Dienstag, 19. Juni 2012
Das Glück sucht Herrn Gauck
Bei meiner inneren Verfassung gibt es eben keine unabdingbaren Grundrechte mehr. Ich habe mich heute nacht selbst bekämpft, weil ich gestern die ganze Flasche Wein getrunken hab. Ich muss mir im Schlaf wohl ein blaues Auge geschlagen haben, denn heute sind die Tränensäcke ganz angeschwollen. Leider sehe ich nicht mehr doppelt, sondern alles nur noch einfach grau.
Glückssucht, Herr Gauck? Mir kam zu Ohren, daß ein Recht darauf in der amerikanischen Verfassung begraben liegen soll. Die Ansteckungsgefahr könnte also im Amerikanismus und in der Lust auf Cheeseburger zu finden sein. Vermutlich gehts Ihnen aber garnicht ums Essen, um all das Kick-Food und Lebensmittelgifte, die hierzulande unter Ihrer Ägide vertrieben werden. Reizüberflutung durch obsessiven Konsum? Sollten wir uns zur Suchtbekämfung Playstations kaufen und nicht damit spielen, neue Kleidung kaufen, sie aber im Schrank hängen lassen. Geht es wirklich um die Glückssucht, oder geht es vielmehr darum, Opfer zu bringen? Nu, wer für wen und wo ist Ihr Beitrag? Die Sakrifizien, die heilig machen, stehen selten für sich allein, denn der Zweck heiligt die Mittel. Das Geben und Nehmen vereinigt sich bei unserem heutigen Verständnis des Individuums und der Abkehr vom Gedanken des Volkskörpers in einer Person. Zudem besteht ein klitzekleiner Unterschied zwischen Geben-und-Nehmen und Geben-und-Bekommen.

Wir haben das schon verstanden, daß die Austerität eigentlich aus uns selbst kommen sollte, daß wir von jenem Konsumstandard Abbitte leisten sollten, der uns bis dahin eingeprügelt wurde unter dem Joch des Fortschritts. Jetzt läuft sie wieder mit der vollen Umdrehungszahl, die soziale Saftpresse - die Schürfrechte am Sozialen, erst noch Tagebau, dann bald Leichenfledderei wie die Kürzung der Heizkostenpauschale für Sozialhilfeempfänger. Wollen wir doch mal sehen, wo Sie auf den fahrenden Zug aufspringen, und auf welchen.

Aber vielleicht gehts Ihnen ja garnicht ums Geld, sondern darum, daß wir nicht mehr so frohlockend aufs Schlachtfeld stürzen und unser Leben fürs Vaterland geben, daß wir noch nicht einmal unsere Bekannten und Kinder nach Afghanistan oder auf den Kosovo bugsieren - am besten ehrenamtlich. Den Skalp sollen wir Ihnen bringen, und zwar unseren eigenen.

Nach der Opfertheorie müssten eigentlich jene, die mehr zu verlieren haben, auch mehr Kinder in den Krieg schicken. Gibt es einen Angehörigen unserer Volksvertreter, der nach Afghanistan geht und, wenn überhaupt, auch mal die Kaserne verläßt.

Ich werde das Gefühl nicht los, daß Sie es einfach leid sind, für jeden verkackten Soldaten ein Beileidsbriefchen zu unterschreiben, für tote 20-jährige, die sich Jahre später durch ihre Glückssucht bei irgendwelchen heimischen Ballerspielen selbst zu Tode gefressen hätten. Seien Sie doch mal ehrlich ...
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