Freitag, 18. Dezember 2015
Weihnachtslotto - Die lange Nacht des Kuhstalls
Wo ist nur der Wunschzettel? Am Ende findet es den vom letzten Jahr und ich bekomme die gleichen Geschenke nochmal. Wie wärs denn mit Gegenzeichnen, wo die gestrichelte Linie dafür wäre, wenn man den Zettel gesehen hat. Kommen tut eh nur die Hälfte und das in abgespeckter Version oder schlechter Qualität. Ich wollte nie Holzspielzeug. Hätte das Christkind lieber mal wie von mir empfohlen in Waldwirtschaft investiert. Wo ist nur der verdammte Wunschzettel..

Gottverflucht, jetzt ist ja gleich Weihnachten und bei mir heisst es immer noch Mein Mann, der Wixer als Überschrift. Onan der Barbar hätte ich es eigentlich taufen sollen. Das finde ich pietätslos. Keine Tabubrecher an heiligen Tagen. Nicht aus Anstand, sondern aus Angst, weil ich ungern von einer katholischen Autobombe zu Manitou berufen werden. Die hat es nämlich auch schon gegeben, hier in Europa, katholische Bomben gegen ein protestantisches England. Man soll Geister nicht ärgern. Und tote Götter fallen bei mir in die Kategorie Geist. Mit Göttern möchte man keinen Ärger, selbst wenn sie bereits tot sind. Ich hab zu wenig Erfahrung, um festzustellen, ob so ein Gott nun tot oder nur komatös ist. Seine Anhänger sind nämlich noch ganz fidel. Sie warten immer noch auf das Christkind, während sie zeitgleich den arabischen Winter einläuten.

Herrje, man muss sich schon in eine Traumwelt flüchten, um Weihnachten und Sylvester noch als solches zu empfinden. Meine ersten Gedanken bei diesen Daten sind Jahresabbuchungen, TÜV und damit auch Reparaturen. Geschlossene Geschäfte und Ämter, die kurz vorher aber noch ne Unmenge an unverständlichen Briefen und Fristen raushauen, auf denen man dann über die stillen Tage hinweg so brütet. Still ist es wirklich, wenn man für zwei Wochen aus dem Räderwerk heraus auf sich selbst zurückgeworfen wird. Aber unangenehm still. Die Ruhe vor dem Ansturm an weiteren Abbuchungen, Neuregelungen und Beitragserhöhungen.

An Weihnachten, dem Fest der Liebe, an dem sich mehr alte Menschen das Leben nehmen als sonstwann, weil sie vom Braten der Liebe eben nichts mehr abbekommen. Und ich will mal vermuten, dass der ein oder die andere auch den Gedanken spinnt, sich direkt ans himmlische Weihnachtsbankett zu beamen als noch ein Jahr mit der Plörre aus dem Pflegeheim den Tag zu beginnen.

Ich wills mal so positiv sehen wie eben geht. Man freut sich inzwischen einfach mal daheim zu sein und wenn geht mit Familie Zeit verbringen. Freut sich auf paar Tage frei und bekommt einen Blick für die handwerklichen Details der selbstgebastelten Krippen. Weihnachtssterne gefaltet, geschnitten, geflochten. Monsterdosen mit selbstgemachten Weihnachtsplätzchen und der Friedhofsbesuch wie eine Rally im Schnee mit den Grablichtern als Wegbegrenzung.

Das leere Konto am Jahresanfang weiss ich gut investiert als Opfer an meine Götter, die sehr lebendig sind. Der Gott des Stroms, der Gott des Warmwassers, der KFZ-Steuer und Versicherung, und wie sie nicht alle heissen. Nur die Tempelsteuer, die Kontogebühr haben sie größtenteils abgeschafft. Mit denen möchte man keinen Ärger. Sie erfordern auch kein hohes Maß an Pietät, Hauptsache das Opfer ist pünktlich überwiesen.

Pietät oder Frömmigkeit, wie es der gottselige Luther zu seiner Zeit gesagt hätte. Martin Luther, namensgleich mit jenem, der auf der Wannseekonferenz den Holocaust mitbeschlossen hat. Fromm im Sinne von die Ordnung respektierend. So sind dem Kirchenreformer die Thesen etwas aus der Hand geraten, bzw von den rebellierenden Fürsten aus der Hand genommen worden.

Die Ordnung allerdings möchte in Ruhe gelassen werden. Das sollte man sich hinter die Ohren schreiben, hier wo am Weihnachtsabend Weißwürste serviert werden. Zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss, so unser gottseliger Martin in Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bawren.
Der liebende Gott und der strafende Gott, alle unter einem Dach, in einer Person. Schon dafür mussten tausende Arianer sterben. Das nimmt wirklich kein Ende.

Wie das die bis heute herrschende Ordnung dann so will, kommt als Antwort auf die Thesen die noch viel blutigere Gegenreformation, so blutig, dass sich so manch katholische Grafschaft freikauft, um freiwillig wieder in die Hände des Sultans zurückzukehren.

Das Jahresende als Schweigeminute für all die Greuel, die der Glaube an einen Gott hervorruft. Demonstrationen von gemäßigten Gläubigen, eine Vatikanbank, die nicht mehr die uneinsichtigste Geldwaschanlage unter dem Himmelsgewölbe und ein klein wenig Toleranz für Atheisten. Dann kommen sie eben in die Hölle, die Ungläubigen. Ist doch schlimm genug.
Das wünsch ich mir vom Christkind plus Lottogewinn für gute Führung.

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Mittwoch, 2. Dezember 2015
Mein Mann, der Wixer
Mein Mann hat mich für eine andere verlassen. Für seine Hand. Er will alles selber im Griff haben. Und ich sag noch, Günther, für ne andere Frau, immer. Aber für deine verhornte, abgearbeitete rechte Schweisserhand. Bei uns stimmts hinten und vorne nicht, obwohl wir eine normale deutsche Arbeiterfamilie sind. Jetzt, wo mich mein Mann für seine Hand verlassen hat, ist alles anders.
Ich will kein anderen als meinen Mann. Das liegt doch in der Natur der Sache.

Aber ihr könnt euch doch wieder verstehen, so wie früher, Papa?

Verstanden? Verstanden haben wir uns noch nie. Sonst hätten wir uns erstmal garnicht gefunden. Erst waren wir verliebt, dann haben wir uns gehasst. Extreme Gefühle, ja, aber verstanden, muss ich sagen, glücklicherweise nie.

Und ich sag dir noch was: Also ich möchte kein Professor sein. Da wenn du dich auf blöd damisch und deppert säufst, bist du plötzlich arbeitslos. Was sag ich, berufsunfähig. Und das mit dem Saufen kann dir bei deiner famliliären Vorgeschichte immer passieren.

Als Maurer passiert dir das nicht, hab ich meim Sohn gesagt. Aber nicht, dass Sie denken, ich wäre Maurer. Ich bin Künstler. Noch armer Künstler. Mein Zeugs hat scheinbar nie einer jener Bedeutsamen für so wichtig empfunden, um es als unentdecktes Kleinod zu heben und zu veröffentlichen.

Mich hat nie einer gewollt und das ist mein Glück. Denn bekannt wirst du so oder so, wenn du immer weitermachst. Der Ruhm gehört die dann ganz alleine im allerhöchsten Alter und auch das ganze Geld, wenn alle jüngeren Verwandten vor lauter Gram, dass ich es nie zu einer Erbmasse gebracht habe, gestorben sind. Ich vermute, dass sie aus Sicherheitsgründen das Erbe wohl ausschlagen werden.

Nach all den Jahrzehnten kann ich jetzt auch noch die paar Jahre warten, bis die Kinder aus dem Haus sind und das grosse Geld dann wirklich mir ganz alleine gehört.

Ich bin einer jener Verblendeten, die Kunst angefangen haben, um Geld zu machen. Und das muss ich alleine durchziehen. Dass du säufst oder anderswie dein Leben ruinierst, wird ja geradezu erwartet von dir als Künstler. Ich will das in meinem rüstigen Alter meiner Familie nicht zumuten, die ja doch aus einfacheren Verhältnissen stammt.

Ich wollte meine Frau nicht verletzen, aber ich seh wirklich nicht gut aus in meinem Vorrentenalter. Wie soll ich da eine scheinbare Affäre herzaubern. Also hat sie mich als Wixer bezeichnet, vor meinem Sohn. Wie soll ich dem jetzt beim Sexualkundeunterricht behilflich sein. Meine Frau versteht einfach garnichts von Pädagogik.
Und dann hat sie meine Hand ins Spiel gebracht. "Günther, für die Schweisserhände verlässt du mich. Das ist widerlich." Hätt ich dann in meiner männlichen Zweidimensionalität noch drauflegen sollen:"Mit denen spür ich wenigstens noch was." Am Ende denkt dann mein anwesender Sohn noch, er wäre schuld, dass der Verhornte die Ausgeleierte nicht mehr mag.

Es ging mir ums Geld. Um den nahenden Reichtum, indem ich als Künstler entdeckt werde. In meinen Träumen lag ich bei Joseph Beuys in der Wanne und nicht das Fett. Nur noch den Ruhm überleben.

Je mehr ich mich meinem finalem Ziel, dem künstlerischem Endsieg, näherte, machte mir mein näheres Umfeld Probleme. Je mehr ich trank und versuchte, mein Leben zu ruinieren, kam mir meine Frau, diese genetische Schnapsdrossel, in die Quere. Und da habe ich gemerkt, so was geht nur alleine. Sohn mal gerne zu Besuch. Aber sonst ... Kunst. Schwarz-Weiß-Aufnahmen von masturbierenden Schweisserhänden, die vollgesabbert einer Verlassenen zuwinken. Goodbye, Maria.
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Montag, 30. November 2015
Drunter und Drüber - ein Planet wird 4D
Hoffentlich ist das mit den Terroristen wie mit Bands. Erst die Live-Auftritte, dann nur noch CDs.

