Urlaub in Argentinien
Der zauberhafte Reigen des Vorabends hat sich in alle Winde zerstreut. Ich sitze, noch etwas angemattet von der gestrigen Kotzerei, mit Vincenzo auf der paradisischen Terasse, auf der man diesen Ort nur als Quell des Friedens empfinden kann.
Nachdem die zerstörerische Lebenskraft in meinen trauten Leib zurückgekehrt ist, durchwandert mich nun schon den ganzen Tag der Gedanke, besagten "Urlaub in Argentinien" anzugehen. Ob man vordergründig den neugewählten Papst wohl als Zugpferd für diese Unternehmung anführen könnte? Auf den Spuren des Franziskus, dem ersten Papst, der sich schon mal vor Gericht zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verantworten hatte, durch die Folterkammern des argentinischen Militärs.
Meine Adressliste für Argentinien ist mehr als spärlich. Vincenzo wird mir über den ein oder anderen Kollegen von der Avanguardia Nazionale den roten Teppich bereiten für meine erste Anlandung in Südamerika. Meine Behörde dürfte das gehaltstechnisch fast als Inlandseinsatz betrachten, so eng wie die BRD zu Südamerika stand und wohl noch steht, wenn nicht alle Entchen schon gestorben sind, die damals, 45 und folgend, über den See geschwommen sind. Ich könnte mal auf ein Bierchen rüberfahren in die Kneipe "Bavaria" in La Paz, um zu sehen, ob von Klaus Barbies Nazischergen noch der ein oder andere rumhängt - tot oder lebendig, was hätten wir gelacht.
Um die Entscheidung zu beschleunigen, reicht mir Vincenco seine, ich finde, ausgeleiherte Makarov PB. Nach einem satten Klick, noch bevor die Patrone den Lauf verläßt, steht für mich fest, daß Argentinien ausreichend Informationen für mich bereit hält, um in der Sache "Dirty Castor" etwas mehr Durchblick zu bekommen. Auch für das Rotkehlchen hat sich hierdurch sozusagen eine Entscheidung gefunden. Wo vorher Vogel, sieht es nun aus als hätte sich Frau Holle mal so richtig ausgeschüttelt. Wie positiv sich doch solch ein Gefiederregen auf meine Einsatzfähigkeit auswirken kann.
Auch Agenten haben zuweilen einen Sinn für das Historische und so laufen vor mir die Bilder aus der südamerikanischen Nachkriegsgeschichte des Terrors ab. Könnte man doch mal für interessierte Touristen eine "Tortour Argentine" anbieten, auf der man auch mal, als Tortourist, einen Bungee-Sprung aus einer Transportmaschine wagt, um nachzufühlen, wie es den Gegnern, also Opfern des Vidal-Regimes, der bleiernen Zeit Argentiniens, so zumute war - so ohne Gummiseil.
Eine Terrorherrschaft mit den Methoden der französischen OAS aus Algerien und den geübten Händen der Eurofaschisten. Nicht ohne Grund mag der faschistische Ersteinsatz von einer Legion umgesetzt worden sein, die sich nach einem Flugtier der Anden benannt hatte, der
Legion Condor im spanischen Bürgerkrieg, und der bisher letzte bekannte Einsatz unter dem Titel
Operation Condor, im Lande des Vogels selbst.
Semantisch durchgängig, aber was will man auch von faschistischen Ganglien wie uns erwarten.