in die Krise stürzt, so wendet sich so mancher einem weniger zivilisierten Ecken und Enden zu. Krise - das ist mit uns nicht zu machen.
Geist und Bau - eine Achterbahnfahrt durch das Dasein des Kabelkanals
Wie wir das in ...baustellen.blogger.de... so schön verfolgen können, ist das Lochbohren und Hämmern des avancierten Heimwerkers kein so zweidimensionales Vor-sich-hin-Basteln wie wir das aus unseren Kinderzimmern kennen. Es geht um mehr, es muß am Ende auch irgendwie funktionieren, und manchmal geht es auch um alles, wie im Falle der Glühbirne, die in ihrer dialektischen Erscheinungsform entweder leuchtet oder nicht. So stellt sich mir als Träger des goldenen Schweißtropfens und des kupfernen Schmutzkübels ein scheinbar so einfaches Problem viel komplexer dar als es sich der von Wünschen durchdrungene weibliche Volkskörper vorzustellen in der Lage ist. "Mal schnell eine Steckdose oder ein zusätzlicher Lichtschalter einbauen ...". Das wird nicht drangeklebt, sondern es wächst aus dem Inneren des Hauses durch Zuhilfenahme von Materialien, Werkzeugen und viel Physe und Psyche.
Bei größeren Projekten erleben wir leider nur selten, wie Physik und Psyche eins werden. Die großen Momente des Hausbaus, das Aufgehen der Probleme im Nirvana, wenn sich die Lösung schon vor dem Problem findet, wenn die Verkabelung der Wechselschalter für das Treppenlicht gleich auf Anhieb klappt, wenn die Mörtelmasse diese cremige Konsistenz Sahnetorte erreicht, ein Himmelgrau das schon beim ersten Kellenwurf wie ein Einsiedlerkrebs im Mauerschlitz verschwindet. Aber das tut es eben nur in den seltensten Fällen.
Im ungünstigerem Fall merken wir wie dünn unsere eigenen Nervenleitbahnen sind. Die Hände zerkratzt vom Kupferdraht stopfen wir die letztendlich zu kurz verkabelten ...Vago...klemmen in die Leerdose. Der Gips bricht und wir stehen da, sozusagen mit einer Kabelsalatschüssel in Händen. Ich merke, daß auch wir mindestens zweiphysig sind, ein Gemisch an Gefühlen so bunt wie der Kabelsalat in Gipsdressing. Trauer, Wut und Frust, multipolig und schlecht abgesichert.
Neun abgeklemmte Drähtchen in den Landesfarben Schwarz Blau Gelb, deren spitze Enden die Hände zu einer Kraterlandschaft werden lassen, schauen vielversprechend aus dem Leerdöschen, aber kein einziger führt Strom - selbst nach mehrmaligen Joggingausflügen zum Sicherungskasten zwei Etagen tiefer.
Unglaube, ist auch so ein zentrales Gefühl bei Mißlingen. Gestern war da noch Wechselstrom drauf, heute noch nicht einmal ein wenig Kriechstrom.
Die Hände zerstochen wie Lazarus von den Kupferdrähten Elektrons sind wir nun bereit zum Verputzen der Kanal- und Dosenlandschaft. Für den leidenschaftlichen Mörtler bräuchten die Arbeitshandschuhe keine verstärkten Fingerspitzen, die schon lange taub sind vom Kalk. Keine Fingerabdrücke mehr, sondern das weiße Rauschen einer verätzten Hautoberfläche. Die Handflächen, ebenso angegriffen von Kalk und Zement, jetzt Körnungstyp 120, mutieren zum menschlichen Multischleifer.
Damit läßt sich einiges Schleifpapier sparen und man spürt zumindest mit diesem sensiblen Organ kaum mehr Schmerz. Nach Arbeitsschluß ist es etwas doof, wenn sich die aufgerauten Hände im Ärmel verhaken oder die Bettdecke ständig dran hängenbleibt wie an einem Klettverschluß. Noch aber fingern wir im schon lehmigen Putz - mit diesen blauen Handschuhen, die im Sommer die unangenehme Eigenschaft besitzen, Buttersäure abzusondern. Immer noch besser, als abends in der Badewanne den Kalk, der sich bis dahin schon tief in die Haut gefressen hat, mit dem Glitzi-Schwamm wieder rauszuschürfen.
The Knights of malta pronta - Die Ritter des Fertigputzes
Free the beacon - der Repetitor liegt tief unter der Schneedecke vergraben.Ein Dorf versinkt im Schnee. Ein Kommunikationsgrab. Aber wo kein Leben, da auch kein Grab.