Ich vermute, leider genau andersrum. Und desshalb wird jeder einzelne Drohnenangriff auf einen Feind der USA inzwischen nicht mehr vom Präsidenten, sondern elektronisch unterschrieben. Der Mann muss ja auch noch regieren. Mit Algorythmen gefütterte Maschinen wachen darüber, wer eleminiert wird. So viel Gewalt und hinter allem eine Politik von Menschen, deren Worte wie Werbeeinlagen des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport hervorsprudeln. It's nothing personal, it's a signature strike. Hätten Sie im Monat Mai nicht genau so viel Wasser verbraucht wie der Gesuchte und statt alle nicht alla geschrieben, dann wär's nicht passiert. Was soll's.

In fünf Tagen schneiden wir die Barbarazweige, dass ausser dem Winterjasmin an Weihnachten auch noch was anderes in der Vase blüht. Und vor fünf Tagen war die Luft so klar als wär sie nicht da. Vor dem eisblauem Himmel schält sich die Papierbirke auf der mit Rußpartikeln geschrieben steht:
"Das Haus kann nichts dafür, wer in ihm wohnt."

Wenn ich daran denke, was ein Einsatz der Bundeswehr in Syrien kostet, dann sind Studiengebühren eine echte Kampfansage an die Bildung. Da zahl ich jahrelang für Frontex und dann kommen plötzlich alle viel leichter rein als vorher. Ich will mein Geld zurück.
Jetzt wollen die Verwalter meiner Steuergelder Soldaten schicken, um ... den Frieden zu sichern kann es nicht sein. Oder wollen sie gleich die Symptome bekämpfen wie die Hochzeitsgesellschaft in Afghanistan. Mit Bodentruppen ist es erstmal auch schwierig, weil schon alles besetzt ist. Allem voran gegen den Feind des Mannes, mit dem man nicht reden möchte und dann mal schaun, was kollateral noch so übrig geblieben ist. Den Russen auf jeden Fall nicht das Gelände überlassen. Mit ihnen aber auch nicht. Das wird ein seltsamer Krieg werden, so wie Reise nach Jerusalem, wo es immer einen Stuhl weniger gibt.

Mit den immer schneller aufeinander folgenden Veränderungen, die uns immer öfter vor neue Probleme stellen, kann auch mal eine alte Methode klappen, die bisher immer schief ging. Das stimmt schon.
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Mittwoch, 25. November 2015
Im Garten Eben
Jeder Gärtner wird das verstehen, wenn ich sage, meine Ehe ist ein F1-Hybrid. Sie hat nur im ersten Jahr schön geblüht. Die hässliche Unterlage treibt wieder durch. Ob Wildrose oder schrumplige Quitte, sie lebt zwar noch und sie ist pflegeleicht, aber eben keine Farbe mehr und eigentlich auch keine Form - bei ihr wie bei mir. So wird mein Handy immer wichtiger, um mit Menschen in Kontakt zu treten, die eben keine F1-Hybriden sind, sondern mehrmals im Leben erblühen.

Im Grunde schlafe ich zuhause nur. Tagsüber lebe ich in den schönsten Gärten von Menschen, die so viel in Büros oder im Flugzeug arbeiten müssen, um sich diese Gärten und diesen Gärtner zu leisten. In den dunkelnden Feierabendstunden erlauben Ihnen ihr top gepflegtes Idyll in der Abendsonne auszukosten, sowie am Wochenende. Im Haus die Putzfrauen, Kindermädchen und Vorhangvertreter. Tja, Eigentum verpflichtet nicht nur, es übernimmt seine Besitzer komplett. Geniesen kann es vorwiegend das Personal.

Ein nicht mehr so neues Thema, jetzt auch auf der Heim&Handwerk, ist der elektronische Garten. Wenn ich das schon höre, denke ich nur an die nicht endend wollenden Probleme, die Wasser und Strom schon jetzt bereiten. Die Wasserinstallation, die sich das Erdreich mit Wurzeln und Wühlmäusen teilt und der Rest verdrahtet wie eine Platine. Kabel durch Beete und Teiche für die Gartenbeleuchtung, Suchschleifen rundherum für den automatischen Rasenmäher, dessen Programmierung selbst für Semiprofessionelle ein unüberwindliches Hinderniss darstellt. Natur und Technik, für den Gartenbauer heisst das Arbeit für immer.

Apropos Technik und Natur. Mein Handy wurde bereits mit Blasen unter der Schutzfolie geboren. Das Gegenteil von Druckstellen, denn es wölbt sich nach aussen. Eine Schutzreaktion meines Handys also. Wir kennen diese Schwielen, die wir an den Fingern und im Alter auch auf unserem Gesichtsdisplay kriegen.
Die Blasen wären nicht weiters schlimm, ausser dass ich mich wie ein Irrer durch diese Luftpolsterung durchdrücken muss, bis endlich was auf dem Display passiert. Gesprächsannahme wird da zur Zirkusnummer. Mit jedem Drücken wandern die Blasen bereits jetzt wie Käfer unter der Oberfläche auf und ab, nur vom Rand halten sie sich fern. Wenigstens sie fühlen sich scheinbar wohl.
Zudem sammeln sich unter den teils abstehenden Ecken der Schutzfolie so allerlei Partikel, vorwiegend jene, die sich auch in meiner Hosentasche befinden. Tabakbrösel und Pflanzenreste, Salz und Flusen. Luftblasen umringt von anderen Grundstoffen des Lebens. Wäre ein Wunder, wenn nicht bald eine Flora und später auch eine Fauna auf meinem Handy ihren Lebensraum finden würde. Vielleicht Moos am Rande des Hardcovers oder ein kleiner Sämling auf der Rückseite, wo auch der ein oder andere Käfer ein Zuhause findet. Ein echt hippes Gärtnerhandy.

So geniese ich jeden Arbeitstag, Hauptsache ausser Haus. Zwischen Grund- und Regenwasser, und mit Schwitzen 3D. Ein Leben in der Hortosphäre. Ein Ort, so voller Befruchtung, dass man abends schon garkeine Lust auf Sex mehr hat.

"Das ist aber schön, immer in der Natur unterwegs." Ja, heben, schleppen, schleifen, reissen, nur weil Torf eigentlich leicht ist, muss man nicht gleich 40kg-Säcke draus machen, bei Regen und brütender Hitze, bei unter minus 10 und über 35 Grad im Schatten, in Schlamm und Staub. Das Leben ist hier nur nicht ganz so schlimm wie wo anders. Zwischen Dornen, Zecken, dem Todesstaub des Hedera Helix und dem Grauen aus der Erde, den Griebelmücken.
Winzige, schwarze Mücken, die nicht stechen sondern beissen, aber so dass Blut fließt. Die so langsam fliegen, sehr gerne auch in die Augenwinkel, dass man sie in aller Ruhe zerdrücken kann. Eine wütende Horde suizidaler Fallschirmspringer, die sich auf jeden stürzen, der morgens oder abends im Erdreich wühlt. Es sind die Todesschwadrone der Göttin Gaia.

Doch trotz des göttlichen Grolls hilft schon Autan oder lange Hosen in den Socken. Ganzkörperverpackt und imprägniert und trotzdem mit ledergederbtem, ausgekochtem Gesicht, dass man denken könnte, wir wären arbeitslos. So machen wir am liebsten beim Edeka in der Tiefgarage Mittag. Hausfrauenglotzen und kühle Abgase. Im Sommer kühl, im Winter wärmer als draussen. Und dunkel.

Auch das hat unserer Ehe nicht gut getan, dass ich im Leben nicht auf den Gedanken käme, mich in meiner Freizeit freiwillig der Sonne auszusetzen. Selbt meine Argument, dass weit über die Hälfte der Weltbevölkerung so zu denken pflegt, schien nicht besonders dienlich für den Ehefrieden.

So hat jeder seine Reallität. Es soll gefühlt so sein wie am Land, die Vöglein zwitschern, die Grillen zirpen, das stechend gelbe Rapsfelder steht wie ein Flammenmeer im Licht der Abendsonne. Dann der Zaun und dahinter Ruhe. Keine Vogelscheisse und keine Ameisen, kein Moos und keine Flechten. Kein Unkraut und kein Ungeziefer.

Heisses Wasser und Gift. Der gepflegte Garten ist ein Schiff, das wir durch die Jahreszeiten schippern. Windgetrieben oder mit Motor. Bio oder Chemie. Der eine mit Roundup, der andere mit Salz. Und weil der Garten ein Bild des eigenen Ichs ist, an dem man all sein Unterbewusstes auslassen kann, meistens mit Gift.

Ohne Brille, Visier oder Helm wäre ich schon lange einäugig und könnte jetzt bei gefährlichen Situationen das kaputte Auge vorschicken. Gehörschutz und Kevlarhandschuhe für den Feuerdorn, Stahlsohlen und -kappen, Knieschützer und hinten druff den 7Kilo-Akku. Bei voll geladenem Akku könnte ich mich da mehrere Stunden gegen angreifenden Wespen verteidigen oder die verfluchten Griebelmücken in ihre Erdlöcher zurückblasen.

Gartenarbeit ist der Kampf gegen die Natur. Ein Wald in dem die Blätter nie auf den Boden fallen, Rasen, der kein Moos oder Unkraut kennt, Biogärten, die magischerweise nie von Schnecken und Ameisen bewohnt werden. In den Garten darf er nicht rein, aber für den Salat kann er gern auch mal etwas teurer sein, der junge Löwenzahn. "Ach, ich nehme den Mangold mit Hirse-Couscous, garniert mit Kapuzinerkresseblüten." Essen sie doch den Girsch aus ihrem Garten, den wir tagsüber unter Qualen ausgegraben haben.

