Mittwoch, 8. Dezember 2021
Frosti und die Patschnässe im Eischloss
Die Weide breitet ihre Schwingen aus

Il Pastore dall'peccato alpeggio

Discesa dall'alpeggio

das Holz zu Tal

... und bona sera sagt der letzte Herbsttag.

Übernacht legt sich die weisse Pracht über das Dorf und rundherum und lässt es morgens mit wolkenlosem Himmel (leider lügen da die Bilder ein wenig) überdachen. Blau und Weiss. Die Überraschung ist den wenigen Bewohnern ins Gesicht geschrieben. Gestern noch Herbst, heute Winter.

Alles schaltet einen Gang zurück, leiser, weicher, ruhiger. Allerlei Pläne sind jetzt auch begraben unterm Schnee. Die Bäume für die Säge. Zudem kommt der Traktor kaum die provisorische Straße hoch, die zwar geräumt, aber bereits wieder vereist ist. Keine Bäume mehr pflanzen, keine Mauern mehr bauen. Jede Art von Erdarbeit hat ihr jahreszeitliches Ende gefunden.
Die Sicht verändert sich. Der wunderschöne Anblick der jungfräulichen Schneedecke. Nicht mal Spuren vom Fuchs. Das strahlende Blau. Und diese Ruhe.

Das Umdenken beginnt. Die üblichen Gehwege freischaufeln. Zum Holz, zum Auto, zum Nachbarn und erstmal beratschlagen. Wettergespräche und erste Überlegungen.

Ich schaufle mich vom Auto weg, rauf bis zur provisorischen Straße, was den restlichen Vormittag füllt. Mittagsauffrischung. Die verschwitzten drei Lagen und die kalten Schuhe mal aus. Ich muss an eine Abendunterhaltung bei 40 Grad in Mali denken, an die Bemerkung eines Einheimischen: "You need a three layer jacket to survive." Und damit meint er die Sommerabende im afrikanischen Kochtopf.

Dann Ketten drauf und die provisorische Straße nicht hochgebrochen, sondern hochgekrochen, mit der ständigen Warnleuchte, dass mein untermotorisiertes Blechfahrzeug keine Differenzialsperre besitzt. Beim Umparken sehe ich das einzige Insekt des Tages, eine kleine Steinfliege auf dem Reifen. Kein wirklich lebenswertes Habitat, würde ich sagen.

Den Einkaufswagen endlich oben auf der Hauptstraße gut verpackt, also allzeit bereit für die Ersatzteiltour, gehts dem überdrehten Absperrhahn mit Schrägsitzventil und Totraum an den Kragen. Inkontinent wie er ist, hält er keinen Winter mehr dicht. Zum Glück ist er nur einer von zwei sekundären Absperrhähnen.

Der zentrale Absprerrhahn ist hinter dem Haus in einem tiefen Schacht. Wie sich herausstellt, ist auch der nicht ganz dicht.

Man denkt sich das bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben jeden Winter: die müssen das doch gewußt haben. Auf so etwas muss man sich doch vorbereiten. Aber es kommt eben alles auf einmal und an den verschiedensten Stellen. Manches bleibt auch aus, wie Schneebruch auf die Stromleitung oder quer über die Straße.


Während ich zwischen den zwei sekundären Absperrhähnen im Haus und dem Hauptabsperrhahen hinterm Haus hin und her jogge, entdeckt ein Nachbar, dass der Dorfbrunnen eingefroren ist. Erst Butangasbrenner und ein kleines Feuer tauen sein fröhlich plätscherndes Gemüt wieder auf.


Also, was macht man so an einem ruhigen Wintertag in einem einsamen Tal der Alpen. Man wechselt wieder mal drei Lagen und hetzt weiter. Endlich Ersatzteiltour durch die Winterlandschaft, neuen Absperrhahn besorgen. Drei Rehe auf der Rückfahrt, die kaum scheu neben der Straße interessiert glotzen. Von ganz oben rauscht die erste Lawine des Jahres. Ein wenig Idyll zwischendurch also. Und dann doch wieder zurück auf den triefenden, kalten Kellerboden den neuen Hahn reingefuchst.


Reinfuchsen heisst, er sitzt zu nah an der Wand, um ihn zu drehen, es läuft beständig ein wenig Wasser, weil der Hauptabsperrhahn nicht dichtet, der Boden schwimmt im Wasser, ich muss die Meisselmaschine holen, um wenigstens soviel Putz abzubekommen, dass ich ihn reindrehen kann. Abhanfen, aufhanfen, Paste und rein damit unter dem beständig leicht laufendem Eiswasser ... im Prinzip. Und dann klappt es wirklich. Da macht dann auch das Aufräumen und Rauswischen richtig Spaß. Selbst der Brunnen gluckst vor lauter Freude.


Diesmal nur die äußerste Lage Schutzkleidung gewechselt, die mit dem nassen Putzresten dran. Zum Glück muss man hier nicht immer gleich alles fett waschen. Hier scheint die Duftmarke ein wichtiges Erkennungszeichen der Ureinwohner zu sein. Hygiene ist Luxus, den man sich nicht unbedingt leisten muss. Keine Speisereste wegen den Mäusen und Fliegen. Kein Benzin oder Brandkalk auf der Haut beim Abendessen. Aber Schweiß, Holzstaub oder Späne, Erde und Neo-Fermit sind nicht dein Feind, sondern Begleiter auf dem Lebensweg. Hier sind Betonreste an der Hose ein Stammesritual für Barbesucher. Am besten man erzählt gleich, dass man Holzfrevel begangen und nun gleich das Fundament für den Schwarzbau gelegt hat. Dann schließen einen alle gleich ins Herz.

Es ist 4 Uhr, wird dunkel und noch brennt kein Ofen. Die Temperatur im Haus sinkt immer weiter. Höchste Zeit für den Ofenlauf.
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