Es fühlt sich nicht vorweihnachtlich an in meiner grindigen Mundhöhle. Bei jedem oder für jeden, der an mir vorübergeht, riecht es nach einer schon länger aufgerissenen Tüte frittierter Erdnüsse. Vermutlich bin ich der Träger des Geruchs, das olifaktorische Zentrum des abendländischen Untergangs. Ich stehe rum wie abgebunkertes Falschgeld und meine Gesichtsmuskulatur führt ein seltsames Eigenleben. Selbst meine Gedankenstränge versuchen selbstständig einen Henkersknoten zu binden. Und ich, beziehungsweise mein Gehirn kommt nicht mehr los von dem Gedanken, wo denn nun die Aquarelle Hitlers abgeblieben sind. Mein Wohlbefinden ist, unabhängig von Feier- oder Nichtfeiertagen, der Vernichtung preisgegeben.
So beschließe ich, Weihnachten im Puff zu verbringen. Natale bordello, weil es da zur heiligsten aller Zeiten im Gegensatz zu den sonst bei mir so beliebten Kleinstkneipen, sprich Boazn, nicht rührselig wird. Hier steht das Geschäft stets an erster Stelle, wobei ich dabei weniger an die sexuellen Dienstleistungen als an das alkoholische Angebot denke. Insbesondere als asexuelle Frau finde ich hier mehr die Art von Ruhe, die mir an so abgefeimten Tagen wie Weihnachten wichtig ist, und ich bekomme zudem die mir gebührende, respektvolle Aufmerksamkeit, trotz meiner hohen Promillezahl, oder gerade deswegen.
Wenn sie nur wüssten, dass bei mir unten nur noch viel rauskommt, aber nichts mehr reingeht, was schon der hohe Blasendruck äusserst zuverlässig gewährleistet, sähe das vielleicht anders aus. Aber die mein körperliches Wrack so adrett bedeckende Hülle lässt solcherlei Rückschlüsse nicht zu.
Selbst an Weihnachten wird im örtlichen Puff nicht gejammert und rumgeheult, sondern in den oberen Rückzugsbereichen gepimpert, was das Zeug hält. Da bleiben die anschliessenden Gespräche an der Bar, die heute mein zuhause ist, rein sachlicher Natur. Also keine Notwendigkeit für Wehrmut oder Wehmutstropfen, sondern ganz nüchterne, notlose zehn Bier mit Schnapseinlagen. Das Elfte bekomme ich schließlich als Weihnachtsgeschenk. Und mit etwas Glück presst sich auch noch
meine Freundin Vodka N durch die Eingangstür. Für mich also Entspannung pur.
zu dieser Freundin und diesem sicherlich hart erkämpften Verständnis des heiligen Festes.