Mir käme es nicht in den Sinn, jemals etwas gegen mein Abendessen, den Leberkäse, zu unternehmen. Menschen, die sich Gärtner halten, müssen wirklich schizophren sein. Wäre doch sinniger, den Gärtner gleich als Koch anzustellen, der dann abends das Unkraut aus dem Garten auf Meissner Porzellan servieren lässt. Ackerwinden und Brennessel, taufrischen Girsch und minderjährigen Löwenzahn. Zum Hauptgang eine glutenfreie, weil mit Spinatblättern geschichtete Lasagne auf Wühlmausbäckchen. Ich garantiere, in spätestens fünf Jahren ist auch der eigene Kartoffelacker wieder hip. Oder passend zum Klima, Süßkartoffel.
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Dienstag, 17. November 2015
Ein Dankeschön
an die dunkle Seite für die Erwähnung meiner Kriegskasse. Ich hätte sie fast schon vergessen, so wenig Kriege wie ich führe. Aber nach dem heutigen Tag an dem eine lächerliche Signalstörung, die den öffentlichen Verkehr lahmgelegt, bei mir einen Schlüsselreiz ausgelöst und meine signal intelligence aufgrund dieses Befehlsnotstandes militärische Wirkmittel freigesetzt hat, heute, glaube ich, ist es an der Zeit, sie zweckgerichtet auszugeben, diese Kriegskasse. Die Mass ist voll, aber ungeniesbar.

"Wir sind Paris."(Propagandapresse) Tja, dann bin ich offensichtlich nicht wir, denn ich bin München. Von welchem Wir spricht dieses Schmierblatt? Da kann man nur froh sein, dass man nicht dazugehört. Und "Dann ist das nicht mein Land."(Merkel) Nein, offensichtlich nicht, denn es gehört mir. Inzwischen herrscht hier nicht nur beim öffentlichen Verkehr ein heilloses Durcheinander. Auch mit reisst der Geduldsfaden. Bei mir wohnt kein Wir mehr. Syrer gerne, aber dafür geht im Austausch jeweils ein Politiker in ein Krisengebiet seiner Wahl.

Bei der Game-App Candy Crush würde jetzt der Satz "No more moves possible" erscheinen und alles wird neu gemischt. Dass da Frau Merkel mit ihrem Sitzorgan, und ihr Name steht hier nur symbolisch für die komplette Politikerkaste, fast aus Versehen mal Besitzansprüche auf meinem Terretorium anmeldet, das scheint dann schon fast so zeitgemäß wie der IS. Dass sie dann aber noch all ihre syrischen Freunde mitbringen möchte, das geht zu weit.

Soll sie sie doch in ihrem Vorgarten campieren lassen, bei mir sind schon zwanzig nicht-katholische Polen eingezogen. Ein präemptives Asyl meinerseits, denn so passen bei mir keine anderen mehr rein. Vor allem keine Norddeutschen. Zudem hat unsere Münchner Plattenbausiedlung eine höhrere Siedlungsdichte als Bangladesch. Meine Polen lieben Vodka etc und essen die dicksten Würstel. Wir verstehen uns prima. Liebe Frau symbol.Merkel, treten Sie bitte aus der Lichtschranke, so dass sich die Türen für Sie endlich schließen können. Jetzt bin ich dran.

Bei der Flüchtingsproblematik herrschen offenbar ähnliche Gesetze wie bei der Entsorgung radioaktiven Sondermülls. Das Problem ist nicht das Uran, einem Biorohstoff, der spurenmäßig auf unserem gesamten Planeten vorkommt, das Problem ist, dass alles auf einem Fleck ist. Das Problem ist nicht die Aluminiumdose, sie trägt keine Schuld. Das Problem ist, dass wir alles ausgraben und konzentrieren. Die Rohstoffkonzentration. Und dann weiss man nicht, wohin damit.

Das Problem sind nicht die Flüchtlinge, das Problem ist der Grund ihrer Flucht. Da könnte man ausnahmsweise auch mal ansetzen.
Wir pflastern den Planeten aussenpolitisch mit Diktatoren der übelsten Sorte zu - von Pinochet bis Saddam Hussein - schippern möglichst viele unserer, durch die eigenen Steuergelder refinanzierten Waffenexporte in die Krisengebiete, wie wir (dieses Wir, wo ich scheinbar kein Teil von bin, wobei mir der Benzinpreis momentan sehr entgegenkommt) über die Türkei, Saudiland und Qatar den Islamischen Staat gegen Assad stark machen, um möglichst billig an ihre Rohstoffe zu kommen, wie der IS im Moment all das billige Rohöl für uns gerade herausholt.
Das sekundäre Problem ist Rohstoffkonzentration, das primäre die Geld- und Machtkonzentration. Die Schere geht auf ... aber irgendwann schnappt sie eben auch wieder zu.

Und dann rollen viele Köpfe, deren Rollen meine Kriegskasse nun zu verhindern versucht. Liebe Leser, wir, die anderen Wirs, sollten das in die Hand nehmen. Wenn Sie Begriffen wie Säkularisierung, Friede, Bürgerlichen Gesetzbüchern und Selbstverantwortlichkeit etwas abgewinnen können, dann bitte. Ein präemptives Bürgergebaren, das wärs. Wir stellen Merkel, und wieder steht sie da nur symbolisch, an die Wand. Und reden mit ihr.

An einer Wand so weiß, da standen schon viele. Und nur wenige haben es wieder weggeschafft. Je weisser aber das Weiß, um so schwärzer auch das Schwarz. Das liegt in der Natur der Sache. Wo eine Demokratie sich zur heimlichen Diktatur wandelt, einem Reich der Großkonzerne, die mit TTIP etc nun ganz andere Sitten über uns prasseln lassen wollen, da wird eine Abwahl eben auch anders gestaltet. Ein König, der nicht zeitig abdankt, dessen Kopf war oft der letzte von vielen, die rollen mussten.

Jetzt reichts dann. Ende, aus. Ich weiß schon garnicht mehr, um was es hier eigentlich gehen soll. Ach, ja.
Ich rufe Sie auf. Alle einzeln mit Namen, mit Namen von Listen, die wir vorher erarbeitet haben und dann gehts los. Von der Kriegskasse kaufen wir eine Schlachtplatte. Und dann schaun wir mal, was da so drauf ist. Ich hoffe, Friede, Freude, Eierkuchen.
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Dienstag, 3. November 2015
Espresso - ich drücke mich aus
Man braucht immer zwei Reserven. Wenn die Milch mal aus ist und man hat nur eine Dosenmilch im Hemdsärmel, dann vergisst man noch am gleichen Tag die Milchresevern wieder aufzufüllen. Mit einer zweiten Dosenmilch haben Sie dann selbst am zweiten Katastrophentag noch was. Und weil sie sich so über ihr neues Milchmanagement freuen, vergessen Sie auch sicher nicht am zweiten Tag endlich Milch zu besorgen.

Das gilt wohlweislich auch für Leute, die keine Milch trinken, schließlich kommt ab und an auch mal jemand zu Besuch, der nichts dringlicher braucht als Kaffee mit Milch. Ich beispielsweise. Menschen, die nicht prinzipiell ausreichend Vollmilch vorrätig halten, wenn ich zu Besuch komme, fallen bei mir schnell in das Raster "Freunde, die man nur anruft". Milch ist keine Verhandlungsmasse, sondern die Milch machts, wie schon der bayrische Rodelweltmeister Hackl Schorsch festgestellt hat.

Und weil wir grad dabei sind, auch noch ein Wörtchen über die Qualität der Milch. Für mich darfs irgendwelche sein, notfalls auch gerne Milchpulver. In Deutschland, bzw ausserhalb Italiens keinesfalls geschäumte Milch, so siedend heiss, dass das braune Gold erst mundgerecht heruntergekühlt ist, wenn ich schon längst irgendwo anders sein muss. Vielleicht mussten Sie ja auch schon mal das ganze Gedöns, das zum Milchschäumen benötigt wird, abwaschen, denn der Geschirrspüler kann das nicht. Geschäumte Milch ist für mich der Inbegriff des sich arg verbreitenden Narzismus. Keine Neurose, sondern eine frühkindliche Psychose, vermutlich die Reaktion auf schlechte Muttermilch oder grossen Dosen Babymilchpulver. Ich weiß es nicht.

Neben Gummibärchen sind auch Portionspäckchen Pulverkaffee 3in1 eine der wesentlichen Erfindungen der Moderne. Schneller Kaffee, der Turbo für den Morgen und zwischendurch. Ich hab nicht die Kaffeemaschine, sondern meinen Wasserkocher an der Zeitschaltuhr, so dass ich frühmorgens nicht von übelriechenden Dämpfen des deutschen Filterkaffees traktiert werde, sondern die Aufwachphase mit blubberndem Wasser erlebe.

Pulverkaffee wie ich ihn aus Afrika und Asien kenne und zu lieben gelernt habe. Anderen Kaffee gabs nicht. Kaffee, so fein, dass er bei Dallmayer durch die Siebe fällt. Ich führe seitdem immer mehrere Päckchen davon in meiner Reiseapotheke. U.a. bestes Mittel gegen Kopfschmerzen. Doxicyclin und Kaffeepulverbeutel, damit durchschreiten sie sämtliche Wüsten und Dschungel ohne Gefahr.

Vorab Gesagtes gilt natürlich nur für den aus der Not geborenen Tag. Wenn es hektisch ist und das ist es bei mir und meinen Todo-Listen immer, selbst sonntags. Nur abends, abends sieht es wieder ganz anders aus. Da käm ich garnicht auf den Gedanken an löslichen Kaffee. Die Mokka, nur grob mit wenig Wasser ausgespült. Da hängen noch Kaffeebohnenpartikel della mia nonna dran.

