Sonntag, 29. November 2020
Ein Reichbürger meldet sich zu Wort
Ich persönlich fahre keinen SUV, obwohl ich mich zur Schicht der Reichbürger zähle. Goldene Sonne auf goldenem Grund heißt unser Banner. Ich gehöre zu jenen, die nicht mit Parkplatzsuche kämpfen, sondern ihre Transportmittel im eigenen Garten, oder sagen wir lieber Park, abstellen. Ehrlich gesagt bekomme ich schon Höhenangst, wenn ich an einen solchen City-Panzer nur denke. Ich bewege mich lieber tiefergelegt. So muss ich mich zumindest visuell nicht der gierigen Münder erwehren, die hoch oben aus den Fenstern des öffentlichen Verkehrs starren. Nur weil ich sie verstehe, muss ich mich ihnen ja nicht aussetzen.

Ich hätte mich fast an meinem argentinischem Bio-Steak verschluckt, als die Verlautbarung von einem Aufmarsch der Reichsbürger über den Äther kam. Doch das kleine s macht den Unterschied. Es handelte sich nicht um ein kulturelles Großereignis meiner Klasse, das ich versäumt haben könnte, sondern um Wutbürger. Kein goldener Banner, sondern ein althergebrachtes Fähnchen in den Farben karierter Hemden, wie man sie auf Stammtischen trägt. Es waren Menschen, die im alten Griechenland nicht einmal den Status eines Vollbürgers gehabt hätten.

Im Grunde verhält es sich wie bei der Massentierhaltung. Nicht umsonst beschäftigt sich auch die Bundeswehr mit der Schweinepest, die sich an der Oberlausitz in Granatwerferweite vom polnischen Seuchengeschehen befindet. Für Bio-Schweine in Freilandhaltung sind das keine guten Zeiten. Bewegungsaktiv und wühlfreudig wie sie sind wird der Schutzverordnung nicht anders nachzukommen sein, als sie in Quarantäne zu schicken. Vielleicht findet sich bei einer vorgeschriebenen Stallfläche zwischen einem und einem halben Quadratmeter (weniger Fläche als im Kofferraum meines Spider „Coda Tronca“) noch ein Plätzchen in den Ställen mit 20.000 bis 40.000 Mastschweinen Mecklenburgs. Quarantänefleisch für Quarantänebürger. Du bist, was du ißt.

Wenn man beim Scheißen die Hosen nicht runterläßt, führt das zur Enkopresis, also zum Einkoten. Bei der in westlichen Hochkulturen üblichen Mastzucht ist das Absetzen von Kot an dafür im soziokulturellen Milieu der jeweiligen Person nicht vorgesehenen Orten die logische Konsequenz. Die bundesrepublikanische Käfighaltung mag für Inhaber von großen Käfigen wie mich mit Auslauffläche, Pool und Sauna akzeptabel sein. Auch mein Karibikurlaub über Neujahr ist nicht in Gefahr. Für jene Käfigbewohner aber ohne Garten, Balkon oder ähnlichem wird der Umschluss nach dem Wochenende, wenn sie endlich wieder in den Hafträumen des Arbeitgebers gesellig arbeiten und Eier legen dürfen, zum Highlight der Woche.

Ich muss ehrlich sagen: Wer keine Reichskriegsflagge auf seinen Treppen sehen möchte, sollte sich keinen Reichstag halten. Da darf man sich nicht wundern. Und ähnlich verhält es sich mit der Enkopresis, die bei Massentierhaltung zwangsläufig zu Tage tritt. Du wirst, was du ißt. Deshalb esse ich ja Bio-Rindersteak aus Urwaldhaltung. Das auf- und abgespritze Puten- und Schweinefleisch, das wir an unsere Lohnabhängigenklasse verfüttern, wird keine Soldaten der Arbeit schaffen. Bei diesem Lohngefüge würde ich mir als Lohnabhängiger noch nicht mal den Wecker stellen. Wenn wir sie wochentags nun in Massentransporten mit Mindestabständen von weniger als einer Handbreit zum Arbeitsplatz befördern,

ihnen aber Stadionaufenthalte und jegliche Freizeitmaßnahmen nehmen und verbieten, dann führt das im besten Fall zu einer Art mentaler Enkopresis. In zunehmendem Maße wird es sich, wie im Fall des Sturms auf die Reichstagstreppen, zu einer viel schlimmeren Form des Scheißens steigern, der Peritonitis, dem fäkalen Erbrechen. So bleiben uns die aufmerksamkeitsheischenden Worte eines Attila Hildmann ebensowenig erspart wie der heuchlerische Aufruf zur Solidarität seitens der politischen Klasse, die sich stets einen Tönnies mit auf Auslandsreisen zu nehmen pflegt. Ich fühle mich nicht etwa wie Sophie Scholl, sondern eher wie Hannah Arendt.

Wer schreit denn da nach Solidarität. Doch hoffentlich nicht etwa Dickleibige, Alte und CDU-Wähler, die sich bei Themen wie Dritte Welt, Klimaerwärmung und Konsumeinschränkung bisher äußerst bedeckt hielten. Ich sage immer: Da muss man sich entscheiden. Ein wenig hier und ein wenig da, führt zu wenig. Entweder man entscheidet sich, die Masse der Impflinge gleich noch mit Antibiotika, Beruhigungs- und Abführmitteln niederzuimpfen, im Zuge dessen die Laubbläser im öffentlich Raum mitzuverbieten, die Höchstgeschwindigkeiten an die Steuerklasse zu knüpfen. Oder man läßt es. Aber händeringend nach Solidarität zu schreien, um sie dann mit Verboten zu erzwingen. Ich weiß nicht :-(

Ich freue mich, dass ich bisher noch meinen arschteuren 'Coda Tronca' auf öffentlichen Straßen fahren kann ohne den Gedanken an Carnapping, dass ich keine Befürchtungen haben muss, abends beim Desert einen rachsüchtigen Mob mit Brandfackeln durch meinen Park stürmen zu sehen, wenn mir selbst mein Prepper-Spray nichts mehr helfen wird. Die bundeseigene Art von Solidarität habe ich schon beim Ost-Soli mitbekommen. Sie landet selten bis nie beim Volk, das uns umgibt. I had a dream! last night. Mein Leben war eine Expedition durch den Dschungel der Gefühle. Wir trugen wie Kinski in Fitzgeraldo, bzw seine Sklaven, meinen Alfa Spider durch den Dschungel, als ich plötzlich in eine Gesellschaftsspalte stürzte. Eingezwängt wie ein Mastschwein ohne Grabbeigaben musste ich harren bis ich morgens wieder tot erwachte.

Man kann heutzutage mehr Angst vor der Überwachung und dem Datensammelwahn der Unternehmen haben als vor einem Terroranschlag. Man muss kein Querdenker sein, um die derzeitigen Corona-Maßnahmen als übertrieben und fehlgeleitet zu empfinden. Und man sollte mehr Angst vor dem Ewigen Leben haben als vor dem Sterben!
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