Denn viel gibt es nicht zu sagen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Handlung. Ich leide an chronischer Winter-Sysiphos. Il corso delle stuffe, der Ofenlauf. Das Denken minimiert sich auf Teilbereiche. Welcher Scheit paßt denn nun am besten? Die ausgefranste Hainbuche zu zünden (Fichte ist hier selten, da sich das Holz nach Gewicht verkauft und nicht nach Volumen), die aalglatte Buche zum Dauerbrand und die sinnlose Kastanie, wenn es um nichts geht. Letztere so taufrisch, dass ich die Eisblumen im Ofenfenster sterben sehe. Sonntags auch mal Hainbuche. Der Holzberg beginnt zu schmelzen, der Schneeberg noch lange nicht. Mit einem Kohlenschaufler als Großvater fühlt man sich, als würde man schon seit Generationen das unersättliche Ofenmaul befüllen. Werd ich es durch den Winter schaffen, ohne daß ich mich bei den Holzlagern der Ferienhäuser bedienen müsste. Unser aktueller Holzeinschlag liegt unberührt, vom Schnnee begraben. Die in den Südalpen unbekannten Kohlebriketts werde ich bei der nächsten Deutschlandtour nachkaufen müssen. Nachts mit Zeitung umwickelt halten sie die Glut, auch wenn ich mal länger schlafe.
Daß sich kein nebensächlicher Gedanke breit macht, dafür sorgt allerdings schon allein der angemischte Putz; malta pronta, Fertigputz. La malta commanda, der Putz schafft an. Darum dreht sich eigentlich der Tagesablauf. Um seine Mischkonsistenz und seinen Härtegrad. Klar lassen sich mit ein paar Spritzern Wasser die Verarbeitungszeiten hinauszögern, aber irgendwo reißt auch seine Geduld. Und so bin ich seinem Diktum unterworfen, dessen Strenge selbst ein Paartherapeut nicht aufzuweichen vermag. Putz hat mit Ehepartnern so einiges gemein, denn selbst wenn er schon weg ist, gilt es abermals zu putzen. Abzukratzen und wegzuschlagen, was überschüssig, die Kellen und Kübel zu waschen, den Zementschleier und jenen Staub zu entfernen, der allgegenwärtiger als jeder göttliche Gedanke sich im gesamten Haus niedergelassen hat.
Ein Dauerlauf also zwischen Holz und Putz ... und schon wieder hat sich der Espresso über den Gasherd ergossen. Kann man nur hoffen, daß sich in diesen engen Zeitplan kein unwillkommener Gast hineinzwängt. Schreiben? Eine Utopie. Wozu auch? Trägt es doch wenig zum Überleben bei.
Und weil es in den Bergen nicht immer einfach ist, nun auch noch diese stille Schneelandschaft. Still auch, weil das Auto, die Verbindung zur Zivilisation, unter dieser neuen Landschaft begraben liegt. Wer weiß schon, wann sich die Kommune bereit findet, auch uns wieder freizuräumen und an das Straßennetz anzubinden. Aber wozu auch, da ein Haus in den Bergen so einnehmend und besitzergreifend, daß sich an Ausflüge garnicht denken läßt.
Sollen doch die Bilder mehr sprechen als die Worte. Der Lage entsprechend mehr Impression als Expression.
Aus dem Anbau meines Nachbarn qualmt es aus allen Ritzen und Ecken. Die Käsefabrikation läuft auf vollen Touren. Ein Käse, der so wie ich ihn kenne, erstmal nach nichts schmeckt und im Abgang leicht säuerlich wirkt. Biokäse der Region.
Auf meine Verwunderung hin, daß er ohne Thermometer arbeitet, greift mein Nachbar - soeben noch mit der schmierigen Kette seines Seitenwagens beschäftigt, mal tief in die warme Milch, um den Reifegrad zu prüfen. Agriturismo nennt sich dieser Arbeitsstil bei dem sich alle Elemente der Region zu wunderbarem Essen verwandeln. So weiß man nicht, ob die schwarzen Flecken im Käse nun von der angebrannten Milch oder vom Kettenöl stammen - später jedensfalls mutieren sie zu Trüffeln. Daß das nicht nur in entlegenen Bergdörfern Usus ist, weiß ich von Bekannten, die bei der Herstellung von Bio-Merrettich mit dem versehentlich Einbringen von geschmolzenen Dichtungsgummis den Absatz keineswegs geschmälert hatten. Nebenbei bemerkt zieht sich die Thematik durch das gesamte Leben und Tun in engen Bergtälern. So auch beim Verlegen der Stromkabel, die mit den EU-Richtlinien nicht völlig deckungsgleich sind.