Bis der Kaffee fertig ist, muss ich Ihnen was vom Wetter erzählen. Wussten Sie, dass jede moderne Eiszeit mit Tiefnebel beginnt. Später dann auch noch Meteoriten und so. Meteoriten mit Warnhinweisschilder, für organische Lebewesen tödlich oder ähnliches. Do not throw this meteorite on any planet. Gegen Tiefnebel ist Vulkanausbruch ein Klacks. Das weht es weg, aber wir erfrieren noch diese Jahre unter einer Schicht Wasserdampf. Und der Winter hat noch garnicht begonnen. Wenn die Menschheit noch ein paar Jahre mehr gehabt hätte, hätte ich auf diesem Planeten vermutlich auch noch Freunde gefunden.

Auf den Herd damit, halb Espresso und halb türkischem Kaffee, der so feinkörnig ist, dass er sich durchs Sieb presst und in der Tasse einen schönen Kaffeesatz bildet, aus dem man gerne auch noch seine Zukunft lesen kann. Hier kommt nur beste Kuhmilch rein, die gibts nämlich auch. Im nächsten Dorf von der stählernen Kuh. Der Liter 75 Cent, billiger als Diesel.
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Dienstag, 27. Oktober 2015
Die Zornkomponente 2. Teil

Schlechte Milch von Muller, die Zukunft ist nutzlos ...


Ob Sie es glauben oder nicht, die Sprache ist der natürliche Feind der hartenlinie. Zwangsweise muss ich mich ihrer bedienen, in einer Welt, in der durchaus Linien und anfangs auch noch Listen ausreichen würden.

Der Tag hat mit Scheisse begonnen. Mit einem ekelhaftem Völlegefühl bin ich aufgewacht und selbst nach dem dritten Milchdrink hat es dann dreimal so viel gebläht. Alles läuft schief. Das kriegt man dann mit so einem Magen auch nicht mehr gebacken. Gut ist nur, was gerade nicht da ist. Die Zukunft ist nutzlos.

Kann gut sein, dass es der Liter Molke von Muller Milch war, den ich nun testweise mal getrunken habe. Es ist das erste Produkt das, wie auch billiger Mozarella aus Milchpulver, nach nichts und trotzdem schlecht schmeckt. Ein Gesöff, das man vielleicht Verdurstenden in der Wüste anbieten kann, aber doch nicht einem wie mir, der so satt im Saft sitzt.

Wie gesagt, alles läuft so richtig beschissen. Ohne den BEST GAMING MIX würde ich mich schlicht von der Balkonbrüstung stürzen. Ob die mit ihrer Molke meine Glücksrezeptoren besetzt haben? Ich vermute fast. Auf den Fall den letzten Nerv geraubt.

Das bedeutet Krieg, Papierkrieg. Die Listen füllen sich. Sie sind mit dabei, Muller wie Maller. Oder sagen wir, letzte Chance. Vielleicht ist ihnen aufgrund der lauten Supermarktmusik noch nicht zu Ohren gekommen, dass man Sie nicht mag. Man rennt mir hier die Bude ein, obwohl ich schon dank der Briefbombenattacken von Möbel Maller ein Platzproblem bekomme. Ach, vergessen Sie's, die Listen sind geschrieben. Bevor das Andere tun, vergleiche ich mich lieber gleich mal selber mit Hilter. Den Vergleich mit einem Eineiigen will ich nicht scheuen.

Wo es Weicheier gibt, muss es auch harte Eier geben. Richtig harte Nüsse. Stahleier und drum herum, ein butterweicher Eiersack. Ein weichgezeichneter Kriegszustand der Spermien, die da nicht brüten, so doch angespannt lauern, um nicht einmal mit dem Schwänzchen zu wedeln. So auch die hartelinie. Nichts vibiriert und zittert auf dieser Seite, kein Flackern und keine bewegten Bilder. Die Zeit steht still im Kon-Text der hartenlinie.

hartelinie - keine Werbeeinblendungen, keine Geplänkel. Ungeschönte Information, aus der puren Feder. Hermetische Prosa auf Bloglänge reduziert. Eingekochte Halbwahrheiten, unschön in Form Gebrachtes und eingeschmolzenes Wortmetall, veredelt und herangezogen. P-rosa, virales Wort, das sich anhaftet. Ein neues Wirkmittel, die D-Waffe. Der Geschützturm steht still wie Stahl, Der Passivist starr an der Tastatur, nur die Sensoren rattern 360 24 7 4D. Bei den Briefattacken von Maller, Muller, Schland und einem Dutzend Autohändler braucht man nicht viel Sensorik, um sie zu spüren.

Life is a bitch - cave diem - hüte dich vor dem Tag, an dem Du die schlechte Milch vom Muller oder ebenso schlechte Möbel vom Maller angeboten bekommst. Life is a bitch and you are the pimp - el chingador, der Fahrer deines Lebens und alle sitzen hinten drin. Wer nervt darf aussteigen. Im Falle Muller und Maller möglicherweise schon auf den nächsten erdnahen Fetzen Kosmos, der mal vorbeikommt. Ich entscheide das glücklicherweise ja nicht. Ich schreib nur die Listen. Carpe canem et cave diem, hüte dich vor dem Tag und pflücke den Hund, so lange er noch bellt.

Die Sommerzeit in Kaltland geht zu Ende. Es wird bitter und munkeldunkel. Freundeslisten, Prioritäten- und bereits die ersten Weihnachtslisten, Tudus und D-Listen, Listen, wohin das Auge reicht. Und eben manche, wo noch keiner weiß, wozu. Da hat man mal besser Freunde.,-
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Montag, 26. Oktober 2015
Die Zornkomponente 1.Teil

Möbel Maller, der postalische Ping-Bomber


Die Zornkomponente ist das genaue Gegenteil von Wutbürger. Wütend ist man gerne mal schnell, aber es hat zumeist keine Konsequenzen. Aber Zorn. Ein zorniger Gott, das ist doch was, wie Georg Schramm sagt, aber ein wütender, der den Tränen nahe auf seinen Wolken rumtrommelt, nee, den hat man schnell vergessen.

Ich hatte nie Probleme mit BMW, aber ich hatte auch noch nie einen BMW. Bald werde ich aber Probleme mit Möbel Maller haben, obwohl ich nie mit ihnen in Kontakt getreten bin. Wenn sie mich weiterhin mit personalisierter Werbung bombadieren, dann wird das ein unschönes Ende nehmen.

Nur die Firma Kabel Schland treibt es ähnlich. Die schicken mir auch jedes Monat einen Brief - die Rechnung kann es ja nicht sein, denn die gibt es nur online - mit dem sie mich, der ich bereits seit Jahren Kunde bin als Neukunden werben wollen. Das ist schon sehr nahe am Kündigungsgrund. Im Gegensatz zu Möbel Maller hatte ich Kabel Schland aber vorher schon einen Brief geschrieben, von dem sie scheinbar so begeistert waren, dass sie mir deswegen seitdem monatlich zurückschreiben. Oder sie wollen mit mir Zweitverträge abschliessen, wo ich doch eh schon eine 100.000er Leitung besauge.

Wenn man ein wenig übertreibt, könnte man sagen, dass ich noch nie ein Möbelstück gekauft habe. Und selbst ohne Übertreibung habe ich noch nie ein Möbelhaus betreten. Ein Ort, wo Möbel leben. Geboren werden sie ja in der Möbelfabrik. Ich lebte von Second Hand und inzwischen auch viel von Erbstücken. Warum Möbel Maller so großes Interesse an mir hat, ist mir rätselhaft. Da muss irgendetwas mit deren Algorithmus schief gelaufen sein.

Das nenne ich mal katatrophales Management. Jetzt haben sie einen Feind mehr ohne jemals was dafür zu bekommen. Sich Feinde zu machen, zahlt sich nicht aus. Vielleicht verkauft Möbel Maller diese Dienstleistung an eine Dritte Partei. Vielleicht an den Bund Deutscher Konsumenten, um mich dafür zu bestrafen, dass ich so wenig konsumiere. Anders kann ich mir das garnicht erklären.

Ich habe Möbel Maller jetzt auf meine Prioritätenliste gesetzt. Und zwar ganz oben. Sie sind markiert! Ich habe mir zum Ziel gesetzt, mindestens 5 Menschen davon abzubringen, bei Möbel Maller ihr Geld auszugeben. Es sind ja nicht die Möbel, die Herr Maller in seinem Keller so bastelt, sondern Stangenware, die man bei jedem anderen Möbelgeschäft auch bekommt. Und zumeist billiger. Zudem liefern die anderen ja alle gratis und ich würde auch anbieten, sie zu jedem anderen Möbelhaus zum Aussuchen hinzufahren.

Vorwiegend werde ich verbreiten, dass ich mit diesem Möbelgeschäft schlechte Erfahrungen gemacht habe, was durchaus der Wahrheit entspricht. Aber im Grunde mit allen Mitteln. Krieg ist Krieg. Ob Briefbomben wie die von Möbel Maller an mich oder mieseste Propaganda. Nachdem sie von mir mein Geld wollen, ich aber keine Möbel von ihnen, wird das ein ungleicher Kampf.

