Dienstag, 17. Januar 2012
Das letzte Gerät
Zwanzig Jahre drogenabhängiger Drogensozialarbeiter und endlich Schluß. Gekündigt und freier Konsument.
Endlich mal kiffen und morgens nicht in der Arbeit Pupillentest bei den KlientInnen, ob sie Steckies (stecknadalgroße Pupillen vom Opiatkonsum) haben, die eigenen Äuglein aber rot wir gekochter Hummer. Endlich mal sich nicht mehr vom Klienten sagen lassen müssen, daß man nach Marihuana riecht, hundert Meter gegen den Wind. Endlich vielleicht mal einschlafen können, ohne an die Schicksaale von anderen Menschen denken zu müssen, endlich mal Tatort glotzen und nicht an die Arbeit denken - ohne nebenher mit der Dreischußtechnik gegen die harte Panzerung zu arbeiten, Dübel, Schnaps, Bier.
Ich bin ja nicht aus Zuckerwatte, habe aber lange nicht begriffen, warum es in ehemaligen oder noch Kriegsgebieten durchaus vorkommt, daß der morgendliche Kaffee erst nach dem Schnaps gereicht wird.
Das kann auch nur den Frauen einfallen, dann auch noch mit dem Kiffen aufzuhören. Aber weil Männer eben eine weiche Prinzipienmasse sind, mach ich's hald. Einen Automechaniker, der Pannenfahrzeuge fährt wird man gut verstehen, aber einen Drogensozialarbeiter, der selbst zu viel kifft und säuft? Endlich gekündigt, das letzte Gerät.

Man könnte metaphorisch sagen, meine Familie hätte mich mit einer Art sozialem Waterboarding zum Weingenuß hingefoltert. Inzwischen habe ich den schweren kanadischen Wein entdeckt, der mir nun ganz von selbst schmeckt, sogar sehr. Wie eben auch das B.C.Bud, bisher. Schweres hochgezüchtetes Gras, genetisch auch gerne verändert. Und viel rein - keinesfalls der homöopathischen Theorie folgend. Der Draller, die Verschiebung, vermischt mit 15prozentigem Jackson-Triggs, die quantenphysikalische Verschränkung. Die Anderswelt, Neuland zuhause. Laudanum, das geht nicht mehr, aber kanadischer Rotwein mit ortsgleichem Bud, das hebt sich und mich ab. Hob, das letzte Gerät.

Hausdurchsuchung und die halbe städtische Drogenarbeit hochgehen lassen is nu auch nicht mehr. Alles schon in die Zelle gepumpt und wie ich seit neuestem auch immer öfter zu lernen genötigt werde, auch genetisch infiziert. Das ist gut. Ein passiver Suchtträger - entstanden aus einem Suchtbekämpfer. Der Kreis schließt sich. Die Larve entpuppt sich und wird zu dem, was sie gemacht hat.
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Sonntag, 25. Dezember 2011
Saufside 1.4
Ich möchte dort fortfahren, wo andere stehen bleiben, beim Vollsuff. Besoffen fahren läßt sich leicht, ist der Schein erst aufgeweicht - ganz wie der Ruf. Also ohne Ruf und ohne Schein, in den dunklen Wald hinein. Der Wald bin ich, umlagert, vernebelt. Mit der Flasche bewaffnet. Das einzige, was ins Bewußtsein vordringt, ist die Angst, sich ein Auge auszustechen. Ein schnöder Geist würd mich nicht schrecken.

Im Suff öffnet man sich der Corioliskraft. Man spürt den Trägheitseffekt am eigenen Leib, fühlt sich dem Strudel im Wasserbecken näher als nüchtern. Selbst die Erosion von Flußufern wirkt seltsam vertraut. Und spätestens beim Versuch den Schlüssel ins Zündschloß zu bekommen, kann man das Foucaultsche Pendel oft minutenlang bewundern.