Bio-Strom eben.
Ich würde den Herstellungsprozeß weniger als natürlich denn als bodenständig bezeichnen. Man nimmt eben, was man hat. Der theoretische Überbau läßt sich dann leicht drüberstülpen. Und ganz ähnlich verhält es sich auch bei den politischen Ansichten in diesen kommunikationsarmen Gebieten.
Ist schon erschreckend, wenn man als hartelinie links und rechts überholt wird. Da kann einen durchaus das Gefühl des Mittelstreifens befallen. So zumindest geschehen bei meinen Forschungsreisen in den krisengeschüttelten Ländern Italien und Griechenland. So war die Antwort auf die Frage, was man denn so tun könnte, um die Krise zu überwinden: 1000 (in Griechenland) und 2000 (in Italien). 1000 was? Tausend, bzw 2000, Leute an die Wand stellen. Das derzeitige Parlament und die zwei davor. Da kennen sich ja nicht nur die Deutschen gut aus, mit solchen Methoden, sondern auch die Erfinder des italienischen Erfinder des Faschismus und die Griechen mit ihrem späteren Militärdiktaturen. Die Begründung für diese Maßnahme: dann würde sich das nächste Parlament genau überlegen, was sie so täten.
Ich bin mir da nicht so sicher, ob sie dann das täten, was sich die An-die-Wand-Steller so vorstellten. Ich denke, es würden sich anschließend nochmals 10.000 weitere an der Wand aufreihen dürfen. Die Revolution frißt ja bekanntlich ihre Kinder. Die hartelinie kann in ihrer Eindimensionalität durchaus mit dem Faschismus mithalten. Vom dialektischem Standpunkt her hat sie allerdings immerhin zwei Enden, während der Faschismus nur ein Vorwärts kennt.
Der Faschismus, das Fascinum und die Faszination sind drei Seiten ein und derselben Sache. Brandgefährlich und schwer handhabbar, ist er erstmal entfacht.
Ist schon verständlich, wenn man sein Nationalgefühl auf einer Vergangenheit aufsetzt, die sich in Geschichtsbüchern so heroisch ließt. Italien ist aber nicht mehr das römische Reich und die Rutenbündel der Amtsdiener wirken eher etwas ausgedient. Aber sie passen eben gut zu den schwarzen Hemden. Auch verständlich, daß sich ein von Krisen gebeuteltes Volk gerne an eine Idee heranschmeißt, die besagte Eindimensionalität bietet. Muß man sich nicht überlegen, welches Hemd man heute anzieht, denn alle tragen ja das gleiche. Die davon ausgehende Faszination der Eindimensionalität kreuzt sich hier mit dem vergessenem Begriff des Fascinums, bzw der Fascinatio, jenem Abwehrzauber gegen böse Kräfte, das zumeist in Form des apotropäischen Phallus seine Formgebung findet. Aus meiner bescheidenen Sicht stellt letzteres ein wesentlich sinnigeres Symbol des Faschismus dar. Das wäre mal zu überdenken.
So glaube ich, daß sich die Form der selbstgemachten Salami meines Nachbarn wesentlich besser eignet, um die das Unheil und die Gefahr der möglichen Inhaltsstoffe zu überdecken. Der Schweinefleisch-Phallus und die wie Pfefferkörner wirkenden Einschlüsse verwehren sich gegen ein Hinterfragen der Produktionsmethoden wesentlich effektiver als der Schwarzschimmel auf den doch sehr weiblichen wirkenden Käseleibern. So will ich denn doch den Käse aufgrund seines theoretischen Überbaus nochmals lobend hervorheben. Für mich ist er ein europäisches Bollwerk gegen den drohenden apotropäischen Faschismus, sozusagen das kulinarische Westwerk gegen eine kontinentale Verrohung der Sitten. So hat schon Menocchio vor hunderten von Jahren, nur wenige Kilometer von hier entfernt, bemerkt, daß wir die Maden im Käse sind. Und eben nicht in der Salami.
Kaum sind die ersten Geschenke gekauft, der erste Schwung Konsumrausch vorbei, weil schon alles von der Liste gekauft ist, schon begleiten uns unzählige Bettelplakate auf unseren Shoppingwegen und Straßen. Ästhetisch aufgeschwollene Kinderbäuchchen - man will es dem Spender ja nicht madig machen - und traurige Kulleraugen, so groß, daß ich anfangs dachte es wäre eine UFO-Werbung.