Da werf ich all mein Geld in den Pott und mach sie fertig. Mit Optionen und Futures, mit denen ich auf ihren Bankrott wette, mach ich sie nervös und den Markt aufmerksam, auf das, was unweigerlich kommen wird. Das Firmenende, weil sie mir, der ich vorher wirklich nicht ausgeschlossen hätte, mal eine Blick bei Möbel Maller reinzuwerfen, lieber mir vorher so viel Werbepost in den Briefkasten werfen lassen. Bande.
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Freitag, 9. Oktober 2015
Die Mondfahrt der Rente
Eine Rente von der man im Alter nicht leben kann. Zusatzrenten, Zusatzkrankenversicherungen, dass man nicht frühzeitig abnippelt ohne vorher seine Raten bezahlt zu haben. Eine Zahnversicherung, weil das ja nicht zu Krankheit zählt, sondern zu Zahn. Arbeitslosenversicherungen, denen es nur darum geht, ehemalige Beitragszahler in prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu überführen. Eine Schröpfung der Arbeiter und Angestellten bei der man Jahrzehnte einzahlt, um ein Jahr ausbezahlt zu werden. Das nenn ich mal ne depressive Rendite. Private Berufsunfähigkeitsversicherungen, weil man garnicht so tot sein kann, dass das es die staatliche Rentenkasse übernehmen würde.

Pflichtversicherungen also, die ihren Leistungskatalog ohne Mitsprache der Zahlenden stets aufs Neue reduzieren. Der Versicherungsfall, der so heisst, weil man durchs Netz fällt. Das Netz hat man sich wie ein Schleppnetz vorstellen, das einen gefangen hält, solange man zahlt, und fallen lässt, wenn man kein Geld mehr hat. Vom Aufstieg ist nie die Rede, denn während des beschwerlichen beruflichen Aufstiegs, der bekanntlich immer vor dem Fall kommt, zeckt sich ein ganzer Rattenschwanz von Pflichtbeiträgen an einen, der plötzlich abfällt, wenn der Abstieg nicht mehr aufzuhalten ist und man sich mit dem Schwanz irgendwo festhalten möchte.

Ach, ich will da garnicht weiter drüber nachdenken. Ich mach mir n Bier auf. Für die paar Schmiergelder, Kickbacks und versprochenen Posten nach der Legislaturperiode muss man doch eigentlich nicht gleich ein ganzes Land in den Ruin treiben, geschweige denn einen ganzen Planeten. Den einzigen, den wir haben. Dass man die Mondfahrt nach dem ersten erfolgreichen Versuch einfach einstellt, das hat uns in diesem Zusammenhang doch was zu sagen. Ihr fliegt nicht auf den Mond. Mal schön hiergeblieben! koste es was es wolle. Also Pflichtbeiträge ohne Leistungsfall - irgendwie klar in einer Leistungsgesellschaft. Öffentlicher Verkehr der kostet, aber nicht kommt, geben ohne zu nehmen und zwar einschliesslich der Steuergelder weit mehr als einen Zehnt.


Kommentar

birgitdiestarke am 23.Aug 15
Ich weiss nicht , wie sich das in Deutschland entwickelt hat, aber hier in Dänemark wird alles privatisiert, bald wohl auch das gesamte Gesundheitswesen. Alles, was vorher von Steuergeldern finanziert wurde, soll jetzt Profit bringen. Ich warte immer noch auf die doch logischerweise auf die Privatisierung folgen müssenden Steuersenkungen ...

einemaria am 26.Aug 15
Ich denke, Angie und ihre Berliner Stadtmusikanten haben das schon längst alles gut ausgerechnet, obwohl Rechnen ja nicht gerade die Stärke unserer Bundesregierungen ist.

Wirklich tragisch zu hören, dass es in Dänemark scheinbar genauso läuft wie hier. Ich hatte diesen kühlen Flecken Europas schon als mögliches Asylland angedacht.

Wo ich Ihrem G3danken nicht ganz folgen kann, ist bei der Steuersenkung. In meinem sehr ausgiebigem Leben habe ich noch nicht erlebt, dass auch nur ein entferntester Bekannter jemals von einer geschehenen Steuersenkung geschwärmt hätte, oder jemand sie jemals gespürt hätte. Steuersenkung sind wie ihre Urmutter, die Steuer, unsichtbar, unfühlbar, für Lohnempfänger, für das Nettovolk. Wenn Sie nicht Spekulantin oder Selbstständige sind, wird das vorher schon abgezweigt ehe es auf Ihrem Konto landet.

Mehr Netto wäre zwar schön, aber mehr als 15,67 € Steuersenkung pro Monat wirds wohl nicht werden. Und bei 310,30 € Lohneinbußen ist das nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Und der Stein ist sehr heiss. Wenn es hier wirklich um den Ausverkauf des Staatseigentums geht, etwas verspätet, aber doch genau wie in der ehemaligen Sowjetunion, dann müsste doch so manches Schnäppchen billig hergehen. Gerüchteweise gab es die alten Leopard I, ohne Kanone, auch schon mal für nen Euro, also genauso viel wie die Neue Heimat 1985 im Ausverkauf gekostet hat.

Ich vermute, dass es auch in Gesamteuropa auf ein Oligarchentum hinauslaufen wird. Das muss nun nicht unbedingt eine Verschlechterung darstellen. Als Monarchist bin ich dieser Herrschaftsform gegenüber sehr aufgeschlossen. Es hängt ganz vom Oligarchen ab und Oligarchen brauchen als Alleinherrscher wesentlich weniger Verwaltung. Auch die Opposition spart man sich komplett. Ein Herrscher braucht sein Volk. So hat Bismarck die Sozialversicherung auch nur desshalb eingeführt, um das Volk für einen Krieg zu kaufen, den er dann ja auch bekommen hat.
In Europa braucht man das Volk scheinbar nicht mehr. Kann gut sein, dass wir einfach durch Migranten ersetzt werden, ein Billiglohnland, das sein Volk in Rente schickt.

Aber im Grunde sollte man sein persönliches Gesundheitswesen auch nicht in die Hände eines Staates legen, dann kann dieser es auch nicht privatisieren.
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Donnerstag, 1. Oktober 2015
Das Bier ist deutlich zu teuer.
Ich will mal etwas deutlicher werden. Das Bier ist zu teuer. Ich denke, das ist der Hintergrund aller derzeitigen Misslichkeiten. Kein Wunder, dass viele Angst davor haben, dass jetzt laute Menschen moslemischen Glaubens ins Land drängen, weil sie der hohe Bierpreis fast willenlos ansaugt, weil sie fälschlicherweise denken, wo Alkohol viel kostet, wird wenig getrunken. Aber falsch, die Wiesn ist eine Trinkmaschine. Weniger Trinker, aber mehr Bier. Die wenigen übriggebliebenen Gäst saufen sich den Frust von der Seele, weil sie so alleine stets von der Bierbank fallen. Der Untergang des Abendlandes, Oswald Spengler, hä, schon mal gehört geschweige denn gelesen? Ein Großteil unserer Bevölkerung lebt doch noch im Zeitalter der Kreuzzüge, andere wollen neuerdings wie in der Steinzeit essen. Und so nehmen sie auch ihre Umwelt wahr. Mit einer Quoteneinwanderung, siehe Kanada, wäre das nicht passiert. Das kennt man in München vom Oktoberfest: wer nicht vorreserviert hat Pech gehabt, passen eben nur so und so viele rein. Dann noch ein paar walk-ins und das wars.

Inzwischen kann so manch zugewanderte Lederhosn nicht mehr von einer einheimischen unterscheiden, so grindig, so dreckert, so speckig. Nur am rotkariertem Hemd lässt er sich noch ausmachen, der Erbfeind. Weil wer in Bayern rot getragen hat, als Mann oft kein gutes Leben und ein schnelles End gefunden hat, ermordet wie Kurt Eisner, Erich Mühsam, Gustav Landauer, Rudolf Egelhofer, sowie Max Levine. Wenn ich das so schreibe, überkommt mich der Gedanke, dass in Bayern ganz unbemerkt so viele Menschen von der Bildfläche verschwinden, statistisch gesehen scheinbar ehrliche Trinker, die uns mit Sicherheit vor einem Nichttrinker wie Hitler gerettet hätten. Und um diese Lücke zu schliessen, müssen wir die Stadttore öffnen. Das Bier muss viel billiger werden und die Wiesn muss in die Innenstadt. Dann hat München seine Ruhe.

Kritik, aber bitte. Dafür bin ich offen wie ein Wiesnzelttor am Eröffnungssamstag. Ich will hören, was bei mir nicht passt und dererlei. Dass ich drauf reagiere, finde ich ganz normal. Man kann sich schon für die Wiesn interessieren. Die einen finden es eklig, die anderen zünftig. Die Geschmäcker sind so verschieden wie das Bier auf der Wiesn. Lack wie die Maisacher Perle aus dem Holzfass kommt es in übergroßen Humpen, die sich Mass schimpfen. Und es ist zu teuer. Sonst würde ich nur Prachtfotos von der Wiesn posten. Ist doch schrecklich, wenn dir die Chinesen die Gärtnerstrasse wegkaufen und Ende September auch noch alle kommen, um dir das Bier und damit die Plätze wegzusaufen.

Dafür hat also plötzlich jeder Geld, um mir die Wiesn zu versauen. Die ganze Welt könnte man damit retten, aber nein, es wird investiert, um meine sonst zauberhafte Heimatstadt mit all diesen seltsamen Urin-
stinkten zu konfrontieren. Wenn man da mal nicht deutlich werden darf. Hier im Land des Herren, wo Schweigen der Urdialekt ist. Weil gesagt hab ich ja nix und nix wird man wohl noch sagen dürfen.

Ich finde es zünftig, weil eklig. Ich marschiere völlig nüchtern durch die östliche und westliche Toilettenstraße und erinnere mich an meine eigene, tollkühne Jugend. Zwischen Himmel und Hölle auf dem Kotzhügel liegend. Der Himmel ist der Rausch, die Hölle seine Nebenwirkungen. So sammelt sich hier alles, was sich befreien möchte, entlasten. Hier sammeln sich also die Wiesnteilnehmer, die es nur über einen Umweg hierher wieder zurück in den Himmel schaffen oder einfach heim ins Bett.

