Montag, 23. April 2012
Gambia
Gambia kennen die meisten nur von seiner schmalsten Seite her, dem Küstenstreifen rund um die Hauptstadt Banjul. Wir aber nehmen es in der vollen Breitseite, also an seiner schmalsten Stelle, seiner Taille mit rund 40km im Durchmesser. Ehe wir bemerken, daß wir wirklich schon im Land sind, haben wir es mit unserer Reisegeschwindigkeit, die wir nun endlich aufgenommen, auch schon halb durchquert, den Gambia River bereits überquert und kommen erst kurz vor der südlichen Grenze zur Casamance in Soma zum Stehen. Soma, ein ausgetrockneter Trans-Gambia-Zellkörper. Bisher alles ohne Grenzkontrolle oder sonstige Offizialitäten. Wir sollten uns einfach bei der örtlichen Polizeistation melden.
Endlich englischsprachig. Wir können wieder ganze Sätze bilden und verstehen auch plötzlich die Antworten, was die Sachen nicht unbedingt einfacher macht, denn nun können wir uns aus verschiedenen Stiuationen nicht mehr mit unserer sprachlichen Unbedarftheit davonstehlen.
Um den Einreisestempel zu bekommen, bedarf es schließlich eines gewisssen Verhandlungsgeschicks, ohne für ein Visa, das wir aus unserer Sicht nicht benötigten, bezahlen zu müssen. Selbst die wiederholte Drohung, uns nach Banjul zu schicken, was wir unter allen Umständen zu vermeiden suchen, scheitert an der resoluten Weigerung meines Reisekollegen - ein sonst eher ruhiger, besonnener Mensch, der sich in dieser Sitaution lieber die Hände abgehackt hätte als auch nur einen Dalassi (so die Währung) aus der Tasche zu ziehen. Das hat dann schließlich die nötige Wirkung auf den örtlichen Polizeichef. We win.
Soma, das keine westlichen Touristen kennt, bietet uns alles, was es auch Einheimischen zu bieten hat. Eine sporadische Unterkunft im Truck-Stop Moses Motel
am sandigen Trans-Gambia-Highway, der es nicht schaffen wird, jemals mit Asphalt in Berührung zu kommen.
Horden von Mosquitos, die auch vor Spray und Netzen nicht zurückschrecken. Immerhin ein Ventilator, der, wenn mal Strom ins Netz geschossen wird, mehr Lärm als Wind von sich gibt. Endlich im tropischem Gürtel, raus aus dem Sahel. Die Luftfeuchtigkeit nimmt stark zu, so daß ab heute jede Nacht schweißgebadet und man aufpassen muss, sich im Schlaf nicht selbst zu water-boarden.
Inzwischen hab ich auch T.C.Boyles "Wassermusik" im Gepäck gefunden, kann ihn aber nicht lesen, denn entsprechend der Stromsituation ist man sich auch nicht sicher, ob die Glühbirne nun brennt oder nur so tut.

Den Tag verbringen wir zum Großteil damit, unter dem "bus-stop tree" in die große afrikanische Familie hineinzuwachsen.
Seit Mbour/Senegal hat die Zeit aufgehört zu existieren. Dinge passieren unabhängig von jeglichem Zeitplan. Wir warten apathisch, in der Hoffnung, daß sich genügend Mitreisende finden, der Bus um ein mehrfaches seines Eigengewichts beladen wird und der Troß sich in Bewegung setzen möge.
Innerhalb weniger Stunden haben wir etliche "best friends", die alle "best soccer" spielen und eigentlich nur auf den geeigneten Moment warten, um in erste deutsche Liga berufen zu werden.
Man mag vor Abreise sich über all die traumatischen Tropenkrankheiten informiert haben. Bei Temperaturen um die 40 Grad sind diese Gedanken wie weggewischt. Wir essen und trinken, was sich uns bietet.
Salat, Früchte, Wasser aus unverschweißten Flaschen und die selbstgemachte Eiscreme. Assimilierung ist ein oft harter, so doch langfristiger Überlebensplan.
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