Samstag, 23. November 2019
Das Nachhause Gen
Die Kelten sind wieder zurück, zwar nur die Eiskälten, aber hey, wer hätte es gedacht. Und auch die Germanen und die Hunnen, die ja eigentlich immer schon mehr Raum als Zeit und dennoch stets ohne ein Hunnenland waren. Selbst die Inuit und die Buschmänner sterben nicht aus. Weil sie in uns weiterleben. Mir war bis zum erneuten Oberflächenaustritt der Faschisten garnicht bekannt, dass man nicht nur beim Rennpferdehandel von Rassen spricht. Für mich als biologisch katholischer Oberbayer war stets auch das Thema von Volkszugehörigkeit zäh und fühlt sich nach wie vor an wie zu flüssig angerührter Sauerteig.

Das ändert sich nun, denn scheinbar enthält dieses Unthema auch eine Spaßkomponente. Gegen eine Zahlung von schlappen 100$ und das Hineinspucken in ein fragiles Reagenzgläschen fächern sich vor unseren weihnachtlich leuchtenden Äuglein unsere Ursprünge auf. Vielleicht bin ich in Wirklichkeit zu 5 Prozent Hunne mit einem mächtigem Einschlag Inka oder gar reinblütiger Aware, obwohl Staatsangehörigkeit Deutschland im Pass steht. Möglicherweise ist die nukleäre DNA reinrassig schweizerisch, die mitochondriale DNA aber ein Wust aus Ruanda, Burundi und Babylonien. Also Nummernkonto von Papa geerbt, aber auf dem Tanzparket ein John Travolta. Ist das nicht spannend.

Da stellt sich doch heraus, dass die Indogermanen garnicht aus Indien oder Germanien kamen, sondern eher aus Stalingrad. Und weil man die Abstammung von einem Volksstamm vorwiegend über die mitochondriale DNA feststellt, die nur von der Mutter weitervererbt wird, lässt sich eigentlich nur feststellen, dass unser Springstiefelträger eventuell germanische Mütter hatte, doch inwiefern diese von stammesgleichen Vätern oder von Angehörigen der semitischen Sprachfamilie oder einem einzigen Haremsbesitzer aus Brunei-Darussalam befruchtet wurden bleibt ein Geheimnis derselben.

Ein Regenbogen in Form einer Doppelhelix. Ein Wechsel der organischen Basen A,T,G und C an einem Fetzen Phophat und Zucker - man kennt das, wenn man in der Küche auch raucht. Was sich da nicht alles so reinbastelt in die persönliche Erbmasse im Laufe der Geschichte. Wenn man dann nach zwei, drei Bier, Kästen in sich reinhorcht, kann man förmlich die Hufe und das Getrampel der Völkerwanderung hören. Ich denke, gegen einen geringen Aufpreis ist man dann nicht nur 12 Prozent Grieche mit einer Pro-Kopf-Verschuldung, dass man das ganze Bier gleich wieder auskotzen möchte, sondern Nachfahre der mythischen Seevölker, die die Großreiche der Bronzezeit in wenigen Jahren ausradiert hatten.

Wichtig für dieses Erleben der eigenen Herkunft ist erstmal, dass man von den Eukaryten abstammt und nicht den Prokarytischen oder Archaeen zugerechnet wird, sonst kann man den Gen-Test nicht nur nicht bezahlen, sondern, so man eine Bakterie ist, noch nicht mal ins Reagenzglas spucken. Vorraussetzung ist also erstmal ein Zellkern und ein Monatseinkommen überhalb des Big-Mac-Index.

Postadresse ist natürlich auch nicht blöd, dass man die Ergebnisse zugeschickt bekommt, denn so was kann sich lohnen. Schließlich gehts ja nicht nur darum, dass man selbst mehr Nation und Volk und ähnliches ist, als einem der eigene Personalausweis vermitteln möchte. Man könnte ja auch Nachfahre eines Pharaos sein - wenn man schnell ist, vielleicht auch der bisher einzig ermittelte - und im günstigsten Fall sich sogar Eigentumsrechte an der Cheops-Pyramide erstreiten oder wenigstens einem Erdloch in Catalhüjük. Allerdings wären hierfür vermutlich weitere Tests von Nöten, denn solch einem Pharao wird die DNA-Folge nicht etwa aus der Spucke ermittelt, auch nicht mehr aus dem Backenzahn wie früher, sondern neuerdings aus dem Ohrenknorpel. Vorsicht also beim Piercing, sonst ist das notwendige Erbgut futsch und damit auch die Pyramide.

Ich kann Ihnen nur empfehlen mit der notwendigen Sorgfalt an diese heiklen Dinge heranzugehen. Bei mir weiß man dank des ausgeweiteten Ariernachweises, dass alle, ausnahmslos verarmten Vorfahren seit dreihundert Jahren aus fränkischen Knechtsfamilien stammten, doch für manch andere bayrischen Stammesgenossen mag es äusserst verdriesliche Ergebisse bezüglich ihres Preussenhasses geben, schon allein dadurch dass einem mal der falsche in den Masskrug gespukt hat.
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