[fehlendes Bild vom Kotzhügel 1989]

Mit nem Navi im Handy wäre uns früher vieles nicht passiert. Jedenfalls fehlt mir Dokumaterial von damals, um zu beweisen, dass es sich 2015 um die braveste Wiesn meines Gedenkens handelt. Wollen wir hoffen, dass der von einer Bierkutsche überrollte junge Mann als Zeitzeuge diesen historischen Moment überleben wird. Selbst der Papst scheint bereits dieses Jahr gekommen zu sein. Dabei ist doch der Endsieg der Bodentruppen der hartenlinie erst für nächstes Jahr angesetzt. Ich dachte, ich hätte das im vorigen Blogeintrag deutlich gemacht. Da muss was bei der Korrespondenz schief gelaufen sein.

Hier läuft so einiges schief dieser Tage, das Bier in den Humpen, das Bier in den Mägen auf schwammigen Beinen, die Korrespondenz mit dem Vatikan und das Projekt der Dezivilisierung, der Prozess der Dezivilisation, ganz im Hinblick auf Norbert Elias und seiner Warnung, dass uns die ewige Zivilisierung noch in den Ruin treiben wird. Die Wiesn trocknet aus, befürchte ich. Desshalb ist die Wiesn so teuer. Weil sie rar wird.
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Donnerstag, 24. September 2015
Wiesn 2015 und rundherum
1. Bier

1.1. Wiesn 2016

Wiesnsimulator 2016 - Der Pabst muss auf die Wiesn

1.2. Wiesn 2015

Bierealismus - eine quantenphysikalische Herangehensweise an die Wiesn 2015

1.3. Gastbeitrag aus den Truppenteilen

Über das Kotzen hinaus - ein Gastbeitrag von Kalle Bargeld

1.4. Beerboarding ua

Neue Ideen von der Linienführung

Das kotzt mich an - der Brezensalzer in Verruf

Scheiss auf Weihnachtsgeschichten ... Wiesngeschichten, da glaubt noch jeder dran

Der Biergärtner

Kotzen, scheißen, pissen - die Über-Wiesn und das Ich


2. Sex
heb ich mir für unterm Jahr auf. Mann kann eben nicht alles auf einmal haben, wie Sex und Orgasmus. Geplant ist eine Porno-Serie.

3. Flüchtlinge kommen auch noch ...



Wiesnsimulator 2016 - Der Pabst muss auf die Wiesn

Ein eisiger Montagmorgen im Frühjahr 2016. Das EK1HL trifft sich um 5:45 zur Einsatzbesprechung in der für die Öffentlichkeit noch geschlossenen Eckkneipe 'Der Flaschenöffner' (Name von der Redaktion geändert). Unter strengen Sicherheitsauflagen durften wir ein Training des Einsatzkommandos der hartenlinie am Wiesnsimulator miterleben.

Der 50jährige ehemalige Drogensozialarbeiter ist heute der führende Offizier der eingeschworenen Truppe, den Bodentruppen der hartenlinie. "Bei unseren Einsätzen agieren wir vorwiegend alleine, oft verteilt über mehrere Zelte. Aber für den Teamspirit sind unsere Übungen im Verbund unerlässlich. Besonders am Wiesnsimulator kommt da immer richtig Stimmung auf."

Den Wiesnsimulator gibt es in verschiedenen Modellen. Für Familien, Singles, U16 (Modell 'Call of Beer'), aber auch für ältere Menschen ('Die alte Wiesn') und im Profimodell 'Tao', das selbst kampferprobte Soldaten wie Herbert und das EK1HL im hardcore mode an die Grenze der Leistungsfähigkeit bringt. Knallhartes Saufen bei mehreren Atü Druckluftbetankung mit bis zu 16 Personen gleichzeitig in der Miniaturausführung eines Bierzeltes. Geraucht werden darf auch und man sitzt förmlich vor seiner persönlichen Bedienung, der Pumpanlage des Wiesnsimulators.

Wirklich erstaunlich sind die Gadgets, die von Modell zu Modell variieren.
Der Wiesnsimulator für Familien bietet, vielleicht auch aufgrund der Kleinfamilientendenz, nur 4 Personen Platz, dafür gibt es 'beerbanking', wo auch die Kinder mithüpfen dürfen und auf dem Papa-Plätzchen auch mal ein Schnäpschen zwischendurch, dass er länger durchhält. "Das fördert seine Autorität und somit erwiesenermaßen auch den Familienzusammenhalt," wie uns die Herstellerfirma Wiesinger versichert. "Wir hatten anfangs im Sinn, dass sich jeder Spieler in den ersten Runden erstmal Geld verdienen muss, um damit möglichst viel Bier und Hendl in sich reinzustopfen. Das hat sich allerdings als sehr destruktiv für den Spielverlauf erwiesen. Ganz im Gegensatz zum Oktoberfest bezahlt man im Wiesnsimulator mit Kreditkarte. Damit ist der Wiesnsimulator auch gastwirtschaftsfreundlich. Wer als Kneipe nicht bald schon auf dem Trockenen sitzen möchte, legt sich besser schon heute seinen Wiesn-Sim zu. In einigen Jahren könnte man so nicht nur das Keipenwesen revolutionieren, sondern jeder kann sich seine Ganzjahreswiesn ins Wohnzimmer stellen."

Flaschenöffner 6:10 - Auf den 16 Monitoren flimmern Scores und Charts. Herbert:3kills:2shots:0vomits:25secsbeerbanking:1throw:5fights:2hendl usw. Damit liegt er an zweiter Position. Aber Herbert hat eine Langstreckenleber und ohne Gebiss ist er in den fights fast unschlagbar.

"Wenn der Herbert schon in der ersten Viertelstunde um zwei Mass Bier vorneliegt, wie wir sagen '2 kills ahead', dann sollten Sie mal sehen, wie der Rest der Mannschaft förmlich jeden Schluck mittrinkt, dass selbst die Umstehenden zu rülpsen und pfurzen beginnen ohne auch nur ein Schlückchen abbekommen zu haben. Ich darf jetzt nicht sagen wer, aber einer hat vor lauter Begeisterung sich schon mal in die Hosen geschissen und den Enddarm rausgekotzt, komplett nüchtern. Ich bin stolz, dass wir hier in München einmal die Woche am Wiesnsimulator die Darmwände auf Vordermann bringen dürfen. Nur so können wir international mithalten. Beispielsweise nächstes Monat bei den Russen, die ja bekanntlich nebenher nicht nur eine Kalbsleber, sondern gern auch mal ihre eigene, hochprozentige fressen."

Die Bodentruppen der hartenlinie haben sich über Jahre bis an die Weltspitze hochgetrunken. "Hochgearbeitet haben wir uns," betont der im Lederhosenkampfanzug und Sneakers vor mir torkelnde Führungsoffizier. "Wir haben das bis zur Perfektion umgesetzt, was uns von der Kirche über Jahrhunderte vorgegeben wurde. Von der Braukunst der Mönche bis zum Sieg der Bodentruppen der hartenlinie 2016. Wenn da nicht Kirchengeschichte und Weltgeschichte zusammenkommen wie Samen und Eizelle, wann dann. Vielleicht wird die Wiederkunft Gottes ja das Wiesn-Baby 2016. Drum hoffen wir, dass wenigstens einer unserer Briefe auf Fürbitte stößt und der Pabst zur Wiesn-WM 2016 aufs Oktoberfest kommt. Ob ins Franziskaner, Augustiner oder Paulaner. Der wird sich garnicht mehr auskennen. Denn die Wiesn, hier in München an der Salzstrasse, ist das einzige Kloster weltweit in dem alle Mönchsorden gleichzeitig hausen. Und uns is eigentlich egal, welcherer von beiden käme.
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Samstag, 19. September 2015
Bierealismus - eine quantenphysikalische Herangehensweise an die Wiesn 2015
Die Brunzzeit der Männchen und somit die Brunftzeit der Weibchen steht vor der Tür. Noch lähmt die Vorwiesenspannung die Stadt mit Herz und Baustelle. Alles muss fertig werden, solange alle noch in den Sommerferien sind. Die Straßen sind leer, aber unbefahrbar. Und in dieses Vakuum sieht sich nun die syrisch-afrikanische Völkerwanderung hineingesaugt. Hinein in eine Stadt, wo alle, die weder saufen, noch 10 Euro fürs halbe Hendl ausgeben, für zwei Wochen eigentlich nichts zu suchen haben.

Die grossen Themen der Wiesn 2015 sind also Sex, Bier und Flüchtlinge, wobei sich Letzteres von selbst geben wird, sobald der öffentliche Verkehr wieder funktioniert. Warum man mit tausenden von Flüchtlingen pro Tag nicht fertig wird, wenn anschließend gleich 5 Millionen in zwei Wochen nachrücken, das ist mir unerklärlich. Doch um das nicht unnötig anzuheizen, habe ich meinen Sonderbericht vorübergehend zurückgezogen. Nicht zwangsweise, um eine Geisel damit freizupressen, sondern einfach nur, weil ich meinem geliebten München in den Tagen der Völkerwanderung beistehen und ein Bärchen zuwerfen möchte. Legen wir das Thema Flüchtlinge schon mal zu den Akten und die Bodentruppen auf Eis.

Bier trinkt man vorwiegend, wenn irgendwie möglich weder mit Eis noch im Liegen, aber Niveau ist trotzdem eher störend. Ganz diesem Niveau folgend präsentiert sich der neue Wiesnmasskrug 2015. Das Wiesnlogo vereint die großen Themen 2015. Alles quillt und bordet über, ergießt sich über das, was es halten soll. Wenn das nicht für Sex, Bier und Flüchtlinge steht, dann hol mich der Teufel.

Wie üblich in den neuen Trachtenfarben multicolor springt uns also ein überschäumender, viereckiger Masskrug an.