Die Schein- oder Trägheitskraft mit ihren rotierenden Bezugssystemen ... genau, selbst beim Ausgießen verwirbelt der Wein und bringt Untergründiges nach oben. Bei sehr langsamen Objekten wie mir, fühlt sich die Rossby-Zahl noch dimensionsloser an als in den Büchern. Wer hätte gedacht, daß Saufen der Geophysik so ähnlich ist. Andererseits, warum auch nicht?

Wie soll ich das nur meiner Frau erklären, daß wir dank Coriolis im Grunde immer aneinander vorbeisprechen. Ich wendete mich von ihr ab, kam als Vorwurf, als ich die Achsen zu stabilisieren suchte. Ich wendete mich dem Alkohol zu ... Jedes ab ist ein zu, meine Beste!
Wenn ich mich nach rechts wegdrehe, komme ich ihr links irgendwie entgegen. Kann ich was dafür, daß die Flaschen zufällig neben ihr stehen. Ich finde, solange ich nicht ihr an den Hals gehe, sollte sie das gelassener sehen.

Interessant auch, das Dreikörperproblem der Himmelsmechanik - wie parke ich im All? Da bebt das arianische Herz. Hätte es Gaspard Gustave de Coriolis auf das Konzil von Nicäa geschafft, wäre es für die Dreifaltigkeitslehre vielleicht anders gelaufen.
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Samstag, 3. Dezember 2011
Saufside 3
Im Angedenken, an den most-wanted-Text müssen wir den betriebsbedingten Flüssigkeitsverlust der Saufside durch Druckbetankung dringend wieder ausgleichen. Ich hab mir zwar schon ein Coffee-to-stay überlegt, bin aber für drink-to-fly.

Da ist es nur zielgerichtet, den Körper auch einfach mal als Feind zu betrachten. Als würde der Tank sein Eigenleben entwickeln reagiert er mit Husten und Würgen. Das, lieber Lernender, ist der Punkt, an dem wir ihn haben wollen. "Auf die Knie, du Bauer!" Nicht ohne Grund hat sich der Geist über Jahrtausende mit der Pharmakologie und dem gesunden Menschenverstand beschäftigt.

Jetzt kommt unser großer Auftritt. Die Nato-Dreischuß-Technik: Metoclopramid-dihydrochlorid gegen das Würgen, Dolomo-Nacht gegen das Husten und für die richtige Beleuchtung, ein verschreibungspflichtiges Fugenelement Ihrer persönlichen Wahl und drei Kurze.

Keine Betablocker, denn gerade die Spitzen wollen wir ja erreichen, allein den Corpus des Daseins versuchen wir zu eliminieren. Der volle Kurvenausschlag im Kopf in der Wachnarkose.

Persönlicher Tip: Stellen Sie schon ein Woche vorher einen dieser Billig-Kräutertöpfe auf den Wohnzimmertisch, ohne ihn zu gießen. Verwenden Sie alte Batterien in ihren Geräten, die in ihrer Krise dann überraschend den Geist aufgeben. Das hilft später ungemein beim Stimmungsbild.


PS: Der Tag ist lang und der Erste ist der Beste.

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Infos from the Saufside


Nichts Neues an der Saufside1

Sag mal, wozu soll denn nüchtern gut sein, wenn ich mir den Sauhaufen hier mal so morgendlich unterpromillt betrachte. Sollte der Sauhaufen einmal gegangen sein, so wird ihn die Lücke, die er hinterlässt, restlos ersetzen.

Wenn schon burn-out, dann bitte aber mit einem perfektem kleinen Blutbild? Sicher, sicher, der Einäugige ist König unter den Blinden. Darf ich aber mal ganz nüchtern bemerken, daß uns der Laden gleich richtig um die Ohren fliegt, falls das noch nicht so durchgedrungen ist.

Geh morgen mal nicht arbeiten. Verschachere deiner Bücher mal nicht für 1€+Porto, sondern schenk sie
deinen Nachbarn, stell sie im Hausgang zu den Zeitungen, nimm was du kriegen kannst von den juristischen Personen ohne Seele, den Konzernen, lös den geklauten Getränkebon mal nicht selbst ein, sondern schick ihn der Musikband deines Herzens. Orientiere dich mal an den erfolgreichen Menschen unserer Gesellschaft und greif mal richtig in die Kasse.

