Sonntag, 23. Dezember 2018
Trampen - in der Hauptstadt der Fortbewegung
Bei der heutigen Episode von "Auf Abgleisen" stimmt relotiusmäßig, ganz im süddeutschen Stil nicht alles. Die Personen sind erfunden, aber die Geschichte stimmt irgendwie. Fragen Sie den Streckenagent_M vom 22.12., den ich Ihnen nur wärmsten empfehlen kann, obwohl seit paar Tagen die Kundenreaktionen nicht mehr angezeigt werden. Ich vermute, weil es sich um russische Feindpropaganda gehandelt hatte.

Diesmal eine Probefahrt mit der nostalgischen Tram inklusive Geisterbahnfeeling.
An so was denkt man ja erst nicht, wo man eigentlich nur schnell mit der S-Bahn nachhause wollte, bevor der MVV den Betrieb einstellt. Mit einer von den ganz neuen sitzplatzarmen S-Bahnen, wo man wenigstens auf den neuen Bildschirmen mitverfolgen kann, was sie nicht alles hat und kann und wie sie sich theoretisch verhielte, wenn sie fahren würde.

Ich komme ins Träumen, wenn ich an die Neuen aus der modernisierten Flotte denke, wo man sich dieser Tage in familiären Eckplatzsofas zum Plausch trifft. Komisch, daß bisher nie das erwartete Bordbistrowägelchen vorbei kam. Mit dem neuen Migrationspakt der Bundesregierung sollen vermutlich fliegende Händler aus dienstleistungsstarken Dritt-Welt-Ländern angelockt werden, die jeden unvermuteten Zwischenhalt zum kulinarischen Abendteuer machen.

Im Grunde ist das ein weiteres Wunder des MVV, daß man sowohl bei den neuen Trambahnen wie auch bei den futuristschen neuen S-Bahnen bei so viel Platz so wenig Sitze einbauen kann. Jetzt passen endlich so viele Rollstühle rein wie Sitzplätze drin sind. Ist auch nicht gut fürs Kreuz, das ewige Sitzen. Da denkt endlich einer mit. Gut, bei den Vierersitz-Arrangements passen vier Leute drauf, aber leider ist kein Platz für acht Schuhe. Naja, irgendwo muss man auch mal sparen.

Die Begründung, daß wegen weniger Sitzplätzen das Ein- und Aussteigen und somit die Abfertigung am Bahnsteig schneller funktionieren soll, hinkt aus meiner Erfahrung in der Praxis etwas. Das ist, als würde man das Überschäumen eines geschüttelten Weißbiers dadurch verhindern, daß man dickere Flaschenhälse baut. Nun ja.

Doch dann werden wir voll tricky wegen Polizeieinsatz auf die Tram verwiesen. Im Tunnel ist tote Hose. Ich denke, das wird man auf längere Sicht schließen. Vielleicht ist es ein wenig übertrieben, wenn man gleich alle Passagiere der Linien S3,S4,S5,S6 und S8 auf eine Tramlinie umleitet, aber hey, wegen Spaßeffekt und Bürgernähe, die man ja auf den einsamen Sitzplätzen garnicht zu spüren bekommt, macht das dann schon Sinn.

Ich denk mir dummerweise, es handle sich noch um die Betriebsstörung von der Hinfahrt wegen polizeilicher Ermittlungen und hätte fast gewartet, ob nicht doch eine kommt. In Wirklichkeit waren es aber ganz aktuelle Personen im Gleis.
Hätten wir entgegen der Lautsprecheransagen nur eine Viertelstunde länger am Bahnsteig verbracht, wir wären um die halbsstündige Fahrt mit der netten bummsvollen Bummelbahn 19 betrogen worden. Die Personen blieben nämlich nur kurz im Gleis. Vielleicht sind sie ja nur drübergelaufen, um die Trambahn zu erreichen mit den vielen lustigen Leuten drin. Partytram - leider vorwiegend miese Gesichter drin, weil Ihnen scheinbar aufstößt, daß der Münchner Verkehrsverbund so was jetzt täglich anbietet. Miesepeter eben, wo man Angst haben muss, daß gleich einer statt das Geld aus der Weste die Gelbe Weste rausholt. Ich wundere mich, warum man überhaupt eine Stammstrecke gebaut hat, wo doch im Westen alles ganz prima mit zwei Trambahnlinien, 17 und 19, läuft.

Um das nostalgische Tram-Feeling auch besser zu treffen, handelt es sich natürlich nur in dem Sinne um eine beschleunigte Tram, weil beim Anfahren alle durcheinander purzeln. Wenn man nicht so dichtgedrängt stände, wärs echt lebensgefährlich. Bis ins Letzte durchgeplant die Sache, das merkt man in jedem Detail. Bei allen Ampeln hält sie selbstverständlich an, daß man was von der Umgebung sieht und wegen dem neuen alleatorischem Fahrplan (wie im vorigen Artikel erwähnt).

Besser könnt man es nicht machen, wenn man vorhat das Fahren mit den Öffentlichen attraktiv zu machen. Dieser außerplanmäßige Halt wurde Ihnen gesponsort von [Name einer Autofirma]. Revanchieren Sie sich bei uns mit dem Kauf eines Weihnachtsgutschein "Ich tanke Dir" für 50€, oder einem "Tankeschön" für 100€, und ähnliche Werbegags, das hat Pep und gibt München so einen agilen, nostalgischen Touch. Wie letztens werde ich fast schon melancholisch als wir nach einer halben Stunde Face-to-Face in Pasing eintrudeln.

Aber hey, nicht so beim Münchner Verkehrsverbund. Der legt für Ihr Geld (meins ja nicht) noch was drauf, denn voll geisterbahnmäßig hat er in Pasing auf allen Bahnsteigen der Öffentlichen das Licht und alle Anzeigetafeln ausgeschaltet. Spooky Döfi, die Lokomotive - ich habs kapiert. Da bekommt der Begriff Geisterbahn eine ganz neue Bedeutung. Das wird dann auch noch theatralisch gefördert, indem man keine Durchsagen macht. Kino der Extraklasse und wie jedesmal: für den ganz normalen Fahrpreis ohne Aufschlag. Ich bin beeindruckt. Leider konnte das der Streckenagent_M nicht dokumentieren, da er aufgrund der stromlosen Überwachungskameras in Pasing praktisch erblindet war.
Daß die Bahn so was nicht drauf hat, merkt man, weil bei denen noch die Lampen und Anzeigen brannten. Man kann nur hoffen, daß wenigstens mit deren Kameras ein paar Fetzen Filmdokument dieses Schauspiels der Nachwelt erhalten bleiben.

Seltsamerweise werde ich schon kurz darauf von meiner S-Bahn aus meinem "München, wie es vor hundert Jahren war"-Feeling rausgerissen, die neue S-Bahn ohne Sitzplätze, aber dafür so beleuchtet, daß man garnicht merkt, wenn mal eine ausfällt, weil die nachfolgende schon rüberleuchtet. Energiemanagment vom Feinsten.

Ich muß schon sagen, daß ich mich da ein wenig ärgere, wenn dann irgendwelche Krummhälse wie die Bayrische Eisenbahngesellschaft, alles ins Negative ziehen, oder spitzfindige Obernaseweise nicht verstehen, daß heutzuge Innovation und vor allem Transparenz gefragt sind, obwohl er bei der Betrachtung von Bahnübergängen den Grundgehalt der Hauptstadt der Bewegung das nötige Kunstverständnis an den Tag legt. Aber wer ist schon so perfekt wie der Münchner Verkehrsverbund.
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