Schräg wie der Turm von Pisa, aber oben erinnert er an die Frauenkirche oder an zwei opulente Brüste, einen ejakulierenden Doppeldildo. Der schiefe Krug von München. Der Schaum quillt über als hätte der Tischnachbar heimlich ein Salzfassel reingeschüttet. Auf dem Krug selbst perlt der Schaum nur ab, während er sich über den Henkel ergießt. Auf der Wiesn kann man froh sein, wenn das Bier innen überhaupt bis über den Henkel eingeschenkt ist. Und selbst wenn man ihn überfüllt, verhindert eben dieser Henkel, dass höchstens der Krug, aber niemlas er nass wird. Selbst bei zwei weitgetragenen Wiesnmass kann es passieren, dass sie keinen ganzen Krug füllen. Der hier sichtbare Masskrug wurde niemals von einem professionellem Schankwirt gefüllt und widerspricht allen Regeln der Schulphysik. Aber im Möglichkeitsraum der Quantenphysik ist das neuerdings alles möglich.

Auch bei näherer Betrachtung der Besucher- und Bierstatistik möchte man glauben, dass uns auch hier die Wirklichkeit ein Schnippchen schägt. Die Welt quillt über, nur auf der Wiesn sind seit 1980 die Besucherzahlen, rund 6 Millionen, nicht mehr gestiegen. Da traut man seiner eigenen Presse nicht mehr. Selbst der syrische Faktor wird es 2015 wohl kaum rausreissen.

Allerdings wurden rund zwei Millionen Massen mehr wurden getrunken (6 Millionen statt 4) und folgerichtig laut Fundbürostatistik 2014 auch doppelt so viel verloren. Das versöhnt dann doch etwas.

It's a moving world. Desshalb möchte ich Ihnen nach der versalzenen Mass auch noch den Bierealismus und das Beerboarding vorstellen.

Ich drück mich immer so negativ aus übers Oktoberfest. Aber das stimmt nicht. Es hat schon seine guten Seiten. Es dauert nur zwei Wochen und es dient dem Frieden der Völker und Individuen. Und weil es dieses Jahr wirklich schwierig ist, will ich mich der Zumutung 2015 mal wohlwollend annähern.

Da man in Bayern das Bier zu den Grundnahrungsmitteln zählt, ist das Oktoberfest kein Krieg der Krüge, keine Massenvernichtungswaffe, kein Ende, sondern ein Anfang. Ein Anfang vom Herbst zumindest und der Anfang einer neuen Brausaison. In den Zelten und drumherum bekommt man bekanntlich ja nicht das neue Bier, weil das alte eben erst weggesoffen werden muss, der alte Schlaz vom März. Die Einheimischen, die Hiesigen, die dessen nicht mehr Willens sind, locken hierzu Millionen von Ausländern, also Franzosen und Preussen heran, um des Werkes Herr zu werden. Die Todfeinde werden durch den Malzgeruch ins Land gelockt und besoffen gemacht.

Zum besseren Verständnis der Vorgänge in meiner Heimatstadt spreche ich glücklicherweise mehrere Fremdsprachen. Österreichisch, Ober- und Unter-, sowie Tirolerisch, Gastro-Italienisch und Bayrisch in Sprache. In rund einem Dutzend Sprachen bin ich in der Lage, meinem Tischnachbarn das Trinken beizubringen. Als tote Sprache beherrsche ich auch noch das Althochdeutsche. Ehrlicherweise sollte man im katholischen Bayern das Schweigen als zweiten Dialekt bezeichnen. Aber Hochdeutsch, die Sprache des Teufels, nur in Schrift, niemals! in Sprache. Nie. Wenn mir Schrippen oder Buletten angeboten würden und werden, lieber verhungerte ich. Solange wir die preussische Besatzungsmacht nicht unter den Tisch gesoffen haben, muss der Bayer weitertrinken, und mehr. Ich finde, man könnte die Altersgrenze beim Trinken locker runtersetzen, wenn nicht gar ganz aufheben. Dann hätte sich die Kinderwagenproblematik in den Zelten gleich miterledigt.

Auch die Promillegrenzen sollten während dieser 17 Katastrophentagen, in denen schon der Biergehalt in der Stadtluft bedenkliche Grenzwerte erreicht, doch bitteschön für die, die darin hausen müssen, zeitweise erhöht oder aufgehoben werden. Andererseits könnte man die Stadt mit Verkehrsschildern, Typ Wildwechsel, pflastern.

Es sind die einzigen Wochen in denen Deutschland vor einem Bürgerkrieg sicher ist.

Man lädt, wie in alter griechischer Tradition, den Gast zu einem Gelage, um ihn unter den Tisch zu saufen und betrinkt sich gleichzeitig selbst bis zur Bewusstlosigkeit. Das schafft Vertrauen. Wesshalb die Wiesenzelte auch keine Fenster haben. Die rollige Brunft säuft sich in den Winterschlaf, in den sie wenigstens ein gebrochenes Herz mithineinreissen möchte. Da will man unter sich sein. Freud würd heute auf einer Bierbank therapieren, nicht auf ner Couch, bei all den Hyperaktiven.

Während dieses Friedensfestes zum Sommerausklang so frei von der Leber zu schreiben, das ist München, das ist Freistaat, wie ich ihn kannte. Liberal solange es Bier gab. Da bekommen auch die Leser noch was vom Rausch mit. Mit "Texte für ein Bier+" will ich sagen, dass man dem Rauschedikt der bayrischen Staatsregierung folgend mindestens ein Bier getrunken haben sollte, ehe man sich an den Text macht oder ihn liest.

Weil ich denke, dass der Frieden, der hier so hochheilig zelebriert wird, sich noch steigern lässt, wenn man ihn freilässt, wie eine weisse Taube in den blauen bayrischen Himmel, weil ich all die in Bierzelte verpackte Energie des Friedens der gemeinsamen Freude freisetzen will, sehe ich den Bierealismus (engl.: beerealism), wie er von münchenkotzt ins Leben gerufen wurde, als bisher einzige Kunstform, die ins Herz der heiligen Wiesn vorgedrungen ist. Der Bierealismus ist die quantenphysikalische Herangehensweise an die Dichtungen und Verdichtungen im Möglichkeitsraum des Rausches. Sollten Sie mal sehen, wie weit sie mit einem Kochkurs in der Wüste kommen, Trinken steht da an erster Stelle. Wenn Sie Bier haben, reicht Ihnen Sand als Ergängzungnahrung, wegen der Ballaststoffe. Lieber mal ein Trinkbuch, denn auch das will gelernt sein. "Ein Quanterl" zu viel, wie der Bayer sagt, von dem goldenen Nektar und schon ist es geschehen: Im Raum der Möglichkeiten entstehen Mauern. Ein sich Abdichten gegen die Aussenwelt. Das sogenannte Tao der Wiesn: Das Nichts du denken.

Wer auch immer gesagt hat, die Wahrheit sei die Erfindung eines Lügners, hätte meines Erachtens den Friedennobelpreis 2007 im Gegensatz zu Al Gore's Powerpointpräsentation verdient. Was hat denn Klima mit Frieden zu tun, wenn man Zelte hat. Jeder verfolgt so seine Wunschrealität. Als Anhänger des Morgenthau-Plans, aus Deutschland einen Agrarstaat zu machen, kann ich einer Wiesn, die einer erstklassischen Landmaschinentechnikausstellung Konkurrenz macht, reichlich wenig abgewinnen. Es geht mir keineswegs um die Konsumform oder -menge, sondern vielmehr um den Preis. Handelte es sich um Freibier, würde ich die Wiesn mit meinem Leben verteidigen. Es ist eben immer eine Art Wunschrealität. Selbst die Bilder, mit denen wir Ihnen die Wahre Wiesn präsentieren, sind mit professionellen, tariflich bezahlten Schauspielern in oft tagelangen Kneipenmärschen entwickelt worden.

Wir versuchen uns auch von bulemischen Triebtätern zu distanzieren, die kotzen, wenn die Klappe fällt. Wiesnberichterstattung ist was für moralische Profis. Neben Bier und Sex ist Anstand unsere dritte Grundtugend.

Am Grunde eines Kruges sehe ich es schwinden das Oktoberfest. Denn nicht nur dieser geht zum Brunnen bis er bricht. Ich seh schon die Schlagzeilen: Beerboarding - Merkel lockt hunderttausende Assad-Truppen aufs Oktoberfest.

"Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land". Dann wäre es jetzt wohl an der Zeit, Frau Merkel, sich mal für eine Stelle als Verwaltungskraft auf Lampedusa, in Nordafrika oder an einer Aussenstelle des Bundesamtes für Migration in Kabul zu bewerben.
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Donnerstag, 13. August 2015
Über das Kotzen hinaus - ein Gastbeitrag von Kalle Bargeld

"Beurteilen Sie dieses Land ruhig nach seiner Grenze und nach diesem Niemandsland, über das es sich mit dem Nachbarn ausschweigt!"