Helft den Kindern im Senegal
denn die scheinen es dieses Jahr wohl am nötigsten zu haben. Helft den Kindern und nicht den Erwachsenen. Denn die sind reichlich angefressen, nachdem wir Ihnen die Fische vor der Küste weggefischt und die Erdnußpreise durch unsere westlichen Agrarsubventionen in den Keller getrieben und eine korrupte, 1.Welt-freundliche Regierung vor die Nase gesetzt haben. Ne, die Erwachsenen sind durch, ausverkauft, beschissen und beraubt. Denen ist nicht mehr zu helfen. Warum auch in Auslaufmodelle investieren. Wir wollen den senegalesischen Kindern helfen. Die können zwar in etwa genauso viel für die Misere im Senegal wie ihre Eltern, aber sie haben so eine Art Zukunft. Sie sind das Zuchtmaterial, die Zuchtmuschel aus der wir später die Perle pflücken.
... zufällig liegt neben dem Senegal auch noch Mali, in das wir demnächst unsere Truppen entsenden. Da ist es kein Fehler vorher schon ein paar NGO-Späher in die nächste Nähe zu entsenden. Im Endeffekt wird Mali später auch eine beholfene Landschaft - mit anderen Mitteln allerdings.
Nun schickt den Kindern natürlich keine Erdnußflips oder ähnlich sarkastischen Krimskrams, sondern überweist Geld. Nicht an den Senegal, denn da soll es ja auch nicht wirklich hin, sondern auf unser Spendenkonto der Deutschen Bank. So Hilfsaktionen kosten viel Geld. Viel, viel Geld. Vorwiegend, so um die 80% Verwaltungskosten, denn unsere Geschäftsstelle liegt schließlich in einem tariflich völlig überteuertem Deutschland. Und wo findet man heute für einen Hungerlohn noch einen tüchtigen Geschäftsvorstand. Da muß man schon was hinlegen. Ein Lear-Jet für den Deutschen Orden, oder waren es zwei, repräsentative Geschäftswägen, Dienstreisen in potentielle Hilfsregionen und so dringend wie Essen im Senegal, ein Laserfarbkopierer für die Buchhaltung.
Helft den Kindern im Senegal
denn denen im Sudan oder Irak haben wir schon das Lichtlein ausgeblasen. Sorry. Zum Glück ist unser Gott ein verzeihender und Weihnachten ein Fest der Liebe und des Mitgefühls, auch für sich selbst.
Sich am Leid der anderen die Taschen zu füllen ist dermaßen unter der Gürtellinie, daß es eben genau jene betreiben, die sich unter der Gürtellinie auskennen: religiöse Gemeinschaften. Pfui Weihnachten an dem auch jenem arabischen Flüchtlingskind im Kuhstall schon damals nicht geholfen wurde. Das feiert man also nun seit 2000 Jahren. Wie schäbig ... aber wen wunderts
Es waren Frauen anwesend. Denn die Putzmaterialen sind an allen strategischen Stellen positioniert. Ein Besen und ein Schäufelchen in jeder Ecke und zentral die Wischmobbaterie - besenrein, versteht sich. An den Wischstreifen läßt sich noch erkennen, daß selbst die Fenster geputzt wurden. Nur eines kommt dieses Jahr schneller zurück als der Staub. Das sind die kleinen und großen Knöllchen Kot der Nagetiere - der Mäuse und Siebenschläfer; diesen vertragslosen Mietnomaden, die sich nicht vertreiben, sondern lediglich dezimieren lassen.
Es soll Menschen geben, die Siebenschläfer süß finden. Das kann man wohl, wenn man sie nur aus Büchern kennt, oder sie zumindest nicht im Dach hat. Wer aber schon mal von in die Enge getriebenen Siebenschläfern angegriffen oder gar gebissen wurde, weiß von welcher Furie ich spreche. Flachgedrückte, heimtückische Rieseneichhörnchen, die erst in der Senkrechten ihr volles Laufpensum erreichen.
Mäuse haben diesen Sympathiebonus glücklicherweise nicht. Und wer schon mal Mäusenester in der Matratze hatte, weiß welches Unheil diese zu veranstalten in der Lage sind. Daher muß auch der Ausdruck "angefressen sein" stammen. Da lob ich mir jede Viper, die nicht scheißt, die sich nicht sehen und hören läßt, und die Mäuse frißt.
Die Viper, ein tolles Tier.
Fight, Giri, fight. Die Topi hatten keine Chance ... gegen den Mäusekleber. Aber der Siebenschläfer als solcher hat mehr Pferdestärken und nimmt die ganze mit Kleber beschmierte Platte komplett hinfort. Ich werde mir Bleiplatten besorgen müssen.
