Montag, 27. Juni 2011
Tötet die Lohnarbeit
Das Bier mit den Kollegen nach Feierabend? Ich habs jetzt mal von der Steuer abgesetzt, war ne ganze Menge. Vorwiegend Spitituosen. Ich muss nochmal recherchieren, ob das nicht eh auf Arbeitszeit läuft. Eigentlich ist der Feierabendstammtisch der Ort, an dem oft das Wichtigste bezüglich Arbeit besprochen wird. Lieber mal als Teambildende Maßnahme deklarieren, für den Fall, daß man es protokollieren müsste. Heute ging es um das Peter Prinzip und es wurde klar, daß es für unsere Vorarbeiter und -gesetzten Chefs nur eine Auszeichnung geben dürfte, die Hohlbohrkrone als Diadem der lobotomischen Arbeitswelt Deutschland.
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Ich bin ein Soldat der Arbeit. Für mich ist Wochenende schon lang, seit es keine Schwarzarbeit mehr gibt. Die eine Herzkammer schlägt für meine sozialistischen Ahnen die Blut und Tränen vergossen haben, daß ich heute nur fünf Tage arbeiten muss. Zur anderen Herzkammer haben Betriebsräte keinen Zutritt, für die gibt es keine Arbeitsschutz- und Urlaubsgesetze. Und beide schlagen 24 Stunden, rund um die Uhr bis zum letzten Gongschlag - hoffentlich kein Arbeitsunfall.

Wenn es dann wirklich mal passiert, daß sich ein Tag nicht terminieren läßt, sehe ich halluzinatorisch wie ganz reel meine laufenden Kosten an meinem Konto nagen. Spätestens nach 12 Stunden Freizeit werd ich unruhig. Jede Clospülung wird da grafisch sichtbar auf meinem mentalem Kontoauszug. No income. Finanziell bin ich ein Sammler. Ein Soldat der Arbeit fürchtet nur einen Feind, das negative Saldo. Da bin ich dann doch froh, wenn die Freizeit auf einen Sonntag fällt, weil sich da selbst im Affekt nicht leicht Geld ausgeben läßt am Land.

Selbst eine singuläre Nebentätigkeit wird gesetzlich so durchlöchert, daß es als Rettungsboot für den Wenig-Verdiener nicht mehr dienlich ist. Gefangen gehalten soll man werden, im Dienstverhältnis. Die Löhne immer weiter runter, so daß man sich an seinen Altvertrag klammert, wie ein Säugling an die Mutter. Nicht so wie in den Top-Etagen, wo sich jeder Wechsel mit Abfindungen bekleckert.

Wie soll sich der Friseur des Ostens denn jemals einen Urlaub in Ungarn finanzieren, wenn er mehr ruhen muss, als er arbeiten darf. Selbst auf zweite Lohnsteuer muss er betteln, daß er wochenends noch Brötchen verkaufen darf. Und falls sie es noch nicht wußten, während des Urlaubs zu arbeiten ist verboten! Obwohl ihm also Ungarn finanziell verwehrt bleibt, muss er sich der Idylle des Plattenbaubalkons (gabs das?) hingeben, und darf sich noch nicht mal spaßhalber hinter den Bäckertresen klemmen ohne gegen die Arbeitsschutzgesetze zu verstoßen. Da darf man als low-income-workoholic nur hoffen, daß sie nicht demnächst die Zahl der Urlaubstage heraufsetzen.
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Ich nenne das moderne Sklaverei. Die Arbeit ist die Arbeit und die Ketten sind die Gesetze. So wie sich Kriegskontrollgesetze zum Verniedlichen des Horrors anschicken, tun Arbeits- und Urlaubsgesetze dies, um uns an der Kandare zu halten. Körper und Geist zur vollen Verfügbarkeit der Entlohnung. Ceterum censeo Cartaginem defendam esse.
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