1. Bavariaring: irgendwo dort sitzend, die Ellbogen auf die Oberschenkel gestützt, Wirbelsäule und Kopf hängen schlaff zwischen den Schultern, ein pelziges Gefühl am ganzen Rest, der ein Körper war, sich aber eher wie ein body anfühlt, wie eine Leiche. Hinter dem Gefühl von eventuellem Tod aber der Stolz, es auf ein rundes Stück Holz geschafft zu haben, den ehemals jugendlichen Baum – junger, rasierter Baum am Arsch –, jetzt in der Horizentalen und im Verbund mit vielen anderen, auch mal junggewesenen Bäumen, jetzt tot, ein niedriger Zaun gegen hemmungsloses Queren einer Grenze, des Grünstreifens am Rand eines Geschehens, unseres Geschehens, des einzigen, das wir noch haben, außer manchmal dem Fußball. Der Grünstreifen nicht am Rand, der Grünsteifen DER Rand des Geschehens, der matschgewordene Traumfresser an dem die Gescheiterten kleben bleiben, oder zumindest ihr berauschtes Gefühl. Das Biotop, der Schwamm saugt das Gröbste auf, bevor es in den Rest der Stadt dringen könnte. Der Trubel, das Lachen und Schreien, die Lichter, das Rattern der Wäglein in ihren Schienen am Ohr aber nicht darin, keine Teilnahme am Lärm, kein Kummer, kein Interesse, in Ruhe davor, aber von Ruhe an sich keine Spur. Speichel im Mund, viel Speichel, Sturzbäche aus den Drüsen unter der Zunge, Fontänen von oben, knapp neben den hintersten Zähnen. Und der Blick ist ein Problem. Ist er da, ist er schauderhaft und fällt in wildem Tempo aus einer Fuge durch die nächste und aus ihr heraus. Es ist kein Verlass auf den Blick, er wird eingestellt, nach innen geholt. Da flackern Eindrücke vom Nachmittag und von drinnen, von einem taumelnden Jungen, allein mit ein paar Quadratmetern Asphalt die ihn umgeben, die ihm vom lachenden, trottenden Pulk gewährt werden. Er schleift den Hohlraum um sich durchs Gedränge, das ihm weicht, macht ganz unordentliche Ausfallschritte, den Schrägen über die er zu laufen meint mit Stabilität zu begegnen. Vor Anstrengung oder aus Vergesslichkeit hat sich vor seinem Schritt ein nasser Fleck gebildet der nach unten ausufert, die Oberschenkel entlang, ein Torbogen zwischen den wankenden Beinen, der Junge auf dem Weg nach draußen, das feuche Hufeisen auf der Hose wünscht ihm hämisch Glück oder sonstwas.
Zur Spucke im Mund kommen Tränen in den Augen, Krokodilstränen rollen ohne jede Traurigkeit über die Wangen, die Wangen jetzt in den Händen, eiskalt und grau, so grau, dass selbst ein pelziger Finger die Farbe spüren kann. Nie so enden, wie der Junge vom Nachmittag. Nie mit voller Hose vom Feld gehen, nie die kleine Arena aus Asphalt mit sich schleifen und das Lachen der Übriggebliebenen! Das nicht, vorher sterben oder dem Tod von der Schippe springen, alles, nur nicht Gespött sein.
Es gibt Gewinner und Verlierer und dann gibt es noch Verunglückte, die rangieren außer Konkurrenz. Wer verunglückt, hat das Mitleid der anderen sicher, wer – wie der angepisste Junge – verliert, bekommt ihren Hohn zu spüren.
Langsam und schmatzend öffnet sich der Mund, ein weißlicher Bach kriecht über die Unterlippe, versiegt in einem langen, von Kugeln kleiner Bläschen durchsetzten Faden, die Augen fallen zu, oder es sind die Lider, die langsam und alles weitere auszublenden aufeinander zu kriechen. Ein Ruck geht durch den sitzenden Körper, das fahle Gesicht verzerrt sich, neuer Speichel fließt, neue Tränen und dann pumpt sich der Mensch, oder ein Gespenst in seinem Bauch pumpt ihn leer. Das ist die Peinlichkeit, da ist sie, auf dem Boden zwischen den Füßen, zu einem Drittel auf dem matschigen Grünstreifen, ein Drittel auf dem gepflasterten Weg und ein Drittel im Mund, säuerlich zwischen den Zähnen und dem Backenfleisch. Niemandsland, Lücke die sich nimmt, wen sie nicht auf die Stadt loslassen kann. Quäkende Ansagerinnen – wieso klingen sie immer gleich, jetzt hier und vor dreißig Jahren in Hamburg? –, der Mief von den Reitponnys, die Pflanzenfresserscheiße, die man hier nicht und nirgends für voll nimmt, also auch nicht so eklig und so stinkig findet. Im gekrümmten Rücken das Chaos als Lichtern, Gekreisch, Klappern und dem Lieblingslied der Blaskapellen, da kommen auch schon strafend die Retter. Stiefel mit Stahlkappen, rote Hosenbeine, Streifen reflektieren das Blinken eines Karussels oder der Geisterbahn. Frage: "Wie heißen Sie?", keine Antwort. Zwei Hände packen den Unglücklichen unter den Achseln, heben ihn vom Holzbalken auf die kühlen Gehwegplatten. Hinter Tränen das Gesicht an Granit geschmiegt, die Landschaft einer Fuge zwischen den Platten: Moos, Krümel, Sand, ein zertretener Grashalm, leider keine Ameise. Dann eine Hand klatschend auf der Wange und wieder die Frage nach dem Namen.
Fetzen von einem Gedankengang: lieber verunglücken, als dem Hohn zum Fraß vorgeworfen werden! Kein Namen, dafür heftiges Röcheln, die Augen ganz auf und noch ein Stück weiter, zupacken, den Arm der Strafmannschaft greifen, das hier ist ein Ernstfall, nicht in den gelben Kasten, mindestens auf die Intensivstation. Der betrunkene Körper krümmt sich wieder, diesmal nicht ruckartig, diesmal in Wellen. Mit jedem röchelnden Atemzug streckt er seinen Kopf nach hinten, legt ihn mit einem Klopfen auf den Gehweg in den Nacken, drückt dagegen, bis Hals und Schultern in der Luft schweben. Zur Untermalung des ausgedachten Leides werden die Beine in wildes Zittern und eigentlich in ein Schlackern geschickt. Dazu fällt den Strafenden kein Absatz aus keinem ihrer einst studierten Lehrbücher ein. Der Eine wirft sich auf die Unterschenkel und nimmt die Füße in eine Art Schwitzkasten, der Andere, immernoch im Griff des Betrunkenen, kramt hektisch eine Waffe oder deren Gegenteil aus seinem Arztköfferchen, dann kniet er sich auf die Oberarme des, inzwischen als Patienten zu bezeichnenden Körpers, damit dieser keinen Widerstand leisten könne und führt – den Unterkiefer im stählernen Griff seiner Hand aus den Vororten – ein gebogenes Plastikrohr in die Kehle des Röchelnden.
Würgreiz, aber nichts zum Würgen. Dafür ein weiches, warmes Gefühl an den Pobacken. Die waren einen Augenblick lang vergessen worden, haben, sich selbst überlassen, nachgegeben. Den Kunststoff im Hals, sind auch die Bemühungen ein Ernstfall zu sein abgeflacht. Arme und Beine liegen matt auf dem Boden, die Finger sind in ihrer Entspannung leicht gekrümmt, schmiegen sich aneinander, da findet ein echtes Gefühl statt, das erste echte Gefühl seit heute Mittag oder dem Anbeginn der Zeit, das macht jetzt keinen Unterschied. Ein Gedanke an die volle Hose, die Kooperation beim Verladen auf die Bare ist ein Schnitzer im Repertoire des Simulanten, eine wärmende Decke über dem stinkenden Leib, kurzer Friede, dann wird der Blick in gelb getaucht und ein Schock oder eine halbschlafene Drüse regt sich: das Ganze Theater war umsonst, dieser Körper muss in dieser Hose und in acht Stunden ins Office geschickt werden.
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Mittwoch, 5. August 2015
Die Widergeburt ins Blaue
Ich muss sagen, sollten Sie mal an meinem Grab vorbeikommen, bei mir dürfen Sie die Totenruhe ruhig stören und gerne auch laut. Mich störts nicht. Im Gegenteil, da freut man sich doch auf Besuch, wenn man bewegungslos in einem Erdloch liegt. Ich bitte Sie.

Bei mir wird auch der Grabstein - gottlob keine Verbrennung - vollgeschrieben bis geht nicht mehr. Vorne kleiner Text und hinten drauf die Fußnoten. Auf den Rand kommt das Impressum, rundherum. Und auf dem versenkten Teil lass ich paar coole asiatische Weisheiten eingravieren, kleine Rätsel, auf dass der ein oder andere vielleicht nochmal runtergräbt. Geheimnisvoll viel Text eben und der Grabstein so bunt wie es die katholische Kirche grade eben noch so erlaubt.

Auf der Grabtafel lass ich am Fußende Platz für Kommentare und wenn sich die Tierliebe bei mir nochmals einstellen sollte, ein kleiner Busch zum Draufscheissen für die Köter.

Sollten Sie vorhaben, zur Beerdigung zu kommen, bringen Sie bitte keine Blumen zum Reinschmeissen mit oder wenn schon, dann Bambusrhizome, Ackerwinden oder Giersch, aber am liebsten wären mir Würmer und Dünger, alles was das Bodenleben anregt. Alles zoosaprophage Gedöns, Nekrophagen, Kadaverfresser. Ich will schnell in die ewigen Jagdgründe übergehen. Sollte ich das Ende nahen sehen, fress ich noch viel Joghurt, den Bakterien besonders gerne essen. Bei meinem letzten Abendmahl werde ich das Brot brechen, das mein Leib ist, zu Tisch mit Insekten, Pilzen und Co, wo man anschliessend keine mehr rauchen kann so ohne Luft, schade. Das ginge höchstens noch während der Verbrennung.

Das muss man sich mal vorstellen, bei Verbrennung mit der Asche in der Urne, wie soll da denn Wiedergeburt klappen. Auf ewig den letzten Rest in ner Kapsel eingesperrt bis sie mal versehentlich zerbricht. Diese Seelen hoffen auf Bombenteppiche und Abrissbirnen. Ich will schnell wieder zurück auf die Erde. Den ganzen weiten Weg, vom Einzeller zurück zum Dasein. Kann man nur hoffen, dass man da evolutionär nicht mal falsch abbiegt.">
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