Ausflug aus dem Friedhof der Kuscheltiere -
Nachdem sie mir noch wie ueblich die Nagelschere abgenommen hatten - die sie mir dann doch wieder zurueckgeben wollten; was ich entschieden abgelehnt habe (ich steh auf Konsequenz) und das Flaeschchen Myanmar Whiskey, war es mir nicht mehr moeglich, den Flug nach Naypyidaw umzulenken und doch noch mal in der Hauptstadt Myanmars zu landen (was fuer Touristen bisher nicht gestattet ist).
So bin ich raus, zwar immer noch verwanzt, aber ich bezweifle, dass die Sendereichweite von Bettwanzen bis nach Myanmar reicht.
Ach, alle sind so lieb hier :) und die Sonne scheint den ganzen Tag. Wo ich hinsehe, Poster und T-Shirts der Hoffnung - jetzt wird alles besser. Und je spaeter und besoffener der Gespraechspartner, desto oefter faellt das so missverstandene Woertchen Demokratie. Nur weil so mancher Regimegegner nicht mehr hinter Gittern oder unter Hausarrest, ist es doch ein wenig verfrueht, die Hosen der Vorsicht runterzulassen, also wollte man die Zukunft gesundbeten.
Im April wird es den ersten Versuch einer kleinen Vorwahl geben, aber alle sehen Aung San Suu Kyi, die friedensnobelgepreiste (mit der ruehmlichen Ahnentafel: Kissinger, Netanjahu, Gore) Oppositionsfuehrerin, bereits als Gewinnerin. Mit welchen Infratestumfragen wird in so einem Land gearbeitet? Frau Kyi in allen Ehren ... wenn das jetzt schon klar ist, dann lassen wir doch die Wahlen und nennen es einfach mal einen Regimewechsel. Hoffnung ist ein Motor, doch auf was zielt diese Hoffnung ab?
Freiheit - das wissen wir inzwischen - kann auch heissen, frei von Besitz zu sein, oder frei von Rechten und aehnlichem. Freiheit kleidet sich in verschiedenste Gewaender, wie wir das in Aegypten beobachten koennen.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Gesamtmasse der burmesischen Bevoelkerung das gleiche wollen wird. Und ein Auto, einen Fernseher und ein Handy wird es eben nicht fuer jeden geben. Ein Land voller Militaers, Rebellen und Drogenhaendlern wird es sehr, sehr schwer haben, einen friedlichen Prozess einzuleiten und beizubehalten.
Viele sprechen dem neuen Praesidenten Thein Sein viel Lob zu, dass er die momentane Entwicklung so weit zulaesst. Zum einen ist er nachwievor nur Nummer 3 in der Entscheiderliste, zum anderen scheint das Militaer einfach nicht so recht zufrieden zu sein, mit der bisherigen Zusammenarbeit mit China. Und weil westliche Multis aufgrund der aufgesetzten Menschenrechtsdebatte eben nur dann investieren, wenn wir westlichen Konsumenten uns dabei auch wohl fuehlen, weisselt man derzeit mal schnell die schwarze Fassade Burmesien mit abwaschbarer Farbe.
Die Hakenkreuz-T-Shirts scheinen die angepinselten Rucksacktouris nicht wirklich sehen zu wollen oder sich mit dem indischen Swastikasymbol zu erklaeren. Der auf den Shirts ueber dem Hakenkreuz tronende Reichsadler war allerdings nie ein hinduistisches Symbol. Und auch die Gruppe "Iron Cross" bezieht sich da eindeutig auf germansiche Wurzeln.
Man moege bei aller Liebe zu Burmesien auch nicht vergessen, dass es kulturell festverankert ist, dass Frauen maximal die Haelfte von Maennern verdienen, dass das maennliche Familienoberhaupt festlegt, wer hier wen heiratet, und dass sich der Wert eines Menschen vorwiegend in der Hautfarbe aeussert - versuchen Sie mal eine Hautcreme oder andere Pflegeprodukte in Burma zu finden, die keinen "skin-whitener" enthalten.
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Good luck, my friends im Friedhof der Kuscheltiere, moege die Zukunft die Erfahrungen der Vergangenheit widerlegen. Drauf geb ich dann eine Runde feines Myanmar-Bier aus.