Das scheint auch noch keiner recht begriffen zu haben, daß es sich um kein temporäres Tief handelt, sondern um "trickle-up-economics" (trickle-down-economics = Begriff der Regierung Reagen, daß wenn man Geld an die Reichen verteilt, es bis zu den Armen "durchtröpfelt"). Der Wirt scheint zu sterben.

Nun begreift der Parasit, daß er vor dem eigenen Tod noch die volle Wucht der prämortalen Reflexes abbekommen wird. Stirbt der Wirt zu früh? Der Wirt stirbt immer zu früh.
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Heute saufen nur Wir


(Besoffen an der Waffe Teil 2)

Ich sollte mal wieder was Versöhnliches äußern, wobei mir nicht so recht einfallen will, mit wem ich mich denn versöhnen möchte.

Es gibt Menschen, mit denen ich besser erst spreche, nachdem ich mir einen runtergeholt habe. Dann bin ich entspannter und das Gespräch nimmt einen ganz anderen Verlauf.

Ich bin ja ein großer Verfechter des kleinen Mannes - solange er mir nicht in die Quere kommt. Arbeiterschaft super - solange sie arbeitet und mich nicht schon vormittags im Biergarten stört. Da schlafen selbst die Schichtarbeiter. Ich bin der Martin von der Wehrspottgruppe, dem Technischen Dienst des Bundes Deutscher Jugend. Inzwischen ja mehr unter den Teppich, also Kehrsportgruppe. Wenn man mehr angepisst wird als die mit Ballistol imprägnierten Springerstiefel vertragen, wenn man mehr Krisen als Feinde hat - wir sagen da auch, mehr Schnaps als Bier - dann wird es schwierig. Nur weil jemand die rechte Gesinnung hat, muß er doch nicht gleich für den Staatsschutz arbeiten. Es gibt auch Idealisten einer Gesinnung.

Sprechen wir mal lieber von meinen militärischen Zielen. Hau dem Volk aufs Maul Ich hab mir letzte Woche noch neue Schnürsenkel besorgt - Waffendeals gehen heute ja fast nur noch online, zumindest bei uns im Kaff, seit Kevin nicht mehr nach Bad Homburg fährt.

Wenn die drei Hubschrauber nun auch noch Lebensgröße hätten, würden auch meine Springerstiefel richtig zum Einsatz kommen und wir wären eine schlagkräftige Truppe. Hier vor Ort im Vorort mit drei Apache-Hubschraubern als Statussymbol im Vorgarten. Mehr Mehrspottgruppe geht kaum, denn wer gegen den Wind pißt, darf den Spott nicht scheuen.

So würd ich ihn auch gerne stehen lassen, wenn ich nicht noch gegen jede Ästhetik ausdrücklich anmerken muß, daß es sich um Satire und Zynistik handelt, aber im Unterton liegt die Angst des Urhebers, durch die Beschreibung des Bestehenden für die herrschenden Zustände zur Verantwortung gezogen zu werden. Dies ist keine Gebrauchsanweisung, sondern die Rubrik "Nebenwirkungen des Medikaments" - bitte merken!
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Dienstag, 24. Mai 2011
Besoffen? na klar.
... aber nicht betroffen. Kein Bölkstoff, sondern besoffen mit erhobener Brust, ein stolzer Rausch.


Als Directors-Cut-Jubiläumsgelage nochmals das Ja zum Finalrausch. Erste Staffel.


Glauben Sie mir, werthe Dame, ich versuche Ihnen sehr wohl aus dem Weg zu gehen, um Sie nicht zu belästigen, mit meiner Welt. Die Ausfallschritte von Besoffenen dienen nicht, wie hinlänglich behauptet wird, dem Stabilitätsgewinn. Nein, es sind jene Ausweichbewegungen des schlechten Gewissens, das viele Betrunkene quält - mich nicht. Stabilität haben wir am Tresen lehnend genug - das kann ich Ihnen versichern.

