Donnerstag, 31. Juli 2014
Zahncremes und Naziverbrennung
Ist doch immer das Gleiche. Kaum findet man die neue Zahncreme nicht so toll, wird gleich der Nazivergleich aus dem Ärmel gezaubert. Eine Frage der Zeit und nicht der Zahnpasta, so Godwin's Law, das ich im neuen (wieder mal hervorragendem) Beitrag von alternativlos.org aufgeschnappt habe. Dabei bin ich bei weitem nicht so erfolgreich wie die Nazis. Der Vergleich hinkt also.

Ich arbeite in der Buchhaltung, womit ich grosse Erfahrung mit der Eliminierung habe, insbesondere der Auslöschung guter Ideen. Aber so lange mir keiner meine Bilanz stört, bin ich tolerant und friedliebend. Alles ausserhalb meiner Zahlenkolonnen darf so bleiben wie es ist. Klasse statt Rasse und die Null als Klassensprecher. So läßt sich's als Buchhalterin gut leben.

Mag sein, dass meine Affinität zu Bücherverbrennungen dem Nazivergleich zu Grunde liegt. Aber ich bin auch ein leidenschaftlicher Griller und werde trotzdem nicht zu den Hexenverbrennern gerechnet. Wenn man ein Buch erwirbt, darf man das wohl guten Gewissens dem Feuer übergeben. Andere schreiben ihre Wünsche auf Zettel, die sie anschliessend verbrennen. Die Verbrennung ist also nicht immer ein Akt der Ablehnung oder Verteufelung.

Aber was soll schon ein Vergleich mit einer so zweifelhaften Konstruktion wie dem Nationalsozialismus, der doch vorwiegend als eine Fusion zwischen Industrie, Banken und einer Diktatur zu sehen ist. Wo sich da das Volk in diesem Konstrukt gesehen haben will, ist mir schleierhaft. Vielleicht nur als völkischer Beobachter und später als Kanonenfutter.
Sozialisten haben sich die doch nur genannt, um ein paar von der anderen politischen Richtung rüberzuziehen und um während des Westfeldzugs nicht von Stalin hinterrücks überrollt zu werden.
Und national? Na, bitte. Wo man aus dem Österreicher Adolf Schicklgruber erst noch einen deutschen Adolf Hitler machen musste, da ist es um die Nation schlecht bestellt. Insbesondere in einem Land, das erst gut fünfzig Jahre vorher als Nation geboren wurde. Es war noch kein Jahrhundert vergangen, da verkündet man schon das Tausendjährige. Das ist schlechter als jeder Hütchenspielertrick unter weltweitem Stammtischniveau..

Die Nazis von damals sind ja nur die eine Seite der Medallie, die in ihrem Herzen unpolitischen Profiteure die andere. Die wären auch mit den Kommunisten ins Bett gehüpft, solange hinten keine Null rauskommt, sondern eine höherwertige Zahl mit vielen Nullen hinten dran. Der Nationalsozialismus liesst sich wie ein Strategiehandbuch, um die etwaig aufkommenden Skrupel der Handlanger auszuhebeln. Bei denen, die wie die Banken und Industrie schon vom ersten Tag an im Boot sassen, musste man keine Skrupel beseitigen.

Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, ausser dass man die Symbole und die Phrasen von damals nicht mehr verwenden darf. Aber wenn man Nazis auf Parteimitgliedschaft und jene Symbole und Phrasen reduziert, wenn man Menschen, die Bücher zum Spass verbrennen und verschiedene Zahncremes vehement ablehnen, als Nazis bezeichnet, hat man reichlich wenig aus der Geschichte gelernt, Ihr Schbacken.
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