Ich habs ja schon erwähnt. Die Wiesn hat schon aufgemacht und ich hab nix vorbereitet, keinen Tisch gedeckt und keinen eingeladen. Da bleibt mir nichts als auf Liveberichterstattung zu gehen und die Gedankenflut in den ganzen Dauerregen mithineinzuschütten.
Den Gedanken der Allmende können Sie aus dem vorangegangenem Artikel leicht herauslesen: Die Wiesn gehört eigentlich allen. Da ist der neue Zaun eigentlich nur eine Ausdruck des Zeitgeistes, der Raffgier und des Eigentumgedankens. Ich hatte das ja im
Biergärtner
bereits erwähnt: von der Wiesn darf eigentlich nichts mitgenommen werden. Keine Krüge, keine Erinnerungen (ausser man fotografiert sie) und auch des konsumierten Essens und Trinkens möge man sich vor Verlassen des Stadtgebietes bitte entledigen.
Inzwischen darf man auch nichts mehr mitbringen. Keine Rucksäcke, kein eigenes Essen wie in normalen Biergärten, keine Erwartungen und seit
Gundolf Köhler 1980 auch keine selbstgebastelten Sprengsätze.
München ist eine sehr kohärente Weltstadt mit einem Herz, das bald einen Schrittmacher braucht. Wir haben eigentlich alles. Berge, Seen und Idylle, sobald man mal aus der Stadt rauskommt. Wir haben zwei Fussballvereine, die sich gegenseitig ergänzen. Den induktiven FC Bayern mit einer sehr breit gefächerten Anhängerschaft, die auch viel vom Bier versteht, wie wir das von
Stuhlgewitter mit "Billich saufen" sehr eindrücklich vorgesungen bekommen. Und die deduktiven Blauen, die eher aus dem Allgemeinem zum Speziellen streben.
Also eigentlich alles da. Nur beim Bier hapert es. Lätschn- und Schaufelbräu, ein Hacker, das man besser im Regal lässt. Jeder säuft das depperte Augustiner, dieses geschmacksangereicherte Wasserl, als wäre es das höchste auf der Erde. Dazu noch eine in Pakistan produzierte Lederhosen und komische, weiss-rot karierte Hemden, die man bis ins 21.Jhdt in Bayern noch nie gesehen hatte.
Wir haben unsere Räterepublik noch nicht vergessen, wie uns das erneut die
Gruppe Stuhlgang mit ihrem wunderschönem Lied "Von Kim Jong il das Siegen lernen" ans Herz legen will. Wie aber soll die hartelinie ihre Bodentruppen an die Front befördern, wenn wir auf oben benannte Betriebsstoffe zurückgreifen müssen, während die Regierungsmacht aus Franken über viel mächtigere Waffen verfügt.
Trotz all der Überbevölkerung herrscht bei uns ein Fachkräftemangel, dass einem der grösste Rausch nicht über die Niedergeschlagenheit hinweghilft. Was wollen wir denn mit Millionen von Syrern, die selber garkein Bier saufen. Ist ja nun wirlich nicht so, dass wir unter Lammfleichüberproduktion zu leiden haben, sondern unter Bergen von Schweinsbraten und einer Wiesn, die wir inzwischen umzäunen, dass keiner mehr davonlaufen kann.
Das ist doch Irrsinn! kein Wunder, dass da nicht nur
immer wieder das alte Lied, sondern auch ganz andere wirre Gedanken entstehen. Diesem Land täte es mal ganz gut, wenn man von der Flagge den goldenen Streifen entfernte.