Dienstag, 7. April 2015
Vom Leben überfahren

Alltagsvoodoo - aus dem Leben eines Wozumbies


Wer schreibt, dass er so viel erlebt, dass er nicht zum schreiben kommt, wirkt irgendwie unglaubwürdig. Aber wie sonst könnte ich mich rausreden, dass es hier etwas stockt - auf dem schwarzen Blog. Jeder Handwerker mit drei eigenen Häusern, jeder Gemüsebauer mit drei Hektar Grund und jede Mutter mit drei Kindern wird das nachfühlen können. Bei jedem Menschen mit hochgesteckten Zielen, wie beispielsweise noch vor 70 in die Rente zu gehen und die Kinder aus dem Haus zu treiben bevor sie senil werden, wird garnicht die Zeit finden, das hier zu lesen.

Nach der Arbeit kommt das weitere Tüfteln, beim Gemüsebauern ein Schneckenjahr und bei Müttern eben Elterntage, Kindergeburtstage und Arztbesuche bis einem der Kopf raucht. Eigentlich löst sich das Ich komplett auf und wird übernommen von seinem Hab und Gut, vom Haus, vom Acker und von den Kindern. Wie das Vieh vor den Wagen gespannt hat man ein Ohr bereits an das nahende Surren der Peitsche verloren, mit dem anderen stets auf Lauschstation, was sonst noch für Probleme auftauchen könnten. Aber die latente Paranoia geht vollends unter im Alltag, weil selbst sie stets von neuen Schwierigkeiten überrannt wird.
Die Balken werden dir vom Holzwurm weggefressen ehe du den letzten verbaut hast, die chinesische Riesenkrabbe hat sich plötztlich auf deutsche Rüben spezialsiert und mit der Anzahl der Sekunden, die deine Kinder heranwachsen, werden neue Allergien erfunden und Richtwerte gesenkt, dass sich die Erziehung letztendlich nur noch auf Überlebenstechniken reduziert.
Und weil man nach außen wie eine Lokomotive wirkt, hängt sich der ein oder andere gleich hinten dran. Wer kennt das nicht, wenn man als Chefarzt vormittags nach ner 16 Stunden Schicht heimkommt und der ganze Bekanntenkreis zur telefonischen Sprechstunde für Hypochonder sich meldet. Oder denken Sie nur an den Systemadministrator, der sein Geld vorwiegend durch hohe Stundenzahlen verdient und in seiner Freizeit zwischen seinen Freunden im Kreis fahren könnte, um alle Systeme am Laufen zu halten. Im letzteren Fall spart man sich zumindest das Abendessen und im Grunde könnte man gleich die eigene Wohnung einsparen. Dein Auto ist das einzige groß genug, um den Sperrmüll der anderen zu transportieren, du bist der beste Ansprechpartner den ganzen Tag und vorwiegend nachts, wo Probleme offensichtlich an Gewicht zunehmen, weil du eben kein Arschloch bist, wie alle anderen, und im Grunde macht es auch keinen Unterschied mehr, ob du mit drei oder mit zwanzig Kindern duch die Gegend eierst - keiner will säen, aber alle wollen ernten.

Mancher träumt davon, daß er kollabiert unter all den hereinstürzenden Ereignissen, aber vor der endgültigen Löffelabgabe wird das nicht passieren. Denn der Körper und insbesondere der Zentralcomputer sind so beschäfgtigt und kämpfen mit stets leichtem Fieber darum, an der Oberfläche zu bleiben, daß Schmerzreize einfach nicht mehr weitergeleitet werden oder im Wahnsinn des Data Overflows einfach untergehen. Man ist so davon besessen, Listen abzuarbeiten, so man diese überhaupt hat, und weiß letztendlich garnicht mehr wozu.
So stand auf der heutigen Liste: Blogeintrag über 50 Zeilen ohne Tricks bei der Schriftgröße. Nur wozumbie?
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