Das vom Alkohol überwältigte Objekt versucht seiner Umwelt durch einen ganzen Maßnahmenkatalog gerecht zu werden:
Oben erwähnt, die Ausfallschritte, mit denen der Betrunkene auf sich aufmerksam zu machen versucht, um Begegnungen wie unsere zu vermeiden. Er versucht also nicht, sich anzuschleichen oder heimlich mit jemandem in Berührung zu kommen. Nein, er versucht sich durch Bewegung und Gestikulation und oft auch durch seinen Geruch von seiner Umgebung abzuheben.

Mehrfach hilft auch lautes Reden von Unsinn oder gezielte unflätige Bemerkungen, um sich unbetrunkenes Publikum vom Hals zu halten. Es muß nicht immer gleich eine offensichtliche Beleidigung sein, oft genügt eine persönliche Frage, um sich seinen Humor nicht von promillelosen Proleten kapput machen zu lassen. Unnötig zu erwähnen, daß sich scheues weibliches Publikum oder Kinder hierzu bestens eignen. Bei Ihnen, werthe Dame, wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben, hilft das nicht.

Insgesamt gesehen, können wir also feststellen, daß sich Besoffene die allergrößte Mühe geben, keine unerwünschten Begegnungen zu riskieren. Und wenn Sie sich wundern, warum man in Deutschland überhaupt von Alkoholismus spricht, bei den vereinzelten rotzbesoffenen Stinkbomben, die uns mal über den Weg laufen - die Schüler des Dionysos, Botschafter des Rausches wie ich - dann lassen Sie mir Ihnen mal was aus den Straßengräben und Äckern in unserem Land erzählen. Wenn einer GPS-Geräte gespendet bekommen sollte, dann wären das all jene, die in der Kategorie "kriechend nachhause" an den Nachtläufen teilnehmen. All die unbekannten Soldaten der vierbeinigen Garnison, die sich im Einzelkampf durch stets unbekannte Gebiet robben. Wie soll man da sauber bleiben? Besoffen an der Waffe, das ist unsere Vision einer blühenden Zukunft.

Wie der Maikäfer seinen Monat kennt, gibt es auch hier in München ein kriechendes Tier, das sich scheinbar Ende September mehret. Dann mag es sich anfühlen, als stünden Sie in der Innenstadt umringt von Heerscharen des Rausches. Doch glauben Sie mir, die Echten, jene, die nicht vom flambierten Apfel und der Achterbahn berauscht, jene, die sich grenzenlos der alkoholischen Verwahrlosung hingeben, die werden Sie nicht an öffentlichen Plätzen finden. Wir kriechen über Zäune und durch Hinterhöfe, immer schön im Schatten haltend - und bei Verlassen der Genußstätte ist es zumeist schon sehr schattig.
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Diese Ihnen verschlossene Schattenwelt, meine Dame, existiert weltweit. In Indien hinter Bretterverschlägen, im kubanischen Slum ist es sinnigerweise der Medizinmann, der den aus Krankenhäusern entwendeten Desinfektionsalkohol zeremoniell trinkfertig macht; in Polen gibt es 90prozentigen Trinkspirituz ganz offiziell zu kaufen.
Ich lüge, 95%. Das ist schon fast Feingoldqualität - geht ja auch um die Vodka Masters 2009.

Nicht erst am Tage des Jüngsten Gerichts werden diese Horden und Kolonnen aus den Hecken und Gräben, Gruben und Löchern kriechen, besoffen an der Waffe. Wenn der Niedriglohn unter Sozialhilfeniveau fällt, werden jene sublimierten Kräfte der Gesellschaft zu den bayrischen Mai-Mai. Und hierfür betrete ich das wackelige Pflaster dieser schein-apollonischen Gesellschaft. Als Botschafter des Friedens torkle ich schreibend, weil sonst lallend lali lala ...

Edle Dame, wir wer den uns bald wieder sehen lesen hören
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