Der Nachbar tut sich da leicht, in seiner unbedarften italo-ländlichen Art. Während des Morgenschwätzchens stupst er leichtfüßig die vergifteten Mäuse und Siebenschläfer von der Terasse - ohne hinzusehen und ohne letzte Worte. Beiläufig erwähnt er erste Zahlen des Infernals: 200 Mäuse und 50 Siebenschläfer. Das sind nun also die Geister der Plage, die glücklicherweise nicht wiederkehren.
Wenn sie denn nur 7 Monate schlafen würden. Das glaub ich nicht. Soviel scheißen kann man nicht in 5 Monaten. Oder sie scheißen im Schlaf.
Nun wissen wir, daß das Gerücht, die Grünen hätten Labormäuse aus Hubschraubern abgeworfen, nicht der Grund für die diesjährige Mäuseplage ist. Alle x Jahre bilden die Buchen besonders viele Früchte, die Bucheckern, aus. Und im Jahr darauf gibt es - seit Jahrhunderten - eine Mäuseplage, gefolgt von einer Schlangenplage, wenn man das so nennen darf. Da darf sich dann jeder wappnen wie er will. Ob nun mit Gift oder mit Mäusekleber, oder mit einem leerem Regal in der Speis.
Oh je, der Satellit ist weg. Jetzt dauert es Stunden bis ich wieder Signale empfange. Der alte Knochen hängt nun völlig sinnlos in der Taschentuchpackung am Fenster und wartet vergeblich auf mögliche Sender.
So ist das in einem Tal, so eng wie es sich andere wünschen. Zwei Smsen die Woche nennt sich hier schon ausufernde Kommunikation/Kommunikationsschwemme. Davon geht die Hälfte auf das Konto meines Telefonanbieters, der mich zu Gewinnspielen und anderen Fabulösitäten zu überreden versucht. So groß die Versuchung zu antworten sein mag, so klein sind die Chancen eine Verbindung zu bekommen. Bisher kam von Anbieterseite leider keine Einladung in der nächstgelegenen Pizzeria und auch keine kostenlose Holzlieferung. So muß ich mich mehr schlecht als recht selbst bekochen und die Axt schwingen.
Als ich Richtung Küche zurückkehre, höre ich den Kaffee schon blubbern. Die Luft ist geschwängert vom Geruch nach schwarzem Gold, denn der Mensch läuft mit Kaffee und nicht mit Benzin. Ähnlich geschwängert vom schwarzen Gold ist der Herd. Schwarze Soße spritzt quicklebendig aus dem Schnabel der Espressokanne und schwimmt rund um die Gasflamme. Dieses tägliche Zerimoniell hat einen festen Platz im morgendlichen Ablauf gefunden. Gasherd vom Kaffee befreien. Nur noch eingedampfte Reste finden ihren Weg in meine überdimensionierte Tasse. Jetzt wird auch klar, warum Espresso nur in kleinen Tassen serviert wird. Glücklicherweise ist noch nicht vorgekommen, daß der Kaffee die Flamme zum Erlischen gebracht hätte, was bei ungesicherten Gasherden zu allererst zu Geruchsveränderungen im Küchenareal führt, ehe sich das richtige Gemisch bildet und das Haus zum Bersten brächte.
In Erdbebengebieten wie diesem hier sieht man die Existenz, nicht nur des eigenen Hauses, von Haus aus aus einem eher temporärem Blickwinkel. Ein kleiner Schuß Haselnußschnaps der das schwarze Gesöff zum Coretto macht und auf gehts in den Wald. Holz muß geschlagen werden.
Mit der Motorsäge wüten ist allerdings nur der erste von rund einem Dutzend schweißtreibenden Akten bis es seine Platz im Ofen findet.
Erst will es noch hinab zum Ladeplatz rauschen -
möglichst ohne passierende Fahrzeuge von der Straße zu fegen. Warnschilder bewirken in dieser Hinsicht eher den gegenteiligen Effekt. An einem aktuellem Holzeinschlag fährt man besser mit erhöhter Geschwindigkeit. Im Grunde bewegt man sich auf den örtlichen Bergstraßen im Winter immer ein wenig am Abgrund der Existenz. Schnee und Eis, Sonne und Regen brechen meistens kleinere, oftmals aber auch massivere Teile aus den Hängen - seien es Bäume, Steine oder Muren - die sich stets talwärts bewegen. Die Straße talabwärts hat es gleich komplett in den Abgrund gerissen - bereits zum zweiten mal in fünf Jahren. Beliebt sind hierbei die Zeiten des Temperaturwechsels, aber auch starker Regen oder Tiefsttemperaturen, wenn das gefrierende Wasser ganze Felspartien absprengt. Auf blöd ist es aber auch mal ein Reh, das um die Kurve wartet.