Samstag, 15. März 2014
Druck und Materie oder der Zug der Pechvögel

"Dieses schöne Blog empfehle ich allen, die da leichthin meinen, schon längst zu wissen, was Weltschmerz sei. Wie ferner die Frau an und für sich und überhaupt so tickt."
"Misanthropie" auf stilstand.de



Wer das ein oder andere mal mit Druckern zu tun hatte, weiss wie schwer Digitales im Endeffekt zu materialisieren ist. Der Text ist schon da, so digitial und schwebeleicht und doch kann man ihn morgen nicht mit in die Arbeit nehmen, weil die Magentapatrone leer ist. Der Text ist zwar nur Text, also ob schwarz-weiss oder weiss-grün, scheissdrauf, nicht so aber der Drucker, dieser Profi, der braucht auch für Schwarz-Weiss-Druck sein Magenta, zumindest rein virtuell. Hauptsache die Füllanzeige fühlt sich wohl - Fühlanzeige, sag ich immmer.

Und weil mich das schlecht draufbringt, schliesse ich mich dem Trupp der Entgeisteten an. Ich begleite den Zug der Pechvögel nach Süden in die nächste Kneipe. Über uns der Himmel bayrisch-grau, unter uns die Primeln grau-blau und schmutzig gelb, die Schneeglöckchen aschfahl und der Drucker immer noch ohne Farbe.

Glücklicherweise ziehe ich im Verbund, denn ich bin noch halb blind vom gestrigen Saufen. Man erblindet also nicht nur an Methyl. Da wäre sehnervtauglicher Alkohol mal ne Erfindung wert, denke ich.

Endlich wieder Kneipinger. Lang ist's her, seit dem Gestern, an das ich mich nicht mehr erinnern kann. Ich sehe nicht fern und mag keine Filme, also fahre ich einen Filmriss nach dem anderen, so dass aus meinem Metabolismus inzwischen ein Diabolismus wurde. Eine höllische Unordnung des Systems.

In all diesem Durcheinander muss ich mich etwas am Zügel reissen und so unterwerfe ich mich einem selbstverfasstem Geofencing-Dekret, die hausgemachte Sperrzone, die Ghettoisierung meiner selbst. Ich geh nur noch in die Bar du Pont, die Kneipe meines Hafens, den Hafen meines Gemüts. Ein Ort an dem der klassische Wellengang noch erlaubt ist. Der erste Ort an dem ich Erdnussflips zu mir nehmen kann ohne zu Würgen. Mein Flipsparadies im gefühlten Süden. Mein Seelengrund am Palmenstrand. Der Ort an dem mein Gemüt vom Bierglasboden sich erhebt und gegen Kneipendecke strebt.

Damit finde ich auch leichter zurück. Der Heimweg findet so reflexhaft heim statt sich im Grosstadtdschungel zu verirren. Doch vor der Verirrung benötigt man erstmal etwas Verwirrung und was läge da näher als etwas Magenta-Bitter auf Eis und 8 Bier.

Wie gern wäre ich ein Glas. Zweimal Bürste rein, schon ist es sauber, bereit für die nächste Befüllung. Nachts schläft es gleich neben dem Schankhahn und wenn es mal runterfällt, ist es niemals selbst schuld. Ganz im Gegensatz zu Druckern. Die sind offensichtlich an allem schuld, wenngleich sie stets versuchen die Schuld auf den Benutzer abzuwälzen. So störrisch, dass öfter auch mal die Druckertreiber fliegen und neu installiert werden müssen. Ein Esel bei dem selbst Schlagen nichts hilft, dieser magenta-arme Pseudomaterialisierer. Mit tausend Knöpfen so tun als ob und doch nur eine von Plastik ummantelte, wacklige Papiertrommel, die am liebsten noch Streifen ins Druckbild hineindichtet. Sich 8 ganze Halbe und einen Magenta-Bitter reinpressen bewirkt Ähnliches. Druck und Materie im Gedankenduell am Tresen der Bar du Pont.

Zum Glück werd ich mich morgen nicht mehr daran erinnern ... die Schneeglöckchen aschfahl und der Drucker immer noch ohne Magenta.
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