Mittwoch, 10. Juli 2013
Verkehrte Welt - eine Stadt macht dicht
Die Straße hält Bankett und alle sind dabei, die einen Parkplatz gefunden haben. Ich also nicht, denn seit das Gymnasium von gegenüber nun bis in die späten Abendstunden lehrt, bleiben auch die Parkplätze von jenen Autos okupiert, mit denen die Schülerschaft heutzutage zum Unterricht fährt. Wie soll man sich da um deren Zukunft kümmern? Sie wollen die Sintflut offensichtlich doch selbst, diese Brut aus eineiigen Familien.
Das sind die klassischen Nachgeburten eines Landes, das das Tempolimit durch Baustellen umsetzt, das ist also der ganz grosse Wurf eines Landes, das die Autobahngebühr nur desshalb noch nicht hat, weil sich diese noch nicht privatisieren lässt.

Die Innenstädte so versottet, dass der Luftfilter dicht macht, sehe ich durch den Dunst hindurch jene schülerischen Jungparker ihr Pausenbrot verzehren: Cordyceps-Törtchen. Das Blickfeld geschwängert von Feinstaub und gröberen Partikeln glotzt der männliche Nachwuchs den Puppen-Kernkeulen hinterher, dem Cordyceps militaris im kurzen Sporenröckchen. Wie Ameisen und Zigarettenstummel zeigen auch diese Zuchterfolge der Moderne, diese individualisierte Masse von Schülern eine gewisse Affinität zu Bordsteinen. Das Triumvirat der Straßenbegrenzung, Kippen, Ameisen und maskulines Jungvolk.

Ich steuere aus Sorge um das Bruttosozialprodukt im ersten Gang durch die engen Winkel und Gassen, dieser sonst so weitläufigen Stadt. Es ist der Boom des Lebensgefühls der einen, der dadurch geschaffen wird, dass man das Lebensgefühl der anderen erheblich einschränkt. Besonders deutlich wird dies an heissen Sommertagen, wenn ich nicht mehr nachhause komme, weil meine Autobahnausfahrt, die auch mit einem beliebten Badesee korreliert, wegen Überfüllung gesperrt wird. Was für ein Glück für die Badenden, dass Autos noch nicht schwimmen können.
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