Mumbai nach Bangkok - Maerz 09
Woechentlicher Bericht unseres Auslandskorrespondenten in Suedostasien:
der Wind blaest jetzt aus einer ganz anderen Richtung. Und zwar aus Bangkok. Es war kulinarisch einfach nicht mehr zu vertreten, mich weiterhin in jener fernen Wueste des Geschmacks zu stationieren. Mumbai gab mir die preiswerte Gelegenheit und ich habe sie genuetzt. I just took the flight out of hell. Um meine Entscheidung noch zu fundieren, hab ich mich auf dem Weg zum Flughafen nochmal durch die Slums und das Rotlichtviertel von Mumbai chauffieren lassen. Jene, die "slumdog millionaire" gesehen haben, koennen sich vielleicht eine Vorstellung davon machen. Wenn das ganze dann aber im Orginalton mit einer komplexen Geruchsnote ueberlagert wird, dann wird es noch ein wenig echter. Ich habs nicht gesehen, noch gehoert, aber ich glaube, dass die Prostituierten in Mumbai beim Vollzug ihrer Arbeit noch hupende Geraeusche von sich geben, waehrend ihr nicht zu beneidender Nachwuchs vor den Vorhaengen zur Strasse hin zeitgleich die Murmeln durch den alles ueberziehenden schwarz-grauen Schlamm schussert. Und dieses Bild des Elends zeichnet sich auf die grosse Leinwand der rostigen und verklemmten indischen Sexualitaet. HERRGOTT IM HIMMEL! (kleiner Scherz)
Nachdem sich dann meine Staublunge auf dem Weg durch den Moloch zum Flughafen endgueltig bis oben hin mit Mittel- und Grobstaub (Feinstaub hat hier ueberhaupt keine Ueberlebenschance) angefuellt hat, stelle ich fest dass man am Flughafen selbst ueberhaupt nicht rauchen darf - weder vor der Tuer, noch drinnen. Sitzgelegenheiten hatte ich eh nicht erwartet und wurde da auch nicht enttaeuscht. Nachdem ich vor Ausreise nochmals aufs Gruendlichste kriminaltechnisch durchleuchtet und betoucht wurde, war es geradezu naheliegend, mir auch noch das letzte Feuerzeug abzunehmen. Die grosse Befriedigung kam dann im Flugzeug, als ich das indische Paerchen dank meiner Grippebakterien mit einem biologischem Kleinkrieg ueberziehen konnte.
Ziemlich am Ende aber gluecklich, endlich die Hoelle hinter mir gelassen zu haben, mit grossen Augen ... der Flughafen sauberer als die Schweiz ... und noch viel groesseren Ohren ... es war leise, ja fast totenstill ... kam doch noch mal alles zurueck, als ein Grueppchen kichernder, haendchenhaltender Inder vor mir die Einwanderung um gut 30 Minuten hinauszoegert. Der thailaendische Beamte haette sie am liebsten wieder rausgeschmissen. Ich auch.
Jetzt wohne ich in der Kao San Road vor der mich jeder gewarnt hatte und bin so gluecklich, als haette man mich lobotomisch behandelt. Die Autos halten die Spur, gehupt wird nur, wenn noetig, und so mancher bremst, um mich ueber die Strasse zu lassen. Am ersten Tag stand ich zeitweise nur ganz stumm und staunend am Strassenrand. Die Internetverbindung bricht nie ab, es gibt keinen Stromausfall. Die Menschen lachen und sind nett. Viele sprechen Englisch. Einheimische Frauen sprechen mit mir und ... fast waer ich tot umgefallen, als mich die erste Thailaenderin an der Schulter angefasst hat. Es gibt 50 Millionen Orte, wo ich morgens meinen Kaffee trinken und ZEITGLEICH eine Zigarette rauchen darf, ganz legal. Supermaerkte, die die ganze Nacht geoeffnet sind. Heute zu allem Ueberfluss noch eine Stunde Massage fuer geschlagene 4 Euro, ein klein wenig mehr als eine Flasche des schlechtesten Biers dieser Welt, dem Kingfisher-Gesoeff.
Es hat lange gedauert bis ich nicht mehr mit offenem Mund dastand, dann war er kurz zu und heute hab ich ihn wieder aufgemacht, um mir ein Busticket nach Laos zu besorgen. Los gehts morgen abend.
einemaria am 22. Juni 10
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