Kitsilano - ein Leben in der Cremetorte
Wer gerne den zehnfachen Preis dafür bezahlt, dass er im Regen lebt, sich von Algen und vergorenem Kohl ernährt, und sich darüber freut, dass der chinesische Kaufrausch nicht nur die Immobilienpreise unerschwinglich macht, der muss nach Vancouver ziehen.

Vancouver in British Columbia, die neue hip town am Pazifik. B.C. wird oftmals mit British Columbia übersetzt. Eigentlich heisst es aber "a billion chinese" oder einfach "bring cash". Tolle Geschichten von Indianern, denen wir glücklicherweise schon alles abgenommen haben.

Für einen Marterpfahl und einen Wohncontainer benötigen sie auch kaum Platz. Für mich fühlt sich der Dauerregen an wie die Krokodilstränen des grossen Manitou.

Und ein atemberaubender Blick von Kitsilano über die Bucht Richtung Squamish. Holzhäuser im englischen Kolonialstil, Hobbit-Style, nicht weit vom Stadtzentrum und doch so ruhig als wäre erst kürzlich die Pest durchgezogen. Den Horizont bilden Gebirgszüge verziert von Märchenwäldern. Der pazifische Regenwald mit seinen Bartflechten und massiven Nadelbäumen ist schön anzusehen,

doch fürs schmerzfreie Anschauen wurde eigentlich das Fernsehen, der virtuelle Urlaub, erfunden, oder eben Kitsilano Indoor.
Der Nachteil des Regenwaldes ist nämlich seine feuchte Wetterlage. Für Regenwürmer, Arthritis und die Scheibenwischerindustrie mag es bekömmlich sein. Fürs Gemüt nicht. So denkt man lieber auch nicht an East Vancouver, Needle Town, mit seinen Unmengen an Drogentoten.

Hier muss man nicht an Zombies glauben, um ihnen über den Weg zu laufen.

Gott sei es gedankt, dem Gott des Geldes, dass man durch die Skyline im Zetrum trotz all ihrer Glasfassaden nicht hindurchsehen kann nach Osten.

Es muss der Dauerregen sein, der die Leiber und den Charakter so aufgeweicht hat, denn einst wurde dieses Land, in dem nun jeder zweite Laden eine Apotheke ist, von furchtlosen, hartgesottenen Menschen besiedelt.

Wen wundert es da, dass Canabis letztendlich legalisiert wurde, um diese tragische, weichgespülte Entwicklung der Gegenwart seelisch zu verkraften.

Wenn wir uns den Luxus leisten, die Gegenwart mal auszublenden, gibt es durchaus auch Positives von Kanada zu berichten. Wie das Wahlsystem

oder die Einstellung zu Wirtschaftsfragen

"Without economy none can be rich, with it none can be poor."

Ich will das nochmal deutlich hervorheben: "With it (economy) none can be poor." Da könnte man doch irgendwie auf den Gedanken kommen, das Fenster mal zu erneuern oder einfach kapputzuschmeissen.